Volltext Seite (XML)
»dnfferÄMM Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Da» »Wilsdruffer Tageblatt" ertcheint an allen Werktagen nachmittags 4 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. frei Haus, bei Postbestellung 1,80 AW. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstalten und Post boten, unsere Austräger u. Geschäftsstelle nehmen zu ftderZeit Bestellungen ent- Wochenblatt für Wilsdruff u. Umqeqend gegen. Im Falle höherer Gewalt oder sonstiger —— Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreis- laut -uslieg-nder Preisliste Nr. 5. — Zisfer-G-bühr: 20 Rpfg. — Vorgeschriebene Erscheinungsiage und Platzwünsche werden nach Möglichkeit berücksichtig«. — Anzeigen-Annahme bi- «ormittags w Uhr. , er e. e. Für die Richt,gkeit der durch F-rnrus übermit. Fernsprecher: Amt Wilsdruff 206 leiten Anzeigen Lb-tn°h. men wir keine Gewähr. '"" " " " . > — Bei Konkurs und Zwangsvergleich erlischt jeder Anspruch auf Nachlaß. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 227 — 94. Jahrgang Wilsdrufs-Dresden Drahtanschrift: „Tageblatt' Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 28. September 1935 Kelche Ernte ohne Segen. Frankreich weiß nicht, wohin mit Weizen und Wein Litauens Agrarprcise Hungerpreise. — USA. ersticken in "aumwollvorräten. Die deutsche Ernte ist eingefahren. Auf dem Bücke berg werden alle Vorbereitungen getroffen, um am 6. Ok tober das große Erntedankfest des deutschen Volkes für den Sieg der Erzeugungsschlacht I935 in würdiger Weist ZU begehen. In diesem Erntedank aber unterscheidet fick das neue Deutschland von der Mehrzahl der landwirt schafttreibenden Staaten der Welt. Gerade in der, Ländern, in denen sonst der Bauer sein Auskommen hatte steht heute das Gespenst der Sorge um. Nicht der Mangel sondern die Sorge des Überflusses lastet au! der Landwirtschaft; der Überfluß drückt auf die Preist, drückt sie so herunter, daß der Bauer nicht einmal mehr mit ihnen seine Unkosten decken kann Da ist Frankreich. Seine Erntezeit ist heute Es andere als Segenszeit. Verzweiflung liegt über der Bauernschaft. Die Erntearbeiter verlangen ihren Lohn, die Banken die Zinsen für die aufgenommenen Ernte- kredite, Genossenschaften und andere bäuerliche Hilfsorga nisationen dringen auf Rückzahlung der Warenkredite, die Handwerker und Kaufleute präsentieren die Rechnungen für all Hst Waren, die sie dem Bauer willig mit dem Ziel geliefert haben: Zahlung bei Einbringung der Ernte. Der Bauer möchte zahlen, aber er weiß nicht wovon, denn Weizenund Wein, die für den französischen Bauern dasselbe bedeuten wie der Roggen für die deutsche Land- "''"schaft, bringen seit Jahr und Tag Preise, die nicht Nehr ihren Mann ernähren. Auch die Viehwirtschaft ist unrentabel geworden. Und Mes das, weil allzuviel gute Anten in den letzten Jähren waren. Rekordernten für Weizen und Wein brachte besonders das letzte Jahr. Damals sah sich die Regierung gezwungen, angesichts deS ^Normen Preissturzes, der für diese landwirtschaftlichen Erzeugnisse einsetzte, Hilfsstellung einzunehmen, um den Bauer vor Verzweiflung und voreiliger Tat zu schützen. Drei Milliarden Franken hat sie ausgeworfen, um den überschießenden Weizen und Wein aufzukaufen und dem Bauern einen einigermaßen erträglichen Preis zu sichern. In diesem Jahre ist die Ernte zwar etwas geringer aus gefallen, aber die vorhandenen Vorräte sind noch so groß, «aß die Preise weiter abgleiten, zumal noch die Weizen- und Weinkonkurrenz der nordafrikanischen Kolonien auf das Ernteangebot des Mutterlandes drückt. Die Un zufriedenheit steigt; steigt nicht nur beim Bauern, sondern auch beim Verbraucher, der infolge der enormen Verdienste im Zwischenhandel unverändert hohe Wein- und Brotpreise bezahlen muß. Die Regierung aber lehnt grundsätzlich Hilfe ab. Wein und Brot, die bisher die selbstverständlichen Beigaben jeder Mittags- und Abend mahlzeit im ärmsten und im wohlhabendsten franzö sischen Hause, in der Kutschsrkneipe und im Luxushotel waren, die einst Frankreich den Ehrenruf eintrugen, das ozial am stärksten ausgeglichene Land der Erde zu sein, ind