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Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Dar „WtlSdrufser Tageblatt" erschein! werktags nachm. SUHr. BezugSpr. monatl 2RM. frei Haus, bei Postbestellung 1,8g RM. zuzügl. Bestellgeld Einzelnummer lg Rps. Alle Postanstalten, Postboten, unsere AuSträger u Geschäftsstelle nehmen zu jeder Zeit Be- . stcllungcn entgegen. Im Falle höherer Gewalt oder Wochenblatt für Wilsdruff U. 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Die Worte des Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht «mf der Tagung des „Bundes der Freunde der Tech nischen Hochschule" in München, mit denen er den deut schen Standpunkt gegenüber der Weltwirtschaft klar und eindeutig herausstellte, sind von grundlegender Be deutung: „Als Veredelungsland, das Deutschland nun einmal ist, muß es den Gedanken der Weltwirtschaft be jahen und den Gedanken an eine Autarkie ablehnen!" In einer Zeit, in der wir Zeuge sind, wie sich die Weltwirtschaft in der Gestalt des Völkerbundes mit einem Staat, einem Volk anseinandersetzt, wird dieses Problem besonders grell beleuchtet. Der Völkerbund beschließt wirtschaftliche Sanktionen gegen Italien, d. h. lebensnot wendige Güter und Rohstoffe sollen nicht mehr nach Italien ausgcführt werden. Man schließt also Italien von dem weltwirtschaftlichen Güterkreislauf aus, um mit Hilfe wirtschaftlicher Sanktionen eine bestimmte Änderung bzw. Haltung der von diesem Staat eingeschlagenen Politik mehr oder minder zu erzwingen. Italien seiner seits mobilisiert alle nur verfügbaren Kräfte zur Abwehr der vom Völkerbund verhängten Sanktionen. Wir sehen, soweit die fehlenden Rohstoffe nicht auf dem Wege über „sanktionsfeindliche" Staaten eingeführt werden, wie Italien unter unerhörten Anstrengungen versucht, die fehlenden Erzeugnisse und Rohstoffe dem eigenen Boden abzugewinnen. Das Beispiel ist eine Demonstration, wie von politischer Seite das System weltwirtschaftlicher Ver flechtungen gegen ein Land angesetzt wird. Die Angelegenheit Völkerbund gegen Italien läßt auch klar das Verhältnis von Politik und Wirtschaft zutage treten. Hier erfordert die italienische Politik, daß sich Italiens Wirtschaft den politischen Er fordernissen entsprechend umstellt; dort bedient sich der Völkerbund —eine politische Organisation der Staaten — Wirtschaftlicher Sanktionen. Wirtschaft ist also der P o l it ik u nt e r g e o r d n e t, und sie mutz es sein. Datz es auch nie anders gewesen ist, führt Schacht in seiner Rede aus. Diese Gebundenheit der Wirtschaft an politische Notwendigkeiten gilt gleichsam für die Außenwirtschaft bzw. für die weltwirtschaftlichen Verflechtungen unseres Volkes. Der bedingungslosen Hingabe bzw. dem rückhalt losen Vertrauen eines Volkes an die in ihren Freund schaften wechselvolle Weltwirtschaft, die bei zu weit ge triebener internationaler Arbeitsteilung eine Preisgabe und Entblößung der Eruährungsgrundlage eines Volkes bedeuten kann, werden im Rahmen der „Neuen Welt wirtschaft" Grenzen gesetzt. Schacht unterstreicht dieses mit den Worten: „Es gehört zu den wertvollsten, leider aber auch zu den am teuersten erkauften Ergebnissen unserer Zeit, daß die Außenwirtschaft eines Landes in einem kräftigen Binnenmarkt verankert sein muß." Und an anderer Stelle: „Es ist eine 'Selbst verständlichkeit, daß sich Deutschland einen kräftigen Binnenmarkt schaffen und erhalten will. Aber gerade um dieses Binnenmarktes willen legen wir ebensoviel Wert auf einen gesunden Außenhandel." Deutschlands Bekenntnis zur Weltwirtschaft bedeutet daher keineswegs eine Unterwerfung unter die „Gesetze der Weltwirtschaft", sondern Deutschlands Bejahung zu dem Gedanken der Weltwirtschaft entspringt der Erkennt nis einer in sich gefestigten und sich weiter festigenden Nationalwirtschaft, die es als Verpflichtung empfindet, die uns in unserem Lebensraum von der Natur gegebenen Möglichkeiten nach vernünftigen Gesichtspunkten auszu nutzen und auszuwerten. Wird nun durch eine solche Bindung der Außenwirt schaft an die Notwendigkeit der Lebensbedingungen