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Wilsdruffer Tageblatt I Blatt Nr. 242 — Mittwoch, den 16. Oktober 1935 (Wagenborg-Eisner — M.) 28. Fortsetzung Nachdruck verboten -! S> s o s n s gut das ist! 1. Fortsetzung folgt, rz m s !I< !N> en Ze- un in- 8. Ist -r- ls- en ier u- n >- n r s t. >e g !M -r rkt us m. en m. ,r. >r t- e< s ls le c- k- n r- r, tc >r ee 35 85 iS 75 st ni >V ie, iS n, ü- vund angehöre. Auch Uruguay hat erklären lassen, daß die italienischen Banken in Uruguay das italienische Ge schäft in der HarH hätten und deshalb die Finanzsank tionen schwierig sein würden. Schließlich wird in Genf erörtert, ob man nicht e>,n Urteil des Haager Ge richtshofes herbeiführen könne, durch das Österreich und Ungarn zur Teilnahme an den Sanktionen gezwun gen würden. Der „Ausschuß für Entschädigungen" hat in seiner Dienstagsitzung sich in „Ausschuß für gegenseitige Unter stützung" umgetauft. Das bedeutet, daß man auch die Fragen in dem Ausschuß behandeln will, welche durch die von Eden vorgeschlagene und angenommene Ent schließung aufgeworfen sind, nämlich die Verpflichtung aller Mitglieder des Völkerbundes, sich gegenseitig nicht nur für wirtschaftliche Schäden, sondern auch dann zu unterstützen, wenn ein Staat, der eine Sanktion durch führt, durch Italien angegriffen wird. Die Sitzung wurde auf Mittwoch vertagt. Einfuhr- und Ausfuhrfrage begonnen. Der englische Minister Eden bemüht sich eifrig, auch die wirt schaftlichen Sanktionen unter Dach und Fach zu bringen. Er wird in diesem Bemühen von Litwinow unter stützt. In der letzten Sitzung der Sanktionskonferenz wurde eine von Eden vorgelegte Entschließung ange nommen, um die Frage der Entschädigungen zu er leichtern. Die Entschließung verlangt von allen Mitgliedern des Völkerbundes gegenseitige Unterstützung bei Schäden und Schwierigkeiten, die durch die Sanktionen ent stehen. Die Entschließung wird in Genf als eine Vorbereitung für eine gegenseitige militärische Hilfe ausgelegt, falls Italien einen Staat, der Sanktionen durchführt, angreife. Eden hat ferner eine Entschließung durchgesetzt, daß die Völkerbundsstaaten bis zum 3 l. O k t o b e r die Sanktionen durchgeführt haben sollen. Man legt diese Entschließung in Genf als den letzten Versuch Englands und Frankreichs aus, Mussolini zur Einstellung der Feindseligkeiten in Ostafrika zu zwingen, um eine friedliche Lösung des Konflikts herbeizuführen. Viel beachtet wird in Genf die Erklärung des rumä nischen Außenministers Titulescu, der auch für Sowjetrußland erklärt hat, daß jedes Mitglied des Völkerbundes verpflichtet sei, alle Sanktionen ohne parlamentarische Entscheidung durchzuführen. Dieser Auffassung haben sich England und Frankreich grundsätzlich angeschlossen, übrigens hat der argen tinische Vertreter in Genf erklärt, daß das argen tinische Parlament seine Zustimmung zu Sanktionen geben müsse, weil in Argentinien eine Million Italiener lebten. Das argentinische Parlament tritt aber erst am 25. Mai 1936 zusammen. Die italienische Regierung habe, wie in Genf behauptet wird, mit der Einstellung der um fangreichen Einfuhr von Gefrierfleisch gedroht, und wolle das Geschäft mit Brasilien machen, das nickt dem Völker- Tagerspruch Gar mancher kommt trotz vielem Lesen Mit dem Verständnis in die Brüche. Er hat wohl die Sprüche der Weisheit gelesen, Doch nicht verstanden die Weisheit der Sprüche. Ztallenilcber Wühler in Paris Ein Vorschlag Mussolinis sm Abesfinienkonsl kt. — England lehnt ab. iei <5. iu Kv, !0; ,c> 60, 95. 