heute eine Gefahr für Wirtschaft und Politik. Be- onders für die Politik, denn der Bauer hat sich in seiner Verbitterung, in seiner drängenden Not zu einer Bauern- ftont zusammengeschlossen, die nicht nur Schutz der Regierung für ihre agrarpolitischen Ziele verlangt, sondern auch einen erbitterten Kampf gegen die „dunk - le »Mächte des Finanzkapitals" führt. Der Bauer ist politisch geworden, so wie vor 1933 der deutsche Bauer unter dem Druck der Not politisch wurde u»d sich Unter der schwarzen Fahne der Bauernschaft sammelte. Nur mit dem einen Unterschied: während der deutsche Bauer sich dem Nationalsozialismus verschrieb, steht der französische unter dem verhängnisvollen Einfluß der von Moskau her ins Land gesandten hetzerischen Elemente. Das Ende des französischen Bauernstreiks und der Unruhen ist nicht abzusehen. Auch in Litauen, jener südlichsten der baltischen Republiken, spielt sich unter dem Druck des Ostens und des Überflusses ein Bauernkampf großen Stiles ab. Trostlose, verfallene Gehöfte, schmutzige Katen künden schon von außen die Not dieses reinen Agrarlandes an. 70 Prozent der litauischen Be völkerung ist in der Landwirtschaft tätig. Für diese 70 Prozent ist heute ärgste Notzeit, vor allem deshalb, weil die Regierung aus politischer Verblendung heraus sich von ihrem natürlichen Absatzmärkte Deutschland ab- gewandt und unabhängig zu machen versucht hat. Statt dessen glaubte Litauen in England, dem wirtschaftlichen Bewerber um die Randstaaten, einen willfährigen Abnehmer seiner Agrarerzeugnisse, vor allem seiner Butter, Eier, seines Fleisches und seines Getreides zu finden, wie es einst Deutschland gewesen war. Aber die Hoffnung trug. Und auch die Sowjetunion, die durch ge legentliche Abnahme einiger Viehbestände politischen Ein fluß auf Litauen zu nehmen versucht, ist kein Ersatz für den deutschen Käufer geworden. So kommt es, daß beute in Mengen landwirtschaftliche Erzeugnisse in Litauen ver derben, so kommt es, daß sie nur noch Preise erlösen, bei denen der Bauer verhungern muß, Ein Kilo Butter kostete »n November 1934 2.65 Lit 11 Lit - 42 Pfennige), ein Kilo MMer MWmr im Memelw Die Wahlen unter den Augen der Gesandten der Garantiemächte. Die litauischen Parteien im Memelland sind an scheinend bestrebt, ihre Niederlage, die sie in den von ihnen einberufenen Wahlversammlungen erleben, durch rücksichtslose Gewaltmaßnahmen wettzumachen. So ver haftete in Plicken auf einer Wahlversammlung die litauische Polizei eine Anzahl von. unschuldigen Memel ländern, bearbeitete sie mit dem Gummiknüppel und schaffte sie mit einem Auto in das Zuchthaus Bajoren. Ei n Arbeiter wurde bl utigge Ich lagen und mit Füßen getreten. Derartige Verhaftungen werden auch aus anderen Orten gemeldet. InGrabsten erschien ein litauischer Polizeibeamter bei einer Familie Köhler und verprügelte die Tochter, schlug sie zu Boden und brachte ihr blutige Verletzungen bei. Frau Köhler wurde von einem andern Polizeibeamten mit Erschießen bedroht. Der englische Gesandte in Kowno begibt sich zum Wahlsonntag nach Memel, um sich an Ort und Stelle von dem Wahlverlauf zu überzeugen. Auch die Regierungen Frankreichs und Italiens haben ihre Gesandten in Kowno angewiesen, sich am Wahlsonntag im Memel gebiet aufzuhallen und persönlichen Bericht zu erstatten. Ein Franzose über den litauischen Rechtsbruch. Der französische Senator Lemery spricht in der „Tribune des Nations" einmal ein offenes Wort über den Rechtsbrüch im Memelland. Solche Feststellung aus fran zösischem Munde ist besonders beachtenswert. Lemery schreibt u. a.: Durch einen Gesetzeserlaß vom 13. Mai 1935 habe sich Litauen das Recht genommen, die Bestimmungen des Memelstatuts selbständig auszulegen. Sein Ziel sei gewesen, das Mcmelgebiet seinen anderen Provinzen anzugleichen und somit sich die vollständige Oberhoheit auch über dieses Gebiet zu sichern. D i e Mehr Heilder Bevölkerung sei deutsch und die Garantiemächte könnten diese Tatsache nicht über gehen. Unter Bezugnahme auf die bevorstehenden Wahlen schreibt Lemery weiter, die litauische Regierung habe in der Zwischenzeit das