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Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Gas »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 4 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. trei Haus, bei Postbestellung/1,80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern lO Rpfg. Alle Postanstalten und Post boten, unsere Austräger u. n L" Geschäftsstelle, nehmen zu jederzeit Bestellungen ent- Wochenblatt fUV WllsdrUff U. UM^efleNd gegen. Im Falle höherer Gewalt, od. sonstiger. ' Betriebsstörungen besteht Gern Anspruch auf Liderung der Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesaNdtcr Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. alle anderen Stande des Wilsdruffer Bezirks n°-ch ,7. d°r°-Ich^. Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr.306 wenn der Betrag Lurch «luge erng^ogcn werden mutz oder der 2Iutte°ggedee^°ch°"Kon'ku» Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauvtmannschast Meisten rat- zu Wil-druff, des F-rftrentamt- Tharaud, und des Ftnanzamls Nossen behördlicherseits Wilsdruff-Dresden Nr. 86 — 94. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Tageblatt* Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 11. April 1935 Start der Dreimächtekonserenz - Große polizeil. Sicherheitsmaßnahmen - Besprechung«« / im Mufiksalo« des alten Schlaffes aus der Isola dl Bella Französisches Nüstungsfieder zur Gee. Der Marinekorrespondent des „Daily Telegraph" schreibt, in der französischen Flottenpolitik sei ein grundlegender Wechsel eingetreten. Der oberste Marinerat habe die Entscheidung getroffen, daß künftig die Grotzkampfschiffe das Rückgrat der fran zösischen Marine bilden müßten. Diese Änderung bedeute, daß die französische Marine nicht mehr wie bisher ihr Hauptinteresse den U-Booten und leichten Qberwasserfahrzeugen zuwende. Unter Einschluß der im Bau befindlichen bzw. vom Parlament bewilligten Schiffe werde die französische Schlachtflotte nach den jetzigen Plänen bestehen aus zwei Schlachtschiffen von 35 000 Tonnen, zwei Schlachtkreuzern von 26 500 Tonnen, drei Schlachtschiffen von 23 000 Tonnen nnd drei Schlachtschiffen von 22 500 Tonnen. Während sich die englischen Minister durch persönliche Fühlungnahme in wichtigen europäischen Hauptstädten bemühten, in offenen und klaren Aussprachen unsern Erd teil zu befrieden, während vor allem auch die deutsche Regierung immer wieder ihre eindeutige Bereitschaft zu friedlicher Zusammenarbeit der Völker betont, feiert in Frankreich der K r i e g s g e i st Orgien. In Paris hat man den Ehrgeiz, mit allen Mitteln Frankreich zum Höch st gerüsteten Staat in Europa, ja nach Möglichkeit in der ganzen Welt, zu machen. Man schlägt damit allen ernsthaften Bestrebungen der anderen Staa ten, den Frieden zu sichern, offen ins Gesicht. Und wie wird es mit der bevorstehenden Flotten- konserenz? Auch da zeigen die jüngsten Ereignisse, daß Frankreich überall zu dem gleichen Ziel führt. Es besitzt die größte Untcrsecbootsftotte der Welt, die eine ernste Bedrohung für England ist, cs besitzt die schnellsten und stärksten Zerstörer und Flottillenführer und damit die schnellsten Kriegsschiffe der Welt — da sollte es ab rüsten? Es ist ja auf dem besten Wege, eine gleich große Seemacht wie England und die Vereinigten Staaten zu werden. Vor wenigen Tagen hat die französische Kammer das neue Flottenbaugcsetz für 1935, das der Marincminister Vorgelegt hatte, genehmigt. Es war nicht anders zu er warten, als daß auch diese neue Rüstungsforderung mit einer überwiegenden Mehrheit vom Parlament angenom men werden würde. Man könnte einfach darüber zur Tagesordnung übergehen, wenn nicht die Gegenstände der Bewilligung ein besonderes Interesse erregten. Es wurde nämlich neben dem Bau von zwei neuen Torpedo booten der Neubau eines weiteren Großkampfschiffes ge nehmigt, das eine Wasserverdrängung von 35 000 Tonnen haben soll. Das ist der springende Punkt! Es ist die Antwort an Italien auf die beiden dort seit Ende vorigen Jahres im Bau befindlichen Schlachtschiffe. Frankreich fing vor zwei Jahren mit dem Neubau twn Großkampfschiffen an, als es die „Dunkerque" auf Stapel legte. Man beliebte damals die Notwendigkeit diefes Baus mit den kleinen deutschen Panzerschiffen von 10 000 Tonnen zu begründen. Darum mußte