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WM Ser SMMMtM. Flammender Aufruf zur Hilfe gegen Arbeitslosigkeit und Hunger. In der nordböhmischen, rein deutsch bevölkerten Glas- industriestadt Haida wurde ein sudetendentscher Volkstag abgehalten, der sich zu der bedeutendsten und größten Kundgebung der Sudetendcutschen Partei Conrad Henleins (SDP.) gestaltete, die es jemals gegeben hat. Etwa 60 000 Menschen, eine für tschechoslowakische Ver hältnisse ungeheuerliche Zahl, hatte sich eingefunden, um ihrem Führer, Conrad Henlein, die Treue zu geloben und aufs neue gegen die Unterdrückung zu demonstrieren und dagegen, daß von der Prager Regie rung bisher nichts geschehen ist, um die furchtbare Not in den deutschen Gebieten zu lindern und die erschreckend zunehmende Arbeitslosigkeit der Sudetendcutschen wirk sam zu bekämpfen. Im Mittelpunkt stand die Rede Henleins, die mit stürmischer Begeisterung ausgenommen wurde. Immer wieder von tosendem Beifall unterbrochen, erklärte Henlein u. a-: „Hier steht nicht eine Partei, hier steht die Verkörperung eines neuen Lebenswillens und Lebensglaubens, eine Volksbewegung, die über alle Lebcnswolken hinweg die Erneuerung sncht und die unter allen Umständen bereit ist, das Recht, das uns in der Verfassung und in den Minderheitenschutzvertrügen verbürgt ist, zu er kämpfen. Wir sind durch unseren Kampf und durch unsere Disziplin eine europäische Angelegenheit geworden und werden solange eine europäische Angelegenheit bleiben, solange wir einig sind. Leider hat das, was in der ganzen Welt von unserem Siege gilt, unser innenpolitischer Gegner nicht wahr haben wollen. Wir haben den Gedanken vertreten, daß Staatstreue und Volkstreue zu ver einbaren sind. Gerade das aber will man in gewissen Parteikreisen nicht anerkennen, weil man das Schlag wort von den bösen Deutschen nicht auf geben will. Unsere erste und heiligste Forderung muß sein, daß alle Mittel dafür eingesetzt werden, um die furchtbare Not der sudetendcutschen Gebiete zu mildern und zu beseitigen- Ich fordere alle Minister auf, sich selbst einmal durch den Augenschein davon zu überzeugen, wie groß' die Rot ist, unter der unser sudeiendeutscher Arbeitsmcnsch leidet, wie groß die Hoff nungslosigkeit unserer Jugend ist. Wir wollen aus eigener Kraft mithelfen, daß die Not wenig stens einigermaßen gemildert wird. Es ist ein Ehrcnblatt in der Geschichte des Sudetendeuischlums, o»ß das aus- gebluteie Volk im letzten Krisenwinter acht Millionen tschechische Kronen als Hilfe für die Ärmsten aufbrachte. Wir fordern aber, daß der Staat einen gleichen Opfer willen zeigt. Ist der Staat nicht willens oder fähig, die Not zu lindern, dann must er uns die Möglichkeit geben, durch ein grosses internationales Hilfswert unsere Brüder und Schwestern vor dem Verhungern zu bewahren. Man mag kleinen Gruppen Brosamen hinwerfen. Dreieinhalb Millionen aber haben das Recht, volle Genüge zu haben. In den Tagen unseres Kampfes ist in uns ein neuer Glaube und ein neuer Wille ent standen. Das Gefühl der Kameradschaft hat feste Gestalt angenommen. Ich weiß, daß die Zukunft unser ist, weil ich auf euch vertrauen kann, so wie ihr mir ver traut." I WUsdeWsr Tageblatt l L 2. Tlott Nr. 205 — Dienstag, den 3. September 1935 Lagesspruch Gott gibt uns die Seele, aber das Genie mästen wir durch die Erziehung bekommen. Lessing. Grundstein zur SntiMlmg in Offasien. Eine Erinnerung an den Frieden von Portsmouth, der den russisch japanischen Krieg beendete. Es war am 5. September 1905, also vor 30 Jahren, als zwischen Rußland und Japan der Friedcnsvcrtrag von