Volltext Seite (XML)
Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meisten, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und »Wilsbruffer Tageblatt» erscheint an allen Werkiagen nachmittags 4 Uhr. Deragspreis monatlich r,— SiM. Per Haus, bei Postdcstellung 1.80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern Ii> Rpig. Alle Poftanstatten und Post- ^der,eil Bestellungen enl- Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend .^od. sonstiger ' " ' — Betriebsstörungen besteht Pein.Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung -ingesandter Schriftstücke erfolgt nur. wenn Rückporto beiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreise laut aufliegendcm Tarif Nr. 4. — Na chwersung s-Geb ü hr 20 Rpfg. — Vorgeschriebene Erschcinungstage und Platzvorschriftcn werden nach Möglichkeit berücksichtigt. — Anzeigen -Annahme bis vormittags 10 Uhr. _ . Für die Richtigkeit der durch Fernruf ^bcrmü. k r N s p k 0 Ü) k v I Amt WllsdrUff Nl7.2O6"lt^n Anzeigen übeeneh^ Nr. 103 — 94. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Tageblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 4. Mai 1935 Wirtschaftliche Wochenschau. Die Neubewertung des Dayziger Gulden. — Die Gold- Verteilung vor und nach dem Kriege — BanmwoSsorgen in den Erzeuger- und Verarbeiterstaaten. Schweren Herzens hat sich die Danziger Regierung entschlossen, den DanzigerGulden abzuwerten, und sich damit dem Beispiel der großen Abwertungsländer England, Vereinigte Staaten, Skandinavien, Polen und Belgien anzuschließen. Sie mußte zu dieser Maßnahme greifen, nachdem Wochen hindurch von gewissenlosen Elementen versucht worden war, durch allerlei Speku lationsmanöver Schwierigkeiten in die Währungslage hineinzutragen. Um diesem landesverräterischen Treiben Einhalt zu gebieten, zumal ein Schutz durch die Ein führung einer staatlichen Devisenzwangswirtschaft nicht möglich war, erfolgte nach reiflicher Überlegung dis Neu bewertung des Danziger Gulden mit der Wirkung vom 2. Mai ab. Der Gulden wurde um etwas über 42 v. H. herabgesetzt. Demnach sind jetzt 100 Gulden der bis herigen Währung gleich 170 des neuen Danziger Gulden. Der Danziger Gulden besteht sei Januar 1924 und war in der Art an das Pfund angehängt, daß 25 Gulden gleich ein Pfund Sterling waren. Gedeckt waren die Noten zu einem Drittel in Goldmünzen, in Noten der Bank von England, oder in täglich fälligen Forderungen gegen die Bank von England. Diese Sicherung und diese Beziehung zueinander war so lange in Ordnung, bis das englische Pfund sich 1931 selbst vom Goldstandard löste und damit den großen Reigen der Abwertnngsländer er öffnete. Damals, es war im September 1931, löste sich der Danziger Gulden vom Pfund und bestand feitdem als selbständige Goldwährung mit einem Wert von 0,81 Mark; war also praktisch ungefähr dem Schweizer Franken im Werte gleich. Mit aller Energie hat der Staat Danzig in den folgenden Jahren versucht, trotz all der Schwierigkeiten, die sich für ihn seit der Loslösung Danzigs vom Mutterland ergaben, der wirtschaftlichen Schwierigkeiten Herr zu werden. Eine der wichtigsten Maßnahmen aus diesem Gebiet war die wirtschaftliche Verständigung mit Polen. Durch großzügige Arbeits- bcschaffuugsmaßnahmen war es möglich, Drciviertel der Arbeitslosen wieder in Arbeit und Brot zu bringen. Selbstverständlich werde gerade durch diesen Kamps dis Finanz- und Währungslage stark angespannt. Die ent scheidende Wendung in den valutarischen Fragen wurde aber hervorgerufen durch die Zwischenfinanzierung von Außenhandelstransaktionen als Folge des internatio nalen Währungsverfalls und der Devisenzwangswirtschaft in zahlreichen