Volltext Seite (XML)
WiwmfferAgeM Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Dar „WUSdrusser Tageblatt» erscheint werktags nachm. 4Uhr. DezugZpr. monail 2RM. frei HauS, bei Postbestcllung 1,80 RM. zuzügl. Bestellgeld Einzelnummer lv Rpf Alle Postanstallen. Postboten, unsere Austräger u. Geschäftsstelle Nehmen zu jeder Zeit Be- av, .. ftellungen entgegen. Im Lalle höherer Gewalt oder Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend sonstiger BetriebSstorun. gen besteht kein Anspruch 7——" 77 auf Li-scrung der Z-i. tung oder Kürzung des Bezugspreises Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Ruckporto beillegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreise laut aufllegcnder Preisliste Nr. 5. — Z i s f e r - G e b ü h r : 2g Rpsg. — Norgeschrie« bene Ekscheinungstage und Platzwünsche werden nach Möglichkeit berücksichtigt — Anzeigen-Annahm« bis vormittags w Uhr Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermi». Fernsprecher: Amt Wilsdruff 206 teilen Anzeigen uberneh. men wir keine Gewähr. ' — Bei Konkurs und ZwangSvcrgleich erlisch« jeder Anspruch auf Nachlaß. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen betördlicherseils bestimmte Blatt Pr- 290 — 94. Jahrgang Drahtanschrift: „Tageblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Freitag, den 13. Dezember 1935 Die kommunistische Gefahr in den Vereinigten Staaten. Amerikanische Kommunisten beschimpfen das Sternenbanner, so vernahmen wir dieser Tage aus den Vereinigten Staaten. Das ist eine Alarmnach richt aus USA., die Beachtung verdient, und die an Bedeutung gewinnt, wenn man sie in Verbindung mit der ganzen kommunistischen Propaganda in USA. briilgt, von der die folgenden Zeilen einen Begriff geben. Die in Boston erscheinende amerikanische Zeitung „Christian Science Monitor" veröffentlicht «inen interessanten Artikel aus der Feder des amerika nischen Journalisten Guiles Davenport, der die an tvachsende kommunistische Gefahr in den Vereinigten Staaten aufzeigt. Mr. Davenport führt u. a. aus: Der „Daily Worker", die kommunistische Tageszeitung, die in New Jork veröffentlicht wird, brachte im Frühjahr 1934 zwei bis sechs Wochen lang die Ankündigungen ver schiedener Streiks, die in der amerikanischen Industrie durchgeführt werden sollten. Das kommunistische Blatt nahm auch für sich in Anspruch, daß es verschiedene Streiks angeregt habe und daß sich die Kommunisten direkt bei Streiks beteiligten. Diese Behauptung, so fährt der amerikanische Jour nalist fort, wurde durch Zivil- und Militärbehörden in jedem Falle bestätigt. Große Mengen radikaler kommu nistischer Literatur wurden bei Dutzenden von Jndustrie- störungen und Streiks gefunden. Alle Schriften zeigten den Aufdruck des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei von USA. Kurz nachdem A. I. Muste, der Führer der revolutio nären amerikanischen Arbeiterpartei wegen Aufreizung zu einem Aufstand verhaftet worden war, wurde ihm laut «Meldung von Beamten in Illinois eine Stellung als Lehrer bei der Buudcs-Nothilfe von Prof. O. W. War burton der Georgia-Universität angeboten. Von weiterer Bedeutung beim kommunistischen Kampfplan ist die Verbreitung pazifistischer und atheistischer Propaganda. An den Kongreß gegen Krieg und Faschismus in Chikago im September 1934 nahmen nahezu 16 000 Be sucher teil, und kommunistische Literatur wurde auf jeder Sitzung verkauft. Die Abzeichen der Kommunistischen Partei und der mit ihr sympathisierenden Organisationen waren auf dem Vorplatz angebracht. Der Geistliche Harry F. Ward von dem Bundesrat der Kirchen und gleichzeitig