Portsniouth abgeschlossen wurde, der das blutige Ringen um die Vormachtstellung im Fernen Osten zum Abschluß brachte. Japan stand als Sieger da, cs hatte sein Hauptkriegsziel, den Russen vom chinesischen Meer mit seinen eisfreien Häfen zu ver drängen, erreicht; cs konnte die russische Erbschaft un gehindert antretcn, hatte es doch durch die Anerkennung seiner Rechte in Korea und die Übernahme der russischen Pachtung der Kwantunghalbinscl mit dem Kricgshascn Port Arthur auf dem asiatischen Festland Fuß gefaßt. So ist der Frieden von Portsmouth der Grundstein für die weitere politische Entwicklung Ost- afiens geworden. Die militärische Lage im russisch-japanischen Kriege, der im Februar 1904 durch die überraschenden Angriffe der japanischen Flotte auf die russische Flotte vor Port Arthur und an der koreanischen Küste seinen Anfang nahm, hatte sich im Laufe des Jahres 1904 und der ersten Hälfte des Jahres 1905 dahin entwickelt, daß Japan in sieg reichen, aber blutigen Schlachten den Russen immer weiter in das Innere der Mandschurei zurückgedrängt hatte. Die Seefestung Port Arthur war gefallen, die Insel Sachalin erobert, der Hafen von W l a d i w o st o k, im Winter vereist, lag unter Beobachtung der japanischen Flotte, die nach dem Seesiege bei der Insel Tsu- schima kein russisches Kriegsschiff mehr zu fürchten hatte. Aber der Krieg zehrte an der Volkskraft Japans, an der physischen wie an der sinanzicllcn. Und Rußland sah sich ebenfalls genötigt, an einen möglichst baldigen Fricdensschluß zu denken, auch seine Finanzen waren in völliger Unordnung; vor allem aber wuchs im Volk immer mehr eine nervöse revolutionäre Spannung — brach doch bgld nach dem Fricdensschluß die blutige Revolution des Jahres 1905 aus, So kam der Brief des Präsidenten der Vereinigten Staaten, Roosevelt, vom 8. Juni 1905 beiden Parteien sehr erwünscht. Er bot in diesem Schreiben den kriegführenden Mächten seine guten Dienste als Vermittler an und lud sie ein, ihre Bevoll mächtigten nach Amerika zu entsenden, um in unmittel barer Aussprache zum Friedcnsschluß zu gelangen. Nach kurzen Vorverhandlungen begannen am 9. August in Portsmouth, einem Seebad an der ostamerikanifchen Atlantikküste, die Besprechungen zwischen den beiden Par teien, die von dem russischen Minister Witte und dem Japaner Komura geführt wurden. Sah es auch manchmal so aus, als ob die Verhandlungen wegen der allzu großen Differenzen abgebrochen würden, so war doch der Friedenswunsch bei beiden Teilen und des Präsidenten Roosevelt Geschick so groß, die Unterhändler am Ver handlungstisch festzuhalten. Am 5. September wurde der Friedensvertrag von Portsmouth geschlossen, der Japans sehnlichsten Wunsch, eine Entschädigung zur Abdeckung seiner beträchtlichen Kriegskosten zu erhalten, zwar nicht erfüllte, der aber doch den sonstigen japanischen Forde rungen gerecht wurde. Rußland mußte sich ans Port Arthur, der Mandschurei und Korea zurückziehen und die Hälfte der Insel Sachalin abtreten. Damit setzte sich Japan endgültig auf demasiatischenFe st landfest. Es hatte aber von vornherein kaum die Absicht, an der Küste zu bleiben, brauchte es doch Lebensraum für seine immer stärker an wachsende Bevölkerung. Unter meisterlicher Ausnutzung der politischen Weltlage ist Japan Schritt für Schritt Er verspürte gar keine Lust, seinen Koffer auszupacken, ging langsam im Zimmer hin und her, grübelte und grübelte. Am liebsten wäre er nie mehr mit Frau Ketzler zusammengekommen, hätte sofort freiwillig das Haus ver lassen. Aber er durfte dem Empfinden nicht nachgeben. Wo sollte er hin, ohne Mittel, ohne