55, h). A), 50, 70. lV ZI1 so, „Es geht um das Schicksal des Völkerbundes." Erklärungen des englischen Schatzkanzlers. Großes Aufsehen erregte in der englischen Öffentlich keit eine Rede des Schatzkanzlers Chamberlain, wo bei besonders seine Warnung über die weitere Entwicklung der abessinischen Krise, die Ankündigung der ver stärkten britischen Aufrüstung und seine Be gründung für die Vorverlegung der englischen Wahlen hervorgehoben werden. Chamberlain meinte, die jetzige Entwicklung des abessinischen Streitfalles bedeute nur den Anfang einer langen Periode von Schwierigkeiten und Konflikten, während deren Krisen von sehr ernstem Charakter auftreten könnten. Es gehe nicht nur um das Schicksal Abessiniens, sondern auch um das des Völkerbundes. Chamberlain erklärte: „Wir stehen vor der Wahl, entweder in Genf eine letzte Anstrengung für Frieden und Sicherheit zu unternehmen, oder durch eine feige Kapi tulation ein von uns gegebenes Versprechen zu brechen und uns der Verachtung unserer Nachkommen auszusetzen." Er wies auch darauf hin, welche Einigkeit zwischen Konser- bntiven, Gewerkschaften, Geistlichen aller Konfessionen, Atheisten und sogar bei dem größten Teil der Arbeiter partei in der Frage der Sühnemaßnahmen herrsche. Schwiengkeiien bei -en wirtschaftlichen Sanktionen. Eden und Litwinow in Genf sehr rege. — Vorbereitung militärischer Hilse? Nach der Erledigung der Sanktionen 1 und 2 — Waffen- und Kreditsperre — bereitet in Genf die Be ratung der wirtschaftlichen Sanktionen größere Schwierigkeiten. Hierbei berät man in Genf auch die Frage der Entschädigung für diejenigen Staaten, die durch eine Sperre der Einfuhr nach Italien geschädigt werden könnten. Wenn die große Sanktions- konferenz noch in dieser Woche wirtschaftliche Sanktionen beschlossen haben sollte, werden in Genf technische Aus- schlisse Zurückbleiben. Völkerbundsrat oder Sanktions konferenz können jedoch jederzeit wieder zusammentreten. Die Beratung der wirtschaftlichen Sanktionen hat am Dienstag in einem Ausschuß für dieEntschä- digungsfraae und einem Ausschuß für die Karte der Mittelmeerländer. Unsere Karte veranschaulicht die Interessengebiete in den Mit telmeerländern. Nie Bettlerin von St. SoratiuS Originalroman von Gert Rothberg. Leise schloß sich die Tür hinter der unglücklichen Frau. Und Parow dachte daran, wie er in gefahrvollen ein samen Nächten das Bild dieser Frau immer wieder ange sehen, es geküßt hatte in Liebe und Sehnsucht, während sie doch längst einem anderen gehörte! Vorbei! Vorbei für immer! Ein neues Leben begann. Ein Leben in der Heimat. Er freute sich darauf. Und er wunderte sich über sich selbst, daß er sich jetzt auf einmal nach der Heimat sehnte. Daß er sich freute, seßhaft zu sein dort droben im alten schönen Ostpreußen. Und er dachte an alle alten Bekannten. An die Jule- weits, an die Jostens, an die Beringers, an die Morlows, an die Wittenaus. Ein paar Güter waren unter den Ham mer gekommen. Die neuen Besitzer kannte er noch nicht. Es würde sich jedenfalls sehr angenehm leben lassen. Man konnte Gesellschaft haben, wenn man nicht allein sein wollte, und man konnte sich in dem schönen alten Bau ver kriechen, wenn man für sich sein wollte Liselotte Josten! Die blonde hübsche Liselotte! Ja, eine Enttäuschung würde er ihr bereiten müssen, denn er würde sie nicht hei raten, obgleich er genau wußte, daß er eine tüchtigere, ge sündere, aufmerksamere Frau im ganzen Umkreis nicht fin den konnte. Aber sie war keine Frau für ihn. Dann lieber allein bleiben, als in einem solchen ewigen Einerlei einer wohlgeordneten Häuslichkeit leben, wo es an der Hausfrau aber auch nicht den allergeringsten Tadel gab. Er brauchte ein süßes, schönes Geschöpf, das er ver wöhnen und verhätscheln konnte. Das ihm bedingungslos treu war, das ihn liebte und das ihm das Kostbarste auf der Welt war. Ernst von Parow lächelte. Diese Ideale! Man fiel dabei doch immer wieder auf etwas herein, „Angelika, hier ist das Geld. Reichen dreitausend Mark? Das andere müßte ich Ihnen als Scheck " Da lachte sie. Und es war ein solch schluchzendes, fast erbärmliches Lachen, daß es ihn kalt überlief. Doch was sollte er noch mit dieser Frau? Ein unbedachtes Wort von ihm und sie deutete es falsch. Und das durfte nicht fein, denn er verachtete sie. Verachtete sie in tiefster Seele trotz allen Mitgefühls mit ihr! Sie nahm das Geld, wandte sich wortlos ab. Von der Tür her sagte sie: „Daß du mir meinen Treubruch an dir auch noch mit Geld aufwiegen müßtest, haben wir wohl damals beide nicht gedacht! Und du wirst mich verachten, ich weiß