Vorsitzender der amerikanischen Liga gegen Krieg und Faschismus war einer der eingeladenen Redner. Er erklärte, „wir müssen zusammenstehen und dem kapita listischen System Trotz bieten; beseitigt die faschistische Zeit in diesem Lande, durch die sich der verfallende Kapitalis mus am Leben zu erhalten sucht"! Darauf wurde eine Botschaft vom Rednerpult verlesen, aus der hervorging, daß viele Zellen der Kommunistischen Partei inner halb der Nationalgarde bestehen. Die jungen Kommunisten in USA. sind angewiesen, in das Landesheer und die Flotte der Vereinigten Staaten einzutreten, um dort die Propaganda gegen die Regierung und ihre Beamten vorwärtszutragen und gleichzeitig Einzelheiten über militärische Dinge und solche Informa tionen zu sammeln, die im Kampf um die Macht eines Tages wertvoll sein können. Der Atheismus nimmt einen zentralen Platz im kommunistischen Dogma, dessen Führer die Behauptung Lenins wiederholen, die Religion ist Opium, ein. Die Vereinigung der Gottlosen, eine atheistische Bewegung junger Leute, ist besonders typisch für die umfangreichen Organisationen, die die Kommunistische Partei zur Verbreftuug atheistischer Propaganda gegründet hat. Einige Zeitungen von New Uork haben kürzlich be hauptet, daß man Geld der Regierung dazu verwende, um sozialistische und kommunistische Schulen zu gründen und arbeiten zu lassen. In bestimmten Teilen des Landes wird staatliches Geld für sogenannte Arbeiter- schulen verwendet. Ferner wurde jüngst entdeckt, daß Geld, das von der Regierung stammte, dazu benutzt wurde, eine kommunistische Schule in Oberlin (Ohio) zu finanzieren und daß eine Klasse von weiblichen Arbeite rinnen von Miß Marion Bonner, die Mitglied der Kommunistischen Partei in USA. ist und vom Staat ihr Gehalt erhält, unterrichtet wurde. In einer Chikagoer Arbeiterschule wurde das Singen der Internationale an Stelle der amerikanischen Nationalhymne „Star-Spangled Banner" eingeführt. Insgesamt sollen nahezu 3000 kommunistische Schulen in den Vereinigten Staaten bestehen. Kommunistische Zeitschriften teilen mit, daß sie einen Umlauf von mehr als vier Millionen haben, und bei keiner einzigen kommunistischen Organisation, der man nach- spürte, wurde ein Bankkonto von weniger als 40 000 Dollar testgestellt. Die Anzahl der kommunistischen und mij dem Kommunismus sympathisierenden und ihn unter stützenden Organisationen in USA. ist groß und wächst beständig. Jie Mem MlW MeMen. Ganklionskamps in Genf. Die Gegnerschaft gegen den Friedens plan regt sich. — Laval und Eden in der Zwickmühle. — Hoffnung auf Mussolini. Nach den Vorgefechten in Paris und London über den englisch-französischen Friedensplan zur Beendigung des Krieges in Abessinien, ist nun die Hauptschlacht im Gange. Sie wird im Völkerbund in Gens ausgctragen, und von der Entscheidung wird vielleicht viel mehr ab hängen, als nur das Schicksal Italiens und Abessiniens. Der Plan hat auch in London sehr viel Unruhe und Par- tcicnstreit hervorgcrufen, und in Paris ist man auch nicht mit ganzem Herzen für Lavals Haltung eingctreten. Jetzt in Genf melden sich die kleinen Staaten, denen an diesem Beispiel klar wird, daß Machtfragen von den Groß- staatcn untereinander ausgehandelt werden, nur daß der Völkerbund ihnen lediglich Kulisse ist. Politik wird oft im V-Zug gemacht. So saßen denn von Paris aus die französischen und englischen Sachver ständigen für Abessinien zusammen im gleichen Zuge nach Genf. In der Völkerbundsstadt traf der französische Ministerpräsident Laval den britischen Völkerbunds minister Eden. Und während noch die ganzen anderen Völkerbundsvertreter