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Es hat sich inzwischen weiter herausgestellt, wie eine derartige Häufung der verschiedensten Fehler über haupt möglich war: das Kontrollsystem der Reichs- bahn über die vergebenen Arbeiten erwies sich an dieser Stelle als unzulänglich. Dies war um so verhängnisvoller, als die Organisation der Berlinischen Baugesellschaft in keiner Weise den An forderungen entsprach, die bei derartigen Spezialarbeiten an ein Unternehmen gestellt werden müssen. Da sich in zwischen ergeben hat, daß der seinerzeit in Haft genommene Bauingenieur Josef Karl Rath innerhalb der Berli nischen Baugesellschaft nicht, wie aus Grund der ersten Vernehmungen angenommen werden mußte, technischer Oberbauleiter war, sondern daß seine Tätigkeit einen mehr kaufmännischen Charakter hatte, ist er inzwischen auf Be treiben der Staatsanwaltschaft aus der Haft entlassen worden. Gleichzeitig wurde Haftbefehl gegen den Neichsbahn- oberrat Kurt Kcllberg und den Reichsbahnbauführer Wilhelm Schmitt erlassen und vollstreckt. Da die Verteidigung bereits jetzt ein umfangreiches Gut achten angekündigt hat, mit dessen Fertigstellung frühestens in etwa drei Wochen zu rechnen ist, wird sich der Abschluß des Vorverfahrens trotz aller gebotenen Be schleunigung noch um einige Zeit verzögern. Ser deutsche Außenhandel im September. Die Handelsbilanz schließt im September mit einem Ausfuhrüberschuß von 55 Millionen Mark gegenüber 50 Millionen Mark im Vormonat ab. Einer Steigerung der Aktivität der Gesamtheit der europäischen Länder steht eine Passivierung im Verkehr mit den über- feeländern gegenüber. Die Einfuhr war im September mit 318 Millionen Mark ebenso hoch wie im Vormonat. Eine Erhöhung der Einfuhr von Lebensmitteln um fünf Millionen wurde durch eine annähernd gleichstarke Abnahme der Rohstoffeinfuhr ungefähr ausgeglichen. Die Steigerung der Lebensmittel einfuhr entfällt vorwiegend auf viehwirtschaftliche Er zeugnisse wie Eier, Butter, Fleisch und Schmalz. Die Ausfuhr hat gegenüber dem Vormonat um rund fünf Millionen Mark zugenommcu. Die Steigerung, die im Zug der saisonüblichen Herbstbelebung erwartet werden konnte, war jedoch nicht so stark wie im Durchschnitt der Vorjahre. An der Zunahme der Gesamtausfuhr waren im wesentlichen nur Rohstoffe beteiligt. Die Fertigwarenaus fuhr hat, abweichend von der Entwicklung in den Vor jahren, leicht abgenommen. V-l Führer d^nkt einem scheidende« Beamten. Der Führer und Reichskanzler hat dem Leiter der Abteilung VI des Reichs- und preußischen Ministeriums des Innern, Ministerialdirektor Dr. Rudolf Butt mann, auf eigenen Wunsch von diesem Amt entbunden und ihn zum Generaldirektor der Bayeri schen Staatsbibliothek in München ernannt. Gleichzeitig hat der Führer und Reichskanzler ihm den besonderen Dank für die in seiner bisherigen Eigenschaft dem Reich geleisteten Dienste ausgesprochen. Auch Reichs minister Dr. F r i ck hatte dem scheidenden Ministerial direktor Buttmann bei seinem Abschied seinen besonderen Dank für seine im Reichsministerium des Innern geleistete Arbeit ausgesprochen. Kurze Nachrichten. Berlin. Der Führer und Reichskanzler hat auf Vor schlag des Reichsministers für Volksaufklärung und Pro paganda, Dr. Goebbels, den Graphiker Hans Schweitzer (Mjölnir) zum Reichsbeauftragten für künstlerische Form gebung ernannt. Berlin. Der Leiter des Allgemeinen Deut schen Waffenringes, Pg. Langhoff, löste im Ein vernehmen mit den Waffenstudentenverbänden den Allgemeinen Deutschen Waffenring auf. * SO Tote bei einem Aähkbootunglück. Nach Meldungen aus Kairo ist bei Nachamadi am Nil in der Nähe von Lnror ein mit etwa hundert Personen besetztes Fährboot gekentert. Etwa !K> Personen ertranken. Keckerstrafe für SudelendeuWe. Wegen angeblicher Verletzung des