Wahlgesetz geändert: Das Wahl recht sei den „nichtloyalen Bürgern" entzogen worden, eine Begriffsbestimmung, die allen Mißbräuchen Tür usid Tor öffne. Lemery fragt zum Schluß, ob denn der Völkerbund nicht diese Umstände sehe, „d i e geeignet seien, denFrieden zu stören", Wie es im Artikel 11 der Völkerbundssatzungen heiße und Weiter, wodurch der Völkerbund denn die nötige Ach tung vor seiner Autorität durchsetzen wolle, wenn er zulasse, daß Litauen offensichtlich . die Be stimmungen des internationalen Statuts verletzen dürfe? Ms dm MM wird sör de» ErnteimW gerüstet. Blick über das Festgelände auf dem Bückeberg, auf dem am 6. Oktober das deutsche Volk den Erntedanktag begeht und damit seine Verbundenheit mit dem deutschen Bauern und Dank für sein Schaffen zum Ausdruck bringt. (Scherl Bilderdienst — M.) Beim Erntedankfest wird sich am Fuße des weit ins Land schauenden Bückeberges ein großartiges militärisches Schauspiel entfalten. So gewaltig die Vorführungen der Wehrmacht in Nürnberg auch waren, sie konnten doch im mer nur ein nacheinander der einzelnen Waf fengattungen bringen, da der dortige Platz es nicht anders erlaubte. Am Bückeberg aber sol len Hebungen in weitesten Ausmaßen vorge führt werden. Eine Luftparade von hundert Kriegsflug zeugen wird den Auftakt geben. Dann wird sich u. a. ein großangelegter Kampf um ein besetztes Dorf entfpinnen. Infanterie- und Kavallerieregimenter, dazu etwa 150 Tanks und Artillerie werden zur Durchführung be sonderer strategischer Aufgaben eingesetzt werden. , * Die Teilnahme an der Sonderfahrt nach dem Bückeberg zur Feier des Reichserntedank festes ist auch den Bauern unserer Gegend leicht gemacht. Der Sonderzug am 4. Oktober verläßt 20.H8 Ahr Nossen und ist am 5. Okto ber früh 4:04 in Hameln; Rückfahrt am 7. Ok tober an Hameln 7.11 Uhr, an Nossen.15.07 Uhr. Der Fahrpreis für Hin- und Rückfahrt beträgt ab Nossen nur 7.30 RM. Teilnahme- Meldung hat sofort, spätestens bis 30. Sep tember bei der zuständigen politischen Leitung zu erfolgen. Die Dückebera -Sonderzugkarten werden bis spätestens 3. Oktober den Kreis- bzw. Ortsgruppenleitungen zugestellt und kön nen dort im Laufe dieses Tages empfangen werden. Den Landwirten unserer engeren Heimat raten wir, die so günstige, und billige Gelegenheit zu einer schönen Fahrt und zur Teilnahme an einer macht- und eindrucksvol len Kundgebung sich nicht entgehen zu lassen, Schweinefleisch 1,5 Lit, zehn Eier 0,90 Lit, ein Zentner Weizen 8,8 Lit, ein Zentner Roggen 6,8 Lit. Heute liegen die Preise in Litauen sogar noch tiefer, so daß man von einer Wirtschaftskatastrophe auf dem Lande sprechen muß. Unter den Bauern herrscht murrende Unzufriedenheit, Steuern können sie nicht zahlen. Der Tauschverkehr ist gang und gäbe. Das schlimmste aber ist, daß der Bauer," der nichts mehr zu verlieren hat, sich den Terrororganisa tionen der Stadt angeschlossen hat, die mordend und sengend durchs Land ziehen und jeden bekämpfen, der noch irgendwie besitzlich ist. Auch in den Vereinigten Staaten, in denen: der Traum von der „ewigen Wohlhabenheit" längst aus»- geträumt ist, kriselt es in der Landwirtschaft, vor allem in, den baumwollanbauenden Staaten. Was für Frankreich Weizen und Wein, was für Deutschland Roaaen ist. das ist. zur me UVA. Vie Baumwolle. Durch eine völlig fehl- geleitete staatliche Baumwollpolitik haben sich in den Ver einigten Staaten so ungeheure Baumwollvorräte an- gesammelt, daß kaum mehr aus diesem Überfluß heraus zukommen ist. Wenn die Preise für Baumwolle trotzdem hoch sind, höher als in anderen Ländern, so ist das nur die- Folge der staatlichen Zuwendungen an die Baumwoll farmer, die in Anbetracht der bevorstehenden Wahlen 193k bei Laune gehalten werden müssen. Der negative Erfolg dieses Vorgehens ist der, daß die übrigen Baumwolländer der Erde, vor allem Brasilien und Japan, sich die hohen amerikanischen Baumwollpreise zunutze machen, sie kräftige unterbieten, die amerikanischen Absatzgebiete an sich reißem und damit die katastrophal großen Vorräte der USA. weiter vermehren. Die Tragik des Überschusses vollzieht sich auch hier.