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MlsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Montas;^ den 9. März 1931 Wilsdrusf-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Telegr.-Ädr.: »Amtsblatt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts, gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 57 90. Jahrgang für-Bürgertum, Äeamie/ Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Aaumzeile 20 Rpfg.» die 4 gespaltene Feile der amtlicheu Bekanntmachungen 4V A^chk- pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile I Reichsmark. Nachweisungsgebühr 2V Rerchspfenmge. B»r- w^-n^-ch^s^°ei> Fernsprecher: Amr Wilsdruff Nr. 6 onvadmrbi-! 0rm.IVUb^ — — - Für dir «tchtt,kri! d« durch Fernruf übermittelten Anzeigen üdernebmen w rr deine Garantie. Jeder Ra batiansprv ch erlischt, wenn der Betrag dnrch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigeunehmen alle Berniittlungssteuen entgegen. «L7.LL7.L: Wo«k»dl°n sür W«-dr»ff,1 Umoeaend I« Falle HSberer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betr;ebsstSrungeu besteht kein Anspruch auf Lieferung »er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Ehrliches Spiel? Bald jährt sich zum zehntenmal der Tag, an dem sich m Oberschlesien eine geradezu erdrückende Mehrheit der Bevölkerung für das Verbleiben bei Deutschland aus sprach und sich dadurch wieder einmal erwies, mit welcher Ahnungslosigkeit oder Böswilligkeit die „großen Vier" in Versailles Europa neu zu „ordnen" sich anmaßten. Bald jährt sich dann auch der Tag, an dem die Polen kurz darauf den Versuch unternahmen, das Land sich zu rauben, das ihnen dann später zugesprochen worden ist, obwohl Lloyd George, damals englischer Ministerpräsi dent, vor aller Welt versprochen hatte, es würde „kair ein „ehrliches Spiel" um das Schicksal Ober schlesiens stattfinden. „Ehrliches Spiel" — bald nach der zehnjährigen Rückkehr des Tages der polnischen Insurrektion wird man ja wieder einmal feststellen können, ob auch nur der Wille zu einem solchen „kmr pla^" da ist, ein allerdings durch Taten erwiesener Wille. Dann wird auf der Mai tagung des Völkerbundrats in Genf Polen Rede und Ant wort stehen müssen, was es von seinen Versprechungen im Januar erfüllt hat. Hier handelte es sich nicht bloß dar um, daß die zahllosen und nicht bloß in Deutschland ver übten Missetaten gegen das Leben und Eigentum der Deutschen in Polen — und zwar ebenso in Ostober schlesien wie in den anderen ehemals uns gehörenden Gebieten — endlich einmal eine gerichtliche, und zwar ausreichende Sühne finden, sondern das Genfer Januar protokoll ging viel weiter. Es verlangte, daß den Minder- beiten in Polen Recht und Gerechtigkeit werde, daß der polnische Staatsbürger deutscher Abstammung nicht swlcckter behandelt werden dürfe wie der Nationalpole. Denn so war cs in den Minderheitenschntzverträgen be stimmt worden und das Genfer Protokoll hatte gefordert, daß nun endlich auch hier ein ehrliches Spiel anheben sollte. Heute, sechs Wochen nach jenen Genfer Beschlüssen, erscheint die Besorgnis nur allzu begründet, daß wieder ein „wir L la Oberschlesien getrieben wird. Die Gerichtsverhandlungen wegen des unerhörten Wahl terrors, wegen der Deutschenverfolgungen erstrecken sich "A die allerschlimmsten Fälle, führen wegen Mangels an Beweisen, wegen der „Unmöglichkeit", die Angeklag ten zu überführen, immer wieder zu Freisprechungen. Oder wenn Verurteilungen erfolgen müssen, so sorgt schon die gleichzeitig zuerkannte Bewährungsfrist dafür, daß den Tätern keine Daseinsunterbrechung hinter Ge fängnismauern beschert wird. Es werden auch „Geld strafen" verhängt! So muß ein Angeklagter dafür, daß er ein altes Weiblein deutschen Blutes halbtot ge schlagen hat, und