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kanderbesuch in Bad Nauheim beimesse. Er hoffe, daß gegenüber den Verleumdungen, die in der aus ländischen Presse ans durchsichtigen Gründen über Deutschland verbreitet würden und in denen man uns als ein Barbarenvolk hinstclle, die Fremden sich hier davon überzeugten, daß sie in Deutschland herzlich willkommen seien. Er hoffe, daß der starke Fremden besuch in Bad Nauheim dazu beitragen würde, die Miß verständnisse, die durch Verbreitung von Verleumdungen des neuen Deutschlands entstanden seien, zu beseitigen. „Sas Netzwerk juristischer Formalitäten zerschnitten." Nettes Frcuildschaftsbckcnntnis Lord Allens für Deutschland. Lord A l l e n o f H n r t w o o d schreibt in einem Brief all die Londoner Zeitung „Times": Nach lk tragischen Jahren gebrauche Großbritannien seinen Einfluß, um die Fehler auszulöschen, die Europa in siegreiche und besiegte Mächte geteilt hätten. Mit unbedingter Entschlossenheit zerschneide England das Netzwerk juristi scher Formalitäten und erreiche endlich den Kern des Problems. Die britische öffentliche Meinung bleibe dabei, daß nunmehr nichts die Anerkennung Deutschlands als gleichberechtigte Schwcsternation verhindern dürfe. Diese Gleichheit, erklärt Lord Allen, müsse ihre Erfüllung in einem System kollektiver Sicherheit finden. Er fährt dann fort: Wir müssen Deutschlands Hand nicht nur ergreifen, weil wir unsererseits die Fehler von Versailles wiedergutzumachen wünschen, sondern weil wir aus auf richtigem Antrieb wünschen, die Freunde unserer d e u t s ch c n N a ch b a r n zu sein. HihewsUe fordert schwere Opfer. 38—40 Grad in Frankreich und Italien. Während bei nns die Temperaturen wieder jahres zeitlich durchaus normal sind, werden Frankreich, Italien und Polen noch immer von einer tropischen Hitze geplagt. In Frankreich wurden am Sonntag stellenweise 40 Grad Hitze im Schatten erreicht. Kein Wunder, daß die Menschen Abkühlung im Wasser suchten. Natürlich forderte diese Zuflucht wieder schwere Opfer. Nicht weniger als 16 Personen ertranken. Die Marne allein forderte 7 Todesopfer. Die Hitzewelle in Italien hat in 24 Stunden 24 Todesopfer gefordert. In Norditalien haben 60 Personen Hitzs ch läge erlitten. Mehrere be finden sich in Lebensgefahr. Die Temperatur steigt über Tag bis auf 38 Grad Celsius, ohne daß eine Abkühlung sich ankündigt. Die furchtbare Hitze und die darauf folgenden Un wetter haben in Polen schwere Schäden angerichtet. In der Gegend von Stolpce an der russischen Grenze brannten in einem Ort infolge der Hitze 304 Häuser ab. In der galizischen Wojewodschaft Tarnow wurden bei einem furchtbaren Unwetter 2 0 0 Gebäude zerstört. Dabei wurden auch zahlreiche Vorräte schon aus der neuen Ernte vernichtet. Llnweiter eniwurzelt Hunderte von Bäumen. Aus Detmold wird gemeldet: Ein von Sturm rmd Niederschlägen begleitetes Gewitter richtete in Berlebeck großen Schaden an. Die von den Bergen herabführenden Wege wurden zu Sturzbächen, die gewaltige Wassermassen mit sich führten. Große Sand mengen und Geröll wurden zu Tal gebracht, Hunderte von Bäumen entwurzelt und zahllose Dächer abgedeckt. Die an der Straße stehenden Bäume fielen zum Teil auf die Leitungen der Straßenbahn und knickten die eisernen Masten, so daß der Verkehr eine Zeitlang lahmgelegt wurde. Das Getreide lag glatt am Boden. Zwei Deutsche eroberten die Grandes LorMes. Eine alpinistische Glanzleistung. Den beiden deutschen Alpinisten Peters und Mayer ist es gelungen, eine bergsteigerische Glanzleistung von über ragender Bedeutung für die gesamte Hochtouristik zu voll bringen. Sie haben in 17stuudigcr schwerster Eis- und Fclskletterei die 1500 Meter über den Les-Chaux-Gletschcr jäh aufragende Nord wand des Grandes Jo- rasses bezwungen, die eine absolute Höhe von 4200 Meter haben. Zahlreiche Kletterer aller Nationen harten sich bisher erfolglos um die Besteigung dieser Wand