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Fernsprecher: Amt Wllsdruss Nr.Mv testen Anzeigen überneh men nur keine Gewähr. m. , Jeder Robattmrspruch Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meisten, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 220 — 94. Jahrgang Drahtanschrift: „Tageblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 264t) Freitag, den 20. September 1935 MEM 8WNW Men Men M England. Mussolinis Ablehnung. In Gcnf ist nach der Übergabe des Vermittlungs- Planes des Fünfcrausschusscs an die Vertreter Abessi niens und Italiens eine Vcrhandlungspausc eingctreten. Aber vielleicht kommt es gar nicht mehr zu neuen Verhand lungen, nachdem Mussolini in einer Unterredung mit dem Sonderberichterstatter der englischen Zeitung "Daily Mail", Ward Price, zu den Friedcnsvor- schlägen des Vvlkcrbundsrates eine scharf ablehnende Stellung eingenommen hat. Mit der Erklärung des Duce scheint der Stellungnahme des italienischen Ministcr- ^ats, der am Sonnabend erneut zusammentritt, bereits vorgegriffcn zu sein. Der italienische Staatschef hat erklärt: „Der Plan ist nicht nur unannehmbar, sondern auch lächerlich. Es sieht so aus, als ob der Völkerbundsaus- sAuß glaubt, ich sei ein Sammler von Wüsten." Im einzelnen soll der Duce geäußert haben: Ich werde den Bericht selbst erst später vor mir haben, aber wenn die von den Nachrichtenagenturen telegraphierten Mel dungen zutreffen, dann scheinen die Vorschläge ironisch gemeint zu sein. Es wird anscheinend angeregt, Italiens Bedürfnis nach Ausdehnung in Ostafrika solle durch Abtretung von ein paar Wüsten befriedigt werden, einer Salz- WÜste und einer Steinwüste. Dies sind nämlich die Wüsten von Danakil und Ogaden. Mussolini fragte lachend, ob man ihn für den Helden in einem der Bücher von Mark Twain halte, der so ver liebt in Echos war, daß er zwei Berge mit schönen Echos kaufte und sich ein Haus dazwischen baute. Er fügte hin zu, er habe von den Franzosen vor kurzem 110 ONO Qua dratmeilen der Wüste Sahara erhalten. In diesem Ge biet wohnten genau 62 Menschen, die man nach langem, mühseligem Suchen in einem einsamen Tal gefunden habe, wo zufällig genug Wasser vorhanden war. Das Danakilland sei der Boden eines getrockneten Meeres und bilde eine Wüste weißen Salzes von 200 Meilen Länge. Dort wachse nicht ein Grashalm, und nicht einmal ein Abessinier könne dort Lebensunterhalt finden. Die Wüste von Ogaden sei eine Steinwüste. Mit einer Sandwüste könne man noch einiges anfangen. Einige Strecken der Libyschen Wüste in Italienisch-No rd- 'afrika seien bewässert und dadurch bewohnbar gemacht worden. Aber in einer ausgetrockneten Wildnis gewal tiger Felsblöcke könne nichts wachsen. Bei der Einrichtung einer internationalen Verwal tung und Gendarmerie sei Italiens Vertretung anschei nend nicht vorgesehen. Es scheine angeregt zu werden, daß die 200 000 italienischen Soldaten in Ostafrika nach Hause ge bracht werden sollten, und daß ihnen erzählt werden solle, sie hätten nur einen Ausflug gemacht. Dies werde unter keinen Umständen geschehen. Der Ausschuß würde sich besser an die Hauptsache bei der abessinischen Frage gehalten haben, nämlich die Tatsache, daß es nichts Derartiges gebe wie eine abessinische Nation. Es handele sich um ein Herrenvolk, nämlich die Amharas, die über besiegte und zu Sklaven gemachte Stämme herrschten. Diese unterdrückten Rassen Abessi niens würden sich unter italienischer Herrschaft viel besser fühlen. Wirtschaftliche Blockade Italiens? Aus Genf wird gemeldet: Die zwischen den diploma tischen Vertretern Englands, Frankreichs und anderer Mächte geführten Verhandlungen über die Maßnahmen, die zu ergreifen sind, nachdem Mussolini die „Friedens vorschläge" des Fünferausschusses des Völkerbundes ab gelehnt und seine Truppen gegen Abessinien in Bewegung gesetzt hat, haben Genfer Vernehmen nach ein vor geschrittenes Stadium erreicht. Ein System „progressiver Sanktionen" gegen Italien wird in Erwägung gezogen. Aus gutunterrichteten Genfer diplomati schen Kreisen verlautet, daß die schwebenden Pläne die Abberufung sämtlicher in Italien akkreditierter Botschafter und Gesandten der Völkerbundsmächte, finanzielle und kreditpolitische Boykottmaßnahmen und ein Verbot der Ausfuhr nach Italien als fortschreitende Stufen umfassen, deren Höhe punkt in einer vollständigen wirtschaftlichen Blockade, unterstützt