tschechoslowakischen; Republikschutzgesetzes. In dem Brünner Prozeß gegen vier ehe-' malige Mitglieder der Kreisleitung der aufgelösten Deutschen Nationalsozialistischen Arbeiterpartei in der' Tschechoslowakei wurde das Urteil gefällt. Die drei Angeklagten Gröger, Richter und Judex wurden vom Gericht für schuldig erkannt, „sich zu Anschlägen gegen die tschechoslowakische Republik ver einigt und sich daher im Sinne des Paragraphen 2 des Republilschutzgesetzes vergangen zu haben". Gröger als der Hanptbeschuldigte erhielt 13 Monate, Judex und Richterje ein Jahr schweren Kerkers mit Strafverschär fungen. Außerdem wurde den genannten Angeklagten eine Geldstrafe von je 1000 Kronen auferlegt. Sie ver lieren die bürgerlichen Ehrenrechte und müssen die ge samten Prozeßkostcn tragen. Der vierte Angeklagte, Klug, wurde freigesprochcn. Das Gericht erklärte, in seinem Falle sei der Tatbestand des Paragraphen 2 des Repnblikschutzgesetzes nicht gegeben. Staatsanwalt und Verteidiger werden die Nichtig keitsbeschwerde und Berufung gegen das Urteil einlegen, so daß er erst nach dem Spruch des Obersten Gerichts rechtskräftig wird. Große Getreidevorrate einem Jener zum Opfer gefallen. Das Getrcidelagerhaus in Eppingen niedergebrannt. Im Lagerhaus der Getreide-Lagerhausgenossenschaft Eppingen bei Karlsruhe brach aus unbekannter Ur sache Feuer aus, das sich mit rasender Schnelligkeit aus dehnte. Der Mittelbau und auch ein Anbau, in dem sich die Büroräume und weitere Speicher befanden, branmen vollständig nieder. Während der große Silobau, der erst vor einigen Jahren aus Eisenbeton errichte: wurde, vou den Flammen nicht angegriffen werden konnte, wurden doch die dort lagernden Vorräte stark in Mitleidenschaft gezogen. Die riesigen ein gelagerten Be st ä n d e in den anderen dreistöckigen Bauten wurden vom Feuer vollständig vernichtet. Auch die zahlreichen Geräte und Maschinen wurden ein Raub der Flammen. Glücklicherweise gelang es, aus den Geschäftsräumen dis Bücher und Papiere zu retten. Der Schaden soll nach bis herigen Schätzungen ungefähr 600 000 Mark betragen. Blutige Kämpfe unter Tage. Die Streikausschreitungen in den englischen Gruben. Ter vor einigen Tagen in Südwales ausge brochene Streik in den Kohlengruben hat jetzt zu schweren Ausschreitungen geführt. Zwischen den Nicht organisierten Arbeitern, die die Arbeit fortführten, und den Streikenden kam es zu blutigen Kämpfen unter Tage. 40 Verletzte wurden aus der Trelewis- Grube an das Tageslicht geschafft. Als ein Teil der Ar beitswilligen die Grube verließ, wurden sie mit einem Hagel von Steinen überschüttet. Die erregten Menschen- maMn vemSllerken auch das Postamt der'Ortschaften? mehrere andere Gebäude. Auch hier wurden zahlreiche Menschen verletzt. Man befürchtet, daß sich der Streik zu einem Gene- ralstreik ausdehnen wird, der nahezu 200 000 Bergarbeiter erfassen würde. Im ganzen haben bisher 2000 Mann die Ausfahrt auS den Gruben verweigert, während weitere 20 000 Diann in 20 verschiedenen Gruben in den Sympathiestreik getreten sind und die Arbeit niedergelegt haben. Der englische Bergbanminister bot einer Abordnung der Bergarbeiter« gewcrkschaft eine Vermittlung an, wenn beide Teile sich mit den Vcrmittlnngsvorschlägen einverstanden erklären würden. Dreifacher Gistmord. Der 54jährige Johannes Guth aus Waldsee hat eingestanden, im Jahre 1932 seine Ehefrau Viktoria Guth und im Jahre 1935 die beiden Kinder seiner im Jahre 1934 verstorbenen Geliebten Katharina Gaßner durch Gift ermordet zu haben. Der Grund zur Tat war, daß seine Ehefrau seiner beabsichtigten ehelichen Verbindung mit der Katharina Gaßner und die Kinder der Gaßner nach deren Tod seiner beabsichtigten Heirat mit einer neuen Geliebten im Wege standen. In dem Pfarrdorf Bubesheim bei Günzburg zündele der