bemüht. Viele haben ihr kühnes Unternehmen schon mit dem Leben be zahlen müssen. Mit der Eroberung der Grandes- Jorasses-Rordwand ist eines der letzten noch offenen großen Probleme der Westalpen gelöst worden. Kurze Nachrichten. Berlin. Der Führer und Reichskanzler hat an dem Tage ihres 80jährigen Bestehens der „Ber liner B ö r s e n - Z e i t u n g" sein silbergerahm te s B i l d mit eigenhändiger Widmung durch den Presse chef der Reichsregierung, Staatssekretär Funk, überbringen lassen. Berlin. Im Reichsgcsctzblatt ist ein viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Pächterschutz erschienen. Dabei wird der Schutz, der am 30. Juni 1935 ablief, bis zum 30. September 1936 verlängert. Die Vor schriften dieses Gesetzes finden jedoch keine Anwendung auf Pachtgrundstücke, die zur Neubildung deutschen Bauerntums rechtsverbindlich bereitgestellt sind oder von einer obersten Neichsbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle für sonstige öffentliche Zwecke gebraucht werden, oder die mehr als 125 Hektar groß sind. Budapest. Der bekannte Heerführer des Weltkrieges, Generaloberst Arz von Stranßenburg ist im Alter von 70 Jahren gestorben. Im Weltkrieg führte der Generaloberst zunächst das 6. Ungarische Armeekorps, au dessen Spitze er unter dem Oberbefehl des Generalfeld marschalls von Mackensen an der großen Durchbruchs schlacht von Gorlice tcilnahm. Nach dem Rücktritt Conrad von Hoetzendorff wurde Generaloberst Arz zum Chef des Generalstabes der gesamten k. und k.-Armee ernannt nnd behielt diesen Posten bis zum Zusammenbruch von 1918. Zm Schacht Verschütteter nach neun Tagen lebend geborgen! In der Nacht zum 23. Juni ereignete sich auf den Delbrück-Schächten bei Hindenburg (OS.) eine Schwemmsandkatastrophe. Ungeheure Mengen von Spülversatzmassen drangen sowohl auf der 130- als auf der 300-Meter-Sohle ein. Bis auf den 53jährigen Fördermaschinisten Walla, der mit der Repa ratur einer Maschine beschäftigt war, konnte sich die Belegschaft in Sicherheit bringen. Walla wurde auf der 130-Mcter-Sohle überrascht und abgeschnitten. Die sofort eingcleitcten, Tag und Nacht dnrchgefnhrten Bergungsarbeiten haben nun mehr nach neun Tagen zu einem Erfolg geführt. Am Montagnachmittag stieß die Spitze der Rettungs mannschaften ans den Ort, wo Walla von den herein brechenden Spülvcrsatzmassen überrascht wurde, und fand ihn noch, woran niemand geglaubt hatte, lebend an. Walla hatte sich in der Nähe einer Wasserleitung auf gehalten und konnte sich während der ganzen Zeit durch frisches Trinkwasscr erhalten. SchwNe GMlostm im VWvett. 22 Tote, 25 Verletzte. In der Kohlengrube von Bagdighi im Bezirk DH air bad (Britisch-Jndien) ereignete sich nachts ein schweres Berawerksunglück, das insgesamt 22 Tote und 25 Verletzte forderte. (Zunächst batte sich'kn der Gruve eine' kleinere' Explosion ereignet, durch die vier Mann von der 15E Mann starken Nachtschichtbelegschaft getötet wurden. Sämtliche Bergleute fuhren darauf eiligst aus. Während sie aber noch am Grnbeneingang standen, erfolgte eine weitere schwere Explosion, durch die 12 Bergleute getötet und 23 verletzt wurden. Kleine Nacheichle«. Wetterführung der Geschäfte des Reichskommifsars für Preisüberwachung. Berlin. Das Gesetz über die Bestellung eines Reichs kommissars für Preisüberwachung vom 5. November 1934 läuft am 1. Juli 1935 ab. Bis zur Entscheidung über eine Verlängerung des Gesetzes werden die Ge schäfte des Reichskommifsars durch die hierfür zu ständigen Stellen sortgcführt. Geschäftsstelle bleibt W9, Voßstraße 8. FD-Zug Berlin—München entgleist. Halle. Der FD-Zug 80, der auf der Strecke Ber lin-München verkehrt, wurde nachmittags von einem glimpflich verlaufenen Unglück betroffen. Kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof Zapfendorf entgleiste der aus fünf Wagen und der Lokomotive bestehende Zug. Glück licherweise wurde bei dem iUrfall nur eine Mitreisende