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I Wilsdruffer Tageblatt I I 3 Blatt Nr 32 — Sonnabend, de« 7 Februar 1931 Im lvMterwa^. Die Bäume stehen nun sehr tief im Schlaf, Sie wissen nichts mehr von den Sommertagen, - In denen sie des Laubes Wucht getragen Und gütevoll in ihrem grünen Schatten Für kleine Vögel eine Heimat hatten. Dies alles ist so fern, als war es nie. Schwer liegt der Schnee -auf blätterlosen Zweigen, Die unter seiner Wucht sich erdwärts neigen Und nichts mehr wollen, als nur das Geschehen Bon Sturm und Frost in Demut zu bestehen. Allein die Hagebutten, die am Strauch Der wilden Rose hell und leuchtend hängen, Um die sich bunte Meisen hungrig drängen, Hüten des Sommers Glut im roten Schimmer Unter des Reifes blitzendem Geflimmer. So ist der Wald von Winter ganz umstellt. Die Zeit versank ihm hinter Nebelwänden, Durch die nur selten Sonnenstrahlen blenden, Und große Ruhe ist an ihn verschwendet, In der er, traumdurchrauscht, sich schön vollendet. Zoe Droyson. Treue Vstichiel-füliung Sm unv Vr!. Cf breitete seine Fittiche aus und nahm ihn und trug ,h„ seinen Flügeln Nun hat er seinen letzten Flug getan, Kapitän Plüschow' vo„ Tsingtau. Da steht noch einmal wleoc .PA so ganz lebendig vor uns, wie Alr es irp»° V"ch gewonnen haben, das A i A e' " . " e n Mannes, der auf verlorenem Posten nach Wor, seines Kommandanten handelte: in 'reue Pflichterfüllung." Er Asi!. unermüdlich zähem Kamps gegen die Mangel Mangel und er konnte damals immer ?urecktilicken O .'- ^tzdem er sein Flugzeug immer allein Werlern Er Un ° "" ungeübten chinesischen Hand- aufsteiaen Wei "I" seinem Flugzeug immer wieder kick erNalien Uttt seinem Geist und seiner Seele Kraft sänd ^über Ve? ""er die Hemmungen und die Wider- enteu Klnl ./Zagen und Kleinmut. Run hat er seinen Abttur/s g Atan und der hat im Absturz geendet. Im n.ch^ Was er jm geben geübt, ist nun im ? überwunden hat er, was hemmt und nleoerreitzl ins Irdisch«? und Vergängliche, hinausgestiegen rst er, wie er einst aus dem belagerten Tsingtau hinüber- flog zum Festland in die Freiheit, aus der von allerlei Feindschaft belagerten und bestürmten Festung Erden- dasein und hinübergeflogen zum ewigen Strand in die Freiheit. Wir denken dankbar an ihn zurück und blicken ihm nach, und es ist uns, als hörten wir ihn rufen: Vergiß, o Menschenseele, nicht, daß du Flügel Haft! Flügel, die sich hinwegheben können in diesem Erdenleben über alles feindliche Niedrige und Widrige, Flügel, die dich hinweg tragen werden aus diesem Erdenleben über den Tod hinausindieHei mat! Dresdner Plaudereien. Jubiläumsfeier des Konservatoriums. — Dem Gedenken Mo zarts. — Hochflut der Ballveranftaltungen. — Gauklersest. Ausländerball. — Alpenball. — Karikatu. — Sarrasani daheim. Karl Höhne-h. — Ein neues Projekt. — Winterzauber im öst lichen Erzgebirge. (Nachdruck verboten.) Meine Tochter geht in Dresden aufs Konservatorium!" Sv sagte früher manche Mutter nicht ohne einen gewißen Stolz von ihrer Tochter. Sie meinte natürlich damit, daß besagte Toch ter dieses Institut besuche, um hier Musik oder Gesang zu stu dieren. Für Hausgebrauch, Bühne. Konzertsaäl oder zur Dorbe- reitung für den musikpädagogischen Beruf. Je nachdem. Tatsache ist jedenfalls, daß aus dem Dresdner Konservatorium, der Hoch- ichule für Musik und Theater, mancher nachmals weltberühmte Kunstler und manche bedeutende Sängerin hervorgegangcn ist. Freilich, die Studienjahre bestanden nicht nur in eitel Freude und ungebundenem Fröhlichsein. Das wahre oder eingebildete PENt allein tats nicht, unermüdlich mußte geübt werden, unge zählte ^0 lang jahraus jahrein und wer von den einstigen Studierenden hatte nicht mit ängstlichem Herzklopfen der ersten Probeauffuh g entgegengesehen. Und gerade aus den damals am meisten g en sind später die besten Künstler geworden, sie hatten noch eine heilige Scheu vor dem Alleinstehen auf dem Podium und vor