es. Für eich gäbe es in solch einem Falle nur eins! Aber ich kann es nicht, ich bin zu feige, und ich habe mein Leben lieb trotz allem. Vielleicht muß es erst noch schlim mer kommen." „Nein, Angelika, zu einem Selbstmord würde ich dir nie raten. Denn man kann sein Leben immer wieder in andere Bahnen lenken, wenn man nur den festen Willen dazu hat," sagte er eindringlich. Aber er wußte schon jetzt, daß diese Frau am Wege enden würde! Sie war eine der haltlosen Naturen, die alle am Wege enden, wenn sie ein mal erst auf sich selber angewiesen sind, wenn niemand da ist, der sie verwöhnt, verhätschelt und mit Reichtum um gibt. Von selbst kommen solche Naturen nie mehr in die Höhe. „Leb wohl, Ernst von Parow! Und vergiß mich. In deinem Leben haben Menschen wie ich nichts zu suchen, das sehe ich ein." „Leb wohl, Angelika, und wenn du in Not bist, dann denke immer, daß ich dir ein Freund bin trotz allem." Eine Aussprache des französischen Außenministers Laval mit dem italienischen und mit dem englischen Botschafter in Paris bezog sich, wie aus Paris mit geteilt wird, in erster Linie auf einen italienischen Fühler bei der französischen Negierung, der eine Ver handlungsgrundlage dahingehend vorschlug, daß Italien die abessinischen Randprovinzen Tigre, Danakil und Ogaden behalten, und daß außerdem im abessinischen Kernland ein italienischer Oberkommissar eingesetzt werden solle, der ein Mandat von den Signatarmächtcn des Vertrages von 1906 — nicht vom Völkerbund — für die Überwachung der abessinischen Verwaltung er halten würde. England sei jetzt nicht geneigt, diese Verhaud- lungsgrundlage anzunchmen. Vor Beginn jeder Aus sprache mit Italien verlange es die Anerkennung des gegenwärtigen Negus und ein feierliches Versprechen Italiens, auf jede Aufstellung eines mehr oder weniger legitimen Thronkandidaten zu verzichten, über den Besuch des päpstlichen Nuntius im französischen Auswärtigen Amt hört man, daß dieser keinerlei feste Vermittlungsvorschläge überbracht habe. was einen nachher bitter enttäuschte. Während man sich auf eine Frau wie die Liselotte Josten verlassen konnte. Diese Gedanken kamen ihm auch jetzt wieder, als er im Zuge saß, der ihn der Heimat entgegentrug. Und ihm ge genüber saß das junge Geschöpf mit den wundersamen dun kelblauen Augen, die wie das Meer waren, an dem sie so lange gelebt hatte. Das Köpfchen war leicht zur Seite geneigt, der Mund halb geöffnet. Lucia Teltenmühl schlief. Und der große, ernste Mann betrachtete sie seit einer Minute. Wie schön sie war! Er würde in einigen Jahren den Mann sorgfältig aus wählen müssen, dem er sie anvertrauen konnte. Die Ver antwortung war groß für ihn. Parow rückte das Kisten zurecht, legte die leichte Decke, die ins Rutschen gekommen war, wieder behutsam über die Knie des Mädchens. Dann griff er nach einer Zeitung und las. Und draußen huschte dis Landschaft vorüber Lucia sah sich mit großen Augen um. Und ein bißchen fröstelnd zog sie den Schal enger um sich. Sie standen auf dem Bahnhos in Königsberg und hier war es schon kühl und herbstlich. Zart, jung, fremd stand sie neben dem Manne, zu dem sie grenzenloses Vertrauen hatte. Ein kleiner, untersetzter Herr umarmte Parow. „Nee, mein Junge, daß du endlich da bist! Nun wird der Winte gemütlich. Denn erzählen wirste ja genug kön nen. Na, nun komm nur. Aber der Josten hatte zufällig in Königsberg zu tun und ist gleich mit mir hierher ge kommen, um dich zu begrüßen." Ein großer, sehr starker Herr hatte abseits gestanden und nun kam er und drückte Parow die Hände. Dabei lag Helle Freude auf seinem ein bißchen groben Gesicht. „Daß Sie wieder da sind, lieber Parow, nein, wie mich das freut! Und nun wollen Sie ja für immer bleiben. Wie Die kriegerischen Vorbereitungen in Ägypten. England hat in Ägypten starke Land- und SeestreitkrSfte zusammengezogen, die für den Fall einer englisch-italieni schen Auseinandersetzung bereitstehen. — Parade englischer Marinesoldaten vor dem Hohen Kommissar und dem ägyp tischen Ministerpräsidenten in Alexandrien. (Scherl Bilderdienst.)