Ländern im letzten Jahre. Außerdem führte in der Mitte vergangenen Jahres das ununter brochene internationale Gerede über die Währnngs- abwertungen vorübergehend zu Angstkäufen des Dan ziger Publikums, wodurch eine weitere Schwächung der Notendeckung entstand. Der neue Danziger Gulden soll wieder als neue stabile Goldwährung bestehen. Für Danzig hängt der Erfolg seines Umwertungsentschlusses, Wie in allen solchen Abwertungsfällcn, davon ab, ob es gelingt, eine Steigerung der Inlandspreise zu verhin dern, oder wenigstens in bescheidenen Grenzen zu halten. Zur Förderung der Wirtschaftslage Danzigs kann gerade in diesen Wochen und Monaten des Reiseverkehrs da durch beigetragen werden, daß zahlreiche Deutsche in diesem Jahr ihre Sommerreise in das Danziger Gebiet unternehmen. In allen Staaten wird davon geredet, daß der Außen handel wieder ausgeweitet werden mutz, aber jeder über- lätzt mit einer Höflichkeitsgcstc den Anfang dem anderen Staat. Auch der 8. Kongretz der Internatio nalen Handelskammer, der in den Tagen vom 24. bis 29. Juni in Paris stattfinden wird, hat die Frage der Wiederbelebung des Welthandels als Hauptpunkt auf fein umfangreiches Programm gesetzt. Bevor aber diese Frage erfolgreich gelöst werden kann, ist eine Reihe anderer Fragen zu regeln, ohne deren Be reinigung der Außenhandel aus seiner schwierigen Lage nicht befreit werden kann. Zu diesen in erster Linie zu lösenden Fragen gehört vor allem die Regelung der inter nationalen Schuldensragc und die Stabili sierung der Währungen. „Der Wettlauf um die fchlechteste Währung mutz aufhören". Das ist die Forde rung, dis vorerst zu stellen ist. Gewiß ist der Gang einer Volkswirtschaft nicht unbedingt abhängig von den Be ständen ihrer Staatsbank an Gold. Das hat das deutsche Beispiel in den letzten Jahren zur Genüge bewiesen. So lange aber die goldreichcn Länder der Erde ihre goldenen Schätze zu politischen Machtzwccken mißbrauchen, kann eine internationale Verständigung weder auf währungspoli tischem noch auf handelspolitischem Gebiet erreicht werden. Die goldstarkcnLändcr haben vielmehr die Pflicht, mittels ihres Goldvorrats den internationalen Waren strom wieder in Gang zu bringen und die einseitige Kapitalverschiebuug der Kriegs- und Nachkriegszeit wiedcrgutzumachen. Wie in den letzten Jahren die Gold- Vorräte der Welt gewandert sind, zeigen die folgenden Irr smzW-ksWe WMWt Der Text des französisch-sowjetrussi sche u Beistandspaktes, der am Freitagabend ver öffentlicht worden ist, enthält folgende Einleitung: „Der zentrale Vollzugsausschuß der Sowjetunion und der Präsident der französischen Republik, beseelt von dem Wunsch, den Frieden in Europa zu festigen und seine Wohltaten ihren Ländern zu garantieren durch voll ständigere Gewährleistung der genauen Anwen dung der Bestimmungen der Völker bund s s a tz u n g e n über die Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit, der gebietsmäßigen Un antastbarkeit und der politischen Unab hängigkeit der Staaten, entschlossen, ihre An strengungen der Vorbereitung und dem Abschluß eines europäischen Abkommens mit diesem Ziele zu widmen, und inzwisch n, soweit es von ihnen abhängt, zu der wirksamen Anwendung der Bestimmungen der Völkerbundssatzung beizutragen, haben beschlossen, zu diesem Zweck ein Abkommen abzuschließen." Es folgt dann der Bertragstsxt, dessen wichtigste Punkte lauten: Für den Fall, daß Frankreich oder die Sowjetunion Gegenstand einerDrohung oder einer Ängriffs- gefahr von feiten eines europäischen Staates sein soll, verpflichten sich die Sowjetunion bzw. Frankreich gegen seitig, eine sofortige Konsultierung vorz: - O- men über die zur Einhaltung