der großen Zuhörerschaft auf den vielen Stuhl- reihen. Sie trugen schon das schwere Verantwortungsgefühl in sich, dem Publikum etwas bieten zu wollen, für das etwas be zahlt werden soll. Bei Dilettanten nimmt man bekanntlich schon den guten Willen für die künstlerische Tat. Also — und das ist eigentlich die Hauptsache — unser Dresdner (vormals König liches) Konservatorium hat in diesen Tagen das 75jährige Be stehen gefeiert. Das frühere Prädikat „Königlich" war nur ein schmückendes, dem Inhaber der Anstalt verliehenes Beiwort. Ein Patronatsverein, der nun auch 50 Jahre besteht, betreute das Institut, das auch heute noch Weltruf genießt. Die Jubelfeier bestand in einem Festkonzert, das von Lehrern und ehemaligen Schülern der Anstalt im großen Gewerbehaussaale dargebvten wurde und wozu sich ein erlesener Kreis von Ehrengästen ein gefunden hatte. Allen Ausführenden, voran aber dem künstleri schen Leiter des Instituts, dem bekannten Komponisten Professor Paul Büttner, bereitete man stürmische Ovationen. Daß ein Genie oft erst nach Abschluß seiner Lebensbahn recht bekannt wird, ist eine alte Erfahrungstatsache. Von den klassischen Meistern der Musik ist hierfür Mozart ein bezeich nendes Beispiel. Welch einen Kleinvdienschatz an entzückenden Melodien hat er der Nachwelt hinterlassen! Von Fürstengunst zu sonnigen Höhen getragen, starb er im tiefsten Elend und ward an einem rauhen Wintertage in einem Armengrabe zur letzten Ruhe bestattet. Und was hatte dieser Menschenbeglücker seinen Zeitgenossen an Schönem gegeben! In seinen Werken jubelt und klagt, jauchzt und weint es, werden alle Empfindungen des Her zens und Gemütes getroffen. Dann aber hat hat man ihm, besten sterbliche Hülle verschollen ist, Denkmäler und Stiftungen, die seinen Namen tragen, errichtet. Auch das prunkvolle Ehrengrab, das ihm die alte Kaiserstadt Wien errichtete, birgt nicht den „göttlichen Amadeus". Die Kunststadt Dresden ist von jeher eine Pflegstädte Mozartscher Schöpfungen gewesen. Anläßlich des 175. Geburtstages des Unsterblichen brachte die Staatsoper in glänzender Besetzung die „Zauberflöte" heraus und im Schauspielhaus fand eine besondere Feierstunde zu Ehren Mozarts statt. Auch der Gewerbeverein, der seinem 100- jährigen Bestehen entgegengeht, huldigte dem großen Tvnschöp- fer. Der feinsinnige Dresdner Dichter Professor Karl Söh - le, war hier der Berufenste, die Gedenkrede zu halten. Der Vortrag des herrlichen D-dur-Violinkonzerts durch die verhei ßungsvolle Künstlerin M a r ia nn e Se l l e, am Flügel von dem Dresdner Komponisten Dr. Kurt Beytien begleitet, krönte den Abend. Der Mozartverein aber schmückte das präch tige Mozartdenkmal auf der Bürgerwiese mit herrlichen Blumen- und Kranzgewinden. So viel für heute von der Kunst, der es im allgemeinen in der gegenwärtigen Zeit nicht gut geht. Auch der leichtgeschürzten Muse nicht und in der Artistenwelt sieht es noch trüber aus. Vor einigen Tagen traf Direktor Sarrasani wieder in Dresden zu unfreiwilliger Pause in seinem Zirkusbau ein. Ein endloser Wa genzug fuhr hier vor, in die verwaisten Stallungen kam wieder Leben. Aber gespielt wird nicht, sondern es gilt nur, die Vor bereitungen für die großen Sommerreisen zu treffen. Dreißig Jahre besteht dann das aus bescheidensten Anfängen zu seiner heutigen Größe emporgewachsene Riesenunternehmen. Die Ma negekünste Sarrasam's sind gewiß groß, noch größer ist aber die Eigenart seiner Reklame. Zu ihr gehört auch die nur scheinbar ernst gemeinte Bewerbung des Direktors Stosch-Sarrasani um den Berliner Oberbürgermeisterposten. Sogar der berühmte Bär im Berliner Stadtwappen hat darüber gelacht. Nunmehr hat auch die Hochflut derBallveran- staltungen eingesetzt. Auf den Presseball, das vor nehmste Fest der Repräsentation, hat man diesmal aus wirt schaftlichen Gründen verzichtet und auch die Bühnengenosten schaft hat den Opernball ausfallen lasten. Das Gauklerfest