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Wilsdruffer Tageblatt : 07.01.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-01-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193101078
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19310107
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19310107
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1931
-
Monat
1931-01
- Tag 1931-01-07
-
Monat
1931-01
-
Jahr
1931
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 07.01.1931
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gegenüber 995 in der gleichen Zeit des Vorjahres. Die Ermittlun gen haben gezeigt, daß bei der allgemeinen Verschlechterung der Arbeitsmarktlage auch in auswärtigen Bezirken nur sehr we nige Wanderscheinempfänger Arbeit finden konnten. Nur 196 oder 10 v. H. haben Arbeit finden können gegenüber 20 v. H. im vorigen Sommerhalbjahr. Die begehrtesten Wanderziele wa ren Rheinland, Südwestdeutschland, Nordmark und Bayern. An erster Stelle in der Arbeitsbeschaffung blieb zunächst Sachsen selbst; es folgte Bayern mit verhältnismäßig günstigen Arbeits gelegenheiten für sächsische Wanderer. Die reichliche Hälfte aller Wanderscheinempfänger war im Alter von 18 bis 21 Jahren. Die Mehrzahl, rund 42 v. H., gehörte der Metallindustrie an, die ja in Sachsen besonders schwer von der Arbeitslosigkeit be troffen ist; nächst ihr kam das Holz- und Baugewerbe. Briefe mit „Do X" nach Amerika. Das Flugschiff „Do X" wird seinen Amerikafbug voraussichtlich in der zweiten Januar- Hälfte antreten. Für diesen Flug können noch gewöhnliche Brief sendungen: Posttarten und Briefe (Einzelgewicht bis 20 Gramm) aufgeliefert werden. Die Gefamtgebühr beträgt 6 Mark für einen Brief und 4 Mark für eine Postkarte. Die Sendungen müssen den Vermerk „Mit Flugschiff Do X nach Amerika" tra gen und sind in sreigemachtem Umschlag (innerdeutsche Gebühr) bis zum 14. Januar an das Postamt in Friedrichshafen (Boden see) emzusenden. Ab 15. Februar Zigaretten nur noch gepackt. Am 2. Januar sind die neuen Tabak- u. Banderolensteuererhöhungen in Kraft getreten. Man wird die neue Steuererhöhung für Zigaretten in der Weise verteilen, daß die Zigarettenfabriken üb 2. Januar nur noch Packungen zu 9, 27 und 45 Stück verkaufen dürfen. Ab 15. Februar dürfen Zigaretten aus der Produktion seit 2. Ian. nicht mehr lose, sondern nur in diesen Packungen abgegeben werden. Für die Packung mit 9 Stück Inhalt ist der bisherige Betrag für eine Zehnerpackung zu entrichten usw. Für Verstöße gegen diese Vorschriften sind empfindliche Ordnungsstrafen vor gesehen. Fahrpreisermäßigung für die Jugendpflege. Die gegenwär tigen bei der Inanspruchnahme der Fahrpreisermäßigung für gemeinsame Fahrten Jugendlicher vorzulegenden behördlichen Bescheinigungen auf blauem Papier über die Anerkennung als Iugendpflegeverein sind mit Ablauf des Jahres 1930 ungültig geworden. Für die beiden nächsten Jahre 1931 und 1932 werden neue Bescheinigungen auf weißer Karte ausgestellt. Der für den Führer der Iugendfahrt erforderliche Personenausweis mit Lichtbild kann nunmehr auch vom Vereintester unter Beglaubi gung durch die Ortspolizeibehörde ausgestellt werden und hat ohne Zettbeschränkung Gültigkeit. Die alten