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Sie französische Miermigslrise. Konzentrationskabinett oder Kammerauflösung. Pariser Parlamentarischen Kreisen wird mehr denn Kvnzentratwnsregieruna der republikanischen Parteien !.^?^'Uend notwendig gehalten, da es nur diese Möglichkeit «ebe. Im anderen Falle werde die Auflösung der Kammer notwendig. * Briand lehnt Kabinettsbildung ab. Senator Laval beauftragt. Der Präsident der Französischen Republik, Doumer gue, hatte eine längere telephonische Unterredung mit dem in Genf weilenden Außenminister Briand, um diesem die Bildung der neuen Regierung anzubieten. Briand hat unter Hinweis auf die Schwere feiner Ausgabe als Außenminister den Auftrag abgelehnt. Der Präsident der Republik hat daraufhin den Sena tor Laval mit der Regierungsbildung beauftragt. Laval hat den Auftrag angenommen und die Besprechungen mit den in Aussicht genommenen Ministerpersönlichkeiten be gonnen. Gläubiger im Druck. Amerikanische Forderung einer Kriegsschuldenrevision. Der Rektor der Columbia-Universität richtete auf der Jahrestagung der amerikam,chen Völkerbundvereinigung in Ehikago einen machtvollen Appen an das amerikanische Volk, eine „ aktivere Politik zur Völkerverständigung zu betreiben. Amerika dürfe nicht untätig zusehen, wie die alliierten Mächte ihre sercrUch cmgeganaenen Abrüstungs- Verpflichtungen mwachteten. Unter den Schulden- abmachunaen leide Amerika mehr als die Schuldnerstaaten, weil cs das Zwanzigfache des emgetriebenen Geldes durch Verluste in Industrie und Handel einbüße. Die Washingtoner Regierung müsse daher unver züglich ersucht werden, oie Gmberusung einer internationalen Konferenz in die Wege zu leiten, um die Schuldenfrage auf Grund der neugeschauenen Verhältnisse zu überprüfen. Aus den Spuren des „GistnebelS". Untersuchung schädlicher Gase im Maastale. Im Maastale haben sich wieder schädliche Gase ge zeigt, diesmal vci L llleur. Obwohl die Gase diesmal keine Opfot gefordert haben, ist doch sofort eine Unter suchung cingctenet worden. Die Gase scheinen aus zwei Hochöfen, die gerade angeheizt wurden, herzustammen. Man untersucht nun, ob dieses Gas dem Giftnebcl, der seinerzeit s" vlele Opfer forderte, gleicht. Fn Haaren bei Brüssel erkrankten plötzlich mehrere Arbeiter- Auch hier glaubt man an das Vorhandensein ^ines Gases, das Ähnlichkeit mit dem Todesnebel des Maastales hat. Ein Bach, der nahe einer Fabrik fließt, scheint Schwefelgase auszuströmen. Neuer Kurs in Indien. Ghandi freigelafsen. Aus Delhi wird gemeldet: Der Vizekönig hat die bedingungslose Freilassung Ghandis und der anderen Mitglieder des Arbeitsausschusses des Alllndischen Kongresses angeordnet. Gleichzeitig hat er die Achtung dieses Ausschusses als ungesetzliche Körperschaft aufgehoben. Die Freilassung Ghandis ist die unmittel bare Auswirkung des Abschlusses des Londoner Kon gresses, der die englische Regierung zu einer Kursänderung in Indien veranlaßt hat. Ghandi wurde am 5. Mai v. I. als Führer im Kampf gegen das Salzmonopol, der den Auf takt zum allgemeinen Freiheitskampf bilden sollte, ver haftet. Der neue Weltkrieg. Wie sich Rußland vorbereitet. Der russische-Kriegskommissar Woroschilow sprach in Moskau auf der Tagung der Jungkommunisten und wies auf die zwingende Notwendigkeit für Sowjetrußland hin, bereit zu sein, um von dem nüchstenWeltkrieg nicht überrascht zu werden. Er betonte, alle Äußerungen aus ländischer Milttärspezialisten, Politiker und Pressevertre ter deuteten daraus bin. daß der näckste Weltkriea Todesfahrt vom Sangerfest. Vollbesetzter Autobus in den Fluß gestürzt. In Bromberg ereignete sich ein folgenschweres Autobusunglück. Ein mit 16 Fahrgästen besetzter Auto bus fuhr eine abschüssige Straße zur Haltestelle hinunter, rutschte infolge der Glätte ab und stürzte in die Brahe, einen Nebenfluß der Weichsel. Fünf Personen ertranken, während acht gerettet werden konnten. Bei dreien wurden Wiederbelebungsversuche an gestellt. Die Mehrzahl der Ertrunkenen sind Deutsche. Der größte Teil der Insassen hatte an einem deutschen Sängerfe st teilgenommen. Sie Anklage gegen Sklarek und Genoffen. 