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öoe-s» Mit Attwstt» Ein Kel-Zug gegen die BorgwirLfchast - Bezahlt -ie Han-werkeprechnungen! Mr schulden - man schuldet uns. Der gefährliche Kreislauf leichtsinniger Borgerei. Sprichwörter sind schön und gut, wenn man sie richtig «mwendet. Aber ein unbedingter Wahrheitsquell sind sie nicht. Davon wissen Gevatter Schneider und Handschuh macher, Schmied und Goldarbeiter, weiß der gesamte Handwerksstand ein Lied zu singen. Ihnen stehen die Haare zu Berge, wenn sie vom goldenen Boden des Handwerks hören. In ihren Anschreibebüchern malt sich der „goldene Boden" anders. Der Klageton „kein Geld im Säckel mehr" drängt sich ihnen schnellstens in die Kehle, wenn sie Seite um Seite ihr Buch durchgehen. Ta stehen noch so viele Posten offen. Posten, die man den Liefe ranten schuldet, Posten, die einem die guten Kunden „demnächst" zu bezahlen versprachen. Aber ihr Wort wurde nicht gehalten. Nun wäre zu alldem nicht viel zu sagen, handelte es sich bei dieser Pumpwirtschaft hinüber und herüber nur um einen gelegentlichen Einzelsall. Aber, daß der ursprüngliche Einzelfall Gewohnheitsrecht geworden ist, von dem beide, Kunde und Handwerker, in den letzten Jahren allzu rege Gebrauch gemacht haben, das ist das Gefährliche. In einer Volkswirtschaft greift-jedes Tun des einen genau so wie in jedem Gemeinschaftsleben hinüber in das Dasein des andern, und nicht mit Unrecht sagt der Volks mund in Abwandlung eines bekannten Schillerzitats: Der übel größtes sind die Schulden . . . Schulden des Kunden X beim Handwerker U bedingen Kreditansprüchc des Handwerkers B beim Lieferanten Z. Dieser wieder sucht für den gegebenen Kredit einen neuen Kreditgeber, sei es die Sparkasse, die Bank, die Genossenschaft. In endloser Reihe setzt sich die Borgwirtschafl, die ganz klein damit anfing, daß Kunde X um Zahlungsaufschub bat, fort. Bis das Unheil naht. Wie Kunde L und Hand- Werker N taten es viele, und viele erweisen sich am Ende bei nächstem Zusehen als völlig kreditunwürdig, sie werden zahlungsunfähig, weil sie ihr Brot verloren, leicht sinnig gewirtschastet hatten, oder sonstwie in Zahlungsnot gerieten. Die ihnen einst Zahlungsziele eingeräumt hatten, sind jetzt dis Geschädigten, müssen mit einemmal Arbeitskräfte einsparen, teure Bankkredite aufnehmen, oder gar ihren Betrieb schließen. Gewiß ein schwerer Schlag für den einzelnen, aber mindestens ein ebenso schwerer für die Volkswirtschaft; denn jede entlassene Arbeitskraft, jeder geschlossene Betrieb ist ein S ch l a g gegen das große Werk der Arbeitsbeschaffung unseres Führers, eine Sabotage an der Arbeitsschlacht der ganzen Nation . . . Vielleicht nicht aus bösem Willen, sondern aus G e d a n k e n l o s i g k e i t hat sich die Unsitte des Borgens beim Handwerker so eingebürgert, daß heute riesige Be träge teils dem Handwerker geschuldet, teils von ihm geschuldet werden. Er möchte sich tatkräftig in das Weih nachtsgeschäft mit den Erzeugnissen seiner Hände ein- schalten. Er kann es nicht mehr, weil ihm dank der Pumpwirtschaft das Geld zur Anschaffung seiner Werk stoffe zur Lohnzahlung, zum Kauf des notwendigen Hand werkszeuges