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MMufferTaßMit Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks erfolgt nur. wenn Rückporto beiliegl. Nr. 90 — 94. Jahrgang Dienstag, den 16. April 1935 Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Telegr.-Adr.: „Tageblatt* Im Schatten der Stresa-Konferevz. Nur kurze Beratungen in Genf erlischt, wenn der Betrag durch Klage cingezogcn werden gerät. - — Jeder Radattanspruch mutz oder der Auttroggkder in Konkur, Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Frankreich hat ein vertrauliches Dokument überreicht — Man rechnet nicht mit einem besonderen Ergebnis der Tagung des Völkerbuudsrats. Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Kein , Betriebsstörungen besteht Anspruch auf Lieferung der .lertung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung -ingesandtcr Schriftstücke Anzeigenpreise laut aufliegendcm Tarif Nr. 4. — Nachweisungs-Gebühr: 20 Rpfg. — Dorgeschriebene Erscheinungstage und Platzvorschriftcn werden nach Möglichkeit berücksichtigt. — Anzeigen - Annahme- Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr.L06^,»^n^n°°d^?h^ mcn wir keine Wcwahr. —— — _ Siobattonloiuiv Französisch-russische Freundschaft. Die Verhandlungen in Str esa wurden ebenso wie seht die Völkcrbundsratssitzungcn in Gens von der französisch-russischen Freundschaft überschattet. Frankreichs ganze Europapolitik ist unter diesem Gesichtspunkt zu beurteilen. Zwei unnatürliche Bundesgenossen, die Europa beunruhigen. — Der folgende Beitrag läßt das Europaproblem in be sonderem Lichte erscheinen. Rußland, eingelagert in die unermeßliche Weite des asiatisch-europäischen Raumes, hat es im Wandel seiner Geschichte wesentlich leichter als irgendein anderer Staat gehabt, politische und militärische Niederlagen schon nach verhältnismäßig kurzer Zeit zu überwinden, um danach auf den Bahnen der alten geopolitischen Zielsetzung des Russentums erneut vorwärtszuschreiten. Diejenigen irren, die glauben, daß sich in dieser Zielsetzung das Zarentum vom Bolschewismus auch nur um ein Iota unterscheidet. Das Gegenteil ist richtig, nur mit dem Unterschied, daß der Bolschewismus das panrussische Ideal mit dem revo lutionären Weltziel zu vereinigen sucht. Die Sowjets handeln nach dem Weltkriege ebenso, wie das zaristische Rußland nach dem Krimkriege und nach dem Berliner Kongreß gehandelt hat. Sie trachten da nach, ihre europäische Westflanke als Anssallsstellnng aus zubauen, die sich Wohl, strategisch betrachtet, als Verteidi gungsstellung gestaltet, nichtsdestoweniger aber, politisch gesehen, offensiv wirkt. Politisch offensiv dieserhalb, weil der Russe nicht müde wird, die Klage um verlorenes Land in die Waagschale zn werfen, um gleichzeitig damit seiner kommunistischen Welisendung den Weg zu bereiten. Auf diese Weise halten die Sowjets Europa in Atem, ohne einen Schuß zu lösen. Das russische Kräftospiel hat seit 7933 einen unerhörten Auftrieb erhalten — einmal durch den steten Vormarsch Japans und zweitens durch den Aufstieg des Dritten Reiches. Von da ab schonte Rußland seine Trümpfe nicht mehr; sie wurden überall: in Genf, in Rom, in den Hauptstädten der Kleinen Entente, ins Spiel gemischt. Rußland tauchte wieocr als europäische Großmacht auf mit dem Zweck, seine Stellung als asiatisch europäische Macht gegen Westen zu sichern. Rußland erschien wieder auf dem politischen Parkett Europas. Es war ebenso auf der Abrüstungskonferenz vertreten, wie es an der Weltwirtschaftskonferenz eifrig sten Anteil nahm, bis es sogar