Führerausweise werden bis auf weiteres auch noch anerkannt. Frösteln im geheizten Zimmer. Es gibt eine Menge Leute, die im geherzten Zimmer sich nie so recht Wohlbefinden, die so gar frösteln, wenn eine Temperatur herrscht, die sie im Sommer unerträglich finden würden. Dieses Gefühl des Fröstelns kann mehrfache Ursachen haben: falsche Heizung, schlechte Lust, Man gel an Feuchtigkeit und natürlich auch krankhafte Zustände. Die Zimmertemperatur sosi man immer auf 14 bis höchstens 15 Grad Reaumur halten, denn bei dieser Wärme fühlt sich ein gesunder Mensch am wohlsten. Line größere Wärme wirkt ähnlich w'.e der Alkohol, sie ist momentan angenehm, aber sobald sie nach- läßt, empfindet die Haut Unbehagen. Unbedingt notwendig ist ein öfteres Lüsten des geheizten Zimmers. Man glaube etwa nicht, daß dieses dadurch kalt wird; schlechte, verbrauchte Luft er wärmt sich viel schwerer, als frische, kühle, reine Luft. Diese bringt auch ein größeres Maß von Feuchtigkeit herein, welche für das Wohlbefinden und die Gesunderhaltung erforderlich ist. Trockene Wärme entzieht dem Körper Feuchtigkeit, sie kühlt also die Haut ab und dadurch entsteht eben das unbehagliche, fröstelnde Gefühl. Deshalb sollte man ebensowohl einen Feuch tigkeitsmesser im Zimmer haben wie ein Thermometer. Die ge sunde Luft muß 60—70 Grad Feuchtigkeit enthalten. Nötigen falls lasse man Wasser verdampfen oder hänge nasse Tücher zum Trocknen auf. Falsche Zehnmarkscheine. Seil einiger Zeil sind Wie ser gefälschte Reichsbanknoten über zehn Mark mit dem Ausgabedalum vom 11. Oktober 1924 im Umlauf. Die Fälschungen sind im allgemeinen sehr gut gelungen, doch ist das Papier der Noten weicher als die Originalscheine. Für die Aufdeckung zahlt die Reichsbank eine Beloh nung von 3000 Mark. Prüfungsverband der sächsischen Gemeinden. Von einem Ausschuß des Sächsischen Gemeindetages ist ein stimmig die Schaffung eines Prüfungsverbandes der sächsischen Gemeinden beschlossen worden, dem die Durch- sühruug der von der Reichsregierung gewünschten, von den Gemeinden unabhängigen Rechmmgsprüfung oblie gen soll. Die Ballgesellschaft aus Einürcchersagd. Eine nette Spukgeschichte spielte sich Sonntags morgens an der in mitten des Friedhofes befindlichen Kirche in Ottendorf bei Neustadt i. Sa. ab. Ein Einwohner, dessen Heim sich unweit der Kirche befindet, kam mit seiner Gattin von einem Vergnügen nach Hause und bemerkte in dem Gottes haus den schwachen Schein eines Lichtes. Da er einen Einbruch in das Gotteshaus vermutete, lief er in das Ballokal zurück und schlug Alarm. Rach kurzer Aufklä rung zog der größte Teil der anwesenden männlichen Teilnehmer, mit allem möglichen Mordwerkzeug bewaff net, zum Gotteshaus und umstellte es. Wirklich brannte noch Licht; also mußte der Einbrecher noch drinn sein. Gerade wollte man einen Vorstoß nach dem Innern der Kirche machen, als der Kirchner mit einer Laterne in der Hand aus der Kircheutür trat. Erstaunt blickte er auf die in Wassen starrende befrackte Gesellschaft. Nun löste sich das Rätsel. Der Kirchner hatte die Qfen zum Gottes dienst angeheizt. Verschämt zog die Gesellschaft ob ihres "tolles ab. , , Dr Geenich. Der ehemalige König Friedrich August von Sachsen mußte es kürzlich im Wartesaal