fehlt. Dieses Fehlen aber ist Sand in der deutschen Wirtschastsmaschine. Der Reinigung von dieser bildlichen Versandung, die in der Volkswirtschaft Mil lionenschäden durch Arbeitsausfall darstekt, gilt der Aufklärungsfeldzug des Reichsstandes des deutschen Hand werks, der unter der Devise steht: „Hebung der Zah lungsmoral!" Übrigens eine Gewissensfrage: Ist es nicht auch zumindest rücksichtslos, gerade auf den wirt schaftlich Schwachen die eigene Zablungsunlust abzu wälzen? Wie mancher bleibt dem Schneider, dem Schuh macher, der Modistin, dem Fleischer, Bäcker, Kürschner schuldig, nur weil er sich — noch nicht voln Gelds trennen mag. Vom Geld, das ihm in der Tasche klimpert oder auf seinem Bankkonto Zinsen trägt. Eine Ehrenmann handlung ist diese verzögerte Zahlung auf keinen Fall. Aber weil wir Ehre wieder zu werten wissen, wollen wir auch die letzten Ehrlosigkeiten abstreifcn und ehrlich werden. Dazu gehört, bezahlen, was man kauft, bezahlen, was man haben möchte. Das Weihnachtsgeschäft setzt ein. In Industrie und Großhandel, in Stadt und Land. Auch der Handwerker will Mitarbeiten, muß Mitarbeiten. Sogleich. 'Zeit ist Geld, und Geld brauchen alle, Staat, Wirtschaft und jeder einzelne. Und damit es ungehindert arbeiten und Menschen Arbeit geben kann — denn Geld ist stets nur Mittel zum Zweck — Schluß mit ungesunder Borgerei! Unser Schuldbuch sei vernichtet . . ., d. h. jenes, das wir Wider Recht und Gesetz vom wirtschaftlich Schwachen uns ausstellen kiesten. L. Hgmel. , „Ditte, schreiben Sie an!" Frau Müller kommt zum Fleischer Schulze. „Ich möchte gern ein Pfund Kalbfleisch." — „Bitte schön, Frau Müller, was darf es sonst noch sein?" — „Dann geben Sie mir noch ein halbes Pfund Leberwurst, ein viertel Pfund Schinken und ein halbes Pfund Schmalz." „Aber gern, Frau Müller." — „So, das ist alles. Was macht das zusammen?" — „Zwei Mark, fünsundneunzig, wenn ich bitten darf." — „Ja, danke, ich werde das dann Ende der Woche bezahlen. Schreiben Sie, bitte, an." — „Ja, gern Frau Müller. Mr stehen noch von den letzten Vierzehn Tagen 16 Mark 45. Ich schreibe die 2,95 Mark dazu. Wären also am Sonnabend 19,40 Mark zu zahlen." — „Ist gut. Ich komme am Sonnabendvor mittag mit vorbei. Auf Wiedersehen!" Der biedere Fleischermeister Schulze macht gute Miene zum bösen Spiel, schlägt das Schuldkonto der Frau Müller zu, und seufzt einmal tief, denn neben Frau Müller stehen in seinem Schuldbuch noch eine ganze Reihe solcher „guter Kundinnen", die Wohl gut einkauften, aber selten bezahlten. Und so wie es Herrn Fleischermeister Schulze geht, geht es dem Schuhmacher, dem Bäcker, dem Maler und anderen Handwerkern. es! EsE: Zeichnung Eisner-Wagenborg. Haben Sie, verehrte Frau Müller, oder wie Sie sonst heißen mögen, sich schon einmal den Kops darüber zer brochen, woher der Fleischer, Schuhmacher, Bäcker und die anderen Handwerker, bei denen Sie kaufen oder denen Sie Aufträge geben,dasGeld zumEinkaus der Waren oder Werk stoffe nehmen sollen, wenn Sie ihm die Rechnungen nicht bezahlen? Liebe Hausfrauen, denkt einmal darüber nach, wohin die Pumpwirtschaft treibt. Wie kommt denn eigentlich der Handwerker dazu, euch