650 Seiten Anklageschrift. Wie die Justizpressestellc mütcilt, wurde jetzt in der Straf sache gegen Sklarek und Genossen die Anklage zugestellt. Gegen die Brüdbr Max, Leo und Willi Sklarek ist Anklage erhöben wegen Betrugs und Urkundenfälschung gegenüber der Stadt Berlin, wegen Betrugs gegenüber der Berliner An schaffungsgesellschaft (B. A. G.), der Dresdner und der Ost bank und wegen schwerer aktiver Bestechung und Anstiftung zur Untreue von Beamten der Stadt Berlin und des Reiches sowie wegen KonkursverbrcchcnS. In erster Linie wird den Sklareks vorgeworfen, daß sie die Stadtbank um den Betrag von 10,5 Millionen Mark geschädigt haben. Von den Angestellten der Brüder Sklarek sind die Buchhalter Lehmann und Tuch wegen Beihilfe zum Betrug gegenüber der Stadtbanl und den Konkursdelikten angeklagt. Lehmann außerdem auch wegen Beihilfe zu den Urkundenfälschungen gegenüber der Stadtbank. Weiter sind angeklagt der schweren passiven Bestechung die Bürgermeister Schneider und Kohl,' die Stadtbankdirektoren Schmidt und Hoffmann, die Stadträte Benecke, Degner und Gäbel und weitere Beamte. Die Anklageschrift umfaßt rund 650 Seiten, die Akten be stehen aus 174 Hauptbänden und 1000 Beistücken — Magistrats-, Personalakten usw. und 2200 Geschäftsbüchern. Tausend fabriziert allerseinstes Gold ...aber auch andere machen das. Im Goldmacherprozctz bekundete der Fabrikbesitzer Ob wurz er aus Dresden, es sei bei allen Versuchen Tau sends außerordentlich scharf aufgepatzt worden, damit nichts hineingeschmuggelt würde. Auch bei Versuchen, die Obwurzer vollkommen selbständig mit einem Mitarbeiter Tausends machte, habe man Erfolge erzielt. Unter starker Bewegung im Zuhörerraume legte der Zeuge zwei Goldsplitterchen vor, die er aus drei bis vier Gramm Blei ausgeschmolzen habe. Eine von Tausend erzeugte Goldprobe habe man einem chemi schen Sachverständigen vorgelegt; dieser Mann habe erklärt, daß das Gold südafrikanischer Herkunft sein müsse, weil es eine Reinheit von 99,5 fein habe. Unterhaltung per Lexikon. Obwurzer erklärte dann weiter, datz, wenn Tausend sich mit Wissenschaftlern über seine Versuche unterhalten habe, dir Unterhaltung stets unfruchtbar gewesen sei, weil Tausend Aus drücke gebraucht habe, die der Wissenschaft unbekannt seien, und umgekehrt, so daß man immer ein technisches Lexikon zur Hand haben mutzte. Der Zeuge schilderte noch weitere Ver suche vor Sachverständigen, die zum Teil ergebnislos verlausen seien, wobei er aber immer den Eindruck gehabt habe, als ob Tausend derartige Fehlschläge der Versuche beabsichtige, um nicht sein Geheimnis preiszugebcn. ! kleine Nachrichten Grippe-Epidemie in Tokio. London. Eine verheerende Grippe-Epidemie, wie sie feit zehn Jahren nicht mehr vorgekommen ist, wütet in Tokio. Die Krankheit, die durch große Kälte und Trockenheit verschlimmert wird, fordert täglich 60 Todesopfer. Schweres Eisenbahnunglück in Amerika. Newyork. Bei Nashville (Tennessee) entgleiste ein Per- soncnzug. Der Lokomotivführer und vier Reisende wurden ge tötet. 50 Personen wurden zum Teil schwer verletzt. 