zwar in ihrer eigenen Wohnung, die große Summe von 50 Zloty, also etwa 12,50 Mark, zahlen. Aber diese gerichtliche „Ahndung" — oder wenigstens die Verpflichtung dazu — ist ja noch längst nicht der Hauptinhalt, das Wesentliche der Genfer Forderungen an Polen. Die amtliche Förderung dieses antideutschen, ganz systematisch veranstalteten Terrors, die enge Verbindung der Behörden mit den polnischen Kampfverbänden, wobei die Person des ostoberschlesischen Woiwoden im Mittel punkt steht —, paß hier irgend etwas anders, besser würde, daß endlich einmal ein „ehrliches Spiel" beginnt, wird mit keinem Wort verlautbart. Bedauerlicherweise ist auch noch das deutsche Generalkonsulat in Kattowitz zurzeit un besetzt! Und wie man die Genftr Forderung nach einer Ver- soyuungspolitik den Minderheiten gegenüber anffaßt, da- Uew^ael"^ ° lnischen Senat wieder einmal der almdew Beschimßk,^^ aber vom Präsidium unge- schcn MinderNen^ mußte sich ein Redner der deut- w e viele lassen, nur weil er feststellte, Staates a^ in Polen seit Gründung dieses sich dabei in P Am wildesten gebärdete Name ein b bweu all;« Hessen unzweifelhaft deuticher b°„. Da Lin d°nn dcs Senats in Warschau sie recht- und schutzlos wie sie sind, die Parlam/nwrische Arbeit nicht mehr mitmachcn, sich an der Debatte über den polnischen Staatshaushalt nicht mehr beteiligen würden Man wittert in Warschau politische Morgenluft, hat mit lauter Freude die e " g lrs ch - f r g „ z ö sl s ch - i 1 a - lienische Einigung begrüßt; man ho^ Mai auf der Tagung des Völkerbundrats freunde und Gönner. genug zu finden, die, wie omst naH Eroberung Wilnas, großmütig über alle polnischen Gewalttaten und Rechtsbrüchc hinwegsehen werden. Und wir Deutschen Mssen daran denken, daß man uns schon einmal ein ehr liches Spiel gegenüber Polen versprach . . . Auch in Genf, -luch Völkerbund. Or. Hugenberg über landwirtschastlichen Zottschuh. Polnischer Handelsvertrag und Ost Hilfe. -.Aus dem Parteitag des Landesverbandes Lippe in Lemgo 6 eine Rede, in der er u. a. ausführte: wenNu'nmehr^r Ww^es LL _ polnischen Handelsvertrag Bellen LaLinS Web" Mwrn'L Brünings Mahnung an die Studenten Gegen das überspannte Derechtigungswesen Berlin. Im Plenarsitzungssaal des Reichstages fand am Sonntagvormittag eine Kundgebung des Deutschen 'Studenten werkes e. V. aus Anlaß seines zehnjährigen Bestehens statt, der u. a. Reichskanzler Brüning, Reichspräsident Löbe, die Rekto ren der Berliner und einiger auswärtiger Hochschulen und eine Reihe Landtags- und Reichstagsabgevrdneter beiwohnten. Die von musikalischen Darbietungen umrahmte Veranstaltung wurde eingeleitet durch eine Begrüßungsansprache des Vorsitzenden, Schling, der die Entwicklung des Deutschen Studentenwerkes schilderte und zu dem Schluß kam, das Deutsche Studentenwerk habe nur eine Existenzberechtigung, wenn seine Arbeit beseelt werde von dem Geist des echt Nationalen und echt Religiösen. Reichskanzler Dr. Brüning verlas darauf eine Kundgebung des Reichspräsidenten von Hin denburg, in der dieser seine Anerkennung sür das in zehnjähri ger Arbeit geleistete ausspricht und die Hoffnung ausdrückt, daß auch in den kommenden Jahren das Deutsche Studentenwerk seine Aufgaben an der deutschen akademischen Jugend erfüllen möge- Dem Dank und dem Glückwunsch des Reichspräsidenten schloß sich der Reichskanzler für die Reichsregierung an. Das studentische Hilfswerk sei aus der Not der Inflationszeit ent standen. Heute sei eine neue, vielleicht noch verhängnisvollere Not wie eine Sturmflut über Deutschland hereingebrochen. Der Reichskanzler wandte sich dann gegen die lleberspannung des Berechtigungswesens. Ich richte, so erklärte er, hier mit dem größten Nach druck an alle amtlichen Stellen und an die Führer des