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KUdwfferTaMM Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Ta» ,Wilsdruffer Tageblatt- erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in ?er Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten L,3vRM., bei Postbeftellung 2 AM. zuzüglich Abtrag- gebühr. Einzelnummern 1SR?fg.AllePostanstalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaeaend P-stbotenundunsereAus. tragerund Geschäftsstellen ' nehmen zu jeder Zeu Be stellungen entgegen. ImFaUe höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto delltegt. Ä für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 2V Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40Reichs- 8 Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile I Reichsmark. Rachweijungsgebühr LV Reichspsennige. Vor- ß geschriebeneLrscheinungs- —„ _ tage und Plahvorschriste« werden nach Möglichkeit AekN sprech kV: Amt Wilsdruff Nl*. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm.lOUbr. - - - - —- — Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigcn übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattansprnch erlischt, wenn derDetrag durch Klage cingezogen werden muß oderderAuftraggeberin Konkurs gerat. Anzeigen nehmen alle Vermittluugsftcllen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des ForstrentamLs Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Rr. 6 — 90. Jahrgang WilStzrnss-Drcsven Telegr.-Adr: „Amtsblatt Poftiäieck: Dresden 2640 Donnerstag, den 8. Januar 1931 Ser goldene Schlöffel und die Wernen Kugeln. Die Front gegen Deutschland auf der kommenden Genfer Konferenz scheint aufgerichtet und ausgerüstet zu sein, — es hilft wenig, die Augen dagegen verschließen »u wollen! Bezeichnend war es ja schon, daß in der Ab rüstungskommission der Vertreter Englands sich rest- und bedingungslos hinter seinen französischen Kollegen gestellt hatte; merkbar verschärfte sich die Tonart in der eng lischen und der französischen Presse gegenüber jedem deutschen Revisionsbegehren und dabei blieb nicht einmal die amerikanische Unterstützung aus. Und schließlich sind auch noch die letzten finanziellen Differenzen zwischen Frankreich und England durch eine soeben abgeschlossene Konferenz in Paris ausgeräumt worden. Man hat sich dort geeinigt, — und daran, daß diese Einigung politisch auf Kosten Deutschlands gehen soll, kann ein Zweifel kaum bestehen. Weiter: Schon vor ein paar Tagen war ein auffallend scharfer Artikel in einem halbamtlichen amerikanischen Organ er schienen, der sich gleichfalls gegen die Anstrengungen der Reichsregierung, eine Revision des Noung-Planes vor zubereiten, gewandt hatte und behauptete, diese Politik Deutschlands sei gar nicht durch wirtschaftliche, sondern durch rein innenpolitische Grunde bestimmt. Und um das Bild zu runden: Jetzt schreiben die Londoner „Times" mit ähnlichen Worten, dte wirtschaftliche Lage Deutschlands sei noch lange nicht so gefährdet, um ein Moratorium für Deutschland herbeizuführen. Mit deutlichem Hinweis auf die englisch-französischen Finanzverhandlungen wird dann gedroht, Deutschland führe durch seine augenblick liche Politik nur eine Verstärkung der Solidarität seiner Gläubiger herbei. Mit Vernunftgründen gegen diese Einstellung anzugehen, erscheint also ziemlich zwecklos. Nicht ein mal die auch von der Gegenseite zugegebene Tatsache suchet dort irgendwelche Beachtung, daß die deutschen Zahlungsverpflichtungen auf Grund des Young-Planes dem Werte nach ganz außerordentlich gestiegen sind ent sprechend dem Sinken der Warenpreise überall in der Welt. Der Störenfried hierbei war aber nicht zuletzt Frankreich selbst, und die jetzt