durch Flotteneinsatz, bestehen würde. Nach Meldungen aus London glaubt man in der eng lischen Öffentlichkeit, daß England selbst für den Fall, daß es nicht zu einem einmütigen Sanktionsbeschlutz in Genf komme, von sich aus energische Maßnahmen gegen Italien 'ergreifen und vor keiner Folgerung zurückschrecken würde. Mehrere Blätter alauben. daü die bisherigen Maßnahmen Englands bereits zu ernsten Besorgnissen in Italien geführt hätten. Auf der anderen Seite weist man auf militärische Vor bereitungen Italiens hin, die offensichtlich nicht gegen Abessinien, sondern gegen Großbritannien? ge richtet seien. DaK betreffe vor allem die Vorberei tungen Balbos in Libyen. Wie die englische Presse berichtet, ist inzwischen ein großer Teil der eng lischen Heimatflotte ins Mittelmeer entsandt worden. So trafen diebeidengrößtenSchlachtkreuzerder Welt „Ho o d" und „Kenown", ferner drei Kreuzer, zehn Zerstörer und fünf Unterseeboote der Heimatflotte in Gibraltar ein, ebenso der Kreuzer „Ajax" von der West- indienstation. Als weitere Einheiten der Heimatflotte sind 15ZerstörerunddasFlugzeugmutterschiff „Courageous" wenige Tage vorher im östlichen Mittelmeer eingetroffen. Besonderes Augenmerk findet in der Presse die große Luftschutzübung über Malta. Die französische Presse betont, daß die ganze Schwere der Entscheidung jetzt in Rom liege. Die Hoff nungen darauf, daß Mussolini sich mit dem Genfer Vor schlag einverstanden erklären würde, sind fast gleich Null, und nur einzelne Pariser Blätter gehen der allerdings sehr hohlen Vermutung Ausdruck, daß Italien gegenüber den fast schon mehr einer Gesamt- mobilisicrung gleichenden Maßnahmen Englands doch noch in letzter Stunde vethandlungsbereit werden würde. Im übrigen spricht die französische Presse mehr von der offen zugegebenen Möglichkeit eines britisch-italienischen Zusammenstoßes mit allen seinen unabsehbaren Folgen als vondem italienisch-abessinischen Konflikt. Hoffnungslosigkeit in London. Die Londoner Abendblätter veröffenlichen in großer Aufmachung eine Reuter-Meldung aus Genf, in der es heißt, daß Mussolini seinem Vertreter Baron Aloisi, der auf Empfehlung der Mächte die Vorschläge des Fünfer- Ausschusses den italienischen Regierungschef in Nom per sönlich überreichen nnd erläutern sollte, mitgeteilt habe, daß er von Genf keinerlei Ratschläge wünsche. Die schwache Hoffnung, daß es dem Völkerbund doch noch gelingen werde, einen friedlichen Ausweg zu finden, machte am Donnerstagabend in London einem ausgespro-, chenen Pessimismus Platz. Niemals zuvor, so schreibt der liberale „Star", ging ein Land mit weniger Vernunft und weniger Tauglichkeit in den Krieg. — Die konser vative „Evening News" stellt unter der Ueberschrift „Die Pflicht der Nation" fest, daß es die kluge Angelegenheit des englischen Volkes sei, sich wie ein Mann hinter die Regierung zu stellen, wenn eine außenpolitische Krise das Land bedrohe. Lloyd George prophezeit eine Katastrophe In einer sehr pessimistischen Rede nahm Lloyd George auf einer Versammlung des Aktionrates für Frie den und Wiederaufbau in Bradford zur internationalen Lage Stellung. Lloyd George prophezeite, daß es in ein bis zwei Wochen zu einem Angriffskrieg kommen werde, und fragte, was England zu tun beabsichtige. Er sei sehr beunruhigt, denn er stände unter dem Eindruck, daß die Welt auf eine sehr große Katastrophe zusteuere. In den vergangenen Wochen sei er der erste gewesen, der die Rede des englischen Außenministers in Genf be grüßt habe. Nichtsdestoweniger stehe er auf dem Stand punkt, daß die englische Haltung schon früher hättte be kanntgegeben werden sollen. Im vorliegenden Fall wäre ein promptes Vorgehen eine wesentliche Voraussetzung für eine Regelung gewesen. Jetzt hätten die Dinge einen Stand erreicht, von dem abzuwcichen für die Beteiligten außerordentlich schwierig sei. , Die verwickelte außenpolitische Lage und die Wirt schaftslage erforderten nicht nur Klugheit, sondern auch Mut. Trotz der Vorbereitungen, die Italien in Eritrea und Somaliland treffe, um in der Lage zu sein, den Krieg nicht nur einige Monate, sondern mehrere Jahre zu füh ren, sei in dieser Stunde in Genf niemand imstande, zu sagen, welche nächsten Schritte der Völkerbund tun werde. Was die Sühnemaßnahmen anlange, so trete Eng land jetzt in vorsichtiger Form an die Mächte heran, und dennoch habe niemand eine