die Rechnungen zu stunden. Er muß ja auch bar bezahlen, wenn er einkauft. Mit welchem Recht verlangt ihr von ihm, daß er euch etwas borgt? Ihr werdet sagen, „meine paar Mark werden den Handwerker nicht arm machen". Langsam, langsam! Ein paar Mark, und die paar Mark der anderen Pumpgenossinnen geben im ganzen Deutschen Reich Mil lionen und aber Millionen. Ihr unterschätzt euch und eure Umsätze im Rahmen der deutschen Volkswirtschaft. Durch eure Hände gehen Milliarden jährlich. Von diesen Milliarden haben viele Tausende Arbeit und Brot. Aber das geht nur so lange, wie ihr auch wirklich zahlt. Von Borg und Pump kann kein Mensch leben. Wenn ihr den Handwerker nicht bezahlt, kann der seinen Lieferanten nicht bezahlen, und der kann seine Arbeiter nicht ent lohnen. So leiden alle darunter. Es gibt Not und Sorge, die Wirtschaft stockt — nur weil einige eurer Schwestern, liebe Hausfrauen, die Borakrankheit haben. Litte — ralileni Z/sssck/ieck von Mil / p 5s/rön/e/ck. „Istrien möckt' ickr, bitte rsbtsuk" Taut es ckosrsses-srck ckisrckrs lwkal, Tsbten will msn, scbnebstens rsklen, Donnerwetter nocks einmst/ Ackr, wie scbön, wenn /ksnctwerbsbnncken O/t Zebrsnebten ckiesen Kuf, Denen in oiet /trbeitsstuncten Kanckwerk neue leerte scbu/. Ke/rsin.- 2sbtt, eabtt, rsbtt, Menn sucks ckie 7>ennunZ peissiicks,- 2sbtt, esbtt, rs/rb, I/nck seick ckocb nickst so bieiniicb. Tsbit, rsbtt, rs/r/t Drum tsckencken Desicbts, Denn an/ cker Zanren weiten Mett 6ibt otrns Drabt es niobtst iVictrtst Tue Detck in «keinen öentett Ist ckockr Decken Ass/trsKs §ebtn/?; Daran Kibt es keinen Deutet, Ds/? man auctr berappen mu/?. kecker TsF unck fecke Ltuncke Unserer Arbeit wirck rum Uest, Menn uns „tlks/estst cker kuncke" F'ickst erst tanZe rappeln tsM Kskrsin.- Astrtt, rabtt, rabtt,... /ecke KeckrnunK, ckie beAticben, Htetrt 'nem neuen Ass/trsA Hwickr,- Mer im Lontobuckr Kestricben, Mirck ckscknrckr nickst arm, nein reickr/ Darum ckenkt ans Hckrutcksnrsblent Mem man nickst ru pumpen brsucbt, Uii/t, cks/? unsre Uünten mabten Unck cker Hckrornstein wiecker rsuckst. Kekrsin .- 2akit, rs/rtt, rsbtt,... Al an cks er Hckrneicker kann berickrten Hacksen, uns wirck bei/? unck Katt,- Ueicker sinck es nickst „Descksickrten Aus ckem «ckrönen Miener Matck". Kava Zieren Zitt sein U taAen, Uummervott cker Hcksneicker sprickrt.- AnruZ war wobt abZetrsZen, Docks cker Kaufpreis war « nockr nick» Ke / rain.- 2aklt, ratstt, ratrtt,.., Aber nickst sttein cker 5'cksneicker örsuckrt /ur Uobn unck örot sein Delck.- Mer im üanckwerk sckrs//t, kommt teicker dickst sts Krösus au/ ckie Mett. Drum ein Uncke mit ckem ?umpen, ösroerkebr war nie verkehrt.- Us/?t euckr nickst erst /anZe lumpen, Asbit, sts ob ibr Dtsub'Zer wär t/ Ke/rain.