die „Dunkerque" auch 26 500 Tonnen groß werden. Aber Italien fühlte sich ebenfalls bedroht, und es war auch schon damals klar, daß die französischen Neubauten nicht gegen Deutschland, sondern gegen ganz andere Mächte gerichtet waren. So antwortete Italien nun mit dem Bau von zwei großen Schlachtschiffen von je 35 000 Tonnen, die im Oktober 1934 begonnen wurden. Das ließ Frankreich keine Ruhe, auf die Geldmittel kam es nicht an, sofort wurde ein zweites „Dunkerque"-Schiff, die „Strasbourg", begonnen, und jetzt folgt ein drittes neues Schiff von ebenfalls 35 000 Tonnen. Grotzkampfschiffe sollen das Rückgrat der französischen Marine bilden. So soll dann zu einem fpäteren Zeitpunkt noch ein weiterer derartiger Schiffsbau begonnen werden. Auch dazu hat die französische Kammer bereits ihre Zustimmung gegeben. Sonst erscheint das französische Neubauprogramm für die Marine sehr bescheiden. Es scheint aber wirklich nur so. Wenn wir betrachten, was nach einer alljährlich von der englischen Admiralität herausgegcbenen Übersicht an neuen Kriegsschiffen in Frankreich am 1. Februar dieses Jahres im Bau war, dann bekommt das franzö sische Rüstungsficber zur See ein erheblich anderes Gesicht. Es waren nicht weniger als 47 Kriegsschiffe der verschiedensten Art, darunter allein sechs neue Kreuzer, nicht weniger als 21 Zerstörer und Flottillen führerschiffe und 15 Unterseeboote. Es ist kein Wunder, wenn unter solchen Umständen die französischen Rüstungen auch bei den befreundeten Mächten ein sehr ernstes Un behagen auslöscn. Vor allem hat sich Frankreichs unbe dingte Vorherrschaft in der U-Bootwaffe >"-Kcr gesteigert. Das macht England schwere Kopfschu' Frankreich bat an fertigen und im Bau befindlk Booten 111, England nur 60, die Vereinigten S .len 94 und Japan 69. Das ist gegenüber England, dem direkten Nachbar, eine beinahe doppelte Überlegenheit. Schon diese knappen Beispiele genügen, um die wahren Absichten der französischen Regierung zu ent- ! üllcn. Alle Ableugnungsvcrsuche, alle Friedensbeteue- runacn nützen da nichts mehr, die reinen Tatsachen Die Konferenz von Strcsa hat begonnen Inmitten des verschwenderischen Frühlingsschmuckcs des Südens weilen nunmehr am Lago Maggiore die Ministerpräsidenten von England und Frankreich, MacDonald und Flandin, mit ihren Außcn- ministcrn Sir John Simon und Laval. Außerdem nehmen an der Konferenz der englische Botschafter in Rom, Sir Eric Drummond und der italienische Botschafter in London, Grandi, sowie der französische Botschafter in Rom, de Chambrun, teil. Für den Empfang Mussolinis waren zahlreiche Abord nungen faschistischer Organisationen in Strcsa ein- gctroffcn. Obwohl der Zeitpunkt seiner Ankunft streng gchcimgchaltcn wurde, fanden sich grostc Volksmengen am User des Lago Maggiore ein, als das drcimotorige Flugzeug des Duce von Süden her über den See kam und einige große Schleifen über den Borromcischcn Inseln beschrieb, um dann unmittelbar neben der Isola di Bella niedcrzugchen. Der italienische Staatssekretär Suvich hatte an Ort und Stelle die letzten Vorbereitungen für die Konferenz getroffen, über tausend Karabinieris sorgen für die Sicherheit der Konferenzteilnehmer. Außerdem sind 600 italienische Kriminalbeamte an wesend. Besonders gesichert ist die vor Strcsa gelegene Insel Isola di Bella, auf der in dem großen Musiksaal des alten Schlosses die Konferenzbesprcchnngen stattfinden werden. Die Insel ist von der Polizei völlig abgesperrt, nicht einmal die Pressevertreter Werden auf sie gelassen. Die 3 50 Journalisten ans aller Herren Ländern müssen sich also damit begnügen, von Stresa aus die Konferenz zu verfolgen. Flandi« Mussolini MacDonald (Ausnahme Scherl) England über die Simon-Erklärung enttäuscht. In der englischen Presse beschäftigt man sich im Zusammenhang mit der Konferenz von Stresa mit den Erklärungen des englischen Außenministers Simon im englischen Unterhaus. In den Londoner Zeitungen wird besonders hervorgehoben, daß in Stresa keinerlei neue Bindungen ohne Billigung des englischen Parla ments eingcgangen werden würden. Fast übereinstim mend wird dabei kritisiert, daß Simon gar nichts über das Programm der englischen Regierung geäußert habe. Besonders energisch nimmt dazu „Daily Mail" Stellung. Man habe jetzt genug aus den Busch geklopft, und Hitler