jegliche Aussicht, sich jetzt welche zu verschaffen? - Er war gezwungen, seinen Stolz beiseitezuschieben und übzuwarten. Hz» Es klopfte. Hannchen trat ein; sie trug ein Tablett. Sie sagte: „Ich bringe das Mittagessen. Fräulein Stegemann läßt .Guten Appetit' wünschen!" Sie deckte und stellte eine kleine Suppenterrine und mehrere Schüsseln zurecht. Leise klirrte das Besteck. Sie hantierte schnell und gewandt, verlieh sehr bald wieder das Zimmer. Otto Stürmer hatte Mordshunger, das spürte er erst jetzt so richtig angesichts der dampfenden Suppe, der ver lockenden Bratenscheiben und des Gemüses. Auch Pudding stand da und ein Fläschchen Bier. So ein gutes, reichliches Essen war ihm lange nicht mehr geboten worden. Er setzte sich und aß, dachte dabei ein paarmal fast dankbar an Lorenza Stegemann; denn außer ihr war es hier niemandem eingefallen, daß er vielleicht Hunger haben könnte. Und ein satter Mensch sieht die Welt doch mit ganz anderen Augen an als ein hungriger. In Otto Stürmer ging während des Essens eine Verwandlung vor. Er hatte schließlich das Gefühl, es würde schon nicht allzu weitergegangcn. Und wenn es jetzt nach Gründung des Kaiserreiches Mandschukuo, das sich völlig unter japani scher Kontrolle befindet, vor den Toren Pekings steht, so darf nicht vergessen werden, daß der Friedcnsvcrtrag von Portsmontb vor 30 Jahren hierzu die Grundlage ab- Symbol des Parteitages der Freiheit Am Nürnberger Opernhaus wird diese von Professor Klein-München und Bildhauer Allmann geschaffene Ver größerung der Reichsparteitag-Plakette aufgestellt. — Die Künstler bei der Arbeit. «Presse-Illustrationen Hofsmann.) schlimm für ihn kommen. Der Steinfrau gegenüber mußte er sich dickfellig zeigen. Er war hierhergerufen worden als Inspektor, hatte seinen Vertrag in der Tasche und wollte seine Stellung einnehmen. Er besaß ein Recht darauf! Jetzt, da der Herr gestorben, war ein Inspektor doppelt nötig. Tas mußte auch Sabine Keßler einsehen. Er dachte mit einem Male ganz anders über seine Sorge. Viel, viel leichter. Er durfte sich kümmern und betätigen, als wäre er hier froh empfangen worden. Es tat wohl doppelt not, daß hier ein Paar Augen wachten, denn der Herr des Michaelshofs hatte die feinen für immer geschlossen; und auch die Gutsherrin dachte jetzt kaum an andere Arbeit und andere Pflichten als an die traurigen, die der Tod ihres Mannes ihr auferlegte. Vielleicht war die Frau auch gar nicht so kalt und gefühllos, wie sie schien; vielleicht weinte sie jetzt bitterlich um den Gatten. Er bürstete über sein dichtes braunes Haar und öffnete, einem schnellen Einfall folgend, seinen Kösser, vertauschte die Jacke mit einer grüngrauen dicken Joppe aus Flausch stoff, ehe er das Zimmer verließ. Er kam auf dem Gang an einer Tür vorbei, hinter der er sehr lautes und heftiges Sprechen vernahm. Er erkannte sofort Frau Keßlers hohes Organ. Un angenehm schrill drang cs zu ihm heraus. Er verlang samte seinen Schritt, es wurde fast ein Stillstehen. Er konnte einfach nicht anders handeln; er horchte, obwohl er Horchen als etwas Häßliches empfand. Aber es war ihm, als handle es sich um seine eigenen, wichtigen Interessen, über die hinter der Tür gesprochen wurde. Jetzt sagte eine Stimme, die sehr leise und hier draußen ganz unverständlich blieb, irgend etwas, und danach kam das grelle Organ wieder, überschlug sich fast: „Ich will den Menschen hier nicht haben! Er soll wieder gehen! Nm keinerlei Zänkereien ipit ihm zu haben, werde ich ihm ein Vierteljahrsgehalt anszahlen — dann aber 'rsus mit imn! Der Mensch gefällt mir nickt! Wenn Hitler zum Geburtstag