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MUnOrAgeblatt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und <>»- .Wilsdruffer Tauedlu»' rrlcheint °n allen Werklagen nachmillags 1 Uhr. Bezugspreis monailich 2,— RM. <rei Haus, bei Postdestellung I,W RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern Iv Siplg. Alle Postanstallen und Post- dolen, uniereAuskrägcr u. „r- ... ,... . Gelchäftsstellc, nehmen zu lederze,, Bestellungen cul- W0MeNvtaN sUI WllsdrUsf U. UMgegeNd gegen. Im Halle höherer Gewalt, od. jonstiger Betriebsstörungen besteht »ein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung ^s^Vezugsprciscs. Rüchfcndung eingesandter Schristftülüc olle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreise laut ouflicgendem Tarif Nr. 4. — Nachweisungs-Gebühr: 20 Rpsg. — Dorgeschriebene Erscheinungstage und Platzvorschriftcn werden nach Möglichkeit berücksichtigt. — Anzeigen «Annahme dis vormitiay's 10 Uhr. . die Nichtigkeit der durch Fernruf übcrmit- I Ä-Ul «elien Anzeigen übernch-l Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meisten, des Stadl rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 161 — 94. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Tageblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 13. Juli 1935 Senn das Geld loser W... Ferien und Reisen, Sommer »nd Sonne als Arbeitgeber. > Sommermonate und Hundstage bringen, Wenn sic wirklich schon sind, nicht nur viel Sonnenschein, Hitze und wogende Felder mit sich, sondern auch viel Geld ins Rollen. Baden und Reisen, Wandern und Paddeln, sich gegen Sonne und Hitze schützen, sich im Wasser tummeln oder mit dem Boot durch die heimischen Flüsse gleiten ist mit Geldausgaben und Anschaffungen verknüpft. Zunächst einmal sind alle Reisen fast immer mit Vor - bereit un gs-und Nebenausgaben verbunden. Wochen vor der Reise hört man überall sagen: „Ich mutz für die Reise einkaufen." Mit dieser Erklärung beginnt bereits das Geld, das man im übrigen Jahre so gut zu sammenhält, lose in der Tasche zu sitzen. Da mutz ein Kof fer oder Rucksack angeschafft, da müssen Schuhe repariert, Badeanzüge, Strümpfe, Badeschuhe oder Bademäntel, alle möglichen Bekleidungsstücke gekauft oder ergänzt werden, das Fahrrad muß noch einmal überholt, das Auto nach gesehen, das Segel- oder Paddelboot in Ordnung gebracht werden. Schmieröl- oder Betriebsstoffkanf sind unerläß- lich. Der leidenschaftliche Amateurphotograph mutz noch Zubehörteile für feinen Photoapparat und ein halbes Dutzend Ersatzfilme erstehen. Die Gebirgsbcsucher brau chen noch schnell einen Seppelhnt oder ein Paar Lederne, und so sind ungezählte Mark schnell ausgegeben, längst bevor man die Reise antritt. Die Reise antreten heißt, die Fahrkarte lösen, heißt für die Reichsbahn die Hauptreisezeit erleben. Die Reichsbahn berechnet ihre Ginn ahmen.aus dem R e is e v e r k e h r in den normalen Jahren schon ans 60 0 bis700 Millionen Mark. Dabei mutz billigerweise zugegeben werden, daß sie heute beim Reiseverkehr keine besonders großen Ge winne macht, sondern der Auffassung unserer Zeit ent sprechend, auf dem Standpunkt steht, daß der Fahrpreis so billig wie möglich gehalten werden muß, damit allen Krei sen des Volkes Gelegenheit gegeben wikd, die engere und weitere Heimat, die Naturschönheiten und Kunstwerke, ihre wirtschaftlichen und kulturellen Eigenheiten kennen-- zulernen. Ebenso wie die Reichsbahn ziehen Schisfahrts- und Krastverkehrsunternehmungen aus der sommerlichen Reisezeit Gewinn. Auch die Reichspost ist neuerdings durch den Kraftverkehr an den Einnahmen