im Völkerbund landen konnte. Hier aber beginnt die Groteske — nicht für die Sowjets, sondern für Frankreich, denn keine Macht kam den kommunistischen Weltverbesserern freundwilliger ent gegen als der ehemalige zaristische Bundesgenosse! Der Aufstieg des nationalsozialistischen Deutschland trieb die kleinbürgerliche französische Republik in dieArme der k o m m n n i st i s ch e n S P h i n x! Stalin aber handelte bis jetzt klüger als der Zar, denn während dieser nach dem verunglückten Krieg mit Japan seine Front nicht nur nach dem Westen richtete, um sich Rückendeckung zu schaffen, sondern sich in ein Abenteuer hineinlocken ließ, das ihm Thron und Leben kostete, dienen alle bis jetzt mit europäischen Staaten getätigten Ver träge Rußlands dem Zweck, den Rücken für den Entscheidungsgang im Osten frei zu haben. Das aber ist Frankreich zuwenig; es läßt kein Mittel unversucht, um auch Rußland in „freundschaftlicher Weise" auf die Erklärung der deutschen Wehrhoheit hin zuweisen, als einen Umstand, der „in der Folge den Frieden bedrohen kann". Daß Rußland auf die Er klärung der deutschen Wehrhoheit mit noch größerem Wutausbruch als Frankreich und Italien ant wortete, ist nur zu verständlich; daß aber Frankreich sich nicht scheut, den geschworenen Gegner der abendländischen Kulturen und Staaten gegen Deutschland in Harnisch zu bringen, lediglich aus dem Grunde, weil es nicht gewillt ist, die deutsche Gleichberechtigung anzuerkennen, das kann schon als ein Spiel mit dem Feuer bezeichnet werden. Wie Marianne den russischen Bären umschmeichelt, davon gab der frühere französische Luftfahrtminister Pierre Cot im „Oeuvre" ein treffendes Beispiel. In einem Artikel, der das Verhältnis des französischen Heeres zur Roten Armee beleuchtet, sagt Cot u. a.: „Seit zwei Jahren ist die französisch-russische Annäherung kin Hauptbestandteil unserer Außen politik. Paris und Moskau haben das gleiche Inter esse an der Verteidigung des bedrohten Friedens im Osten wie im Westen. Wenn morgen ein Krieg ausbräche, würde unsere Armee wahrscheinlich im gleichen Lager stehen wie die Rote Armee." Uns will jedoch scheinen, daß die französisch-russische Freundschaft trotzdem von ganz entgegengesetzten Motiven genährt wird, denn Rußlands Sorgen gelten vor allen Dingen dem Fernen Osten, während Frankreich am chronischen Hirngespinst des bedrohten europäischen Friedens leidet. DasSachsentreffenimMai, rin Beweis unserer Kraft! Die Völkerbundsratssitzung in Gens, die sich mit der französischen Denkschrift über die deutsche Rüstungscrklärung beschäftigen soll, hatte einen ver zögerten Start. Die für Montag vormittag angesetzte Sitzung des Völkerbundsrats wurde auf Montag nach mittag vertagt, da die Vertreter einiger Mächte noch nicht anwesend waren. An den Beratungen des Völkerbunds- rats nehmen für England Außenminister Simon, für Frankreich Außenminister Laval, für Italien Baron Aloisi, für Sowjetrußland Außenkommissar Litwi now, für Polen Außenminister Beck und für die Tschechci Außenminister Benesch teil. Spanien, Mexiko, Chile, Argentinien, die Türkei, Dänemark und Australien sind im wesentlichen durch ihre Pariser Botschafter ver treten. Man rechnet in Völkerbundskreisen mit einem raschen Verlauf der Völkerbundsrats lag u n g , die höchstens drei Tage in Anspruch nehmen soll. Der französische Außenminister Laval will noch diesen Sonnabend übrigens nach Moskau fahren. Der Montagvormiltag war mit diplomatischen Be sprechungen der Mitglieder des Rats ausgefüllt. Frankreichs Außenminister Laval, der