nacheinander in Genf eintrafen, saßen die beiden Minister bereits bei ernsten Verhandlungen mit den Mitgliedern des sogenannten Füufcrausschusscs, dem spanischen Delegierten Madariaga, dem türki schen und dem polnischen Vertreter zusammen. Dabei wurde die Frage erörtert, wie man die Pariser Verein barungen zum Gegenstand von Verhandlungen des Völkerbundes machen könne, ohne daß man zu diesem Zweck erst offiziell den Völkerbundsrat einberufe und da mit einer starken Gegnerschaft in Genf die Möglichkeit zu öffentlichen Äußerungen gegen die Pariser Vorschläge gibt. Die Vertreter der Türkei und Polens sprachen sich gegen die Einberufung dieses Fünferausschusses aus und vertraten die Auffassung, daß ohne Antwort von Mussolini und vom Negus offi zielle Verhandlungen überhaupt nicht möglich seien, und daß nach Eintreffen einer solchen Antwort zu nächst die offizielleEinberufung des Völker- bundsrates und die Beauftragung eines neuen Ausschusses notwendig seien. Damit ist der besonders von Paris betriebene Versuch, die Vorschläge unter der Hand und ohne viel Aufhebens zum Gegenstand von Verhandlungen des Völkerbundsrates und seines Ausschusses zu machen, ge scheitert. Man muß jetzt, wenn man überhaupt in Gens sich nicht auf Kulissenverhandlungen beschränken will, wahrscheinlich die Einberufung des Völkerbundsratcs vornehmen, ans deren Tagesordnung man in ganz offi zieller Form die Behandlung des italienisch-abessinischen Krieges setzen müßte. Sollte es der Opposition gelingen, eine öffentliche Aussprache in der Sanktionskonferenz oder im Völkerbundsrat über das Verhalten Englands und Frankreichs herbeizuführen, so wird doch niemand den Mut haben, die Gefahr eines europäischen Krieges da durch auf sich zu nehmen, daß er die Verhandlungen in ihrem jetzigen Stadium stört. Erschwerend hat die in Genf eingetroffene Nachricht gewirkt, daß der Negus die Pariser Vorschläge völlig abgelehnt hat, was er in einer Unterredung mit dem Vertreter des halbamtlichen Pariser Nachrichtenbüros Havas zum Aus druck gebracht hat. Zunächst aber versucht man die ab lehnende Haltung Abessiniens möglichst zu übersehen. Man erwartet, daß Mussolini nicht so ohne weiteres den Pariser Plan verwirft. Allerdings erwartet man, daß der Duce versuchen wird, weitere Vorteile für Italien hcrauszuholen. In diesem Zusammenhang wollte der Berichterstatter des Pariser „Matin" wissen, daß der britische Außenminister Hoare vielleicht mit Mussolini zusammentrifft. Wachsende Abneigung in England. Die Regierung ist bedenklich. — Verstärkte Opposition im Unterhaus. Aus London verlautet, daß sieben Parlamentsmit glieder aus den drei hinter der Regierung Baldwin- Hoare stehenden Parteien einen Antrag eingebracht haben, in dem das Haus aufgefordert wird, feine Zu stimm ungzu einem Vertrag zu versagen, der „unsere internationalen Verpflichtungen dem Völker bund gegenüber ignoriert, indem er dem Angreiferstaat nach seinem unprovozierten Angriff größere Konzessionen zusesteht, als er durch Friedensverüandlungen erhalten hätte". Ob dieser Antrag zur Vertrauensfrage erhoben wird, steht noch nicht fest. Sicher ist nur, daß es noch vor Weihnachten eine sehr stürmische Aus sprache im englischen Unterhaus geben wird. Die Presse der äußersten Rechten, z. B. „Morning Post", wie die Blätter der Opposition, stellen in seltener Übereinstimmung fest, daß die große Mehrheit des Hauses den Friedensplan und die jetzige Hal tung der britischen Regierung auf das schärf st e ab lehne. Die britische Regierung befindet sich in äußerst schwieriger Lage, zumal die Fortführung der Sanktionen gegen