aus dem Reise verkehr beteiligt. Sie veranschlagt ihn mit etwa hundert Millionen Mark. Nicht von den Millionen Groschen zu reden, die ihr in der Reisezeit durch deu üblichen Ferien- gruß an Freunde und Bekannte in Form von mehr oder weniger schönen Postkarten zugehen. Die Fahrtaus gaben sind aber immer nur ein Teil der in der Regel ein Vielfaches davon betragenden Reisegesamtausgaben. Schließlich Will man am Reiseziel nicht nur wohnen und verpflegt sein, man will auch einmal etwas Besonderes tun, Eis essen oder Kaffeetrinken und dazu ein wenig Musik hören. All diese Dinge schaffen Arbeit und Brot für viele Menschen. Die Musiker bekommen Beschäftigung. Gast wirte und Hoteliers, Bäcker und Konditoren und die ge samte Vergnügungsindustrie haben, wenn der Sommer gut ist, alle Hände voll zu tun. Und dann die Andenken industrie! Man will ja schließlich dem Nächststehenden irgendein äußeres Zeichen des Gedenkens mitbringen, und so wird auch hier manche Mark umgesetzt. Die Schätzungen über den jährlichen Gesamt umsatz im Fremdenverkehr überschreiten nach vorsichti gen Schätzungen den Betrag von zwei Milliarden Mark. In den letzten Jahren ist der Fremdenverkehr, nicht zuletzt dank der Bemühungen und Veranstaltungen des großen Segenswexkes „Kraft durch Freude", noch ständig angestiegen, und er wird in den folgenden Jahren weiter steigen. Denn das Reisen soll nicht nur wie in vergangenen Zeiten das Vorrecht einiger weniger beson-, ders begüterter Menschen sein, sondern allen arbeitenden Deutschen eine freudige Unterbrechung in das Arbeits jahr hineintragen. Wenn heute das Reisen ins Ausland großen teils unterbunden oder eingeengt ist, so bedeutet das keine unfreundliche Handlung von unserer Seite. Es ist nichts weiter als eine Notmatznahme, denn die Devisen für Auslandsbesuche sind einfach nicht da und können mithin auch nicht den Reiselustigen, die unbedingt ins Ausland wollen, mitgegeben werden. Oder wenn sie da sind, werden sie ost genug für dringendere, lebensnot wendigere Waren benötigt. Sache des Auslandes ist es, uns Deutschen die Möglichkeit zum Besuche ihrer Länder zu geben. Sie können das, indem sie deutsche Waren kaufen. Volkswirtschaftlich gesehen, bedeutet bei spielsweise die Anschaffung einer deutschen Maschine im Werte von 500 Mark durch Italien den Gegenwert für den Aufenthalt eines Deutschen in gleicher Werthöhe in den sonnigen Süden. Die Länder, die besonders stark an der Pflege ihrer Fremdenindustrie inter essiert sind, haben sich daher bereit erklärt, ein entsprechen des Mehr an deutschen Waren abzunehmen, damit den Deutschen genügend Devisen für ihre Besuche bei ihnen, zur Verfügung gestellt werden können. Italien, Schweiz, Holland gehören heute zu den Ländern, mit denen auf Grund der gekennzeichneten Geaemeitiareitsverträae ent- Gesell die MW -er HMiM. Durchkreuzung der DonaurauwpoUtik Mussolinis? Prinzregent Paul von Jugoslawien weilt zur Zeit in der rumänischen Hauptstadt zu Besuch, um mit der rumänischen Regierung die Habs burgerfrage zu besprechen. Die^ Nachfolgestaaten der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie sind durch die im österreichischen Bundestag angenommenen Habs burgergesetze der Regierung Schuschnigg sehr auf gebracht, weil sie einer Rückkehr der Habsburger nach Österreich die Wege ebnen sollen. Der jugoslawische Prinzregent begab sich sofort nach seiner Ankunft in Bukarest zu König Carol zur Auf nahme von Verhandlungen über ein gemeinsames Vor gehen beider Staaten gegen eine etwaige Wiederaufrich tung der Habsburgermonarchie in Österreich. An den Verhandlungen