des Leipziger Haupt- bahnhvfs, wo er den Anschluß nach Dresden erwartete, über sich ergehen lassen, wie sich an den Nebentischen einige Spießer über seine Identität stritten. — „Das isr!" „Nee, das isr gar nich!" „Freilich, das is dr Geenich!" Da kam von drüben die fröhliche Aufklärung: „Gewäsn! — Gewäsn!" Lehr- und Erziehungsanstalt Freimaurer-Institut, Dresden- Striesen. Die unter dem Namen „Freimaurer-Institut" allge mein bekannte bisherige Realschule hat die Genehmigung zum vollen Ausbau zur neunstufigen Oberrealschule nunmehr er halten. Geschäftsstenographenprüfungen vor Handelskammern. Nach den bis jetzt vorliegenden Ergebnissen haben im laufenden Jahre 2114 Einheitskurzschriftler und 587 Stolze-Schreyaner die Ge schäftsstenographenprüfungen vor den deutschen Industrie- und Handelskammern bestanden. .Die Vorprüfung legten erfolgreich ab 581 Einheitskürzschristler und 137 Stolze-Schreyaner. Es zeigt sich, daß die Einheitskurzschrift, die von den Regierungen für die Schulen und Behörden vorgeschrieben ist, auch in Handel und In dustrie immer mehr festen Fuß faßt und auf dem besten Wege ist, die älteren Systeme auch in der deutschen Wirtschaft zu ver drängen. , Röhrsdorf. Einbruchins Pfarramt. Ein Einbrecher, der in der letzten Zeit verschiedene Landpfarren unsicher gemacht hatte, hat in der Nacht zum Dienstag auch die Pfarre in Röhrs dorf heimgesucht. Er hatte es hauptsächlich auf Bargeld abge sehen und hat bei der Gelegenheit in der Küche seinen Hunger gestillt. Er ist dann gegen morgen entkommen, ohne daß die schlafenden Bewohner etwas davon gemerkt hätten. Helbigsdorf. Vergiftet. Am Sonntag wurde eine Frau S. von hier in ihrer Wohnung unter schweren Vergiftungser scheinungen au^efunden. Ein hinzugezogener Arzt ließ die Le bensmüde nach Meißen ins Krankenhaus bringen, woselbst Frau S. am Montag verstorben ist. Wie festgestellt wurde, hat die Frau, welche an schweren Krankheiten litt und schwermütig war, eine ihr vom Arzt verschriebene Dosis Lumenal auf einmal ge nommen, was den Tod brachte. Landberg. Wi nt e rw ett e r. Der Montag abend brachte endlich schönes winterliches Wetter. Wie erfreut war Dienstag früh unsere Schuljugend, als sie weiße Straßen, Dächer, Bäume und Sträucher sah! Schnell wurden die Brettel angeschnallt, der Schlitten herzugehvlt und in sportlicher Ausrüstung ging es hinaus, galt es doch, zwei Ferientage noch recht auszunützen. Mohorn. Erzengel Michael. Der frühere Besitzer des Erzengels Michael, Romanus Neubert, der hier pharma zeutische Präparate fabrizierte, später nach Tharandt übersiedelte ist in der Heilanstalt Schloß Sonnenstein, Pirna, an einem un heilbaren Leiden verstorben und am Dienstag dort in aller Stille beerdigt worden. Kirchennachrichten. Wilsdruff. Donnerstag 8 Uhr Bibelstunde. VereinSlalender. Verein ehem. landw. Schülerinnen. 8. Januar Jahreshaupt versammlung. D. H. V. 8. Januar Versammlung. Verein junger Landwirte. 