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„Kriegslasten" im Reichstage. Brennende Wunden. Der Kriegslastenhaushalt wurde nach kurzer Beratung, nach einer nur etwa halbstündigen Debatte, an- gcnommen, obwohl es sich hier um einen Haushalt handelt, der eine Ausgabe von mehreren Milliarden enthält, — heißt das nicht den Vorwurf des Durchpcitschens bewahrheiten? Leider nicht. Leider, — denn alle Ausgaben sind hier fest gelegt durch gesetzliche oder sonstige Verpflichtungen des Reiches, sind unabänderliche, nicht zu verkürzende Ausgaben. Er allein umfaßt aber ein Drittel des Gesamthaushalts des Reiches. Wozu über etwas reden, etwas kritisieren, das man doch nicht bessermachen kann! Wozu lange diskutieren über etwas, das zu ändern zu einem ganz andern Kapitel des Reichshaushaltes gehören würde! Und zu diesen „Kriegs lasten- kommt ja noch all das, was uns nach dem Kriege an Lasten aufgcbürdei wurde. Nur langsam kann z. B. aus geglichen werden, was die elfjährige Besetzungszeil im Westen an Schaden anrichicte, — soweit das überhaupt aus geglichen werden kann. Mußte doch ein großer Teil der Kasernen, sogar solcher, die für die „Bedürfnisse der Be- setzungsarmee" erst noch errichtet wurden, jetzt laut Verein barung mit der Entente niedergerissen werden, erscheint in diesem Haushalt immer noch ein Ausgabeposten, um die Durchführung der „Entwaffnung" Deutschlands zu be zahlen. Warum also in diesen Wunden wühlen, die offen zu halten schon die fremdländische Kontrolle so eifrig besorgt ist! Und so Höri man das kurze und doch so schwere Wort: „Der Kriegslastcnhaushalt ist angenommen." Ob wir dieses Wort wirklich noch Jahrzehnte hindurch werden hören müssen? Tr. Pr. * Sitzungsbericht. (A. Sitzung^ 08. Berlin, 21. Februar. Die zweite Lesung des Reichshaushaltsgesetzes wird beim Kriegslastenhaushall fortgesetzt. Nbg. Hofmann-Ludwigshafen (Ztr.) verweist auf die Be setzungsschäden des Westens. Die Vertreter des deutschen Westens erkennten durchaus die Staatsnotwendigkeit an, dem notleidenden Osten Hilfe zu gewähren. Aber auch der Westen müsse durch planmäßige Hilfsmaßnahmen berücksichtigt werden. Die zehn Millionen Mark, die der außerordentliche Haushalt für den Westen zur Verfügung stelle, seien nur bedingt gegeben, und man müsse den Reichs sinanzministei erneut fragen, ob dieser Betrag durch den Verkauf von reichseigenen Grund stücken überhaupt zu realisieren sei. Der Redner ruft dem Finanzministcr zu: Schaffen Sic im Westen keinen Kurzschluß, denn Kurzschluß gibt Brand! Die Rot unseres Westens verlangt gebieterisch ausreichende Hilfe! Abg. Jadasch (Komm.) verlangt Änderung des Kriegs- schädenschlußgesctzes. Er wendet sich weiter mit großer Schärfe gegen den Reichsinnenminister, der von einer Barbarei und von Roheit gesprochen habe, die in der kommunistischen Kulturpropaganda liegen solle. Der Kriegslastenhaushall und die Ausschußentschließung dazu werden unter Ablehnung aller Änderungsanträge ange nommen; die die Osthilfe betreffenden Kapitel werden zurückgestellt. Auch der Haushalt für die Rcichsschuld wird angenommen. — Bei der Beratung des Haushalts für Versorgung und Ruhegehälter erklärt Abg. Gräf (Komm.), man habe wohl Gelder für Kriegs vorbereitungen übrig, nicht aber für die Kriegsopfer. Abg. Hänse (Landvolk) betont, daß seine Freunde an sich für größte Sparsamkeit im Haushalt einträten, aber beim V e r- sorgungshaushalt dürfte diese Sparsamkeit nicht zu weit getrieben werden. Es zeigten sich gerade in diesem Haus halt die Auswirkungen der unerträglichen Tributlasten. Damit schließt die Aussprache. Die Abstimmungen werden zurückgestellt. . Das Haus vertagt sich aus Montag: Haushalt des Reichs- ernährungsministeriums; kleine Vorlagen. Oingeldeys Sonniags-Re-e. Vorschläge zur Gesundung. Auf dem Wahlkreisvertretertag der Deutschen Volts- Partei für