der Bestimmungen des Artikels 10 der Völkerbuudsfatzungen zu ergreifenden Maßnahmen. Unter Berücksichtigung, daß laut Völker bundssatzungen jedes Mitglied des Völkerbundes, das im Gegensatz zu den laut VölkerbundssaHungcn übermomme- nen Verpflichtungen zum Kriege schreitet, ipso kaoto als eine Macht gilt, die eine Kriegshandlung gegen alle ande ren Völkerbnndsmitglieder vorgenommen hat, verpflichten sich Frankreich bzw. die Sowjetunion, für den Fall, daß eines von ihnen unter diesen Be dingungen und „trotz der aufrichtig friedfertigen Ab sichten beider Länder" Gegenstand eines nicht heraus geforderten Angriffs von feiten eines europäischen Staates wäre, sich sofort Hilfe und Beistand zu ge ¬ währen. Da die oben festgesetzten Verpflichtungen mit den Pflichten der hohen vertragschließenden Parteien als Mit glieder des Völkerbundes übereinstimmen, wird nichts in dem vorliegenden Vertrag als Ein schränkung der Mission des Völkerbundes zur Ergreifung geeigneter Maßnahmen zwecks wirksamer Sicherung des Weltfriedens oder als Beeinträchtigung der aus den Völkerbundsiatzunaen für die hohen ver- tragscytiebenoen Parteien sich ergebenden Verpflichtungen ausgelegt werde- Der vorliegende Vertrag wird in Kraft treten, so bald die Ratifizierungsurkunden ausgetauscht sind und fünf Jahre in Kraft bleiben. Wenn er nicht von einer der hohen vertrag schließenden Parteien mit einer Vorankündigung von mindestens einem Jahr vor Ablauf dieses Abschnittes ge kündigt ist, wird er ohne zeitliche Beschrän kung in Kraft bleiben, wobei jede der hohen vertrag schließenden Parteien ihn dann durch eine entsprechende Erklärung mit einjähriger Frist aufkündigen kann. . Protokoll zu dem Vertrag. Gleichzeitig mit der Unterzeichnung des Beistands paktes haben die Bevollmächtigten folgendes Proto koll unterzeichnet, das in den Austausch der Ratifizie rungsurkunden des Vertrages mit einbegriffen wird: 1. Es gilt als verabredet, daß Artikel 3 jede der ver tragschließenden Parteien verpflichtet, der anderen sofort Beistand zu gewähren, indem sie sich sofort nach den Empfehlungen des Völkerbundsrates richtet, sobald diese auf Grund Artikel 16 der Völkerbundssatzungen erlassen worden sind. Es gilt gleichfalls als verabredet, daß die beiden vertragschließenden Parteien gemeinsam handeln werden, um zu erreichen, daß der Völlcrbundsrat seine Empfehlungen mit der ganzen Schnelligkeit er läßt, die dis Umstände erfordern werden, »nd daß, wenn der Völkerbundsrat nichtsdestoweniger ans irgendeinem Grunde keinerlei Empfehlungen erläßt oder kein einstimmiger Beschluß zustande kommt, die Beistandspflicht deshalb nicht weniger zur Anwen- wcndung kommt. 2. Da beide Regierungen die Absicht haben, durch den vorliegenden Vertrag den früher dritten Staaten gegen über übernommenen Verpflichtungen in keiner Weise zu widersprechen, so gilt als verabredet, daß die Bestimmun gen des vorliegenden Vertrages keine Anwendung er fahren können, die unvereinbar wäre mit den von einer der vertragschließenden Parteien übernommenen Ver pflichtungen und die Vertragschließenden Sanktionen internationalen Charakters aussetzen würde. 