abgeschlossene Einigung in Paris sollte endlich Schluß machen mit den französischen Maßnahmen, von überall in der Welt her Gold in die Keller der Vanque de France zu ziehen. Andererseits hatte sich Frankreich geweigert, in England während des Krieges untergebrachte Anleihen zu ihrem Goldwert zu bezahlen, den sie damals gehabt hatten. Auf den des wegen eingeleiteten Pariser Verhandlungen hat man dies jetzt aber zugestanden und sich obendrein sogar nicht ungern bereit erklärt, die Goldsaugpumpe abzustellen, die die Bank von England bereits in arge Bedrängnis gebracht hatte. Daher erfolgte eine Diskontermäßigung in Frankreich. Und noch mehr dürfte vereinbart sein: Aus seinem riesigen Goldschatz wird Frankreich der englischen Industrie eine große Anleihe zur Verfügung stellen, während in Amerika zurzeit ein umfangreicherer Kredit nicht zu erhalten ist. Auf diese Weise Wird nun das angebahnte politische Bündnis zwischen Paris und London auch noch kredit politisch fest untermauert. Denn es ist selbstverständ lich, daß man in Frankreich nur denjenigen Ländern Geld leiht, die sich in der Abwehr des deutschen Revisionsvor stoßes unbedingt der französischen Gegenfront eingliedern. Das ist der goldene Schlüssel, mit dem man das Tor vor den Revisionswünschen Deutschlands fest ver schließt. Man hätte in Paris sogar nicht einmal etwas dagegen, auch der deutschen Wirtschaft mit einer Anleihe zu Hilfe zu kommen, aber natürlich nur dann, wenn man in Berlin nicht mehr von der Revision sprechen und außer dem auch in der deutsch-polnischen Streitfrage „kurz zu treten" sich entschließen würde. Bekanntermaßen hat Frankreich schon in der Zeit vor dem Weltkriege große Erfahrungen in der Frage „politischer" Anleihen sammeln können und hat dieses System auch nach dem Kriege weiter ausgebaut. Man hat in Paris nicht bloß die richtigen Stahlgranaten, um die französische Hege monie in Europa zu sichern, sondern man verfügt dort auch über einen ergiebigen Vorrat „silberner Kugeln" für diesen Zweck. Das Opfer Abrahame. Ein Vater ermordet in religiösem Wahne sein Kind. Auf einem Polizeirevier in Spandau erschien in der Nacht der Katastersekretär Schätzke, legte dem drenst- kienden Beamten ein blutbeflecktes Messer aus den Tisch und erklärte: „Ich bin Abraham, ich habe meinen Sohn geopfert!" Die Beamten begaben sich sofort in die Wohnung Schätzkes mrd fanden dort den eineinhalbjährigen Sohn des Katastersekretärs mit durchschnittener Kehle tot vor. Die -ynungslose Mutter des Kindes wurde erst durch die ^ouzel aus dem Schlafe geweckt und von der furchtbaren Bluttat verstandtgt. Es handelt sich bei der Tat offen- dar um emen Fall schweren religiösen Wahn sinns. Der Täter wurde verhaftet und Wird auf seinen Geisteszustand hm untersucht werden. W Keine KWis m Kühlenstreit Essener Schlichtung ver geblich. Weiterer Rückgang des Ausstandes. Der Schlichter für Westfalen, Professor Brahn, bildete die Schlichtungskammer, nachdem die Parteien im Streit um die Bergarbeiterlöhne, Arbeitgeber und Arbeit nehmer, auf weitere Verhandlungen verzichtet hatten. Die Schlichtungsbemühungcn nahmen nur kurze Zeit in Anspruch, trotzdem die Kammer verschiedene Vorschläge machte, die aber keinen Anklang fanden. Während die Vorschläge der Arbeitgebervertreter eine Mindestforde rung eines Lohnabbaues von acht Prozent aufstellten, er klärten die Vertreter der Bergarbeiterverbände eine Lohnsenkung über vier Prozent hinaus für nicht tragbar. Der Schlichter stellte daraufhin fest, daß eine Einigung nicht möglich sei, und brach die Verhandlungen ab. Der Vorsitzende des Schlichtungsausschusses beraumte ein neues Schlichtungsverfahren für Freitag oder Sonn abend an. Kommt