der Studierenden der Akademie der bildenden Künste stand diesmal im Zeichen der nicht gerade originellen Idee „Das Land des Lachens". Der Besuch entsprach zeitgemäßen Erwar tungen und die Ausschmückung der Säle des Städtischen Aus stellungspalastes war entschieden sehenswert. Aber die rechte Stimmung wollte sich doch erst nach und nach einstellen. Dazu gehört bei uns, wo die richtige Faschingslaune nicht beheimatet ist, ein gewisser Alkoholkonsum, für den der Geldbeutel vieler Leute nicht mehr ausreicht. An der Spitze der gesellschaftlichen Veranstaltungen stand diesmal der Ausländerball, mit vielem Geschick inszeniert von der Studentenschaft der Technischen Hochschule. Hierbei war die gesamte Dresdner Prominenz er schienen und das Fest nahm einen sehr schönen Verlauf. Der Alpenball im Gewerbehaus sah Hunderte von Gebirgs freunden und Bergsteigern fröhlich vereinigt und „Karika tu", das Faschingsfest der Dresdner Kunstgenossenschaft, hatte auch diesmal an Anziehungskraft nur wenig eingebüßt. Wenn man dies draußen im Lande liest, könnte leicht die Meinung ent stehen: „Müssen aber die Dresdner noch Geld haben!", daß sie solche Feste durchführen können. Aber es ist bei Weitem nicht alles Gold, was glänzt. Man frage nur die Wirte der betreffen den Säle. Der Verzehr ist viel geringer als früher und es sit immerhin noch richtiger, solche Veranstaltungen mit geringeren Kosten durchzuführen als sie ganz ausfallen zu lasten und damit das Heer der Arbeitslosen noch zu vergrößern. Das Dresdner Gastwirtsgewerbe hat übrigens dieser Tage einen seiner bekanntesten und bedeutendsten Vertreter verloren. In Partenkirchen, wo er Heilung von schwerem Leiden suchte, ist Karl Höhne, der Besitzer der im ganzen Lande bekann ten Dresdner „Bärenschänke", dem größten Lokal der inneren Stadt, gestorben. Diese viele Hunderte fassende Gaststätte, die durch einen ganzen Straßenblock führt, war erst vor einigen Jahren vergrößert und künstlerisch erneuert worden. Sie erfreute sich seit Jahren echter Volkstümlichkeit und gast für manchen Besucher von außerhalb als eine Dresdner Sehenswürdigkeit, an der man nicht vvrübergehen dürfe. Karl Höhne hatte es durch eigene Tüchtigkeit zu Ansehen und Wohlstand gebracht und da er auch, ohne davon Wesens zu machen, für Armut und Not eine offene Hand hatte, darf das plötzliche Ende dieses rechtschaffenen Mannes aufrichtig bedauert werden. Wenn die gegenwärtige Zeit auch nicht dazu angetan ist, große Pläne, deren Durchführung viel Geld kostet, zu schmieden, so wird doch jetzt von einem Projekt geredet, das die Schaffung eines riesigen Sportpalastes vorsieht. Bekanntlich will die Stadt eine neue Eroßmarkthalle errichten lasten. Damit wür de die alte Halle an der Weißeritzstraße frei und sie will man dann für sportliche Zwecke umbauen. Sie würde das Zentrum der Dresdner Kegelklubs, dazu käme eine Radrenn- und eine Eislaufbahn. Auch andere Sportarten hätten hier eine wetter geschützte Unterkunft. Mit Schaudern malt sich der Plauderer schon ein „Dresdner Sechs-Tagerennen" aus, das allerdings mit wirklichem Sport absolut nichts zu tun hat. Aber die „Moste Mensch" will bekanntlich so etwas und in Berlin, der Hochburg der Intelligenz, sind solche Unternehmen seit Jahren regelmäßig Miederkehrende „große Ereignisse". Nun, wie dem auch sei, si cherlich wäre die Schaffung eines Sportpalastes nur zu begrü ßen. Damit verläßt der Plauderer heute die Dresdner Ange legenheiten und erzählt noch etwas Anderes. Ich k omme vv m G e bir g e he r! So beginnt ein schö nes Lied und damit darf auch mit Fug und Recht mein kleiner Bericht anfangen. In allen bebilderten Zeitschriften sieht man seit Wochen geradezu verführerische Darstellungen der herrlich sten Winterlandschaft in deutschen und Schweizer Hochgebirgen. Aber so weit braucht man gar nicht zu reisen. Ein paar Stunden Bahn- und noch weniger Autofahrt und ein Winterbild von