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I Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und »Wilsdruffer Tageblätt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 4 Adr. Bezugspreis monatlich 2,— BM. frei Haus, bei Postbestellung l.80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstalten und Post- »oten. unsere Austräger u. Geschäftsstelle, nehmen zu i-derzett Bestellungen ent- W0MeNv!at1 sUk Wllsdruss U. UMflkaeNd gegen. Im Falle höherer 4Aewalt, od. sonstiger Betriebsstörungen besteht »ein^Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung -ingesandter Schriftstücke erfolgt nur. wenn Rückporto bciliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreise laut aufliegendem Tarif Nr. 4. — Nachweisungs-Gebühr: 20 Rpfg. — Dorgeschriebene Erscheinungskage und Platzvörschriften werden nach Möglichkeit berücksichtigt. — Anzeigen - Annahme dis vormittags W Uhr. 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Juni 1 935 vom Reichskabinett beschlossen worden Ist, ist eine Lücke in der deutschen Gesetzgebung ausgefüllt worden, die in den Kreisen aller Heimat- und Natur freunde seit Jahren schwer empfunden worden ist Bei ihren Maßnahmen zum Schutze der heimischen Natur konnten gerade die größeren der deutschen Länder — so Preußen, Bayern, Württemberg und Baden — sich bis her nur aus gesetzgeberische Notbehelfe stützen, und oft genug mußte man dem Untergang wertvoller Teile der deutschen Landschaft und bedeutungsvoller Naturdenk male mit verschränkten Armen Zusehen, weil eben die Ge setzgebung keine Handhabe zur Rettuna bot. Durch das soeben verkündete Reichsnaturschutzgesetz werden diese Mißstände mit einem Schlage ausgeräumt, und die deutsche Naturschutzbewegung hat mit ihm ein Werkzeug in die Hand bekommen, das es ihr ermöglichen wird, die Belange des deutschen Naturschutzes künftig in vollem Umfang so wahrzunehmen, wie es ihrer großen kulturellen Bedeutung entspricht. Rach mancherlei Vor arbeiten von anderer Seite hat letzthin der Herr Minister präsident Hermann Göring sich der Frage des Natur schutzgesetzes angenommen, und seinem machtvollen Ein treten ist es in erster Linie zu danken, daß das Gesetz schon nach wenigen Monaten vorliegen konnte. Jn dem Rcichsnaturschutzgesctz vom 26. Juni 1935 wird zunächst sein Anwendungsbereich umschrieben. Dem nach erstreckt es sich auf den Schutz von Pflanzen und nichtjagdbaren Tieren, auf den Schutz von Naturdcnkmalen aller Art einschließlich ihrer Umgebung, auf die Einrichtung von Naturschutz gebieten sowie auf den Schutz der freien Landschaft, soweit es sich darum handelt, störende oder verunstaltende Eingriffe von ihr fernzuhalten. Unter Naturdenkmäler? sind im Sinne des Gesetzes Einzelschöpfungen der Natur zu verstehen, die zu erhalten aus völkischen, wissenschaftlichen, geschichtlichen Gründen oder wegen ihrer Eigenart im öffentlichen Interesse liegt. Es gehören Hierher also beispielsweise Felsen, Wander blöcke, Gletscherspuren, Quellen, Wasserläufe, Bäume, Baumgruppen und dergleichen mehr. Naturschutzgebiete find demgegenüber flächenhaft ausgedehnte Bezirke, in denen die Natur entweder in allen ihren Erscheinungen oder in einzelnen ihrer Teile unter Schutz gestellt ist. Demnach kann man Wohl unterscheiden zwischen Voll naturschutzgebieten oder Banngebieten sowie Teilnatur- fchutzgebieten, zu denen etwa Vogelfreistätten, Pflanzen schonbezirke usw. zu rechnen wären. Besonders wichtig ist, daß das Gesetz die. Möglichkeit bietet, ganz allgemein verunstaltende Eingriffe in das Landschaftsbild