16 Schisse im Packeis des finnischen Meerbusens. Riga. Ein Funkspruch des Kapitäns des lettländischen Dampfers „Koupo" besagt, daß der Dampfer mit 15 anderen Schiffen, darunter auch einigen deutschen, 20 Kilometer west lich von Kronstadt nach wie vor im schweren Packeis liege. Drei russische Eisbrecher haben zwölf Dampfer von Leningrad durch das Packeis in das freie Wasser geführt. Die Befreiung der noch festliegenden 16 Dampfer wird voraussichtlich noch eine Woche dauern. gegen Sowjetrutzland geführt werden würdel Dem überfall von außen her müsse Rußland den eisernen Willen zum Sieg und eine gut bewaffnete Armee entgegen setzen. Von Rußland werde der Krieg unter dem Gesichts punkt geführt werden, unter dem Einsatz der kleinsten Kräfte die größten Erfolge zu erringen und den Feind auf seinem eigenen Gebiet zu treffen. Unter dem Hinweis darauf, daß der kommende Krieg der mechanische Krieg sein werde, appellierte Woro schilow an die Jungkommunisten, die Arbeit zur Er höhung der Kampffähigkeit der Armee, zur Vermehrung der Kriegsproduktion und damit zur allgemeinen Stär kung der Verteidigungsmöglichkeit Sowjetrutzlands zu verdoppeln. — Mit besonderer Ausführlichkeit ging der Kriegskommissar bei der Erwähnung ausländischer Militärsachverständiger auf General Ludendorff ein, aus dessen neuem Werk er einzelne Stellen verlas. Kür Schienen und Landstraße. Dieser Anforderung emiprichr em neuartiger Elfenbahn- Autobus, der jetzl in England eingeführt werden soll. Der Wagen hat zwei Sätze von Rädern: einen Satz Eisenbahn räder und einen Say Autoräder, mittels derer er nach Wahl fowohl aus Eisenbahnschienen wie aus Straßen fahren kann. Der Eisenbahn-Autobus soll auf wenig befahrenen Nebenbahnen, wo die Ortschaften viel fach weit vom Bahnhof liegen, eingeführt werden, um — bei möglichster Ausnützung des Eisenbahnnetzes — die Fahrgäste von Ort zu Ort zu befördern und ihnen die langen Wege vom und zum Bahnhof zu ersparen. politische kunchchau Deutsches Reich Reichszuschuß für die Knappschaft. Die Knappschaftsversicherung wird zur Überwindung der Schwierigkeiten, in die sie durch den Ausfall bei den Einnahmen und den Rückgang in der Belegschaft geraten ist, für Februar und März je acht Millionen Mark aus Reichsmitteln erhalten. Sie hat in den letzten Monaten die Pensionen schon aus eigenem Antrieb um 10 Prozent gekürzt. Die verunglückten Reichsgründungsfeicrn in Frankfurt an der Oder. In Ergänzung der Meldung über die verunglückten Reichsgründungsfeicrn in Frankfurt a. d. O. wird von zuständiger Stelle noch folgendes mitgeteilt: Der Regie rungspräsident in Frankfurt a. d. O. sei in den fraglichen Tagen krank gewesen. Die Anweisung des Regierungs direktors über die Feiern sei so mißverständlich abgefaßt gewesen, daß der Schulrat glaubte, hieraus ein Verbot entnehmen zu müssen. Der Regierungsdirektor wird wegen des Vorkommnisses auf einen anderen Posten ver setzt werden. Im übrigen wird noch einmal betont, daß der Kultusminister selbstverständlich erwartet habe, daß in allen Schulen in geeigneter Weise des Reichsgründungs tages gedacht werde. WM!!WW!lWWWWWlWW!WWWNWWWWttl^MWi^ Mell« Sie dar Wilsdruffer TagtUM Märtyrer der Liebe Roman von I- Schneider - Förstl. 15. Fortsetzung Nachdruck verboten „Pfeif wieder! Bitte!" sagte die kleine Annemarie in- brünstig. Aber die Amsel hatte sich längst mit ihresgleichen verab- redet. UH GE wie konnten Menschen verstehen, was ein ^gelsang. ' . Annemarie sah wie er davonflog. Schade! Ein Jucken ging um das rosige Kindermäulchen. Dann lachte cs wieder. . Noch einmal Wüßten die Hellen Augen, aber cs ließ sich keine mehr entdecken. Die Kleine Nef sodann eine Strecke Weges zurück, bis der breite, poesievolle Bau des Regenbacher Herrenhauses vor ihr lag. Ihr Blick flog die Fensterreihen entlang, erst über die im Erdgeschoß/dann kamen die der oberen Etage an die Reihe! Ein großer Teil der dunkelgrün gestrichenen Jalousien mar noch herabgelassen. Man schlief also noch! Aus einem der Fenster des Hochparterres bog sich eine weibliche Gestalt. Dürr, mit scharfgebogener Nase, das Haar straff zurückgckämmt. Graue Augen mit einem harten, her rischen Mick, suchten die Wege des Parkes entlang. „Annemarie!" Die Kleine sprang eilig vom Rasen auf den Weg, knöpfte hastig den gelösten Gürtel und entfernte einen Grashalm, der an ihrem Kleidchen hängen geblieben war. „Hier, Fräulein Gerhard!" Sie sah dabei etwas furcht sam nach der