leicht verletzt. Die Ursache des Unglücks konnte bisher noch nicht festgestellt werden. Lebenslängliches Zuchthaus für den Kommunisten- häuptling Rnkvsi. Budapest. Die Königliche Täfel hat in der Be rufungsinstanz den kommunistischen „Volksbeauftragten" Matthias Rakosi wegen Hochverrats, Aufruhrs und Mordes in 27 Fällen zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurteilt. Somit ist im wesentlichen das im Februar gefällte Urteil der ersten Instanz bestätigt worden. Selbstmörderin verursacht Gasexplosion. Eine schwere Explosion erfolgte in Berlin- Steg l i tz, wo in einer im zweiten Stock gelegenen Woh nung sich Leuchtgas entzündete. Die Gewalt der Explosion war so groß, "daß eine Dreizimmerwohnung völlig zerstört und zwei N a ch b a r w o h nu n - gen erheblich in Mitleidenschaft gezogen wurden. Ein etwa 50 Jahre altes Fräulein A. Sprenger, die durch Einatmen von Leuchtgas Selbstmord verüben wollte, erlitt dabei so schwere Brandwunden, daß sie auf dem Trans port zum Krankenhaus verstarb. Zwei andere Frauen, die in den beiden Nachbarwohnungen sich aufhielten» erlitten ebenfalls durch die Stichflamme schwere Brand wunden im Gesicht, die aber nicht lebensgefährlicher Natur sind. Ameiscnplage in der Eifel. In der letzten Zeit wird in der Eifel ein selten starkes Auftreten der sogenannten Pharao-Ameise beobachtet. Es handelt sich hierbei um ein Insekt, das erheblich kleiner ist als die gewöhnliche Ameise. Infolge seiner Winzigkeit dringt die Ameise durch alle Fugen und Ritzen in die Wohnungen ein. Stellenweise ist das Auftreten der Pharao-Ameise zu einer wahren Landplage geworden. Trotz AufsiLllens von Siruptöpfen, in denen über Nacht Tausende von den Plagegeistern gefangen werden, ist kein Abnehmen der Plage festzustellen. Zwei Kletterer am Dachstein tödlich ab gestürzt. Bei der Dnrchklctterung der Scheiblingwand stürzten zwei junge österreichische Kletterer 100 Meter tief ab und blieben tot liegen. Ihre schrecklich verstümmelten Leichen wurden von einer Bergungskolonne des Deutschen und Öster reichischen Alpenvereins, die durch Gendarmerie verstärkt war, nach großen Mühen geborgen. Auto fährt in Spielmannszug. InRhehdt fuhr ein Lieferkrastwagen mit großer Geschwindigkeit in eine Gruppe von Mitglieder eines PO.-Spielmannzuges, dis gerade in einen offenen Kraftwagen einsteigen wollte. Der Spielmann Pesch wurde auf der Stelle getötet, der Spielman Rütten lebensgefährlich verletzt. Der Fahrer des Kraftwagens, der geflüchtet war, konnte später fest-, genommen werden. "Udei'.-vemm l-rksberrsobtLsbutr: küok Türme-Vorlsg, Halle (Lorcks). s6 Mit wankenden Knien stieg das Mädchen endlich die Treppe hinauf und klinkte scheu die Tür auf. „Na, wo bleibst du denn nur?" empfing sie die Stief mutter. „Ich bin Vater begegnet", war die leise Antwort. „So?" Frau Olly lachte höhnisch auf. „Na, hoffentlich hat er dir mal gründlich die Leviten gelesen." Ihr erging es nicht viel anders als Hannelis Vater. Der Anblick des bleichen, stillen Kindergesichts stachelte irgendwie alles Böse in ihr auf, so daß sie mit Hanneli zetern mußte, ob nun Grund dazu war oder nicht. ! Hanneli nahm schweigend die kärgliche Mahlzeit ein. Sie ahnte nicht, daß die Stiefmutter bereits eine Stunde früher mit dem Vater gutes, reichliches Essen genossen hatte, und schalt sich selber unmäßig, als sie sich eingestehen mutzte, daß sie fast ebenso hungrig von Tisch wieder auf stand, wie sie sich hingesetzt hatte. Als sie sich nach dem Essen an ihre Schulaufgaben machte, um recht bald damit fertig zu fein, weil sie am Nachmittag seit einiger Zeit Zeitschriften austragen mußte, klopfte es. Ein fremder Mann trat ein und fragte höflich, ob er hier recht sei; er habe Interesse für die Möbel, die zu ver kaufen seien. Hannelis Augen weiteten sich, und sie fand vor Staunen gar keine Antwort. Die Stiefmutter aber schob sie schnell beiseite und zischte ihr zn: „Was hältst du