- Tak/t, rabtt, rstrtt,... Also: Schluß mit der Pumpwirtschaft. Was m«n kauft, muß man bezahlen, und zwar gleich. Das ist die rechte Zahlungsmoral. Wer nicht so handelt, ist em Schädling an der Volksgemeinschaft. Besten Bank für pünktliche Zahlung! Wer pünktlich zahlt, hilft das Rad der Wirtschaft in Schwung halten. Weihnachten steht bevor, neuer Werkstoff soll bestellt, neue Gesellen sollen eingestellt werden. Darum: Pünktlich zahlen — nicht mehr borgen! Das erste schafftArbeit, das zweite bringt Sorgen. Relchsstanü des Deutschen Handwerks Auf jeder Rechnung, die die Handwerker in diesen Tagen noch einmal allen ihren Schuldnern schicken, wird dieser Zettel kleben, dessen Worte genügen sollten, um endlich die alten Rechnungen zu begleichen. Borgen bringt Gorgen! Von Hermann Klamfoth. An einem Hause in Meran steht ein schöner Spruch: „Der Kredit ist närrisch geworden, und das Gewissen hängt an der Wand!" Und auf einer Münze aus dem Jahre 1716 lesen wir: „Kredit ist mausetot, Bankrott ist L ls Mode." Und ein altes, bitterernstes Sprichwort besagt: „Borgen bringt Sorgen!" oder „Borgen und Schmausen endet mit Grausen!" — Worte aus dem Volksmund, die Bände reden. Schon der gute alte Georg Rollen Hagen schrieb 1595 in seinem Lehrgedicht „Der Froschmäuseler": „Wer eilet zu sei'm Verderb, der borge Geld und kauf' ein Erb'." — Lessing läßt in seiner „Minna von Barn helm" den Major Tellhcim sagen: „Man muß nicht borgen, wenn man nicht wiederzugeben weiß." Seinem Al-Hafi aber legt Lessing die Worte in den Mund: „Borgen ist viel besser nicht als betteln; so wie leihen, auf Wucher leihen, nicht viel besser ist als stehlen." — Die volkswirtschaftlichen Folgen der Pumpwirtschaft kenn zeichnete Shakespeare als „praktischer Engländer", wenn er Polonius im „Hamlet" sagen läßt: Kein Borger sei und auch Verleiher nicht; Sich und den Freund verliert das Darlehn oft, Und Borgen stumpft der Wirtschaft Spitze ab. über den Schaden, der durch die Pumpgewohnheit am Handwerker begangen wird, schreibt Karl Jentsch (1833—1917) in seiner ausgezeichneten Volkswirtschafts lehre: „Was in den letzten Jahren vor 1914 und heute den kleinen Handwerkern das Leben besonders schwer macht, das sind gewisse gesellschaftliche Unsitten und Übel stände. Zuerst die abscheuliche Pumpwirt schaft. Auf zehn bis fünfzehn Mark Tagesverdienst konnte und kann es ein kleiner Schuhmacher, der mit einem Lehrling arbeitet, schon bringen, und damit würde er bei kleiner Familie notdürftig durchkommen können. Aber er hatte bzw. hat diese zehn Mark niemals in der Hand. Seine Kunden blieben und bleiben heute in der Zeit der Geldknavphcit mehr denn ie mehrere Monate und sogar jahrelang schuldig; um sein Geld in kleinen Posten hereinzubringen, mußte und muß er mit Mahnen eine Unmasse Zeit vergeuden und verschreiben und die Seele herausärgern. Weil er niemals eine größere Summe Geldes beisammen hat, kann er nicht bar einkaufen; er gerät in Schuldknechtschaft des Lederhändlers, muß seine Lebensmittel auf Borg nehmen und die Miete schuldig bleiben. Er mag sich sechzehn bis zwanzig Stunden des Tages abrackern — Wenn er am anderen Morgen erwacht, Weitz er nicht, woher er das Geld auf Brot für seine Kinder nehmen soll. So fristet er ein elendes Dasein, von dem ihn nur der Tod erlöst." Hier ist einmal deutlich klargelegt, wohin die unver- antwortliche Pumpwirtschaft führt. Es ist heute, da wir aufeinander angewiesen sind, da wir alle gemeinsam an der Gesundung unserer Wirtschaft arbeiten müssen, nicht angängig, daß der Handwerkerstand durch rücksichtslose Pumpwirtschaft geschädigt wird.