habe in Berlin klar gesagt, was er wolle, und dabei alles diplomatische Spinngewebe wcggefegt. Musso lini werde zweifellos nicht weniger deutlich sein. Tas englische Volk wolle jetzt wissen, woran es sei. Es würde unter keinen Umständen Steuerlasten oder mili tärische Aushebungen dulden, die für solche Objekte wre die Unabhängigkeit Österreichs, die Verteidigung der Tschecho- sprechcn eine zu deutliche Sprache. Das trifft nicht nur auf die Armee und auf die Luftwaffe, sondern ebenso auch auf die Marine zu, wie wir clun scstgestellt haben. Es wird schwer sein, gegen einen solchen festen Willen zur Aufrüstung und Machtsteigerung, den man ge trost als Nüstungswahnsinn bezeichnen kann, anzukämpfen. Was wird nun ans der geplanten Flottcnkonfercnz werden? Wird sic überhaupt zustande kommen? Wird cs ihr wenigstens gelingen, eine erste Bresche in den fran zösischen Starrsinn zu legen? Man wird es abwarten müssen. Inzwischen aber sucht Frankreich durch möglichst viele Kricgsschiffueubautcn, vor allem auch durch die großen Schlachtschiffe, seine Stellung für diese Konferenz noch zu festigen. Es will möglichst stark auf der Flottenkonferenz erscheinen und dort seinen Willen diktieren. Und darum die neuen Flottenbauten! Md. skochakei oder die Kriege, die Moskau zu führen beab sichtige, bestimmt seien. Der „Traum von der Kollektiv- sichcrheit" würde ein sehr schnelles Ende haben, wollte ein britischer Minister wirklich so töricht sein, sich in kriege rische Verwicklungen auf dem Kontinent hineinziehen zn lassen, die nicht ausschließlich der Sicherheit Englands dienen würden. — Auch die „Times" beklagt daß Simon keine Anhaltspunkte über seine politischen Kiele gegeben habe. Konferenz nur bis Wochenende? In London nimmt man an, daß die Dreimächte- konfercnz in Stresa zumWochenendeihreTätig- keil abschließen wird. Am Montag will MacDonald bereits an der Unterhaussitzung teilnehmen, in der der Schatzkanzler seine Haushallsrede hält. Simon wird sich zur Ratstagung nach Genf begeben, ebenso der fran zösische Außenminister L a v a l. Frankreichs Politik in Stresa. In der Pariser Presse erörtert man die im französischen Kabinett zutage getretenen Mcinungsver- fchicdenheiten, die zeigen, daß sich innerhalb des Ministe riums drei oder eigentlich vier verschiedene Gruppen ge bildet haben. Der alte Sowjetfreund Herriot tritt für ein enges Zusammengehen mit Moskau ein. Außen minister Laval bewahrt der unbedingten Russcnpolitik gegenüber eine starke Skepsis und will das Hauptgewicht auf eine enge Zusammenarbeit mit Mussolini legen. Der Ministerpräsident, der der Annäherung zwischen Paris und Moskau ausgesprochen abgeneigt ist, vertritt die britische Linie. Der Kriegsmini st er und der Luft- fahrtministcr nehmen eine vermittelnde Stellung ein, scheinen aber im ganzen mehr der Auffassung Flandins zuzuneigen. Das französische Kabinett soll sich dahin geeinigt haben, daß in Stresa die vom Ministerpräsidenten vorgeschlagene Linie als amtliche Politik der französischen Abordnung verfolgt wird. Ergsnzungsabkommen Moskau-Prag. Die Prager Abendblätter geben eine Meldung des Tschechoslowakischen Prcßbüros aus Paris wieder, in der es heißt: Außenminister Laval traf bei einem Essen auch mit den Gesandten der Kleinen Entente nnd den Staaten des Balkanpaktes zusammen. Er legte ihnen die Haupt- grundzüge des französisch-sowjetrussischen Abkommens dar, das in der allernächsten Zeit, höchstwahrscheinlich bei dem Besuch Dr. Bcncschs in Moskau, durch ein äbn- liches rnssisch- tschechoslowakisches Ab- kommen ergänzt werden soll. Fcanzösische Abfchwächungsversuche. Die bisherigen Veröffentlichungen über die Grund züge des französisch-sowjetrussischen Ab- kommens waren ziemlich unklar. Selbst in franzö sischen Kreisen war der Eindruck entstanden, daß sich hier eine regelrechte Allianz anbahne. Dieser Ein- druck wird auch durch die nunmehr bekannten Einzel heiten nicht behoben. In den zuständigen französischen Kreisen bemüht man sich eifrig, den Eindruck, als wolle mau ein Bündnis mit Sowjetrußland cingehen, zu vertuschen. Die Angaben ans unterrichteten franzö sischen Kreisen gestatten jedenfalls, sich heute ein klares Bild von dem sogenannten grundsätzlichen Abkommen zu machen. Hier findet die Dreimächtekonserenz statt. Wagcnborg-Bildmaternd'enst