ungeahnter ^Pracht umfängt Dich. Ganz im östlichen Sachsen sind es die Lausitzer Berge, dann bas östliche und Zentral-Erzgebirge und schließlich das Vogtland. Für die Dresdner ist das Osterzgc- birge das gegebene Gebiet. Frauenstein, Altenberg, Geising kannte der Plauderer schon und deshalb wählte er diesmal das Kammgebiet bei Moldau. Wir hatten in Dresden schon seit Wo chen kaum eine Schneeflocke gesehen. Aber in der Gegend um Freiberg trugen die Fluren schon eine weiße Decke. In Bienen mühle gabs bereits Schlittenbahn und weiter oben in Holzhau und Rehefeld besteht noch das idealste Skigelände. Aber nun erst in Moldau! Hier liegt der Schnee über einen halben Meter hoch und vor dem bekannten Gasthof zum Fischerhaus hatte sich innerhalb dreier Tage eine Schneewehe aufgetürmt, die bis zum ersten Stockwerk hinauf reichte. Ein abgesteifter 'Tunneleingang ermöglicht das Betreten des Hauses. Von der Rauhreifpracht m den Wäldern, durch welche die Freiberg—Teplitzer Straße führt, kann sich niemand einen Begriff machen, der so etwas Wundervolles noch nicht gesehen hat. Bäume und Sträucher in dickem Schneebehang haben die bizarrsten Formen angenommen. Tief in das Gehölz einzudringen, ist nur auf Brettern möglich. Herrscht schon in der Woche hier reges Leben, so bringt der Sonntag einen ungeahnten Sportlerzustrom. Don Sachsen- und von der Tschechoslowakei her keuchen dichtgefüllte Züge in dieses hart an der Landesgrenze befindliche Bergnest. Die ganze weite Umgebung ist ein einziges Zauberreich. Auf den weißen Flächen tummeln sich Tausende von Schneeschuhläufern und der „Fuß latscher" ist hier eigentlich ein Mensch zweiter Ordnung. Aber auch er kommt vollständig auf seine Kosten. Er braucht nur ir gend einen Seitenweg zu betreten und genießt sofort das „Schweigen im Walde", beobachtet den Winterschlaf der Na tur und kann sich ganz und gar dem ungestörten Genießen der ungeahnt schönen Bilder hingeben. Dunkle Wolken ziehen eilend über Berge und Wälder. Da bricht auf einmal die Sonne durch und übergießt das weite Land mit goldenem Licht, der Himmel ist azurblau und aus dem Walde leuchtets in kristallner Pracht. Von der Merzdorfer Höhe und vom Stürmer bei Neustadt schaut man hinüber ins böhmische Mittelgebirge mit seinem Riesen, .den Milleschauer. Drunten in den Tälern aber blickt man auf kleine schneebedeckte Häuser. In den sauberen Gastwirtschaf ten wird man freundlich willkommen geheißen und es wäre noch schöner drinnen, wenn der „rührige Wirt", -der immer noch nicht aus der Lokalpresse verschwinden will, nicht immer aufs Neue den Rundfunk oder bas Grammophon in Bewegung setzen würde. Aber solch kleines Uebel wird weit übertroffen von Dem, was man draußen sicht. Vollständig beglückt und herrlich erfrischt macht man sich auf bm Heimweg und bedauert nur, daß der schöne Tag so schnell verlief. Hinauf auf die Höhen in den Herr-' lichen Winterwald! Dies rät jedem Naturfreund Emil. Zur Erdbebenkatastrophe in Neuseeland, wo Städte in Trümmer sanken, Eisenbahnlinien und Brücken zerstört wurden und 800 dis 900 Menschen ums Leben kamen. Bild links: Topisch für Neu seelands Gebirge sind die kochend heißen Quellen, die von den Eingeborenen zum Kochen und Waschen benutzt, von den Touristen als Naturwunder bestaunt werden. — Bild rechts: Deutsch-dä nische Grönlandexpedition verschollen. Man befürchtet, daß eine deutsch-dänische Grönlandexpedition — der deutsche Geologe Dr. Krüger (rechts) von der Technischen Hochschule Darmstadt und der dänische Hundeschlittenführer Axel Bjerre Witte) — umge ¬ kommen ist. Die Expedition begann 19L9 geologische Untersuchun gen in Nordgrönland und wollte diese Forschungen auf der ka nadischen Seite fortsetzen. Seitdem hat man von den beiden Männern nichts mehr gehört. Zwei weitere deutsche Mitglieder der Expedition (links) sind nach Abschluß ihrer Arbeiten bereits im vergangenen Herbst nach Deutschland zurückgekeyrt.