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neun neuen no»»nr WiNmsserTagM« Nationale Tageszeitung für -Landwirtschaft und »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 4 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— NM. Frei Haus, bei Postbestellung 1.80 NM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Npfg. Alle Postanstatten und Post boten, unsere Austräger u. .. Geschäftsstelle, nehmen zu jederzeit Bestellungen ent- W0MeNv!at1 sUV Wilsdruff U. UMgegeNd gegen. Im Falle höherer ^Gemalt, od. sonstiger > ' ' Betriebsstörungen besteht -lern Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. 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Die Dreimächtekonferenz ist aufgeflogen, was angesichts der bestimmten Haltung Mussolinis vor- auszusehen war, und schon rechnet man in italienischen Kreisen damit, daß am 15. September die Divi sionen marschieren werden. Die letzte Chance ist verpaßt. Wenn nicht in letzter Minute noch eine Möglich keit gefunden wird, den Krieg zu vermeiden, wird Mars die Stunde regieren. Um die Hintergründe des Abessinien- Konfliktes verstehen zu können, muß man weit zurück greifen, denn der Kern des nordostafrikanischen Problems liegt in der Zeit des Weltkrieges, ja sogar vor dem Aus bruch des Weltbrandes. Im Zeitalter des Imperialis mus, als die weiße Raffe den Erdball unter sich aufteilte, kamen 1 9 0 6 Frankreich, England und Italien in einem Vertrage überein, den politischen und territorialen status Huo in Abessinien aufrechtzuerhalten, das heißt, das afrikanische Kaiserreich unangetastet zu lassen. Hinter diesem diplomatischen Spiel verbirgt sich aber mehr oder minder zart verhüllt der Pferdefuß: dieAbgrenzung Ler Interessensphären! Mit diesem Begriff tarnte der Imperialismus seine Eroberungsgelüste. Das britische Imperium legte die Hand auf das Nilbecken, Frankreich sicherte sich das Hinterland seiner Kolonie Französisch-Somaliland mit der einzigen Eisenbahnlinie, die von dem Hafen Dschibuti am Roten Meer nach der abessinischen Hauptstadt Addis Abeba führt, und Italien richtete sich in Eritrea und Somali land ein. Dieser Vertrag und seine Innehaltung wird heute von England immer wieder ins Feld geführt und war auch bei den jetzt gescheiterten Pariser Verhand lungen die Grundlage der englischen Hal tung. Mussolini hält diesen Vertrag für überholt und nicht mehr bindend. Er präsentiert heute den beiden Westmächten die Rechnung des Weltkrieges: Im Londoner Geheimvertrag von 1915 hat sich Italien den Eintritt in den Weltkrieg auf feiten der Entente mit dem Versprechen auf Kolonialbesitz bezahlen lassen. In Versailles hat man die Londoner Verpflichtung nicht ge halten. Mussolini hat sich damit nicht abgefunden und die Frage grundsätzlich gefaßt, so daß er nicht bereit ist zu nur wirtschaftlichen Konzessionen, die ihm an geboten wurden. Für Italien gibt es heute nur die Alternative: militärische Besetzung oder Krieg! Englands Interesse an der Verhandlung dieser letzten Entscheidung wird deutlich, wenn man den Lebens- Ledingungen und Gefährdungen des Empire nachgeht. Der Juwel der englischen Krone ist Indien, und in keinem Punkte ist England so empfindlich, wie in der Aufrecht erhaltung der Verbindungen nach Indien. Die englische Kolonialgeschichte ist die Geschichte dieses Rin gens um die Verbindung zwischen Mutterland und Kron kolonie. Durch den Versailler Vertrag ist das Jndiameer mit seinen Kraftlinien Kapstadt—Kairo—Kalkutta zu einem englischen Ozean geworden, und eifersüchtig wacht London darüber, daß kein Störungsherd diese Verbindun gen gefährdet. Zum anderen baut England im Sudan das größte Baumwollgebiet der Welt auf, zu dessen Bewässerung es die Wasser des Tanasees be nötigt, die das Gebiet zwischen Weißem und Blauem Nil nähren. Der Tanasee liegt auf abessinischem Ge biet, und dem Weltreich ist es deshalb nicht gleichgültig, welche Flagge auf den Stauwerken weht. Aus beiden Argumenten wird ersichtlich, wie sich in Abessinien poli tische und wirtschaftliche Interessen kreuzen und ver- WM droht mit Englische Presse sagt: Lage wie im August , . 