Süd-Hannover-Braunschweig hielt Dr. Dingel- dey eine Rede über die politische Lage. Man müsse auf populäre Versammlungserfolge und Massendemonstra tionen verzichten, um die bitteren Notmaßnahmen, die jeden einzelnen zwingen, von seinem Lebensstandard her abzugehen, durchzuführen. Diese Maßnahmen müßten in einem noch viel schnelleren Tempo als bisher durchgeführt werden. Die Deutsche Volkspartei habe zum Reichskanzler daS Vertrauen, daß der Wehrctat nicht angctastet werde. In der Landwirtschaft müsse die Preishöhe der Erzeugnisse in Einklang mit den Produktionskosten ge bracht werden. Die Arbeitslosigkeit sei zu bekämpfen durch freie Vereinbarung zwischen den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern. Eine Neuregelung der Tributfragen sei nicht möglich ohne innere Sanierung der Finanzen. Ferner gelte es, die Stellung des Reichspräsidenten uns »es Reichsfinanzministers zu festigen. Tas Wahlalter müsse hinaufgesetzt werden. Mutige Rede eines englische« General; Abrüstung und Friedenssicheruug. London, 22. Februar. Der englische General Sir Fan Hamilton sprach auf der Iahrestagung der britischen Legion des groben britischen Kriegsteilnehmerverbmides über die Frage des Weltfriedens. Er bezweifelte, daß die berufsmäßigen Pazifisten wirklich den Frieden förderten und Fortschritte verzeichnen könn ten. Bewußt oder unbewußt hätten die Sieger in Versailles versucht, Europa in zwei Gruppen zu teilen, von denen die eine reich und mächtig, die andere arm und schwach sei. Ein derarti ger Zustand vertrage sich keineswegs mit dem Gedanken der all gemeinen Abrüstung und mit einem dauerhaften Frieden. Wenn er als Präsident des Friedensausschusses spreche, zu dem er im vergangenen Herbst auf der großen Tagung der alliierten Kriegsteilnehmer in Washington einstimmig gewählt worden fei, so könne er wohl sagen, daß die Abrüstungskonferenz den Eindruck erwecke, als ob sie sich zu einer Sitzung von Direktoren des Rüstungsverbandes entwickeln wolle. Die britische Legion müsse aufwachen. Die Dinge in Europa könnten nicht bis in alle Ewigkeit so weiter gehen, wie bisher. Denn bald würde man vieles völlig verschwinden sehen, unter ihnen die Kriegsschulden und die Reparationen. Bald werde mcm den Ruf hören, daß kein Staat an einem Kriege Geld verdienen dürfe. Das Gold, das die Staaten in ihren Gewölben auf peicherten, fei verflucht. Große Dinge lägen in der Lust. Keine Regien.ng auf Erden werde sie aufhaltcn können. Die eh^naligen Kriegsteilnehmer Europas würden entscheiden, ob sich die lommeiwen Ereignisse unter Anwendung friedlicher oder kriegerischer Mittel verwirk lichen würden. Schwere Zusammenstöße m Braunschweig. Blutiger Verlauf des „Hitler-Tages". Auf dem Parteitag des Gaues Süd-Hannover-Braun- schweig der NSDAP, in Braunschweig sprach Hitler über den Ideengehalt des Nationalsozialismus. Anläßlich der Tagung kam es zu blutigen Zusammenstößen. Am Pagen markt wurden zwei Teilnehmer des Fackelzuges und zwei "Unbeteiligte verletzt. Ein Zug von etwa 20 National sozialisten wurde am Ägidienmarkt überfallen, wobei es einen Schwerverletzten und zwei leichter Verletzte gab. Bei einer Schlägerei in der Münzstraße wurden die Par teien nach Waffen durchsucht und bei einem National sozialisten ein Totschläger gefunden. Ein früherer Polizei- hauptwachtmeister erhielt einen Messerstich. Der Täter stellte sich selbst. Auch bei dem nationalsozialistischen Werbeumzug soll eine ganze Anzahl Personen verletzt worden sein. Spionageprozeß Jude. Das polnische Schandurteil bestätigt. Der deutsche Landwirt Bruno Fude war am 24. Ok tober 1930 im Zusammenhang mit dem Grenzzwischenfall bei Neuhöfen wegen angeblicher Spionage zugunsten Deutschlands zu elf Jahren schweren Kerkers und zu 50 000 Zloty Geldstrafe verurteilt worden. Das Be rufungsgericht Thorn hat nach kurzer Verhandlung hinter