hageren Gestalt am Fenster. „Du sollst nicht so weit weggehen vom Hause!" gebot eine strenge Altstimme. „In den Hochwald darfst du nicht! Auch nicht über den Fluß! Wenn du nicht folgst, mußt du hernach eine doppelte Lektion Französisch übersetzen, auch werde ich Sorge tragen, daß du keinen Nachtisch bekommst. Ueberdies sehe ich Grasflecken an deinen weißen Schuhen. — Pfui. — Und an der einen Wade sitzt ein Riß! Der war heute morgen noch nicht! Eine Dame muß immer exakt ge kleidet sein. Nun kannst du noch eine halbe Stunde spielen. Ich werde dich rufen, wenn es Zeit zur Stunde ist!" Das Fenster schloß sich wieder und die Kleine atmete auf. Gottlob, das war noch glimpflich abgelaufen. Wieder glitt der Blick nach den noch immer geschlossenen Jalousien. Wie nur Mama so lange schlafen konnte! Ach, Mama die wußte ja nicht, wie hell die Sonne am Morgen schien, hörte nicht, wie feierlich der Wald rauschte und wie lustig unten der Fluß plauderte. Wenn man sie wecken dürfte! — Aber Mama wecken, das war gefährlich. Einmal hatte Annemarie es getan und seither nicht wieder. Nein, nein, Mama durfte nicht geweckt werden. Eine unbestimmte Sehnsucht wurde in dem Kinderherzen wach. Jemand haben, jemand, den man liebte, nur liebte! Nicht fürchten mußte wie Fräulein Gerhard, daß man seine geheimsten Gedanken vor ihm verschloß. Jemand, den: man alles sagen konnte wie dem Papa. Der Papa aber war so viele Tage von zu Hause fort. Er war der einzige, der nie spottete, nie verächtlich lachte, man konnte fragen, was man wollte, der schalt und drohte nicht, der hatte immer Zeit für sein Kind. Annemarie wußte nicht einmal, daß es nicht ihr rechter Vater war. Sie wurde von Nella aus deren ersten Verbin dung mit in die Ehe gebracht. Renkell hatte bei seiner Verheiratung darauf bestanden, daß das Kind seinen Namen erhielt. Er hatte es adoptiert und ihm die vollen Rechte einer leiblichen Tochter einge räumt. Die beiden hingen mit einer Liebe aneinander, die fast an Vergötterung streifte. Wenn Renkell auf Reisen ging, begann für die Kleine die schwerste Zeit. Eie sehnte sich stets namenlos nach dem Papa. Heute kam er wieder, aber es dauerte immer noch zwei Stunden bis zu seinem Eintreffen. Das war gräßlich lange. Sie würde Vergißmeinnicht pflücken und Tausendschön und Wucherblumen, dann lief die Zeit rascher. Aber all die schönen Blüten standen drüben überm Flusse auf der großen Waldwiese, und da sollte sie nicht hinüber. Wie schade. — Doch schließlich überwog das Verlangen, dem Papa eine Freude zu machen, die Furcht vor der Strafe. Sie wollte den nächsten Weg nehmen, der durch den Fluß ging. Er war nicht tief. Ertrinken konnte man sicher nicht. Noch einmal flogen Annemaries Augen die Fensterreihen entlang. Mit raschen, geübten Fingerchen streifte sie Schuhe und Strümpfchen ab, nahm diese unter den Arm, hob das weiße Kittelkleidchen und setzte einen Fuß ins Wasser. Brrr! Wie kalt! Tapfer patschte das andere Füßchen nach. Ohne umzuschauen stapfte sie mitten durch. Wie die große Wald wiese in der Morgensonne lachte! Und diese Blumen! O, so viele! Die Fingerchen pflückten, die Augen glänzten und die Bäckchen begannen sich glühend zu färben. Immer üppiger wurde der Strauß! Immer farbenprächtiger! Im mer heißer brannte das Gesichtchen. Mama und Fräulein waren vergessen. Nur der Papa bekam ab und zu einen Ge danken zugeschickt. Ein Ruck geht durch das Kinderkörperchen. Scharf und befehlend erklingt die Stimme ein zweites Mal vom anderen Ufer herüber. Annemarie sieht die gefürchtete knochige Gestalt der Er zieherin und deren drohend erhobene Hand. Ihr Schrecken ist maßlos. In raschen Sprüngen eilt sie dem Hochwald zu. Immer tiefer hinein, daß die Stämme, die Büsche sie decken. Atemlos setzt sie über Baumwurzeln und Heidelbeer- gesträuche. Ueberspringt gewandt kleine Wässerchen, welche durchs Moos gurgeln. (Fortsetzung folgt.)