19 14. Die englischen Mini st er eilen nach London, wo bereits am Donnerstag eine Sondersitzung über die Abes sinienfrage stattfinden soll. Welche Bedeutung England der Septembertagung des Völkerbundsrats beimißt, geht daraus hervor, daß neben Eden auch Außenminister Hoare nach Gens gehen will. Auch die englische Presse läßt keinen Zweifel daran, daß die Lage als ungemein kritisch betrachtet wird. Der politische Korrespondent des „D a i l y T e l e g r a p h" sagt, es werde zugegeben, daß die Frage vonSank- tionen jetzt in den Vordergrund getreten ist. Der diplomatische Korrespondent des „Daily Telegraph" berichtet aus Paris, die kleineren Staaten, besonders die skandinavischen Länder, würden wahrscheinlich in Gens auf energi sches Vorgehen drängen, um Italien an dem geplanten Kurs zu hindern. Die Fragen, denen sich das britische Kabinett gegenüber sehen werde, seien ni ch t w e n i g e r ernst als die vomAugust1914. In Paris sei die Äußerung getan worden: ,Doll die Welt einem Diktator erlauben, den ganzen Bau der Friedensorganisation, der durch Verträge mühselig errichtet worden ist, zu zerstören, um seinen na tionalen Ehrgeiz zu befriedigen?" Zu Ausführungen des Barons Aloisi vor der französischen Presse bemerkt der diplomatische Korre spondent des „Daily Telegraph", was den Hinweis auf die Stresafront angehe, so sei nach Ansicht der britischen Abordnung der ganze Bau der europäischen Sicherheit, dessen Eck stein das Einvernehmen von Stresa bilden sollte, durch die Ereignisse der letzten Tage zerstört worden. Der diplomatische Korrespondent der ,.Morningpost" führt aus, allgemein glaube man jetzt, daß keine neuen Verhandlungen den Ausbruch des Krieges im Herbst verhindern würden. Der Völkerbundsrat stehe wahr scheinlich der kritischsten Lage seit seinem Entstehen gegen über. Die wirkliche Krise in Genf werde aber vielleicht erst im Oktober kommen, da dann nach Beendigung der Regen zeit die Feindseligkeiten beginnen würden. SMemgWmu Die Beratungen in London. Die Beratungen zwischen Eden und Sir Samuel Hoare dauerten den ganzen Dienstag über an. Bemerkens wert ist, daß unter den Besuchern, die am Dienstag im Foreign Office vorsprachen, Sir Austen Chamberlain und der australische Oberkommissar in London, Bruse, waren. Macdonald erklärte vor seiner Abreise aus Lossiemouth, daß er für die nächste Woche alle Verabredungen abgesagt habe. In verantwortlichen Londoner Kreisen lehnt man es ab, irgend etwas zu sagen, was die Aussichten auf eine friedliche Beilegung des Streitfalles belasten könnte. Im merhin kann mit einiger Sicherheit gesagt werden, daß Frankreichund Großbritannien bei ihren Be mühungen, eine Schlichtung herbeizuführen, in engster Fühlung miteinander bleiben werden. Tie Verbindung wird auf diplomatischem Wege aufrechterhalten. AmeNla will Waffenausschr verNeten. Die amerikanische Regierung verfolgt die Vor gänge zwischen Italien und Abessinien mit großer Be sorgnis. Sie hält sich einstweilen aus dem Streit her aus, um die Bemühungen Englands nicht zu stören. Sie wird aber, falls es zum Kriege kommen sollte, voraus sichtlich von der Ermächtigung Geb tauch machen, ein Waffenausfuhrverbot zu erklären, vorausgesetzt, daß die eiligst eingebrachte diesbezügliche Gesetzesvorlage noch vor Beendigung der Kongretztagung verabschiedet werden kann. Die Vorlage wurde entsprechend dem Wunsch der Regierung dahingehend abgeändert, daß sie die Er klärung des Waffcnausfuhrverbots ins freie Ermessen Roosevelts stellt und es ihm überläßt, ob er es gegen beide kriegführenden Teile verkünden will. Das Gesetz über das Waffenaus fuhrverbot würde Roosevelt die Möglichkeit geben, auf die italienische Regierung einen starken Druck auszuüben. Bekanntlich