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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Das ^Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werklagen nachmittags 4 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. frei Haus, bei Postbestellung 1.80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern lO Rpfg. Alle Postanstatten und Post boten, unsere Austräger u. e. Geschäftsstelle, nehmen zu »ederzeit Bestellungen ent- Wochenblatt fUt WllsVrUss U. UmaeaeNd gegen. Im Falle höherer Gewalt- od. sonstiger —" - ' Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. 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Die Überreichung der deutschen Protest note in den Hauptstädten aller Staaten, die im Völker bundsrat vertreten sind, ist die Antwort auf die Ent schließung von Genf, die von diesen vierzehn Staaten mit Ausnahme von Dänemark unterzeichnet worden ist. Wir machen keinem einzelnen Staat einen Vorwurf in unserem Protest, aber wir nehmen auch keinen von den Staaten aus, die die Genfer Entschließung unterzeichnet haben. Sie alle insgesamt müssen die Verantwortung tragen für die ewige Diskriminierung eines Volkes von 66 Millionen Menschen, die alle von dem einen Willen beseelt sind, frei zu sein, und die arbeiten wollen für ein großes Ziel. Dieser Wille wird auch nicht gebrochen werden durch noch so nichtswürdige Beschlüsse; die Einmütigkeit wird nur gestärkt werden können, und das deutsche „N u n gerade!" wird immer noch lauter ertönen, je mehr man Deutschland zu einem minderwertigen Volk zu stempeln gedenkt. Die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht hat der Völkerbundsrat als einseitige ushcbung internationaler Verpflichtungen bezeichnet. Genf hat es so darzustellen versucht, als ob Deutschland wiederum wie immer der Störenfried sei, vor dem man sich in acht nehmen, den man überwachen und dem man drohen müsse. Und das ist das Heuchlerische an der Genfer Entschließung, daß sie hinter der Anklage die eigene Schuld versteckt. Herr Laval, Frankreichs Außenminister, hat im Völkerbundsrat sich als Ankläger und Richter zugleich gefühlt, und er hat seine Rolle so zu Ende zu spielen verstanden, daß bis auf Dänemark kein anderer der Völkerbundsratsstaaten sich seiner „Logik" dcrschlicßen zu köunen glaubte. Es war eine billige Än- klagcrcdc Lavals, wenn der sogenannte Angeklagte wegen Abwesenheit nicht widersprechen kann. Aber glaubt Frank reich, glauben all die anderen Staaten, die sich den fran zösischen Standpunkt zu eigen gemacht haben, wirklich im Ernst daß wir die Taktik von Gens nicht durchschauen? Hat mau wirklich erwartet, daß wir stumm und ergeben die Entschließung von Genf hinnehmen würden, ohne unsere Meinung dazu zu sagen? Unsere Meinung steht auch schon ,n jener Proklamation vom 16. März, denn sie fußt heute wie für alle Zeiten auf der Feststellung, daß, wie es in der Proklamation wörtlich heißt, „die hohen Vertragschließenden der ehemaligen Siegcrstaaten sich ein seitig von den Verpflichtungen des Versailler Vertrages gelöst haben". Alle Beschlüsse in Genf werden nicht im stande sein, die Wirklichkeit umzufälschen, sic werden es nicht vermögen, die anderen Staaten von der Schuld frei zusprechen, die man uns in die Schuhe schiebt. Wir haben ein reines Gewissen. Wir haben, ver trauend auf die Buchstaben der Verträge, abgerüstet bis zu einem Grade, der eines Großstaates schon nicht mehr würdig war. Unsere früheren Regierungen, die in ihrer Gesinnung Heu pazifistisch-demokratischen Idealen des Völkerbundes und seiner Gründer restlos entsprachen, haben gehofft, daß Deutschland durch seine Selbstentäuße rung für den Frieden den besten Dienst leisten würde. Kommissionen haben dafür gesorgt, daß di^ deutsche Ab rüstung auch restlos durchgeführt wurde. Deutschland wurde zur Arena von Schnüffelkommissionen, denen alle Türen und Tore offen standen, und die sich in deutschen Gauen bewegten wie der Sklavenhalter im Negerstaat. Und während man die deutsche Abrüstung überwachte, betrieb man bei den Staaten, die die Überwachung durch- führtcn, die Aufrüstung. Milliarden erschienen in den Hccresetats der sogenannten Siegerstaaten. Landheer, Flotten- und Luftmacht wurden vergrößert, die Kriegs- tcchnik setzte ihre letzten Neuerungen ein, Europa war er füllt von Kricgsgeschrei. Und das alles sah ein ehr- und wehrloses Deutschland