Wirtschaftslebens den stärksten Appell, die jungen Menschen auch ohne Berechtigungsschein nach ihren charakterlichen und praktischen Fähigkeiten in das tätige Leben einzuführen und ihnen durch Bewährung Auf stiegsmöglichkeiten zu schaffen. Die Ueberfüllung aller Berufe macht eine normale Verwertung bestandener Prüfungen usw. unmöglich. Hier liegt einer der Gründe sür den Radikalismus. Da ich Verständnis für diese tieferen Gründe habe, so glaube ich, ein offenes Wort zur Kennzeichnung der radikalen Agitation, die heute an den Hoch schulen getrieben wird, Ihnen schuldig zu sein. Sie brauchen das Verstehenwollen, und nicht die Voreingenommenheit, sie brauchen das Einfühlungsvermögen in den Geist anderer und nicht die willkürliche Abgeschlossenheit. Wer nur urteilen, aber nicht Entwicklungen will, der hat in Wirklichkeit keinen akademi schen Geist. Wenn scheinbar im Augenblick unlösbare Schwie rigkeiten vorhanden sind, dann sucht man bei uns eine Rettung zu einem vagen Begriff der Diktatur. Das ist nicht neu. Schon vor bald vierzig Jahren hat Fürst Bismarck warnende Worte nach dieser Richtung hin vor den Studenten gesprochen. Er sagte am 3 0. Juli 1892 in Jena: „Es ist em gefährliches Ex periment, wenn man heutzutage im Zentrum Europas absoluti stischen Ideen zustrebt." Was Bismarck vor fast vierzig Jahren gesprochen hat, ist auch in der heutigen schwierigen Lage noch zutreffend. Mag auch die materielle Not in anderen Ländern groß fein. Viel schlimmer ist die seelische Not einer Nation, die infolge der Bedrängnisse des vergangenen Jahr zehntes den Glauben an eine vernünftige und gerechte Ordnung der Welt zu verlieren beginnt. Leider besteht in der gesamten Welt wenig Verständnis dafür, was es für eine Nation bedeutet, wenn sie sich für zwei Men schenalter mit schweren Kriegstributen belastet fühlt, wenn deutsches Land vom lebenden Körper des Reiches getrennt, deut sches Volkstum mißhandelt und unterdrückt wird und die Vor aussetzungen für die Einleitungen von Verhandlungen, die zum Friedensvertrag führten, nirgendwo erfüllt werden. — Der Reichskanzler forderte zum Schluß die Studentenschaft auf, fest zuhalten an dem ihr von der Frontgeneration übermittelten kameradschaftlichen Geist, und auf der sittlichen Grundlage der Dienstbereitschaft für den Aufstieg unseres Vaterlandes zu wirken. gungsgesetzj so gefaßt wird, daß damit die vorläufige Inkraft setzung des polnischen Handelsvertrages ohne besondere Befragung des Reichstages möglich Wird? Ungefähr gleichzeitig mit dem Zollermächti gungsgesetz die Genfer Konvention dem Reichstage zur Genehmigung vorgelegi wird, deren ausgesprochener Zweck die Verhinderung von Zollerhöhungen ist? Ein Gesetz, wie das angeblich der Landwirtschaft dienende Zollermächtigungs- gesetz, so gefaßt wird, daß eine landwirtschaftsseindliche Regie rung mit ihm jeden landwirtschaftlichen Zollschutz Niederreißen kann? Der falsche Eindruck zu erwecken versucht wird, als wenn dieses Gesetz in Verbindung mit dem vom Osten als ungenügend be zeichneten neuen O st h i l f e g e s e tz die vom Reichspräsi denten gegebene und bisher vom Kabinett nicht eingelöjie Zu sage der Rettung der Landwirtschaft erfüllen werde? Hsist helfen! Aus der bitteren Not der Zeit. Die deutsche Liga der freien Wohlfahrtspflege wendet sich trotz — oder gerade wegen der schweren Wirtschastsnol an die Öffentlichkeit mit dem dringenden Appell, ihr in dem Kampse gegen das Elend zu helfen: „Gebt sür die örtlichen Sammlungen, die säst überall zur Bekämpfung der Not eingerichtet sind! Helft solche Einrichtungen schassen, wo sie noch nicht bestehen; be sonders für die S P e i s u n g, Erwärmung, Be kleidung der Notleidenden! Gebt, was ihr an Kleidern, Wäsche, Schuhzeug irgend entbehren