eines Volkes die Bedeutung eines überstaatlichen Güteraus tausches in irgendeiner Weise geschmälert? Das Gegenteil ist der Fall. Deutschlands Reserven an Geist und Arbeits kräften können nur dann voll eingesetzt werden, wenn der Bezug der von der Natur ungleichmäßig verteilten und uns zum Teil vorenthaltenen Rohstoffe gesichert ist. Da bestimmte uns fehlende Rohstoffe auch in Zukunft im eigenen Lande nicht gewonnen werden, wir sie aber zur Erfüllung unseres Produktionsprogramms nicht ent behren können, entspringt Deutschlands Bekenntnis zu einem zwischen- und überstaatlichen Güteraustausch nicht dem Augenblick. Wir müssen Rohstoffe einführen. Einfuhr ist aber nur die eine Seite unserer Bindung an die Welt wirtschaft; Ausfuhr von Fertigerzeugnissen ist notwendig die andere Seite, um überhaupt aus die Dauer kaufen zu können. Deutschland ist ein Schuldnerland. Zinsen und Schulden können aber ebenfalls nur über den Weg eines Ausfuhrüberschusses bezahlt werden. Das hat Dr. Schacht klar und offen der Welt vorgetragen. Deutschland hat gesprochen! Wir warten auf Antwort! Etzes wr tzie MedessmsWe. Trotz der Erklärung Baldwins, daß zur Zeit keine Einzelheiten über die Friedenserörterungen bekanntgege ben werden könnten, bestand die arbciterparteiliche Oppo sition im englischen Unterhaus auf eine Aussprache über den italienisch-abessinischen Streit. Minister Eden erklärte darauf u. a.: Die drei Hanptgrundsätze, auf die die Vorschläge sich stützen, sind: 1. Ein ^Gcbictsanstausch, der beiden Seiten bestimmte Vorteile bietet; 2. Völkcrbundsnnterstütznng für Abessinien zum Zweck sozialer, wirtschaftlicher und ver waltungsmäßiger Entwicklung: 3. besondere Erleichterung für italienische Siedler und italienische Gesellschaften in Verbindung mit der wirtschaftlichen Entwicklung. Eden teilte weiter mit, daß es ihm zurzeit nicht mög lich sei, die in Paris erörterten Vorschläge allgemein be kanntzugeben; eine Veröffentlichung der Vorschläge zu diesem Zeitpunkt würde ihren Fehlschlag völlig sicher machen. Ein solcher Schritt komme erst dann in Frage, wenn die zuständigen Völkerbundsorgane die Vorschläge erwo gen und einen Beschluß hierüber gefaßt habe. Der Vor schlag, auf den man sich in Paris geeinigt habe, stelle nicht notwendigerweise den Standpunkt der französischen Re gierung oder den Standpunkt der britischen Regierung dar. Es handele sich vielmehr um Anregungen, die die Parteien in denStand setzen sollten,zusammenzukom- men; das sei der einzige Zweck dieser Vorschläge. M»zSM-tWW WigW. Reuter bestätigt am Dienstagabend, daß über die Friedcnsbedingungen endgültig eine Einigung zwischen der britischen und der französischen Regierung erzielt worden ist. Wie anschließend an die Besprechung vom Dienstag abend zwischen Ministerpräsident Laval und dem britischen Botschafter Sir George Clerk sowie dem Unterstaatssekre- tär Sir Robert Vansittart bekannt wird, soll der Wort laut der von Laval und Hoare am letzten Sonntag aus- gearbcitcten Vorschläge im Lause der Nacht nach Rom und Addis Abeba übermittelt und beiden Regierungen zur Begutachtung unterbreitet werden. So foll der englisch-französische Friedensvorschlag aussehen. Auf unserer Karte sind die Gebiete Abessiniens, die nach dem englisch - französischen Friedensvorschlag in italienischen Besitz kommen sollen, schwarz heworgehvben. Nach dem Plan soll Italien die Provinz Tigre mit Ausnahme der heiligen Stadt Akfum erhalten. Die Provinzen Danakil, Ogaden, Boran und Bale sollen als Siedlungsgebiet an Italien zur Verfügung gestellt werden. Abessinien soll von Italien einen Korridor durch eriträisches Gebiet sowie den Hafen von As sad erhalten. Solfte Mussolini diesen Vorschlag ablehnen, w will sich Großbritannien bereit erklären, einen Hafenplatz in Zeila (Britisch-Somaliland) zur Verfügung zu stellen. (Wagendorg/Eisner — M.) Ernste Mißstimmung in England über den Friedensplan. Vorstoß der Opposition im Unterhaus. — Gerüchte vom Rücktritt des Völkcrbundsministers Eden. Wenn auch der in Paris in der Unterredung zwischen dem englischen Außenminister