schon seit Sonntag in Genf weilt, hatte Besprechungen mit den Mit gliedern der Kleinen Entente, mit dem rumänischen Außen minister Titulescu und Litwinow. Seit dem Zu sammentritt des Nates sind die Meinungsverschiedenheiten zwischen den einzelnen Mächten über das Ausmaß einer Entschließung des Völkerbundsrates offensichtlich. Diese Meinungsverschiedenheiten datieren noch von Stresa, wo man sie durch die allgemein ab gefaßten Schlußerklärungen der Konferenz notdürftig übertüncht hat. Natürlich beschäftigt man sich in Genf mit der französischen Denkschrift an den Völkerbundsrat. Frankreich wünscht sich am liebsten vom Völkerbundsrat eine allgemeine Genehmigung für Sanktionen wirtschaftlicher, finanzieller und vielleicht so gar militärischer Art. Die Mächte des Völkerbundsrates werden selbstverständlich auf derartige Wünsche Frank reichs nicht eingehen. In Genf ist man im allgemeinen der Ansicht, daß die Konferenz von Stresa für einen wirklichen Frieden wenig geleistet hat, und daß auch am Ende der Genfer Beratungen e i n Kompromiß stehen wird, das wenig besagt. In Genf wird man auch die F r a g e e i n e s O st p a k t e s erörtern, die auf der Konferenz in Stresa nicht entschieden worden ist. Man wird Deutschland die Zumutung, einseitige Bei standspakte abzuschließen, nicht mehr stellen, aber Frank reich wird sicher in den diplomatischen Verhandlungen, die für Laval mit der Reise nach Moskau und Warschau beginnen, den Versuch machen, vor einer all gemeinen Sicherheitskonferenz möglichst viele Beistands pakte abzuschließen. Eine gewisse Sensation für Genf bedeutete ein Bericht des „Journal des Nations", nach dem Frankreich ein vertrauliches Dokument in Genf überreicht habe. Nach diesem Dokument soll erstens der Völkerbundsrat die Unmöglichkeit bekräfti gen, rechtlich und tatsächlich den Vertragsbruch in der internationalen Politik anzuerkennen. Zweitens soll der Rat sein Bedauern über den Entschluß der deutschen Regierung vom 16. März aussprechen. Drittens soll der Rat Vorschläge über die Maßnahmen machen, die in Zukunft auf Vertragsbrüche folgen müßten, und vier te n s soll der Rat die Entwicklung der Organisatton und der Sicherheit durch regionale Pakte auf der Grundlage der gegenseitigen Hilfeleistung Vorschlägen. Uber drese vier Punkte soll zwischen den Mächten von Stresa Einig keit bestehen. Wenig zufriedene Weltpresse. Die Presse der Welt versucht selbstverständlich d-as Ergebnis von Stresa zu werten. Es nimmt nicht Wunder, daß die f r a n z ö s i s ch e n Z e i t u n gen fast all gemein von einem „moralischen" Sieg Frankreichs sprechen. Dagegen ist die e n g l i s ch e P r e s s e der Ansicht, daß es der englischen Abordnung zu danken sei, wenn in Stresa überhaupt n o ch ein Ergebnis zustande ge kommen wäre. Der englische Politiker LloydGeorge geißelt in diesem Zusammenhänge die französische Politik, weil diese Politik ein Musterbeispiel pharisäischer Selbst überhebung sei. Der gegenwärtige französische Unwille über Deutsch* land, weil cs sich weigere, die Vertragsklauseln, die von ihren Urhebern gebrochen worden seien, länger als bindend anzusehen, sei eine scheinheilige Sach«. Die italienische Öffentlichkeit ist über die Konferenz in Stresa, die unter dem Vorsitz von Muflolini stattfand, begreiflicherweise sehr befriedigt. Im Gegensatz hierzu ist man in Polen sehr p e s s im ist is ch. Dis halbamtliche Warschauer Zeitung „Gazeta Polska" schreibt zum Beispiel, die Nuß, die die Teilnehmer von Stresa nach Genf bringen, um sie auf den Tisch des Rates zu