könnt, an geeignete Sammelstellen! Gebt Nahrungsmittel — gebt Kohlen! Denkt an die besondere Not der Kinder und Jugendlichen! Denkt an die Jungen und Mädchen, die trotz guten Willens keine Arbeit, keine Lehrstelle finden können und von der Gefahr der Verwahrlosung und Arbeitsscheu bedroht sind, wenn sie jahrelang ohne Be schäftigung bleiben. Sorgt für Arbeit und Beschäftigung auch im kleinen. Helft mit, eine mächtige Welle der Hilfsbereitschaft, der Selbsthilfe durch das ganze Volk zu wecken! Keiner darf sich ausschtießen!" Die Reichsregierung unterstützt diesen Aufruf mit folgenden Worten: „Aus der Not der Zeit durch helfende Liebe zu neuem Aufstieg! Hilfsbereitschaft ist vaterländische Pflicht und Dienst am Volkstum. Wer helfen kann, muß helfen!" L)as Ergebnis von Wien. Das Neichskabinetl wird Stellung nehmen. Reichsaußenminister Dr. Curtius und Staatssekretär Dr. Pünder erstatteten dem Reichskanzler Bericht über den Verlaus der Beratungen in Wien Im Anschluß hieran hielt der Reichsminister des Auswärtigen dem Reichspräsidenten Vortrag über das Ergebnis der Verhandlungen mit der österreichischen Bundesregierung. Im Laufe dieser Woche wird wobl das Reichskabinett zu dem Bericht des Reichsautzenministers über die Wiener Reise Stellung nehmen. „Heraus aus der wirtschaftlichen Enge!" Bei der Eröffnung der 20 Wiener Messe hielt Bundes- Präsident Miklas eine Ansprache, in der er erklärte, es sei bedauerlich, daß die unermüdliche Aufklärungsarbeit der öster- eichischen Staatsmänner innerhalb und außerhalb der Grenzen stsher nicht genügt habe, um die führenden Kreise des Aus- rndes davon zu überzeugen, daß die heutige Enqe des Slaats- >esens keine Möglichkeit für die wirtschaftliche Entfaltung sterreichs bieie Österreichs Devise müsse auch weiterhin sein, heraus aus der Enge der wirtschaftlichen Verhältnisse. s dürfe so lange nicht rasten, bis sich die Erkenntnis durch setzt habe, daß zur Gesundung Europas ein großes Wirtschaftsgebiet in Mitteleuropa eschafscn werden müsse, damn den einzelnen Völkern die Nöglichleil der Entfaltung ihrer wirtschaftlichen Kräfte gesichert werde. Llnerhörie Deuischenhetze. Der beabsichtigte Kirchenraub in Riga. Welche Formen der Pressefeldzug gegen das Deutschtum m Lettland im Zusammenhang mii der geplanten Enteig nung der deutschen Domkirche angenommen hat, zeig! ein Auf ruf, der dem Rigaer Blatt „Jaunakas Zinas" zugesandt wor den ist und von diesem kommentarlos veröffentlicht wird. In diesem Aufrus, der von Deutschenhaß strotzt, heißt es u. a.: „Wir verlangen, daß die deutschen Privilegien und alles deutsche Besitztum in die öffentliche Hand übergeht und dem Staat zur Verfügung gestellt wird. Wir verlangen, daß die (deutsche) Clique, die mit dem lettischen Volk nicht zusammenzuleben versteht und nicht zusammenlcbcn will, außerhalb des Gesetzes ge stellt wird." Dieser kommentarlos veröffentlichte Ausruf stellt bisher den Höhepunkt der Deutschenhetze in Lettland dar. Es bleib« zu hoffen, daß der gesunde Instinkt des lettischen Volkes diese skrupellose Hetze ablehnt. Ser tschechische Gesandlschastsskandal in Moskau. Stilips geheimnisvolle Beweggründe. Die geheimnisvolle Angelegenheit des Gesandtschafts rates Franz Stilist von der tschechoslowakischen Gesandt schaft wird in Moskauer Kreisen eingehend erörtert. Die Behauptung von tschechischer Seite, Stilist sei geisteskrank, wird jedenfalls kategorisch dementiert. Ter tschechoslowa kische Geschäftsträger Girsa hat seinen Abschiedsbesuch ge macht. Wer an seine Stelle treten wird, tst noch nicht be kannt. Stilist hat auf die Staatsangehörigkeit seiner Heimat verzichtet und um Einbürgerung in Sowjelruß- land nachgcsucht. Stilist soll schwerwiegende Gründe haben, nicht nach Prag zurückzukehren.