auszu- fchließcn. Neu geregelt ist in dem Reichsnaturschutzgesetz auch die Frage der Zuständigkeit. Künftig wird an Stelle des Reichserziehungsministers der Reichsforst meister oberste Naturschutzbehörde für das ganze Reick- fein. Die Nachgeordneten Naturschutzbchörden sollen nach dem in Preußen bewährten Muster einheitlich über das ganze Reich organisiert werden. Jede Naturschutz behörde wird für ihren Amtsbereich eine besondere „Stelle für Naturschutz" einrichten, deren Auf gabe es ist, innerhalb ihres Wirkungskreises alle schützens werten Naturerscheinungen zu ermitteln, zu erforschen und dauernd zu beobachten sowie für deren Sicherung die erforderlichen Maßnahmen in die Wege zu leiten. Da neben gehört es zu ihren Pflichten, in der Allgemeinheit für die Förderung des Naturschutzgedankens zu werben. Der obersten Raturschutzbehörde steht als Beraterin eine „Reichsstelle für Naturschutz" zur Seite, die u. a. auch den Auftrag hat, für eine einheitliche Wirksamkeil aller übrigen Naturschutzstellen zu ioraen. Äußerst wichtig für die Tätigkeit der Naturschutz stellen ist der § 20 des Gesetzes, der es allen Reichs-, Staats- und Kommunalbehörden auserlegt, vor Genehmi gung von Maßnahmen oder Planungen, die zu wesent lichen Veränderungen der freien Landschaft führen können, die zuständige Naturschutzbehörde rechtzeitig zu beteiligen. Damit ist die bisher schmerzlich entbehrte ge setzliche Grundlage dafür geschaffen, daß der Naturschutz feine im Interesse der deutschen Volksgesamtheit er hobenen Ansprüche überall und zu jeder Zeit geltend machen kann. Für den Einbau dieser Bestimmung in das Reichsnaturschutzgesetz werden alle Natur- und Heimat schützer, insbesondere aber auch die heimatliebende wan dernde deutsche Jugend und Jungmannschaft, besonders dankbar sein. Ausammenfassend kann gesagt werden, daß diese neue Schöpfung sich würdig anreiht den ihr vorangcgangenen, in ähnlicher Richtung liegenden Gesetzeswerkeu des nationalsozialistischen Staates. Unter außerordentlicher Spannung und Anteilnahme hielt der englische Außenminister Sir Samuel Hoare seine erste Rede als Chef der englischen Außenpolitik vor dem Unterhaus. Der Rede kam um so größere Bedeutung zu, als Hoare zum ersten Male die großen Linien der künftigen britischen Außenpolitik bekanntgab. Jn den Diplomatenlogen sah man die Botschafter Deutschlands, Frankreichs, Italiens und der Sowjetunion. Sir Samuel Hoare begann seine Rede mit dem Hinweis auf deü nervösen Zustand, in dem der Krieg die Welt zurückgelassen habe. Er erhob die Forderung, daß England und die anderen Länder ein wenig mehr Gut artigkeit, gesunden Menschenverstand und freundliche Tole ranz in die Führung der Außenpolitik einführen sollten. Zum deutsch-englischen Flottenabkommen stellte der Minister fest, daß es sich keineswegs um ein egoistisches Abkommen handele. Die englische Regierung hätte kein Abkommen ahschließen können, das nach ihrer Ansicht nicht auch für die andern Flottenmächte von Vor teil sei. Sie hätte das Abkommen nicht abschließen können, wenn sic nicht der Ansicht gewesen wäre, daß es, weit davon entfernt, ein allgemeines Abkommen zu erschweren, dies vielmehr fördern werde. Die Flottenfrage sei stets getrennt für sich behandelt worden, und soviel er wisse, sei es stets die Absicht der Flottenmächte gewesen, sie getrennt zu behandeln. Abgesehen von der juristischen Seite, habe es der englischen Regierung geschienen, daß es im Interesse des Friedens äußerst starke Gründe gab, das Abkommen abzuschließen. - Unsere