geschlossenen Türen das Urteil der ersten Instanz in vollem Umfange bestätig: Meder ein schweres LawinenunglüS. Drei Touristen verschüttet. Am Patscherkofel wurde eine aus fünf Damen unk Herren bestehende Partie von einer Lawine verschüttet Während ein Teilnehmer unverletzt davonkam, wurde eim Touristin zur Seite geschleudert, wo sie mit gebrochener Beinen liegenblieb. Die übrigen drei wurden in der Schneemassen begraben. Bergungsarbeiten sind im Gange 2 Meter ReaWee i« der Zentral- Weiz. Basel, 23. Februar. Da die starken Schneesälle in der Zentraljchweiz noch anhalten, ist der Zugverkehr auf der Lötsch- bergbahn unterbrochen. Auch verschiedene andere Bahnen muß ten wegen der starken Schneeverwehungen den Betrieb ein stellen. Zermatt ist vollständig eingeschneit, die Neuschneedecke beträgt 2 Meter. Durch zahlreiche Lawinen ist jede Telefon- und Telegraphen-Verbindung unterbrochen. Andermatt ist völlig eingeschneit. Die Räumungsarbeiten der Schöllenenbahn sind wegen der Lawinengefahr unmöglich geworden. Auf dem gro ßen St. Bernhard beträgt die Schneehöhe 8 Meter, so daß das Hospitz vollständig im Schnee begraben liegt. 3m Formazzatal wurde eine Gruppe von Arbeitern am Eingang eines Tunnels von einer Lawine überrascht. Dabei wurden 6 Arbeiter unter den Schneemassen begraben. Sie konnten bisher noch nicht geborgen «erden. In den vberUaliemschen Voralpen Zind infolge der star ken Schneefälle verschiedene Züge stecken geblieben. In Tessin fällt starker Regen, so daß die Hochwassergefahr weiter wächst. Wieder Revolution in -eru. Armeeund Flotte im Aufruhr. Nach Meldungen aus Buenos Aires ist die Revolu tion in den Südstaaten Perus erneut aufgeflammt Mehrere Garnisonen sind bereits zu den Revolutionären übergegangen. Ein großer Teil der Flotte scheint den Aufstand zu unterstützen. 32 Tote in Nothberg. Das Beileid der Reichsregierung. ' Wie nunmehr feststcht, hat das Unglück aus Grube „Eschweiler Reserve" 3V Tose gefordert. 29 Bergleute haben den Tod im Schacht gefunden, während ein Berg mann den schweren Verletzungen im Eschweiler Krankcn- hause erlegen ist. Die Grubcnvcrwaltung versichert aus das bestimmteste, daß mit weiteren Toten im Schacht nicht mehr zu rechnen ist. Zwei weitere Todesopfer. Eschweiler. Da von den vier Schwerverletzten in zwischen zwei gestorben sind, sind jetzt insgesamt 32 Tote zu be klagen. * Die Explosion hatte eine solche Gewalt, daß auch noch in dem nebenan liegenden Revier 11 die dort beschäftigten Bergleute von dem gewaltigenLuftdruck meter weit geschleudert wurden. Unter ihnen entstand Vor der Unglücksgrube. eine Panik. Eine Gruppe von 29 Mann traf ayf der Flucht auf die Nachschwaden der Explosion, wobei drei Leute aus der Strecke liegenblieben und den Tod fanden. Der Begrenzung der Explosion kam der Umstand zugute, daß die Zeche sehr naß ist. Deswegen hatte man schon vor Jahren einmal diese wie die benachbarte Zeche Nord stern wegen Unwirtschaftlichkeit längere Zeit stillgelegt, da die notwendigen Pumparbeiten in keinem Verhältnis zum Fördereraebnis standen. Wie beim Alsdorfer Unglück werden auch jetzt wie der Fälle von besonderer Tragik bekannt. Sc mußten zwei Bergleute ihr Leben lassen, die seiner zeit auf der Unglücksgrube in Alsdorf gerettet werden konnten. Die Beisetzung der Opfer soll am Dienstag er folgen. Aus Anlaß des Bergwerksunglücks auf der Grube „Eschweiler Reserve" hat der Reichsarbeitsministcr im eigenen Namen und im Namen der Neichsregierung Bei leidstelegramme an die Verwaltung sowie den Betriebs rat der Grube und an den Landrat des Landkreises Aachen gerichtet. Die Grube „Eschweiler Reserve" iu Nochocrg. Sie Mache des Grubenunglücks bei Aachen. Laut Mitteilung des Unsallausschusses der Gruben sicherheitskommission Bonn handelt es sich im wesentlicher um eine Kohlenstaubexplosion. Ob und in welchem Um fange bei ihrer Entstehung Schlagwetter mitgewirkt haben bedarf noch weiterer Prüfung. Es wird vermutet, daß di< Explosion durch Sprengstoffe eingeleitet worden ist. Ec sind 32 Tote und 9 Verletzte, darunter 2 schwer, zu be klagen. * Schweres Grubenunglück im Giaaie Ontario. 