Mombergs. Der Führer hat dem Reichskriegsminister General oberst von Blomberg folgendes Telegramm gesandt: Zu Ihrem 57. Geburtstage sende ich Ihnen meine herzlichsten Grütze, verbunden mit den aufrichtigsten Wünschen für die erfolgreiche Durchführung Ihrer grotzen Aufgabe und für Ihr persönliches Wohlergehen im neuen Lebensjahr. Adolf Hitler. Dankbarkeit und Treue zum Führer. Tagung des Gustav Adolf-Vereins in München. Aus der 79. Hauptversammlung des Gustav-Adolf-Vereins in München wies Prof. Dr. Hans Gerber-Leipzig in seiner Eröff nungsrede darauf hin, daß das Gustav-Adolf-Werk zum -erstenmal in der bayerischen Hauptstadt tage, die heute der eine Kernpunkt des Dritten Reiches sei und die Stadt der Bewegung, die das deutsche Schicksal gewendet habe. Der Gustav-Adolf-Verein könne von feinen in langjäh riger Arbeit gemachten Erfahrungen aus ganz besonders die gewaltigen volkspolitischen Leistun - gen des Nationalsozialismus und die darin gründenden staatspolitischen Taten würdigen. So sei es ihm ein bedeutsames Ereignis, in diesem Jahre an dem Ort zu tagen, von dem die nationalsozialistische Be wegung ihren Ausgang genommen hat. „Wir gedenken deshalb", so sagte der Redner, „inTreueund hoher Dankbarkeit des Führers und bitten Gott, daß er dem gewaltigen Vefreiungs- und Erneuerungswerl, -as Adolf Hitler am deutschen Volk und Reich begonnen hat, seinen Segen leihe, dem Führer selbst aber die Kraft gebe, es glücklich zu Ende zu führen." Ausgehend von der Feststellung, daß Diaspora pflege praktisch-kirchliche Arbeit in der Heimat und draußen unter den evangelischen Ausländsdeutschen sei, gab der Redner dann eine ausführliche Darstellung der Arbeit und der Schwierigkeiten der Diasporapflege und hob hervor, daß die Diasporahilfe dort am wirksamsten mein Mann nicht so eigensinnig gewesen wäre, hätte er, wie ich es gewünscht, meinen Neffen hergerufcn. Ein Prachtkerl ist der und auch Inspektor, auch stellenlos. Der soll den Posten haben — der, und nicht der Fremde, dem man nicht trauen kann." Otto Stürmers Gesicht färbte sich mit dunkler Zornes- röte; er war sich dessen kaum noch bewußt, daß er ganz offenkundig horchte und sich jeder sofort darüber klar sein mußte, der ihn jetzt überraschte. Er lauschte weiter. Die andere Stimme war nicht mehr undeutlich, ganz klar erwiderte Lorenza Stegem.inn: „Sie dürfen nicht in der herabwürdigendcn Weise von jemandem reden, der Ihnen noch nicht den geringsten Anlaß dazu gegeben hat. Mir gefällt Herr Stürmer ausnehmend, und Onkel hätte er bestimmt ebenso gefallen. Sie dürfen ihm doch nicht einfach Geld in die Hand stecken und ihn wegschicken. Lassen Sie ihn doch erst einmal zeigen, was er kann; vielleicht sind Sie bald froh, daß er überhaupt hierhergelommen ist, Frau Sabine." Otto Stürmer empfand Dankbarkeit für Lorenza Stege mann, die sich für ihn mühte, obwohl sie ihn kaum kannte und jetzt doch eigentlich wohl an genug anderes zu denken hatte als an ihn. Eben erwiderte die schrille Stimme: „Ich werde ihn doch ganz einfach wegschicken — jawohl, ganz einfach weg- schicken. Und er wird klein und dankbar und froh sein, wenn ich ihm Geld in die Hand stecke, wie du dich aus drückst." Otto Stürmer wußte, er war in seinem Recht, wenn er unter Umständen ein Vie-teljahrsgehalt annähme; aber die Art, wie die Frau von ihm sprach, widerte ihn an, riß seinen Stolz hoch. , Er drückte die Klinke nieder und öffnete die Tür, gerade als Lorenza bat: „Tun Sie das nicht, Frau Sabine. Ist glaube, ich habe Sie noch nie um etwas gebeten, aber darum bitte ich Sie von ganzem Herzen." (Fortsetzung folgt.)