Einwohner Johann Goßner nach einem Familienstreit die im ersten Stockwerk seines Hauses be findlichen Möbel an und fuhr dann mit dem Rad davon. Goßner, der oft in Unfrieden mit seiner Fa milie lebte, hatte vorher seine Frau und seinen ältesten Sohn nach Günzburg geschickt. Das Feuer, das später eingedümmt wurde, griff auch auf den benachbarten Heu stadel über, dessen Besitzerin Schönberg aus Schreck über den Brand einem Herzschlag erlag. Goßner wurde von seinem jüngsten Sohn angezeigt, der die Brandstiftung beobachtet hatte. Die Polizei konnte ihn bisher noch nicht fassen. Ländliche Berufsschulungslager. In Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Ministerium für Volksbildung hat die Hitler-Jugend in Hohnstein ein Berufsschulüngslager eingerichtet, in dem allen den Kameraden die Möglichkeit einer ausführlichen Berufs vorbereitung gegeben werden soll, die nach ihrer Entlas sung aus der Volksschule keine Gelegenheit fanden, fofort eine Lehrstelle zu erhalten. Vor allem soll den Jungen die Vielseitigkeit der Berufszweige nahegebracht werden, so daß sie während ihres Aufenthaltes im Lager den Beruf ermitteln können, für den sic sich besonders geeignet halten. Der HJ-Tienst, der den jungen Kameraden das Rüstzeug für den Kampf um die Vollendung der national sozialistischen Revolution geben soll, steht unter den Ge sichtspunkten weltanschaulicher Erziehung und körperlicher Ertüchtigung. Meldungen zur Teilnahme an diesem Lager können an die Gcbietsführung der Hitler-Jugend eingereicht werden. MetaLarbeiterjugend wird ertüchtigt. Unter dem Leitwort: „Wir haben der Arbeit wieder ihren Adel und ihren eigenen Segen gegeben!" begann die zusätzliche Berufsschulung für Maschinen-, Bau- und Werkzeugschlosser, Mechaniker und Dreher in Leipzig. An acht Lehrgängen, die in jeder Woche abgehalten wer den, beteiligten sich im September 234 Jungkameraden. Bei allen Arbeiten, die selbstverständlich nach Zeich nungen angefcrtigt werden, bleiben Sauberkeit und Maß haltigkeit oberstes Grundgesetz. Ein Ingenieur und drei Fachmeister überwachen die Arbeiten und übermitteln ihre geistigen und wertmäßigen Erfahrungen den jungen Kameraden. Außer werkmäßigen Arbeiten wird die An wendung und das richtige Äblesen der Meßgeräe lern« und werkmäßig gelehrt. Dem im allgemeinen bestehenden Mangel an Ausbildung im Zeichnungslesen wird beson ders Rechnung getragen. Jnnungsmeister und Betriebs führer der Industrie sowie andere maßgebende Personen haben sich von der zusätzlichen Berufsschulung ihrer teil nehmenden Lehrlinge überzeugt und sich rückhaltlos lobend über die Zweckmäßigkeit der Schulung ausgesprochen. Sie BeNiert» von Et. Horatlus Originalroman von Gert Rothberg. L2. Fortsetzung Nachdruck verboten „Mutter, Otto Werkenthin verdient eigentlich auch rtwas Besseres, als daß man ihn nur nimmt, damit die andern nicht länger die sitzengebliebene Braut auslachen." „Werkenthin weih auch, dah du auf Parow gewartet hast. Es ist allein seine Schuld, wenn er dich liebt und dich zur Frau will." Da senkte Liselotte den hübschen blonden Kopf. Ein paar verräterische Tränen fielen aus das blaue einfache Hauskleid. Frau Josten tat, als sähe sie es nicht. Aber sie zürnte dem Parow, weil er ihrem Kinde so weh tat. — Als Onkel Konrad fortgefahren war, ging Ernst von Parow durch seinen alten, schönen parkartigen Garten. Der Wind fuhr durch die entlaubten Baumkronen. Und Lurch die Luft kamen wahrhaftig schon ein paar naseweise Flocken getanzt. Ein tückischer Riegen verjagte sie zwar gleich, aber sie hatten doch Len ^nahenden Winter ver kündet. Langsam schritt der Gutsherr weiter. Auf einmal blieb er stehen. Drüben an der Mauer ging Lucia. Und die zwei Jagdhunde schmiegten sich an sie, die vier Dackel lie fen sittsam hinterher, und hinter