Flottensachverständigen, fuhr Hoare fort, rieten uns, das Abkommen anzunehmen, da es dem englischen Weltreich Sicherheit gewähre. Wir sahen eine Gelegenheit, die vielleicht nicht wiederkehrt, eine der Ursachen zu beseitigen, die vor dem Krieg Bitterkeit hervorriefen, nämlich das Wettrüsten zur See. Aus den Besprechungen ergab sich die bedeutsame Er klärung der deutschen Regierung, daß in Zukunft, soweit Deutschland interessiert sei, die deutsche Regierung eine der Ursachen ausschalten werde, die den Krieg so furchtbar machten, nämlich der unbeschränkte Einsatz der Untersee boote gegen die Handelsflotte. Wir gelangten dadurch zu der Ansicht, daß Aussicht auf ein Abkommen bestand, daß offenkundig zum Vorteil auch der anderen Flottenmächte einschließlich Frankreich gereicht. Das Abkommen gibt Frankreich gegenüber der deut- scheu Flotte eine Überlegenheit von 43 v. H., im Vergleich zu einer Unterlegenheit von etwa 3V v. H. vor dem Kriege. Zur Verteidigung unserer realistischen Haltung kann ich sagen: Als unsere ausländischen Freunde in der Ver gangenheit ein unabhängiges Abkommen zu ihrem eigenen Vorteil und zu ihrer eigenen Sicherheit, ohne Schaden für jemand oder ohne Konsultation mit jemand, abgeschlossen haben, da haben wir sie nicht kritisiert, son dern wir haben Beifall gezollt und unser Bestes getan, sie zu unterstützen. Ich glaube, wenn die Welt ruhiger über diese Ergebnisse nachdenkt, wird sie sagen, daß die englische Regierung den besten Weg benutze, der ihr unter den obwaltenden Umständen allein offenstand. Hoare behandelt dann den Luftpnkt und wies darauf hin, daß die Regierung nach wie vor einen Luftpakt anstrebe, der von einer Begrenzung der Luftrüstungen begleitet sein müsse. Die Schwierigkeit be- stohe jedoch hier darin, die verschiedenen Ansichten auf einen Nenner zu bringen, wie man die Verhandlungen darüber führen solle. Wenn man das wolle, müsse man die Zweifel und Schwierigkeiten der Nachbarn, das Heitz: der fünf Locarnomächte, verstehen. Es sei bekannt, daß diese den Luftpakt nicht von anderen Bedingungen trennen wollen. Es sei befürchtet worden, daß England das tun wolle. Demgegenüber betone er, daß der Frieden eine Einheit sei. Der englische Außenminister Sir Samuel Hoare teilte in feiner Unterhausrede weiter mit, daß die eng lische Regierung der deutschen Regierung ihre Ansichten in der Ostpaktfrage dargelegt habe. Nach Meinung der englischen Negierung bestehe kein Grund, warum keine schnellen Fortschritte für den Abschluß eines Ostpakles erzielt werden sollten. Es stehe jetzt in Hitlers Macht, einen wirklichen Beitrag zur Sache des Friedens zu machen, der die Geister Aii 1 tel -, Ost - und Westeuropas stark be ruhigen werde. Hoare erklärte wörtlich: „Ich möchte mir erlauben, ibn dringend zu bitten, diesen Beitrag zu leisten. Ich glaube in der Tat, daß er seiner eigenen Sache dienen wird, wenn er ihn leistet. Er selbst sprach sehr offen in seiner Rede vom 21. Mai, und ich weiß, daß er es nicht unfreundlich aufnehmen wird, wenn ich ebenso offen spreche. Wir in England — und in der Tat die ganze Welt — sind nicht nur durch das deutsche Wiederauf rüstung s Programm, sondern auch durch gewisse andere Erscheinungen im heutigen Deutschland beun ruhigt worden. Nichtsdestoweniger haben wir den Kanzler bei seinem Wort genommen, und erst in den letzten Wochen haben wir einen praktischen Beweis dafür geliefert, indem wir mit ihm das Flottenabkommen ab geschlossen haben. Wir haben dadurch, wie wir hofften, einen Schritt vorwärts auf dem Wege zur Versöhnung