hat der Präsident jetzt durch die Außen handelsbank die Gewährung von Krediten an italienische Firmen untersagt. Künftig würde er in der Lage sein, auch Barkäufe von Kriegsmaterial durch Italien zu ver bieten. M WeWMe der WMWer An der Wiege des nationalsozialistischen Arbeitsdienstes — Eine Rede des Reichs arbeitsführers. Der Deutsche Arbeitsdienst im Schloß zu Dessau- Großkühnau beging festlich den Tag, an dem vor drei Jahren der Reichsarbeitsführer Hierl den Gau- fachbearbeitern der NSDAP, die Richtlinien unter breitete, die für den Deutschen Arbeitsdienst grundlegend geworden sind. Die Stadt Dessau und insbesondere das Schloß Großkühnau, das einst die Stamm- und Lehrabteilung des Anhaltischen und Deutschen Arbeitsdienstes beher bergte, waren festlich geschmückt. Aus allen deutschen Gauen waren die Arbeitsführer mit Abordnungen nach Dessau gekommen. Der Reichsarbeitsführer, Staats sekretär Hierl, begrüßte die Ehrengäste, insbesondere die Schöpfer des Anhaltischen Arbeitsdienstes, Staats minister Freyberg und Reichsstatthalter Loeper. Nach musikalischen Vortrügen und dem gemeinsamen Gesang des Werksoldatenliedes richtete' GauarbeitsWrer Prentzel herzliche Willkommensworte an die Gäste. Darauf ergriff Staatsminister Freyberg das Wort, um darzulegen, unter welchen Schwierigkeiten er gemein sam mit Gauleiter Loeper den Arbeitsdienst ge schaffen habe. Dessau und Großkühnau dürften für sich in Anspruch nehmen, die Keimzelle des Deutschen Arbeitsdienstes gewesen zu sein. Zum Schluß seiner Ansprache überreichte er dem Reichs arbeitsführer Hierl und dem Reichsstatthalter Loeper zum Zeichen des Dankes und der Erinnerung das gol- dene Eh'renkreuz des Arbeitsdienstes mit derZahl 1 9 3 2. Auch alleTetlnehmerander Tagung vom 20. August 1932 sowie die ehe maligen Führer des Hammersteiner Lagers erhielten das EhrenKeuz. . Den Höhepunkt der Feierstunde brachte daun die Ansprache des Reichsarbeitsführers Hierl. autcken und das Problem verschärfen. Als dritter Punkt kommt ein mssischer hinzu. Die Japaner haben weit gehende Konzessionen für Baumwollpflanzungen erwor ben. Noch steht allerdings die Zahl der japanischen An siedler in keinem Verhältnis zu den Laudkäuien, aber für jede Beunruhigung der farbigen Rassenwelt ist das Imperium empfindlich. Wenn man Japans Vordringen im Raume des britischen Empire, im Kapland, am Pazific und in Indien beobachtet, kann man ermessen, daß Eng land in Abessinien nicht die Bildung eines neuen Stö- rungsherdes zulassen will. Wenn man an die kürzlich vom Negus von Abessinien altsgegebene Parole: „Unsere Farbe ist unsere Fahne!" denkt, wird deutlich, wie bewußt und schwerwiegend das Moment der Rasse in die nordostafrikanische Frage hinein geworfen wird. Italien rührt somit an eine Lebens frage des britischen Weltreiches, aber Musso- Üni.hat einen zu starken Einsatz an volitiicken und mili ¬ tärischen, finanziellen und moralischen Kräften gewagt, daß es unmöglich erscheint, den Krieg zu vermeiden, will Rom nicht sein Prestige als Großmacht verspielen. Die militärische L e i st u n g s k r a ft Abessiniens ist beschränkt. Wohl hat eine belgische Militärkommission die Armee reorganisiert, Wohl sind die Natur des Berg landes, die Tapferkeit des Volkes, das mörderische Klima mit Regenzeit und Fieber die stärksten Bundesgenossen des afrikanischen Kaiserreiches, aber mit Gewehren Modell 1870 und Lanzen kann man nicht aegen Tanks und Flua- zeuge kämpfen. Trotzdem bleibt die Kriegsführung im afrikanischen Hochland eine Rechnung mit großenteils völlig unbekannten Größen. Die beiden Gegner verkünden sehr optimistisch der Welt ihre Stärke und Bereitschaft und ihrem Willen zum Siege. Wenu die Diplomaten nicht noch in letzter Stunde die kriegerische Auseinander setzung verhindern können, wozu wenig Hoffnung besteht angesichts des italienischen Alles-oder-NiÄts-Standpunk- des., wird Mars die Stunde regieren. L—ü.