auch dann eine Einigung aus der etwa vom Schlichter empfohlenen mittleren Basis von sechs Prozent Lohnabbau nicht zustande, so wird als letzte Instanz wahrscheinlich der Reichsarbcitsminister Dr Stegerwaid übrigbleiben, der kraft seines Amtes das letzte Wort hat. Er würde vermutlich zuvor dem Kabinett Bericht erstatten und dann nochmals mit den Parteien verhandeln Der Streik selbst scheint einstweilen im Erlöschen zu sein, denn Aach einer Mitteilung des Bergbauvereins be trug die Anzahl der nicht cingcfahrencn Bergleute nur i noch 3,6 Prozent der Gesamtbelegschaft. Insgesamt I werden nur noch von elf Zechen Strcitziffern gemeldet, und zwar aus den stark kommunistischen Bezirken Duis burg-Hamborn, Krefeld und Dinslaken, ferner aus Hamm. Teilstreiks im oberfchlesischen Bergbau. Mittwoch sind auf einzelnen Gruben des oberschke- sischen Industriegebiets aus Betreiben der kommunistischen Organisationen Teilstreiks ausgebrochen. Die Gewerk schaften einschließlich der sozialdemokratischen lehnen den Streik ab. Während auf der Gleiwitzer Grube die Vor- mitlagsschichi noch vollzählig eingefahren ist, sind auf der Grube Gleiwiy-Sosnitza 66 Prozent der Schicht nicht zur Arbeit erschienen. Die Gesamtbelegschaft dieser Grube beträgt etwa MW Mann Soweit bisher bekannt, sind ferner aus der Abwehrgrube Oy Prozent, aus der Hedwig- Wunsch-Grube 66 Prozent und auf einer Grube d«r Delbrückschächte bei Hindenburg 33 Prozent der Vor- mitlagsschichl nicht eingefahren. * 8m die Neilegung des Auhr-reite«. Drohende Aussperrung? Der Bergbauindustriearbeiterverband hat zum Sonn abend seinen Hauptvorstand und zum Sonntag eine Re- vierkonserenz einberufen, die, wie erklärt wird, „entscheidende Beschlüsse" zu fassen haben werde. Man werde sich trotz der bevorstehenden neuen Schlichtungsverhandlungen nicht abhalten lassen, die er forderlichen Maßnahmen zu treffen. Auch von christ licher Gewerkschaftsseite wird erklärt, daß man in Berg arbeiterkreisen vielfach mit einer Aussper rung rechne. Der Gewerkverein Christlicher Berg arbeiter sieht sich angesichts des ergebnislosen Ver laufes der erneuten Schlichtungsverhandlungen im Nuhr- bergbau veranlaßt, eine außerordentliche Ge neralversammlung sür Sonntag, den 11. Januar einzuberufen, um eine Entscheidung zu der neuen Lage im Ruhrbergbau zu treffen. Ein Mer SO Ke; denWn Me; Der Geveralpostmeister. Gedenkfeier für Generalpostmeister von Stephan. Aus Anlaß der 100. Wiederkehr des Geburtstages des Generalpostmeisters von Stephan veranstaltete das Reichs Po st Ministerium in der Berliner Sing akademie eine Gedenkfeier, die von musikalischen Vorträgen umrahm! war. Die Begrüßungsansprache hielt Reichspostminister Doktor Schätzel. Er führte u. a. aus: Wir haben uns hier vereint, um in schlichter Form des geschichtlichen Tages zu gedenken, an dem vor hundert Jahren Heinrich von Stephan, der Gründer und Organisator der D e u t s ch e n N e i ch s p o st, der Schöpfer des Weltpostvereins, geboren wurde, Wir huldigen den Manen eines Geistes, dessen Bedeutung weit über die Grenzen seines Vaterlandes hinaus internationale Aus maße besitzt, eines Geistes, der seiner Zeit in klarer Erkenntnis und entschlossener Auswertung der gegebenen Wirklichkeiten voll gerecht wurde und mit sicherem Blick der Entwicklung der Zukunft die Bahnen wies, die bis heute richtunggebend geblieben sind. Der Weltpost verein, heute eine Selbstverständlichkeit, seinerzeit eine Tat von überwältigender Kühnheit, die aus dem Verkehrsgebiete nicht etwa nur die Idee von Paneuropa verwirklichte, sondern alle Kulturnationen der Erde, unter Niederlegung aller gegenseitigen Grenzschrankcn, zu einer Verkehrseinheit zusammenschlotz, ist, abgesehen