Maulaffen feil? Geh nebenan, ich habe hier zu verhandeln. Bleibe ja in der Schlafkammer, bis ich dich rufe." Dann aber wandte sie sich dem Fremden mit über großer Liebenswürdigkeit zu. „Oh, mein Herr, darf ich bitten, näherzutreten? Bitte, nehmen Sie nicht Anstoß daran, daß wir hier so beengt wohnen. Wir haben einst bessere Tage gesehen. Aber bitte, sehen Sie selbst — alles noch Möbel aus meinem Eltern haus." Hanneli, die durch einen kleinen Spalt in der Tür die Stiefmutter und den Fremden sehen konnte, war entsetzt. Was sagte die Stiefmutter da? Möbel aus dem Elternhaus? Ach, sie wußte doch ganz genau, daß die Möbel alle Hannelis Mutter gehörten und — ja, das stimmte — aus Mutters Elternhaus stammten. War es nur möglich, daß die Stiefmutter so lügen konnte? Von diesem Augenblick an wußte Hanneli, daß sie in Zukunft auch nicht mehr den Willen aufbringen würde, gegen diese Frau freundlich und liebevoll zu sein oder gar sie auch nur einmal mit dem Namen „Mutter" zu nennen. In der kleinen Stube aber gingen die merkwürdigen Verhandlungen weiter. Der Fremde begann schon, die Möbel genauestens mit einem Glas zu betrachten. Sein Gesicht wurde höflicher, und mit einem zuvorkommenden Lächeln titulierte er Frau Olly schon „Gnädige Fran", was diese sich nur zu gern gefallen ließ und wobei ihre Mienen sich geschmeichelt glätteten. Der Mann wurde immer gesprächiger, und auch Frau Olly, die den ernsthaften Käufer witterte, wurde auf geräumter. Keiner von beiden ahnte, daß hinter der Kammertür das blasse Kind stand und mit zuckendem Herzen schaute, wie man um die Dinge, die der toten Mutter gehört hatten und an denen so viele innige Er innerungen hingen, handelte und schacherte. „Ja — ja — alles echte Stücke. Biedermeier. Sehr gut..." Frau Olly verriet ihre Ueberraschung mit keinem Wort. Sie spitzte nur die Ohren, um in keiner Hinsicht ihre Un kenntnis zu verraten. .Ja — ich Weitz", sagte sie schließlich, als ob das für sie die gleichgültigste Sache der Welt sei. „Ich habe mich auch schwer trennen können von den Sachen, aber heute geht eben manches andere vor." „Nun ja — einschließlich des Klaviers würde ich oie runde Summe von dreitausend Mark für alles bieten." Der Antiquitätenhändler wußte, was er anlegen konnte. Er holte sein Geld schon wieder heraus. „Das Klavier ist dabei nur mit einhundertzwanzig Mark berechnet. Es hat an sich für mich keinen Wert. Ich würde es an einen Kollegen weitergeben. Für mich haben nur Sachen mit Altertumswert Interesse." Frau Olly hielt mit aller Kraft an sich, um nicht einen lauten Freudenschrei auszustoßen. Sie überrechnete blitz schnell, was sie heute für dreitausend Mark in bar alles würde kaufen können. Was kümmerten sie diese alten Sachen, die wer weiß wem einmal gehört hatten? Für sie hieß es, Barg in die Hände bekommen. Das war alles, Schon nickte sie, indem sie ihr Gesicht in Falten des Mißmuts zog, während sie in Wirklichkeit mit gierigen Blicken die Bewegungen des Händlers verfolgte, der nach der Brieftasche griff und ein starkes Bündel Banknoten zum Vorschein brachte. „Na, dann können wir ja den Kaufvertrag abschließen*, sagte er mit listigem Lächeln. „Hat die gnädige Frau viel leicht etwas Tinte und einen Federhalter?" In dem Augenblick geschah etwas Merkwürdiges. Hanneli, die mit unheimlich klopfendem Herzen die ganze Szene verfolgt hatte und die den Gedanken nicht ertragen konnte, die Sachen der Mutter aus dem Hause gehen zu sehen — vor allem aber ihr Klavier, das geliebte Klavier, das sie durch tausend Fäden mit der toten Mutter ver band —, riß plötzlich die kleine Kammertür auf und stürzte schluchzend heraus: „Ach, nicht das Klavier nehmen! Bitte, bitte, lieber Herr, nicht das Klavier! Ach, mein Mntterle hatte es ja so lieb — und Heinzelmännchen auch — und ich auch... Wenn der Bruder wiederkommt, muß doch wenigstens was noch da jein von unserem toten Mütterchen..." (Fortsetzung folgt.)