Vorstellung, was irgend je mand zu tun gedenke. England habe keinerlei Vorschläge gemacht; es strecke lediglich seine Fühler aus, um festzu stellen, wieweit die anderen zr^gehen bereit seien, ohne vag man rynen sage, wie weit England selbst zu gehen bereit sei. Reine wirtschaftliche Sühnemaßnahmen, die vielleicht vor Monaten nützlich gewesen wären, seien jetzt zu spät, nachdem Mussolini eine Million Mann unter den Wassen habe, von denen 200 000 Mann an der abessinischen Grenze entlang marschierten, an der Geschütze, Flugzeuge, Gift gase und Granaten aufgestapelt werden. Französische Stimmen gegen England. Die Frage, ob Frankreich sich bereits endgültig für eine Beteiligung an etwaigen Sühnemaßnahmen gegen den Angreifer im italienisch-abessinischen Streitfall ausgespro chen habe oder ob es eine Beteiligung ablehne, scheint, nach der französischen Presse zu urteilen, noch nicht end gültig entschieden zu sein. Immerhin ist festzustellen, daß eine Reihe von französischen Rechtsblättern fortfährt, eine Beteiligung Frankreichs an Sühnemaßnahmen entschieden abznlehnen. Das „Journal des Debats" wendet sich in diesem An- sammenhang auch gegen England. Es sei unerhört, so schreibt das Blatt, daß das Mittelmeer Gefahr laufe, ein geschlossener Raum zu werden, in dem England bereits den größten Teil seiner Streitkräfte zusammengezogen habe nnd dabei gleichzeitig ein Seegebiet ungeschützt lasse, das es verabrcdungsgemäß bewachen sollte. Das Blatt vertritt den Standpunkt, daß die in gewissen Punkten so leicht auftretende englische Empfindlichkeit mit mehr Mäßi- cömg hätte zum Ausdruck kommen sollen. Interessant ist eine Stellungnahme des rechtsgerichteten Abgeordneten Ferry in der „Liberte". Frankreich hätte allen Grund, diejenigen Leute anzuprangern, die Frankreich gegen seine lateinische Schwester aufhetzen wollten und die nicht zögerten, sich auf den internationalen Kapi talismus und den britischen Imperialismus zu stützen. Das kommunistisch-sozialistische freimaurerische Manöver ziele in innerpolitischer Hinsicht vor allem auf den Sturz der Regierung Laval hin. Luftschuhvorbereitungen in Gibraltar. In Gibraltar wurde nach einer Reuter-Meldung am Donnerstag folgende amtliche Bekanntmachung ange schlagen: Es wird hiermit zur allgemeinen Kenntnis ge bracht, daß es sich im Falle gewisser Notstände unter Um ständen als notwendig erweisen wird, in ganz Gebraltar die Lichter auszulöschen. Dies wird möglicherweise durch die Absperrung der Hauptkraftanlage geschehen. Der Be völkerung wird daher empfohlen, sich Vorräte an Kerzen und anderem hinzulegen. Es wird aber darauf aufmerk sam gemacht, daß auch solche Lichtquellen sorgfältig »bge- dichtet sein müssen. Zuwiderhandlungen werden geahndet. Was besprach der englische Thronfolger in Vudapest und in Wien? Der Prinzvon Wales, der englische Thronfolger, hat seinen Aufenthalt in Wien, der zunächst aus zwei Tage beschränkt war, bis zum Wochenende ausgedehnt. Von der britischen Gesandtschaft wurde bekanntgegeben, daß der Prinz sich eine leichte Erkältung zugezogen habe. Der Prinz hat dem österreichischen Bundespräsi denten Miklas einen halbstündigen Besuch ab- gestattet. Wenn auch der Inhalt der Unterredung streng geheim gehalten worden ist, so besteht doch kein Zweifel mehr darüber, daß der Besuch des Prinzen inBudapest und Wien in der Zeit der größten Spannung zwischen Italien und England einen hochpolitischen Charakter trägt. Italien stößt französische Staatsrenten ab. 400 Millionen Goldfranc Vorschuß. Die italienische Regierung soll die französische Regie rung haben wissen lassen, daß sie die in ihrem Besitz befindlichen französischen Staatsrenten abzustoßen und da für Gold einzulösen beabsichtige. Der italienische Botschafter in Paris soll betont haben, daß dieser Schritt im engsten E ' ernebmen mit den fran zösischen zuständigen Stellen ec, gen werde, um die fran zösische Regierung durch plötzlichen Verkauf an der Börse nicht in Verlegenheit zu bringe». Wie verlautet, hat sich die Bank von Frankreich bereiterklärt, die im italienischen Besitz befindlichen französischen Renten, deren Gesamt wert etwa eine Milliarde Franc betragen soll, zunächst mit 400 Millionen Francs zu bevorschussen und die Ucbcr- nahme der Werte' daun allmählich zu vollziehen. Die italienische Regierung könnte danach also sofort 400 Mil lionen Francs in Gold einwechseln.