nimmt nur der rumänische Außenminister Titulescu, der Präsident der Kleinen Entente des Balkanbundes, teil. Wie verlautet, sollen Rumänien «nd Jugoslawien entschlossen sein, vor militärischen Maßnahmen nicht zurückzuschrecken. um eine Entwicklung zu verhindern, die nach Auffassung aller Nachfolgestaaten der österreichischen Monarchie dauernd Unruhe Hervorrufen muß. Gerüchtweise ver lautete sogar, daß die beiden Staatshäupter in ihren Verhandlungen über eine eventuelle Mobili sierung der rumänischen und jugosla wischen Streitkräfte sprechen würden. Außenminister Titulescu ist zu den Verhand lungen aus London gekommen. Er hat im Auftrage der Kleinen Entente und der übrigen Balkanländer der britischen Regierung das Problem Habsburg unterbreitet. Wie verlautet, soll dabei sehr eingehend darüber ge sprochen worden sein, welche Wirkungen die Habsburger frage auf die Politik Italiens habe. Angeblich ist nach Auffassung der Kleinen Entente die Durchkreuzung der Habsburgerpläne das beste Mittel, um Italien zur Vorsicht zu veranlassen. Dies könne auch zu einer nachgiebigeren Haltung Roms gegenüber Abessinien beitraaen. der M des MM Achminifters. Zustimmung iu London — Freundliche Aufnahme in Paris —- Geteilte Meinung in Rom. Die Rede des englischen Außenministers hat in der ganzen Welt stärkstes E ch o ausgelöst, weil sie hie außenpolitische Linie der britischen Regierung klar und eindeutig zeichnete. Die englische Presse verzeichnet die Ausführungen des Außenministers im allgemeinen mit Befriedigung. Selbst die Blätter der Opposition nennen die Rede eine diplomatisch abgewogene und diskrete Rede, die Klarheit über Englands Haltung gebracht habe, ohne irgendeine der anderen Mächte vor den Kopf zu stoßen. „Time s" und „Daily Telegraph" sind der Ansicht, daß seit langer Zeit keine derartig zusammenfasscnde Übersicht über die gesamten Fragen der britischen Außenpolitik gegeben worden sei. Durch Hoares Rede seien alle Mißverständ nisse auf feiten der anderen Mächte nunmehr bereinigt worden. „Daily Telegraph" betont, daß England die fran zösische These offiziell angenommen habe, wonach die drei europäischen Pakte nur gemeinsam abgeschlossen werden sollten. Ebenso wird von den meisten Blättern die Ver teidigung des deutsch-englischenFlotten- abkommens durch den Außenminister unterstützt. Nur die sranzosenfreundliche „Morningpost" macht eine Ausnahme. Je mehr sich die Schlagworte von dem „kollektiven Sicherheitssystem" usw. als wesenlos er wiesen hätten, desto nötiger sei es, bewährte Freund schaften weiter zu pflegen, sagt sie. Die Rothermere- und die Beaverbrookpresse benutzt die Gelegen heit zu schärfsten Angriffen gegen den Völkerbund, durch dessen Unterstützung Großbritannien nur Verluste an Prestige erlitten habe. „Daily Expreß" stellt fest, die Maske fei jetzt offen von dem Humbug des Völkerbundes gerissen worden, und Gott sei Dank dafür. Allgemein wird vermerkt, daß Hoare sich so wenig über die abessinische Frage geäußert habe. In politischen Kreisen sieht man darin die Bestätigung, daß die englisch-französischen Ver handlungen über einen gemeinsamen Schritt nunmehr in ein erfolgreiches Stadium eingetreten sind. Die Pariser Presse nimmt die Rede des englischen Außenministers durchaus freundlich auf. In diplomatischen Pariser Kreisen erwartet man in naher Zukunft Verhandlungen über den Luftpalt. Die Rede des englischen Außenministers, so schreibt der „M a t i n", kennzeichne eine sehr glückliche Entwicklung der sprechende Rciseabmachungcn getroffen worden sind. Für den Besuch dieser Länder können heute pro