gemacht. Aber Versöhnung ist wie der Friede eine Ein heit und Vielheit zugleich, und alle Straßen füh ren nach manchen Hauptstädten. Laßt ihn daher den nächsten notwendigen Schritt vorwärts tun und der Aushandlung der Ost- und Donaupakte vorwärtshelfen, wodurch er dem Abschluß eines Luft paktes, den er, wie ich weiß, wünsche, einen grotzen An trieb erteilen würde." Unter Beifall erklärte der Autzenminister dann, daß er - besonders auch die Krage der österreichischen Unabhängigkeit und Unver sehrtheit erwähnen wolle. Immer wieder haben wir unsere über legte Ansicht ausgesprochen, daß Österreich strategisch und wirtschaftlich eine Schlüsselstellung in Europa einnimmt, und datz eine Änderung in seinem Status die Grundlagen des europäischen Friedens erschüttern würde. Wir werden weiterhin die mutigen Bemühungen, die die österreichische Regierung und das Volk zur Aufrechterhaltung und Stärkung ihres unabhängigen Bestehens machen, mit engstem und mitfühlendstem Interesse verfolgen. Zur Abessinienfrage stellte Hoare in seiner Unterhausrede fest, daß die eng lische Regierung selbst auf die Gefahr hin, kritisiert zu werden, bereit gewesen sei, einen konstruktiven Vorschlag zu machen, um einen Krieg zu vermeiden, der ernste Aus wirkungen auf das gesamte Völkerbundssystem haben müsse. Die Behauptungen, datz England nur an seine eigenen Kolonialinleressen denke und in den benachbarten Kolonien Truppen zusammenziehe, ent behrten jeder Begründung. England habe den italienischen Wunsch nach überseeischer Ausdehnung stets begriffen. Es gebe auch die Berechtigung einiger der an Abessinien geübten Vorwürfe zu. Er frage aber, ob die tatsächlichen Ausdehnun g s bedürfnifse . Ita liens und die Klagengegen die abessinische Regierung eine ausreichende Ursache dar- stelltcn, um sich in einen Krieg zu stürzen. Anschließend ging der Außenminister dazu über» Englands Verhältnis zu anderen Mächten zu erörtern, und behandelte hier zunächst Frankr^rÄ Frankreich und England, so führte er aus, sind die jenigen Mächte Westeuropas, die in erster Linie verant» wortlich für die Regelung von 1919 sind. Wir haben dicht zusammengestanden, wir haben viele Jahre zusam men gearbeitet, und wir werden fortfahren, zusammenzu gehen und in der Zukunft zusammenzuarbeiten. Es ist nicht britische Art, alte Freundschaften zu opfern um neuer willen. Wenn wir neue Freundschaften suchen, werden wir das in einer Weise tun, daß wir unsere alten Freundschaften nicht gefährden. England verbinde auch mit Italien eine alte und wertvolle Freundschaft. Was Sowjetrußland anbetreffe, so seien die wirt schaftlichen und politischen Beziehungen zu diesem Lande besser, als sie jemals waren. Hinsichtlich Deutschlands erklärte Hoare: Unsere Haltung ist ein praktischer und verstehender Realismus. Hoare ging dann noch ans die Beziehungen Englands zu Japan und China ein und wies darauf hin, daß Eng land besonderen Wert auf freundliche Beziehungen zu Japan lege. Er nehme sich jedoch die Freiheit und wolle den japanischen Freunden sagen, daß man in England besorgt sei wegen gewisser Ereignisse in Nordchina. Zum Schluß ging er auf die Beziehungen zu den Ver einigten Staaten von Nordamerika ein, die aus gezeichnet seien. Hoare schloß mit der Erklärung, daß er wisse, welche große Verantwortlichkeit das britische Reich habe. Eng land beabsichtige, seine Verfechtungen innezuhalten, die sich aus den Verträgen und aus den Völkerbundssatzungen ergeben, und es sei bereit, mit Europa auf der Grundlage einer kollektiven Sicherheit zusammenzuarbeiten.