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„An Erwägung ziehend, daß bei einem noch längeren Streik wohl nicht viel mehr zu erzielen sei und die Wilsdruffer Holzindustrie gänzlich lahmgelegt werden könnte, was auch die Arbeiter nicht wünschen, gingen letztere nach 16- wöchentlichem ehrenvollen Kampfe den Vergleich ein", heißt es in der Säch sischen Arbeiterzeitung. Ferner: „Die hiesigen Unternehmer haben sich ehrenwörtlich verpflichtet, nach Bedarf sämtliche Streikende wieder einzustellen." Arbeitsbeginn Montag, 11. 7. Die Arbeitgeber veröffentlichen im Anschluß daran daß sie die letzte Ver pflichtung nicht übernommen hätten, zumal sie ja in der Zeit des Streikes einen Teil ihrer Kundschaft verloren hätten. Sie fordern jedoch, daß bis zum 22. 7. in der Sächsischen Arbeiterzeitung und in der Hamburger Holzarbeiterzeitung die Sperre aufgehoben werde, die augenblicklich noch bestehe, widrigenfalls von den noch nicht aufgenommenen Streikarbeitslosen überhaupt keiner mehr eingestellt werde. Das geschieht. Um dem Arbeiterkonsumverein entgegen zu wirken, behandelt der Gewerbe verein die Gründung eines Rabatt-Spar-Vereins. Man will die Kundschaft, die infolge größerer Verkehrsmöglichleit in die Großstadt ab wanderte, an den Ort fesseln. Man will das Borgwesen bekämpfen und die Niederlassung jüdischer Geschäfte und sozialdemokratischer Verteilungsstellrn unterbinden. Der Rabatt-Spar-Verband wird denn auch am 1. 7. 1904 ins Leben gerufen. Einem Bedürfnis zufolge eröffnet der Holzarbeiterverband am 1. 4. 1905 seinen Arbeitsnachweis. Und einem Sieg der Sozialdemokratie kommt es auch gleich, als im Oktober der Sächsische Saalinhaberverband beschließt, seine Säle allen Part-eien für ihre Versammlungen unter ge wissen BedingungenzurVerfügung zu stellen^. In Wilsdruff gibt es allerdings in dieser Beziehung noch ein Nachspiel: Für den 1. 4. 1906 hatte die Sozialdemokratie zu einer großen öffentlichen Versammlung eingeladen, in der Schriftsteller Stern-Berlin über die Frage spre chen sollte: Gibt es einen Gott? Der Saalinhaber verweigerte die Hergabe seines Saales mit Rücksicht auf das Thema, das ihm bei Mietung des Saales unbekannt gewesen sei. Darauf boykottieren die Sozialdemokraten zunächst sämtliche Saal inhaber Wilsdruffs. Es kommt jedoch durch Einreden von Parteimitgliedern und Entgegenkommen der Wirte von Schützenhaus und Lindenschlößchen zu einer Ver ständigung bis auf den Wirt zum Goldenen Löwen, der seinen Saal zu öffentlichen Gewerkschaftsversammlungen nicht hergibt. Darauf werden in der Nacht vom 3. zum 4. November Flugblätter angeklebt: An die Arbeiterschaft von Wilsdruff. Noch immer sind die hiesigen Wirte nicht zu bewegen, der Arbeiterschaft ihre Säle Mr Verfügung zu stellen. Besonders der Besitzer des Hotels zum Löwen hat erklärt, daßdie Arbeiter seinen Saalnicht er st a I te n w ü r d e n. Als Grund führte er an, daß die bei ihm verkehren den Vereine ihn zu seiner Weigerung veranlassen, da diese sein Lokal meiden würden, wenn auch die Arbeiter dort Versammlungen abhielten. —— (Fortsetzung folgt.) « WT 1SV4/8S. n WT 1204/129. Wochenbeilagc zum „Wilsdruffer Tageblatt". Nachdruck sämtlichcrArtikelauch unter Quellenangabe verboten Nummer rz Juni lyzs 24. Zsstrgsng Kein Volk hat Peffern Grund als wir, das Andenken seiner hart kämpfenden Väter in Ehren zu halten. Treitschke. IS7S—MS—W0. A. Kühne, Wilsdruff. (Fortsetzung.) Schließlich setzen sich Sonntag, LOi 4. 99, beide Parteien im „Adljer" an den Verhandlungstisch. Man kommt sich beiderseitig entgegen, und Diens» tag, den 2. M a i, w i rd d i e Arb e it a u fg e nomm e n. Den Welt feier tag am 1. 5. 1900 feierte die Sozialdemokratie durch Nachmittagsspaziergang nach Spechtshausen. Beteiligung 34 Personen. In der achten Abendstunde wurde die Polizei nach dem Lindenschlößchen gerufen, um tätliche Auseinandersetzungen zur Ruhe zu bringen. Den Holzarbeiterverband übernahm als Vertrauensmann Paul Richter, da Max Zschoke zum Lagerhalter der K o n s u m v e r t e-i l u n g sst e l l e Wils druff ernannt worden war, die man am 2. 5. 1 9 00 eröffnet hatte (Umsatz des ersten Tages 265 Mark.) 8n starken Verruf kam bald die hiesige Sozialdemokratie durch eine Sitzung des neugegründeten Spiritualistischen Vereins zu Wilsdruffs. Malermeister Wilh. Mütze hatte am 1'5. 3. 1900 den genannten Verein gegründet. Sein Zweck sollte bestehen in der Aufklärung des Publikums über das Wesen und die Ziele des Spiritualismus, insbesondere über die Lehre vom Geist und vom Jenseits, die den Kern des Spiritismus bilde. Da die Amtshauptmannschaft den Verein zu den öffentlichen Vereinen zählt und die polizeiliche Ueberwachung seiner Versammlungen anordnet, präzisiert Mütze die Satzungen, indem er ausführt, der Spiritismus wolle kraft seiner tatsächlichen Erscheinungen und Phänomene, welche « Ratsarchiv Wilsdruff Xlä VI Nr. 8.