Person 500 Mark Devisen monatlich zur Verfügung gestellt werden. Einen endgültigen Auftrieb kann der internationale Reiseverkehr aber erst dann erleben, wenn die Währungs- sragen wieder endgültig bereinigt sind. Vis dahin sind die Goldländer beispielsweise für alle Besucher aus Ländern mit entwerteter Währung allzu teures Reiseland. Aus alledem erhellt, daß Ferien und Reisen,nicht nur Blick, Herz und Seele weilen, sondern auch beachtliche Wirtschaktsfaktoren sind. L. Hamel. englischen Außenpolitik. Sir Samuel Hoare habe formell an erkannt, daß der Friede ein unteilbares Ganzes sei. Seine Aufforderung an Deutschland, den Donau- und Ostpakt zu unterzeichnen, stimme völlig mit den Ansichten der fran zösischen Regierung überein. — Der „P e t i tParisie n" betont vor allem, der Gesamteindruck der Rede sei von der Tatsache beherrscht, daß England wieder in die Linie der Londoner Erklärung vom 3. Februar und der Stresa- Konferenz zurückkehre. Dieser Umstand sei ermutigend. — Das „Oeuvr e" bezeichnet die Ausführungen des Außen ministers als eine besonders glückliche Einleitung für das bevor stehende neue System politischer Verhandlungen, zu denen Deutschland selbstverständlich eng herangezogen werde. Die radikalsozialistische „Republique" meint, Frank reich müsse jetzt die ihm von England dargebotene Gelegen heit benutzen, um eine kühne und aufbauende Politik des Friedens und der Begrenzung der Rüstungen einzuleiten. — Der „F i g a r o" und das „Iourna l" bezeichnen die Rede in ihrer Gesamtheit als vollauf befriedigend, zumal England wieder zur französischen Auffassung von der Organisierung des Friedens zurückgekehrt sei. Die italienische Presse beschäftigt sich ebenfalls sehr eingehend mit der Rede Hoares. „P o p o l o d ' Italia" schreibt, die Erwähnung der freundschaftlichen Tradition, die England mit Italien verbinde, werde in Italien ein gutes Echo auslösen, ebenso auch der Hinweis, daß England nicht daran denke, kollektive Sanktionen gegen Italien vorzufchlagcn. Das Blatt unterstreicht besonders die englische Forderung nach der Aufrechterhaltung der österreichischen Unabhängig keit. — Weniger zustimmend ist die Stellungnahme der „Stamp a". Das Blatt meint, die Haltung Englands im italienisch-abessinischen Streit sei keineswegs klargestellt worden. Es bleibe nur die Bestätigung, daß man in London nicht an Zwangsmaßnahmen gedacht hat. Dies sei aber wirklich sehr wenig. Das Blatt des halbamtlichen „Giornaled'Jtalia sagt unter der ironischen über- schrift „Expansion auf dem Mond": Der englische Außen minister müsse Italien erst noch mitteilen, auf welchem Teil des Mondes es feinen anerkannten Rechten Genüge leisten dürfe und an welche Regierung des Jenseits es sich richten dürfe, um Genugtuung für das offenkundige Unrecht zu er halten, das ibm von Abessinien angetan worden sei. Die zuständigen Stellen in Rom sind jetzt damit be schäftigt, die Rede einer eingehenden Prüfung zu unter ziehen. Man will erst ihre praktische Bedeutung genau abwägen, ehe man irgendwie amtlich Stellung nehmen will. Jedoch wird in politischen Kreisen betont, daß die Rede im großen und ganzen in Rom eine günstige .Aufnahme gefunden habe und eine gewisse Entspan nung bedeute. — Die in der Presse aufgetauchten Ge rüchte über gewisse genaue Vermittlungsvorschläge, die der italienische Botschafter in London, Grandi, der eng lischen Regierung vorgelcgt haben soll (Abtretung breiter Landstreifen Abessiniens an Italien längs der Grenzen von Eritrea und Jtalienisch-Somaliland), werden an zu ständigen Stellen in Rom als gegenstandslos erklärt.