von dem Ausbau in Einzelheiten, in seinen Grundzügen heute noch, wie ihn Stephan ins Leben gerufen hat. Wenn die Deutsche Reichspost im Laufe der Jahre eine gesunde und kräftige Aufwärtsentwicklung genommen, wenn ihre Organisation manchen Stürmen getrotzt hat und sest gefügt für die weitere Zukunft dasteht, so verdankt sie dies in erster Linie dem Verdienste Heinrich von Stephans, der einen Grund gelegt n»d einen Umriß ausaebaui bat. aus dem Neichspostminister Dr. Schätzel bei seiner Gedenkansprache. daS gewaltige Gebäude der Deutschen Reichspost in ihrem heutigen Ausmaß, ihren inneren Einrichtungen empor wachsen konnte. Welche Entwicklung die Gründung Stephans seit seinem Tode genommen Hai, mögen nachfolgende Zahlen veranschaulichen. Die Einnahmen der Deutschen Reichspost betrugen 1697, im Todesjahr Stephans, 368 Millionen Mark, 1929 2 Milliarden 282 Millionen Mark, sind also um das Sechsfache angcwachscn, dabei ist die Zahl der Verkchrsanstalten fast gleich geblieben. Der Personalbestand ist von rund 190 000 Personen auf rund 380 000 Personen, also um das Doppelte gestiegen. Die Deutsche Reichspost war hiernach seitdem durch Auswertung ver ihr gegebenen Organisation in der Lage, den sechsfach ge stiegenen Verkehr mil einem nur um das Doppelte vermehrten Personalbestand und mil einer fast gleichbleibenden Zahl von Verkehrsanstalten zu bewältigen Wohl sind im Fluß der Zeit- bedürsnisse die einzelnen Verkehrszweige der Reichspost mächtig angewachsen, neue Zweige, wie Postscheckverkehr, Kraftpost- verkehr, Luftpostverkehr, Funkverkehr, sind neu hinzugctreten und haben sich kraftvoll entwickelt; wohl sind die glücklichen wirtschaftlichen Zeitverhälinisse, unter denen Stephan sein Werk schuf und einrichteie, uns nicht mehr beschieden, aber trotz Krieg, Revolution, Inflation und Weltwirtschaftskrise sind die Grundformen des organisatorischen Aufbaues und die Grund sätze der Betriebsführung, der Verwaltung und Finanzgeba- rung, die Stephan der Deutschen Reichspost gegeben hat, ge blieben nnd haben sich allen Veränderungen des Wirtschafts lebens gegenüber und allen Schwierigkeiten zum Trotz be währt als ein verlässig funktionierendes Instrument deS öffentlichen Verkehrs. In unerschütterlicher Dankbarkeit beugt sich daher am heutigen Tage die Deutsche Reichspost vor vem Genius Heinrich von Stephans, ihres Grünvers und Organisators. Der Herr Reichspräsident, der leider an der Teilnahme ver hindert ist, bringt in einem besonderen Schreiben an mich die dankbare Anerkennung zum Ausdruck, mit der er der hohen Bedeutung Heinrich von Stephans, als des größten Orga nisators der Reichspost, des Wegbereiters des modernen Nach richtendienstes und des Gründers des Weltpostvereins gedenkt. Der Herr Reichskanzler »nd die Reichsrcgierung nehmen leb haften Anteil au der Feier des heutigen geschichtlichen Gedenk tages für den großen Sohn des deutschen Bolles. Fm Banne dieser Wcihestunde drängt es mich, namens der Deutschen Rcichspost feierlich zu versichern, daß die Deutsche Reichspost den Geist Heinrich von Stephans stets Hochhalten und zur Richtschnur ihrer Entscheidungen und ihrer gesamten Tätigkeit nehmen werde zum Wohle unseres deutschen Vaterlandes. Staatsminister a Dvon Sydow schilderte ausführlich den Werdegang, die außergewöhnlich schnelle und glanzvolle Laufbahn Heinrich von Stephans, sein Wesen und seine Per sönlichkeit „Stephans Werk," so schloß der Redner hat ihn überlebt. Was dauernd besteheubleibcu wird, ist das Vorbild, das Stephan durch den Geist gegeben Hal der ihn zu seinen Schöpfungen geführt, zu seinen Taten befähigt hat. Die Deutsche Retchspcst möge stets von fachkundigen Männern geleitet sein,