1A. Januar Vortrag. Wetterbericht. Meist schwache Winde aus nördlicher Richtung. Noch, meist stark bewöltt. Temperaturabnahme. Nachlassen der Niederschläge. SaMen unä Nachbarschaft^ Chemnitz. Personenzug beworfen. Der Per- soncnzug Oberfrohna—Chemnitz ist im Küchwald in dem Augenblick beworfen worden, als ihm ein Personenzug in Richtung Oberfrohna begegnete. Vermutlich wurde eine Likörflasche als Wurfgeschoß benützt. Ein Fenster des fahrenden Zuges wurde zertrümmert und der Loko motivführer im Gesicht durch Glassplitter verletzt. Die Reichsbahngesellschaft hat für die Ermittlung des Täters 500 Mark Belohnung ausgesetzt. Chemnitz. Die Arbeitslage. Wie das Arbeits amt mitteilt, hat der Monat Dezember die größte Stei gerung der Arbeitsuchendenzahl gebracht. Ende Oktober waren 46 962 Arbeitsuchende gemeldet, Ende November 49 850 und "Ende Dezember 54 373. Dem stärksten Arbeits rückgang unterliegt die Metallindustrie. Meerane. Au einem Rollmops erstickt. Ein nicht alltäglicher Unfall mit tödlichem Ausgange ereignete sich in einer Bierwirtschaft. Ein Mann sprach dort dem Alkohol zu, war Wohl auch vorher nicht ganz nüchtern ge wesen, und bekam plötzlich Appetit auf einen Rollmops. Nachdem er den Holzspieß entfernt hatte, versuchte er, den Rollmops auf einmal hinunterzuschlucken, dieser blieb jedoch im Halse stecken, und der Leichtsinnige mußte ersticken, ehe ihm Hilfe gebracht werden konnte. Rothenkirchen. Fabrikbrand. Nachts brach im Dachstuhl einer Fabrik ein Schadenfeuer aus, das sich rasch über das ganze Gebäude ausbreitete, von dem am nächsten Morgen nur noch die Umfassungsmauern stan den. Der Schaden ist durch Versicherung gedeckt. Wurzen. Schwerer Auto Unfall. Auf der Staatsstraße Wurzen—Falkenhain kam an einer abschüs sigen Stelle unweit Zschorna ein Wurzener Privatauto auf der frisch verschneiten Straße ins Rutschen und wurde durch den heftigen Schneesturm mit voller Wucht gegen einen Straßenbaum gedrückt. Alle drei Insassen wurden schwer verletzt. — Auf Großzschepaer Flur wurden zwan zig große Telegraphenstangen um- und auf die Straße geworfen. Dabei wurden die Drähte zerrissen. Pegau. Seltenes Ereignis. Durch die ad 1. Januar erfolgte Bewirtschaftung des städtischen Gas werkes durch die Landesgasversorgung A.-G., Ltzsch- Markkleeberg, ist der Gaspreis bis zu fast 50 Prozent herabgesetzt wordeu. Leipzig. Fenstersprung aus dem Amtsge richt. Ein aussehenerregender Vorfall spielte sich im Ge bäude des Amtsgerichts Johannisgasse 9 ab. Ein Polizei beamter sollte den 22jährigen Kanzleigchilsen Karl G. verhaften. Dieser riß sich aber los und sprang aus dem zweiten Stockwerk in den Hof. Auf dem Transport nach dem Krankenhaus erlag er seinen schweren Verletzungen. * Nie Vereinigung Sachsens und Thüringens. Landtagsantrag auf Wiederaufnahme der Verhandlungen Der Abgeordnete der Volksrechtpartei, Dr. Wallner, hat im Sächsischen Landtag folgenden Antrag eingebracht: Der Landtag wolle beschließen, die Regierung zu ersuchen, die seinerzeit unterbrochenen Verhandlungen mit dem Lande Thüringen wieder aufzunehmen, mit dem Ziele der Vereinigung der Länder Sachsen und Thüringen. (Die Parteien dürften zu dem jetzigen Zeitpunkt ihre Geneigtheit zur Vereinigung der beiden Länder nicht so sehr vom Gesichtswinkel der Reichsreform, als vielmehr von dem Ergebnis des Rechenexempels sächsische Wähler stimmen plus thüringische Wählerstimmen abhängia machen.) Vogiländisches Schmugglerdrama. Im eigenen Haus verbrannt. Nachts haben Grenzbeamte auf ihrem Patrouillen gang bei Posseck im Vogtland in