3 0 Bergleute in Gefahr. Das Pulvertager der Hollinger Bergbaugesellschast unweit Timmings im Staate Ontario ist in die Lust ge flogen. Von dem etwa 2.5 Kilometer entfernt liegender Ort Wanciton ans sah man eine gewaltige Stichflamme cmporschicßcn. Zur Zeit der Explosion befanden sich 3k Bergleute unter Tage. Man befürchtet, daß sie bei det» Unglück den Tod gefunden haben. Grubenbrand in Schweden. Auf der Grube Lekomberg bei Ludvika in Mittel- schweben entstand, anscheinend infolge Kurzschlusses, eir Brand. Eines der größten Betricbsgebäude, in dem das Sägewerk, die Schmiede und die Reparaturwerkstatt untergebracht waren, brannte nieder. Zwei Transport- tnnncls «"rden zerstört. Durch Svrennnng eines Lwans- porttunnels mit Dynamit gelang es, oie Haupkgel'tium zu retten, die einen Wert von einer Million Kronen haben. Der Brand verursachte zunächst völlige Betriebs- einstellung. Der Schaden wird aus 130 000 Kronen berechnet. EWmzWM bei einer Leichenfeier. 28 Verletzte. Rom, 22. Februar. In Barletta in der Provinz Bari brach in einem Hause während einer Trauerversammlung bei der Einsegnung der Leiche der Fußboden des Sterbezimmers ein, so daß alle Anwesenden samt dem Geistlichen und dem Sarge 'n die Tiefe stürzten. Bei den sofort durchgeführten Hilfsmaß nahmen wurden 28 Verletzte geborgen, darunter 4 in lebensge fährlichem Zustand. Äus unserer keimst Wilsdruff, am 23. Februar 1931. Merkblatt für den 24. Februar. Sonnenaufgang 6°° I Mondaufgang 9« Sonnenuntergang 17^ j Monduntergang 0" 1829: Der Schriftsteller Friedrich Spielhagen geb. Schont die Weidenkätzchen! Jahr für Jahr erfchaltt die gleiche Mahnung: Schont die Weidenkätzchen! Man darf seststellen, daß in den letzten Jahre» der allgemeine Raubbau nachgelassen Hal, dank den strenge» Bestimmungen, die das Feilbieten und den Verkauf von Wc» denkätzchen regeln. Weiden in der freien Natur zu beschädigt ist unter allen Umständen strafbar; die Weidenkätzchen sind ge schützt. Es gibi aber noch genug Leute, die da meinen, ohne einen Strauß Weidenkätzchen im Hause komme der Frühling nicht. Sie plündern, wo sie können, halten vielleicht auch ihre Kinder dazu an und ahnen nicht, daß sie beitragen, die jung» Bienenbrut dem Hungertode auszuliejern. Die Blütenpolleu der Kätzchen sind die erste Nahrung der Jungbienen. Wenn die Zahl der Bienenvölker in den letzten Jahren in geradezu kata strophaler Weise zurückgcgangcn ist, so trägt freilich uer grimmige Winter 1928/29 eine Hauptschuld; die Plünderung der Weidenkätzchen hat aber auch ihren Anteil daran. Deshalb Finger weg von den zarten Frühlingsgebilden. Schont di« Weidenkätzchen! Wer je einen Weidenbusch, der dank seinem versteckten Standorte an einem Leiche, im Walde oder sonstwo unversehrt geblieben ist, in voller Blüte und von Bienen um schwärmt gesehen Hai, und wer mit solchem Wcidenbusche dl< armen zerstreuten Krüppel an den zugänglichen Bachufern ver gleicht, der erlemtt erst, welcher Schaden im Lanfe der^ayre angerichtct werden kann, nicht nur am einzelnen Strauch, son dern am Gesamtbilde der Heimat. Aufwärts. Wieder einmal gehen die Tage aufwärts, dem Licht und der Sonne entgegen In «den Morgenstunden tritt di^ jetzt ebenso in Erscheinung als nachmittags. Die durchschnllU Tageslänge hat gegen den kürzesten Tag schon E nahezu Kv Stunden zugenommen. Im kommenden März wird die ZU" ." noch schneller vor sich gehen. Es geht dem Frühling eNMö Und wenn auch die vorfrühlingsmäßigen Tage der vergant' Woche gestern wieder einmal abgelöst wurden vom Aunlei, noch heute nacht so viel Schnee auf Lie Erde warf, 'daß