fünfzehn Jahre lang mit an. Dann kam der 3 0. Januar 19 3 3. Es wehte ein frischer Wind durch Deutschland, die Menschen erwachten, der Nationalsozialismus weckte sie auf, pochte an das Gewissen des einzelnen, und in wenigen Wochen erstand ein neues deutsches Volk, das sich die Ehre und die Freiheit wiedcrzunehmen zum Ziele gesetzt hatte. Aber immer noch haben wir jeden Vorschlag von anderer Teile zur Befriedung Europas gern cntgegeugcnommcn und ernsthaft geprüft. Immer noch waren wir bereit, abgerüstet zn bleiben, wenn die anderen dasselbe taten. Fm Dezember 1932 versprach man uns die Gleich berechtigung, aber der feierlichen Zusicherung folgte nicht die Tat. Man verwehrte Deutschland weiter, ein gleich berechtigter Staat zu sein und ein freies Volk zu werden. Von da an setzten die deutschen Gegcnmaß- n a h m c n ein. Wir mußten alle jene internationalen Einrichtungen meiden, in denen wir nicht als gleichberech- tigte Vertreter saßen. Wir traten aus der Äbrüstnngs- 'ommission, die längst eine Aufrüstnngskommission ge worden war. Wir traten aus dem Völkerbund, der ein Fnstrnmcnt des Friedens sein sollte, aln-r längst ein In strument in den Händen der Anfrüstungsstaatcn geworden war. Dann tauchte der M a c D o n a l d - P l a n auf und wir erklärten uns wieder bereit, den englischen Vorschlag Deutschland weist neue Diskriminierung zurück Deutsche Protestnote an die Mitglieder des Völkerbundrats. D« Reichsregieruug hak den am Beschluß des Völkerbundsrates vom 17. d. Rt. beteiligten Regie rungen einen Protest gegeu diesen Beschluß notifizieren lassen. In der Protestnote wird den Regierungen erklärt, daß sie n i ch t d a s R e ch t haben, sich zum Richter über Deutschland aufzuwerfen, daß der Beschluß des Volker- bundsrales den Versuch einer erneuten Dis kriminierung Deutschlands darslellt und daß er deshalb auf das entschiedenste zurückge- wiesen wird. Gleichzeitig hak die Reichsregierung den fremden Regierungen mikgeteilt, daß sie sich vorbehälk, ihre Stellungnahme zu den in dem Ratsbefchluß berührten Linzelfragen demnächst bekaautzugeben. Das Echo auf -ie deutsche Protestnote. Ruhige Aufnahme in Paris. Die deutsche Protestnote hat in den Haupt städten der Welt ein lebhaftes Echo hervorgerusen. Dabei überrascht es, daß in Frankreich die Note verhält nismäßig ruhig ausgenommen wird. Man behauptet, daß man in französischen diplomatischen Kreisen in ge wissem Sinne befriedigt sei über die Tatsache, daß der Wortlaut der deutschen Protestnote in allen Hauptstädten der gleiche sei, daß also Frankreich als Urheber der Genfer Meinungsäußerung keine besonders abgcfaßte Antwort erhalten habe. Der „I n t r a n s i g e a n t" meint, das Osterei aus Berlin enthalte nicht sehr viel. Man habe nach der Haltung der deutschen Presse heftige Forde rungen erwartet. Hitler habe sich aber entschlossen, nur zu protestieren und eine spätere Zurückweisung anzu kündigen. Die nationalistische „Libert 6" befürchtet, daß das Zusammentreffen der deutschen Protestnote mit der von dem Blatt übrigens befürworteten Ver tagung des geplanten sranzösisch-sowjetrussischcn Ab kommens von Deutschland als günstiges Zeichen für seine Pläne ausgclegt werden könnte. „Figaro" meint, „die maßvollen Wendungen der Hitlernote" und die Ankündigung einer weiteren Er klärung des deutschen Standpunktes seien Anzeichen dafür, daß man die Brücken nicht abbrechen wolle. Der Außen politiker des „Echo de Paris" schreibt, die deutsche Note beweise, daß Hitler durch die „moralische Ver urteilung", deren schwache Punkte er genau kenne, nicht übermäßig eingeschüchtert worden sei. „Oeuvre" be richtet, in London, Rom und Paris sei die deutsche Note ruhig ausgenommen worden, denn man habe den diplo matischen Schritt Deutschlands erwartet. „L e I o u r" be merkt, die deutsche Note bahne lediglich eine spätere Ver handlung an. England hofft auf die kommenden Verhandlungen. Die Londoner Zeitungen berichten mit Aus nahme einiger Sensationszeitungen zwar ausführlich, aber sachlich und ruhig über die Rote und die mit ihr zu sammenhängende Lage. Im liberalen „News Chro- nie le" wird der maßvolle Ton des deutschen Protestes hervorgehoben. Der Berliner „T i m e s"-Vertreter sagt u. a., die bitterste deutsche Kritik richte sich mehr gegen den Völkerbund als gegen die einzelnen Mächte. Es werde klar gemacht, daß jegliche Neigung, schließlich