dem frisch gefallenen Schnee die Spuren eines Schmugglers verfolgen können, die zwei Stück Rindvieh über die Grenze geschmuggelt batte. Als die Grenzbeamten bis vor das Wohnhaus,des Schmugglers, des ledigen Gutsbesitzers Rödel, die Spur verfolgt hatten, holten sie einen Gendarmeriebeamten her bei. Inzwischen hatte Rödel das Haus in Brand gesteckt. Man fand R. in dem brennenden Hause, zwar noch Le benszeichen von sich gebend, aber so schwer verbrannt auf, daß er bald darauf starb. Aus dem Stall des Hauses konnten sechs Stück Großvieh, darunter die zwei gepasch ten Rinder, gerettet werden. Das Haus ist vollständig niedergebrannt. Die daneben stehende Scheune konnte ge rettet werden. Sächsische Wirtschastsnachrichien. -Zum Schiedsspruch für den sächsischen Steinkohlen bergbau. Die Nachverhandlungen, die auf Antrag der Arbeit geber auf Verbindlichkeitserklärung des Schiedsspruches für den sächsischen Steinkohlenbergbau in Berlin stattge funden haben, brachten noch keine Entscheidung. Die Ent schließung des Reichsarbeitsministers steht noch aus, da derselbe zurzeit im Ruhrgebiet weilt. Mißlungener Streik im sächsischen Bergbau. Wie die Direktion des Schachtes „Vcreinsglück" mit teilt, sind auf Grund des Streikbeschlusses tatsächlich von den 625 Mann der Frühschicht 38 Arbeiter nicht ein gefahren. Die übrigen haben gegen den Streikbeschluß die Arbeit ausgenommen. Die Mittagsschicht ist bis auf zwei Mann eingefahren. Auf den übrigen Werken des Re viers herrscht vollständige Ruhe. Die Schichten sind voll zählig zur Arbeit erschienen, doch versucht im gesamten Revier die revolutionäre Gewerkschaftsopposition auch die arbeitswilligen Bergarbeiter in den Streik zu treiben. Dornröschenschlaf im Winter. Von Dr. F. P r i tz e - Berlin. Wenn im Herbst die Zugvögel wärmere Länder auf suchen, weil ihre Hauptnahrung, die Insekten, knapper und knapper werden, müssen auch ihre vierbeinigen Tisch genossen daran denken, sich für den Winter zu rüsten. Die Insektenfresser unter den Säugetieren können ihrer über winternden Beute nicht in deren Schlupfwinkel folgen, sie müßten also verhungern, wenn ihnen die Natur nicht die Fähigkeit verliehen hätte, in einen Dornröschenschlaf zu fallen, aus dem sie und ihre Beute erst durch die warmen Strahlen der Frühlingssonne geweckt werden. Manche ihrer Verwandten — z. B. der Maulwurf — speichern für die kalte Jahreszeit in ihren Schlupfwinkeln genügend Nahrung auf, so daß sie auf einen Winterschlaf verzichten können. Aber auch Pflanzenfresser, wie Murmeltier, Ziesel, Hamster, Siebenschläfer, Haselmaus, halten einen echten Winterschlaf, aus dem sie nicht ohne beträchtliche Schädi gungen erweckt werden können. Selbst wenn der Hamster bereits im Spätsommer Nacht für Nacht auf den Feldern seine Backentaschen füllt und so in seinen Bau bis zu einem Zentner Körner zusammenschleppt, reicht dieser Vorrat nicht für den ganzen Winter. Wenn es kalt wird, verstopft er sein Schlupfloch mit Erde und Mull, frißt sich an seinen Vorräten dick und fett und legt sich endlich zusammengerollt zum Schlafen nieder. Er er wacht erst, wenn die Erde aufgetaut ist, hält sich aber noch bis Ende März, Anfang April in seinem Bau und ver zehrt die Reste seiner eingesammelten