legen, sei hart und schwer zu beißen. Wieder einmal habe die Methode Erfolg gehabt, die zur Ohnmacht der Abrüstungskonferenz geführt habe. Wider Erwarten beschäftigte sich der Völker* bundsrat am Montagnachmittag entgegen allen An kündigungen weder in einer vertraulichen noch in einer öffentlichen Sitzung mit dem Antrag Frankreichs gegen Deutschland. Der Nat trat nachmittags zu einer andert- halbstündigen Sitzung zusammen. Man hat sich nur über den abessinisch-italienischen K onflikt unterhalten und dabei beschlossen, diese Frage erst auf der Ratstagung im Mai zu behandeln. Die Gründe für die Vertagung der Verhandlungen über den Antrag Frankreichs gegen Deutschland sind darin zu suchen, daß die Beratungen zwischen den einzelnen Außenministern größere Schwierigkeiten für die Formulierung des Antrags, für die Formulierung einer Entschließung und sogar für die Debatte ergeben haben, als man erwartete. Die außerordentlich hohen Forderungen, die Frankreich für sogenannte Sanktions maßnahmen gegen einen Staat, der einseitig Verträge verletzt, erhoben hat, haben in Genf bei verschiedenen Staaten sofort das natürliche Bedenken hervorgerufen, daß dadurch der Friede gefährdet werden kann. Der österreichische Außenminister Berge r- Waldencgg ist ebenfalls in Genf eingetroffen. Er hatte im Zuge der von ihm in Aussicht genommenen Ge- fpräche am Montag auch eine Unterredung mit Baron Aloisi in der Frage der Donaukonferenz und der Frage der österreichischen Aufrüstung. Außenminister Laval hat, wie man hört, in seiner Unterredung mit Titulescu auch die Frage der Aufrüstung Bulgariens und Ungarns sowie Österreichs besprochen. Titulescu soll dabei namens der Kleinen Entente nnd der Balkancntcnte den Eintritt Bul gariens in den Balkanpakt als eine der vorher zu schaffen den Sicherheitsgarantien bezeichnet haben. Er soll weiter von ungarischer Seite den vorherigen Abschluß von Nicht angriffspakten als Vorbedingung gefordert haben. Falligkeii -er Oawes-Kupons am 15. April 1935. Die am 15. Oktober 1934 fällig gewesenen Zinsschsine der Dawes-Anleihe wurden in Höhe von 50 Prozent aus Devisenbeträgen eingelöst, die in den Monaten April bis Juni 1934 von der deutschen Regierung den Treuhändern der Dawes-Anleihe für diesen Zweck noch zur Verfügung gestellt worden waren. Die Bezahlung der restlichen 50 Prozent der Zinsschcine mußte im Hinblick auf die un- günstige deutsche Devisenlagc in Reichsmark erfolgen, so weit die Inhaber von Zinssch-inen aller Tranchen nicht etwa die in besonderen Abkommen mit einzelnen Ländern festgelegten Bedingungen erfüllten. Da die deutsche Deviscnlage sich seither nicht gebes sert hat, werden die Inhaber von Stücken, deren am 15. Ok tober 1934 fällige Kupons zur Hälfte in Reichsmark be zahlt wurden, gegen Aushändigung der am 15. April 1935 fälligen Zinsschcine der Dawcs Anleihe Reichsmarkzahlung in voller Höhe erhalten. Im einzelnen gelten für die Einlösung folgende Vor schriften: Beim Kontor der Reichshauptbank für Wert papiere in Berlin SW 11 sind direkt oder durch Vermitt lung einer Bank die in Frage kommenden Ziysscheine zur Vergütung des Gegenwertes in Reichsmark einzureichen. Die vergüteten Reichsmarkbeträge werden auf einem bei der Treuhandgesellschaft von 1933 m. b. H. in Berlin zu führenden Reichsmarkkonto gntgebracht, über das die Be rechtigten mit Genehmigung der Reichsbank verfügen können. Die Verfügung kann für nachstehende Zwecke erfolgen: a) zum Ankauf von deutschen Schuldverschreibungen und Aktien, soweit sie an deutschen Börsen notiert sind und