3. Da die beiden Regierungen den Abschluß eines regionalen Abkommens für wünschens wert erachten, das auf die Organisierung der Sicherheit zwischen den vertragschließenden Staaten abzielt, und das von anderer Seite Verpflichtungen des gegenseitigen Bei standes zur Folge haben könnte, so räumen sich beide Re gierungen die Befugnis ein, mit ihrer gegenseitigen Zu stimmung gegebenenfalls an solchen Abkommen in eine» unmittelbaren oder mittelbaren Form, je nachdem, wir sie geeignet erscheint, teilzunchmen, wobei die Verpflich- Zahlen: Die Goldreserven in Frankreich sind von 1913 bis 1934 von 679 Millionen Golddollar auf 3221 Millionen Golddollar, also um 475 v. H. gestiegen, in Großbritannien von 170 auf 938 Millionen Golddollar, also um 550 v. H., und in den Ver einigten Staaten von 1290 auf 4866 Millionen Golddollar oder um 375 v. H. Dagegen machen die Gold bestände der deutschen Reichsbank mit 19 Millionen Gold dollar im Jahre 1934 nur noch 6,8 v. H. der Goldbestände von 1913 aus. Mit anderen Worten, die Goldbestände der Reichsbank waren 1913 fast 15mal größer, als 1934. Die entscheidende Maßnahme zum Ausgleich dieser ungleichen Verteilung wird und muß die vergrößerte Warenab nahme aus goldarmenLänderndurchgold- starke Länder sein. Dann ist die Wiederbelebung des Welthandels von selbst gegeben. In den Tagen vom 2. bis 4. Mai trat in Rom der Internationale Baumw ollköngreß zu sammen, an dem über 500 Vertreter der einschlägigen Industrie und Baumwollerzeugung teilnahmen. Sowohl die sogenannten alten Baumwolländer, nämlich die Ver einigten Staaten, Ägypten und Britisch-Jndien, wie die neueren Baumwolländer, Brasilien und die Türkei, nahmen an diesem Kongreß teil. Wenn wir Deutschen die dortigen Besprechungen mit besonderem Interesse ver folgten, so deshalb, weil wir unseren Bedarf an Baum wolle trotz der Umstellung auf heimische Spinnfasern zum allergrößten Teil durch Auslandsbezüge decken müssen. Auch in Zukunft werden wir noch auf lange Zeit auf Baumwolleinfuhren angewiesen sein. Deutschland gehört zu den besten Kunden der internationalen Baumwoll märkte. Als Hauptlieferlä'nder kamen für uns die Ver einigten Staaten und Ägypten in Betracht. Neuerdings freilich haben wir uns in weit stärkerem Maße als bisher auf die Türkei und Brasilien umgestellt, und zwar des halb, weil diese beiden Länder im Gegensatz, zu den Vereinigten Staaten von Noroamertka bereit waren, Baumwolle gegen entsprechende deutsche Warenliefe rungen einzutauschen. Die Vereinigten Staaten dagegen haben das Tauschverfahren bisher abgelehnt. Die Folge davon war, daß unsere Baumwollbezüge aus den USA. infolge unserer Devisenknappheit im Monatsdurchschnitt 1934 auf 183 000 Doppelzentner gegenüber 284 000 Doppelzentner in der gleichen Zeit des Vorjahres zurück gingen. Dabei haben die amerikanischen Baumwollkreise gegenwärtig keineswegs rosige Tage, so daß sie auf die deutschen Bestellungen leichten Herzens verzichten könnten. Im Gegenteil. Im letzten Jahre ist die amerikanische Baumwollausfuhr allein um 40 v. H. hinter dem Vorjahresabsatz zurückblieben. Dazu kommt, daß auch der amerikanische Inlands- Verbrauch an Baumwolle stark rückläufig war, während gleichzeitig die amerikanischen Bezüge an Baumwoll stoffen aus Japan stark in der Zunahme begriffen sind. Da die Regierung der Vereinigten Staaten die Baumwoll wirtschaft durch entsprechende Zuwendungen stützte, ließen sich die dortigen Erzeugerkreise zunächst über die Schwierigkeiten der Lage hinwegtäuschen. Jetzt freilich sind sie mit weitgehenden Forderungen an die Regierung Roosevelt herangetreten. Ob ihnen von dieser Seite Gehör geschenkt werden wird, steht dahin. Die Schwierig keiten an den internationalen Baumwollmärkten liegen tiefer. Sie beruhen einmal darauf, daß die Kaufkraft der besten Abnehmerländer in den letzten Jahren stündig gesunken ist, und zum anderen darauf, daß in der Nachkriegszeit eine ganze Reihe Länder begonnen hat, eigene Baumwollindustrien aufzuziehen, um sich von den alten Baumwolländern unabhängig zu machen. Wir Deutschen aber werden auch in der nächsten Zeit unsere Vaumwollbezüge davon abhängig machen müssen, daß die Lieserstaaten unsere Waren dagegen nehmen.