Schätze. Die Winterruhe der Bären ist kein echter Winterschlaf, denn sie wird häufig unterbrochen und unterbleibt völlig, wenn der Winter milde und schneefrei ist; Bär und Eis bär neigen zwar dazu, sich im Winter zurückzuziehen und viel zu schlafen, doch ist dies mehr aus den Lichtmangel der kurzen Wintertage zurückzuführen, der ihnen die Zeit zur Jagd und Nahrungssuche stark einschränkt. Der Beginn des Winterschlafes ist für jede Tiergattung feststehend und hängt nicht von äußeren Bedingungen ab. Selbst wenn das Tier noch reichlich Nahrung findet, wenn der Herbst lau und milde ist — fast kalendermäßig ziehen sich Murmeltier und Igel, Ziesel und Siebenschläfer in ihre Schlupfwinkel zurück, versteckt sich die Fledermaus in dem Gebälk von Kirchtürmen und Ställen. Diese hüllt sich fest in ihre Flughaut, jene rollen sich eng zusammen, um ihre Ober fläche möglichst zu verkleinern und der Kälte die geringste Angriffsfläche zu bieten. Atmung und Puls werden auf ein Minimum reduziert und sind für den flüchtigen Be obachter nicht mehr wahrzunehmen. Die Körperwärme sinkt tief unter die Norm und gleicht sich der Außentempe ratur an. Wie bei einem wechsclwarmen Tier macht sie deren Schwankungen mit und kann beim Ziesel z. B. auch unter Rull sinken, ohne daß das Blut gefriert. Die Glieder sind unbeweglich und steif und fühlen sich eiskalt an; werden sic gewaltsam gebogen, so schnellen sie sofort in ihre frühere Lage zurück. Die Reizbarkeit für Sinnesein- drücke ist stark vermindert, so daß die Tiere auf Reize von außen her nur noch sehr langsam, aber immer zweckmäßig antworten. Der Stoffwechsel ist gleichfalls stark herab gesetzt und wird aus den Kettvorräten bestritten, die das Tier in Form mächtiger Fettpolster während des Som mers angesammelt hat. Bemerkenswert ist auch die starke Veränderung der Schilddrüse bei Winterschläfern. Die Schilddrüse regu liert das Wärmezentrum des Gehirns. Bekanntlich haben Menschen mit pathologisch vergrößerter Schilddrüse, die Basedowkranken, eine erhöhte Körpertemperatur, während die Blutwärme bei Kretinen infolge ihrer verkleinerten Schilddrüse herabgesetzt ist. Das normale Erwachen im Frühjahr geht in ähnlicher Weise vor sich, nur daß die Körperwärme allmählich mit der Außentemperatur steigt, Diese überschreitet. Das Tier erwacht, dehnt und streck! sich, entleert Kot und Urin und geht, sofern cs nicht in seiner Höhle noch Vorräte findet, sofort auf Nahrungs suche aus; hat es doch während seiner Winterruhe bis zu einem Fünftel seines Körpergewichtes verloren. Daß auch Schwalben, die im Herbst die Reise nach dem warmen Süden versäumt haben, festgekrallt in hohlen Bäumen, in Nistkästen, zwischen Dachsparren in einem winterschlafähnlichen Zustand gefunden werden, wird bis weilen berichtet; doch liegen keine genauen Beobachtungen über das natürliche oder künstliche Wicdererwachcn vor. In den ersten kalten Tagen fallen Insekten und Kalt blüter in eine Winterstarre, die sich jedoch vom echten Winterschlaf deutlich unterscheidet; kann sie doch schon durch vorübergehende Erhöhung der Außentemperatur unterbrochen werden und unterbleibt in Gefangenschaft und bei ausreichender Nahrung bisweilen gänzlich.
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