ihnen wiederum schritt Ler große bissige Wolfshund Harras, der sich nie hatte von einem Menschen anrühren lassen. Nicht einmal von sei nem Herrn. Lucia hatte alles bezwungen! Das war so ihre tägliche Gefolgschaft, wenn sie spa zieren ging. Und die Hühner kannten sie auch. Gackernd rannten sie herbei, wenn sie sie nur erspähten. Und die Pferde hoben wiehernd die Köpfe, wenn sie den Stall betrat. Alle Tiere liebten das Mädchen. Aber die Menschen waren ihr feindlich gesinnt. Weil sie sie als Eindringling betrachteten! Die Mamsell war freundlich zu ihr, aber der Gutsherr wußte genau, daß sie die Fremde dennoch mit argwöhnt« scheu Augen beobachtete. Denn die Mamsell wollte auch die Liselotte Josten als Herrin hier sehen. Die Nachbarn haßten dieses kleine schöne Mädchen, weil sie es nicht kannten. Denn wer sollte Lucia nicht lieb haben?. Sie war ein Kind. Ein süßes, bezauberndes Kind. Aber sie war ein über ihre Jahre hinaus gereifter, ern ster, nachdenklicher Mensch! Würde er sie jemals so recht herzlich und jung und übermütig lachen hörens Seltsam, diese Frage beschäftigte ihn immer wieder. Und dann dachte er auch manchmal, ob Lucia sich hier nicht wohl fühle. Vielleicht jagte ihr auch das Klima nicht zu? Alles prägen, die natürlich heute oder morgen einmal ge löst werden mußten. Denn Lucia sollte jung und glücklich sein. Lange genug hatte man sie ja gequält. Drüben kam das junge Mädchen näher. Plötzlich er blickte sie den still Dastehenden. Und da kam sie schnell herübergelaufen. „Sie sind schon zurück, Onkel Ernst?" „Ja, eigentlich war ich noch gar nicht fort. Onkel Kon rad war hier. Das zog sich länger ihn, als ich zuerst dachte. Nun fahre ich erst am Nachmittag in die Stadt Hatten Sie einen Wunsch, Lucia? Soll ich dem Kinde Konfekt mitbringen?" fragte er scherzend. habe noch. Sie sind ja so gütig zu mir. Aber ich habe doch einen Wun ch." „Na?" „Ich möchte Lu genannt werden." . »Lu! Sieh mal an Das klingt sehr gut und paßt eigentlich für Sie. Wirklich, paßt ausgezeichnet! Also von heute an Lu." „Ich danke Ihnen." „Und was wünschen wir uns zum Weihnachtsfest?" „Ja, ich kenne kein solches Fest. Darf man sich denn La etwas wünschen?" „Ja, viel müssen Sie sich wünschen. Alles, was Sie gern hätten. Und es heißt, daß man am Heiligen Abend beten soll. Und alle Wünsche, die man darin vereinigt« die erfüllen sich." „Dann will ich beten." „Ja, aber einen langen Wunschzettel müssen Sie schon jetzt schreiben." „Ich möchte nichts. Ich möchte nur immer hier in Par- Hofen bleiben dürfen," sagte sie und sah ihn groß und. offen an. Ihn durchlief es merkwürdig Heitz. Aber er sagte ganz ruhig: „Immer? Immer wird es wohl nicht gehen. Wenn Sie später einmal heiraten, dann werden Sie ja doch hier weggehen müssen." L>as schöne junge Mädchengesicht leuchtete weiß und der Mund war schmerzlich verzogen. Lu sagte: „Ja, dann mutz ich wohl einmal fort." „Das dauert noch eine Weile. Und zunächst werden Sie einmal in ein Pensionat, unter fröhliche Kameradin nen gehen, nicht wahr?" Er hatte noch nie mit ihr darüber gesprochen. Heult hatte es gerade ins Gespräch gepaßt. Und er war jetzt schon so weit, daß er dieses baldige Fortgehen des kleinen schönen Müdelchens begrüßte. Lu aber dachte traurig: „Ich bin ihm ja eine Last. Er war nur viel zu vor nehm und zu gütig, mich das merken zu lassen." Lu hatte früher Unterricht in Französisch, Englisch und Deutsch gehabt. Im Pensionat wurde sie sich wieder ver vollkommnen. Wenn sie zwei, drei Jahre fortblieb, dann würde sie eine sehr schöne, ^unge gebildete Dame gewor den sein, denn sie war sehr klug und besaß viel Wissens durst. Parow zog den Arm des Mädchens durch den seinen. Schritt mit ihr weiter, denn ihm war plötzlich zum Bewußt sein gekommen, daß sie sich hier erkälten konnte. SMMng Mt.