eine Rückkehr nach Genf ins Auge zn fassen, einen ernsten Rückschlag erlitten habe. zur Abrüstungssrage anzunehmen, aber der Plan scheiterte an der Ablehnung durch die anderen Staaten und wurde wieder preisgegeben. Unser guter Wille wurde mit Füßen getreten, wir wurden immer noch nicht als gleichberech tigter Staat betrachtet. Währenddessen feierte der Nüstnngswahnsinn der anderen Orgien. Jetzt war unsere Geduld zu Ende. Wir nahmen uns, was man uns verwehrte. Unsere neue deutsche Reichsregierung als Wählerin der deutschen Ehre und der deutschen Lebensrechte war außerstande, tatenlos der Entwicklung der Dinge in Europa zuzusehen. Jetzt will man es so darstellen, als hätten wir den Frieden gestört, als wären die Maßnahmen der anderen die Folge der unsrigen. Selten ist in der Weltgeschichte die Wahrheit so auf den Kops gestellt worden. Wenn es noch eine Weltgerechtigkeit gibt, so wird sich diese Vergewaltigung der Wahrheit einmal bitter rächen. Unser Protest in den 14 Haupt städten schreit noch einmal die Wahrheit hinaus. Wir lasten uns unser Recht nicht nehmen, und wir rufen es Aber trotz des Rückschlages für den Völkerbundsgedanken scheine noch einige Möglichkeit für kollektive Verhand lungen zu bestehen. „Daily Telegraph", die der franzö sischen Auffassung ziemlich nahezustchen pflegt, sagt in einem Leitartikel, Deutschlands erste Antwort aus die Genfer Entschließung entspreche den Erwartungen. Sie ändere die internationale Lage nicht. „Sunday Dispatch" bringt die große Überschrift: „Hitler be streitet das Recht der Regierungen, sich als Richter auf zuspielen". Hitlers Antwort, fügt das Blatt hinzu, wurde abgesaudt, während das deutsche Volk eine große Ver- tranenskundgebung für seinen Führer veranstaltete. Im „O bserver"" schreibt Garvin u. a.: Das Genfer Schicksal hat mehr den Anschein einer ironischen Schau stellung, als eines empfehlenswerten Vorgehens. Der abschließende Eindruck mußte der einer gewaltigen Koipödie mit einem bitteren Beigeschmack fein. Nach den Osterferien mögen die Verhandlungen mit Berlin mit klarer Höflichkeit und ohne übcrschweng lichkcit wieder ausgenommen werden. Vor allem müssen wir dafür sorgen, daß wir unsere Stellungnahme in allen Hauptfragen genau so klar kennen wie Hitler selbst, wenn die Verhandlungen mit Berlin wieder beginnen. * Die Kommentare der italienischen Blätter zur deutschen Note sind in Ton und Inhalt ruhig. Man erklärt in Rom, daß die Note nicht gerade besonders über rascht habe. Litauen erneut zur Ordnung gerufen. Neuer Schritt der Memel-Signatar mächte in Kowno. Die Memel-Signatarmächte haben durch ihren diplomatischen Vertreter dem litauischen Außen minister eine Note überreicht, in der die litauische Regierung aufgcfordcrt wird, das Memel - statutgenau innczuhaltcn. In einer Meldung des französischen Nachrichten büros Havas aus Kowno heißt es, daß die von den Gesandten Frankreichs und Italiens und dem Geschäfts träger Englands der litauischen Negierung überreichte Note, die in Stresa beschlossen worden war, in gc mäßigtem Tone gehalten sei Die Mächte haben darin die Hoffnung ausgesprochen, daß die litauische Regierung einen Beweis ihres guten Willens ablegen werde, indem sie so bald als möglich die parla mentarische Tätigkeit des Memeler Landtages wieder herstelle. denen zu, die es uns verwehren: „Ihr habt längst durch euer eigenes Tun die Berechtigung verwirkt, über uns zu Gericht zu sitzen!" — „Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen", sagt ein altes Sprichwort. Hier hat es von neuem seine Berechtigung erwiesen. Es hat nicht an Versuchen gefehlt, die deutsche Verhandlungsbereitfchaft zu sondieren. Man glaubte in verschiedenen Staaten, uns doch vielleicht noch einmal nach Genf zurückznbekommen an den Konferenz tisch. Aber scheinbar sind die, die diesen Glauben hatten, sehr schlechte Menschenkenner. Sonst hätten sie sich sagen müssen, daß man nicht jemand zur Verhandlung bereit finden wird, wenn man ihm vorher Fußtritte versetzt ha:. Deshalb hat der Völkerbundsrat dem Völkerbunde selbst einen schlechten Dienst erwiesen, als er die Entschließung gegen Deutschland annahm. Wir wären ein ehrloses Volk, wenn wir heute so täten, als habe man uns nie Unrecht getan. Wir sind ein Volk der Ehre, und werden es mehr denn je bleiben. Und unsere Ehre sagt uns, was wir tun M ü ssen, was wir lafls» s oLj^e n.