Hoare und dem fran zösischen Ministerpräsidenten Laval ausgearbeitete Friedensplan zur Beendigung des italienisch-abessinischen Krieges von dem englischen Kabinett in einer außer ordentlichen Sitzung gebilligt worden ist, so macht sich in der englischen Öffentlichkeit doch eine starke Unzu friedenheit mit diesem Plan bemerkbar. Einige Londoner Zeitungen wollen auch wissen, daß es in der Kabinettssitzung zu sehr tiefgehenden Meinungs verschiedenheiten gekommen sei. „Maßgebende" Minister hätten erklärt, so heißt es, daß die Friodensbedingungen einseitig zugunsten des Angreifers ausgefallen und für Großbritannien nicht tragbar seien. Die Kabinettssitzung habe, wie die „Morning Post" an deutet, vor beträchtlichen Schwierigkeiten gestanden. Die Meinungsfreiheit der Minister sei stark behindert worden, schon allein durch die Tatsache, daß der britische Außen minister dem Plan bereits zugestimmt habe und anderer seits, datz ohne Befragen der britischen Regierung die Friedensbedingungen offiziell schon der italienischen Re gierung übermittelt worden waren. In parlamentarischen Kreisen habe sich, wie „News Chronicle" und auch „Times" hervorheben, ein Stnrm der Entrüstung, - erhoben, der sich nicht allein auf die Opposition erstrecke. Die Mehrheit des Unterhauses sei der Ansicht, datz Eng-^ land seine bisherige Völkerbundspolitik „verraten" habe und datz der Angreifer, der vor aller Welt als schuldig gesprochen galt, nunmehr gewissermaßen aus Kosten des Angegriffenen belohnt werden solle. „Times" bemerkt, daß auch in amtlichen Kreisen „kein Enthusiasmus" für den Plan herrsche und weist darauf hin, daß der Völkerbundsminister Edenim Unterhaus erklärt habe, der Frieden müsse sowohl für Genf annehmbar sein, wie auch von Rom und Addis Abeba angenommen werden. Die Presse gibt der all gemeinen Ansicht Ausdruck, daß Mussolini jetzt bereit sein werde, in Verhandlungen einzutreten, daß aber Abessinien, wie eine Erklärung der Londoner abesfi. nischcn Gesandtschaft beweise, sich entschieden weigern werde, sein Einverständnis zu so bedeutsamen Ge bietsabtretungen zu geben. Mehrere Zeitungen lassen durchblicken, daß die Regierung, die eben erst bei der Abstimmung über die Thronrede eine Mehrheit von 242 Stimmen erhalten habe, bei einer Ab stimmung zur Außenpolitik jetzt in der Minderheit bleiben würde. Die Opposition hat bereits in einer Anfrage um eine Stellungnahme des zur Zeit amtierenden Außen ministers Eden gebeten. Gerüchte, Won ach Eden seinen Rücktritt angeboten habe, entsprechen nicht den Tatsachen, zeugen aber deutlich von der zur Zeit herrschenden großen Erregung. Im übrigen will man wissen, daß noch einige, wenn auch geringfügige Änderungen an dem Friedensplan beschlossen worden seien, die in langwierigen telephoni schen Verhandlungen zwischen Paris und London noch bis in die Nacht hinein beraten worden seien. Als Preis für das englische Entgegenkommen habe Frankreich sich nunmehr verpflichtet, England auch militärisch zu unter stützen und für die Olsperre einzutreten. Erklärungen Baldwins im Unterhaus. Im englischen Unterhaus stellte Ministerprä sident Baldwin am Dienstag fest, daß die zwischen Laval und Hoare in Paris erörterten Vorschläge für eine Beilegung des italienisch-abessinischen Konflikts bis jetzt weder Italien noch Abessinien vorgelegt worden seien. Baldwin bezeichnete es daher als verfrüht, jetzt bereits eine Erklärung darüber abzugeben. Der Oppositionsführer Attlee stellte die Frage, ob die Vorschläge wesentlich dem entsprächen, was in der Presse darüber berichtet worden sei. Hieraus entgegnete Bald win, daß in Frankreich ganz offenkundig eine Diskre tionslücke existiert habe, durch die die höchst schwierige und heikle Angelegenheit noch schwieriger und heikler gewor den sei. Zwischen den ursprünglichen Vorschlägen und den Presseberichten beständen weite Unterschiede. Auf eine Frage des Abgeordneten Sinclair, der wissen wollte, ob die Besprechungen über die Vorschläge des Fünfer-Ansschusses des Völkerbundes hinausgingen, erklärte Baldwin, daß selbstverständlich Vorbedin-