Italien unter diesen Umständen unmöglich ge worden sei. Außerdem müsse man sich jetzt Sorge machen um das Ergehen der britischen Flotte im Mittelmeer. So sei der Regierung jede Handlungs freiheit genommen. Zwischen den Zeilen der Presse kommt deutlich zum Ausdruck, daß die Regierung jetzt alles weitere dem Völkerbund überlassen werde, und daß Eden den wenig beneidenswerten Auftrag erhalten habe, nun „das Beste aus der Situation zu machen" und gegebenenfalls den Friedensplan durch die kleineren Völkerbundsmächte zu Fall zu bringen. Die britische Regierung hält die Schwierigkeiten, eine wirksame Ll- sperre zustandeznbringen, für unüberwindlich. Die Regie rung sei nicht überzeugt, so erklärt z. B. „Morning Post" in fettem Druck, daß Frankreich im Falle eines Angriffes auf britische Schiffe im Mittelmeer wirksamen Beistand leisten würde. Erdölsperre vorläufig ausgeschoben. Völkerbundsrat soll vorher den englisch französischen Versöhnungsvorschlag prüfen. Die Sitzung des Achtzehnerausschusses der Sanktionskonferenz am Donnerstagnach- mittag, die etwa eine halbe Stunde dauerte, war ausge füllt von Erklärungen Lavals, Edens und des polnischen Vertreters Komarnitzki. Sie schloß mit dem Ergebnis, daß die Frage der Erdölsperre gegen Italien bis auf weiteres zurückgestetlt wurde. Der französische Außenminister Laval machte dem Ausschuß Mitteilung über die in Paris erzielte englisch französische Einigung. Der englische Minister Eden er gänzte diese Mitteilungen dahin, daß die beiden West mächte zwar kein Mandal von der Sanktionskonferenz erhalten hätten, daß sie aber nichtsdestoweniger den Ver such unternommen Hütten, die beiden Parteien zu ver söhnen. Es handele sich nicht um Vorschläge, sondern um Anregungen. Zu ihrer Behandlung sei der Rat zu ständig, der bald einberufen werden sollte. Komar nitzki erklärte, die Mitteilungen Edens und Lavals verpflichteten den Ausschntz dazu, nichts zu unternehmen, was der Zuständigkeit der berufenen Völkcrbundsorgane vor greifen könnte. Diese hätten die Bedeutung der neuen Entwicklung und die Gesamtlage zu prüfen. Bis der Völkerbundsrat in der Lage sei, sich über die englisch-französischen Anregungen sachlich auszusprechen, sollte der Achtzehnerausschuß keine Maßnahmen politischer Art treffen. Damit ist die Frage der Erdölsperre bis auf weiteres zurückgestellt. Es wird angenommen, daß der Völkerbundsrat sich nicht vor Dienstag, dem 17. Dezember, mit dem Vorschlag befassen kann. Wie aus Genf berichtet wird, legt man bei der eng lischen Abordnung großen Wert auf die Feststellung, daß niemand einen Abbruch der Sanktionen verlangt habe. Die Sanktionen gingen unentwegt weiter. Der Achzehnerausschuß werde aber auch auf der anderen Seite keine Schritte unternehmen und auch nicht einen Beschluß für die Slspcrre fassen, solange die Verhand lungen noch im Gange seien. Von englischer Seite wurde am Donnerstagabend in einer besonderen Erklärung be stritten, daß man. in Paris die Absicht gehabt habe, irgendetwas gegen den Völkerbund zu unternehmen. Die englische Abordnung ist der Ansicht, daß, wenn beide Teile, also Italien und Abessinien mit den in Paris ausgearbeiteten Anregungen einverstanden seien, der Nat in kürzester Frist durch Verhandlungen mit Aloisi und einem Vertreter Abessiniens noch vor Weihnachten zu einem vorläufigen Abschluß kommen könne. Sollten beide Teile nicht einverstanden sein, dann werde man sich noch in der Woche vor Weihnachten bemühen, andere Vor schläge auszuarbciten. Der Rat habe dann aber v ö l l i g freie Entscheidung und sei in keiner Weise an die Pariser Vereinbarungen gestunden.