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Der deutsche Luftriese „Graf Zeppelin" stattete der Reichs- hauptstadt einen Besuch ab und eröffnete damit den Verkehr der neuen Deutschen Zeppelinreederei. Unser Bild links zeigt den „Graf Zeppelin" über dem Staakener Flugplatz — rechts die Führer des Luftschiffes während der Landungspause: (von links» Dr. Eckener, Kapitän Lehmann, der Direktor der Reede rei, Christiansen, und der Staatskommissar von Berlin, Dr. Lippert. Ein neuer deutscher Schwimmrelord wurde in Dresden von Käte Hanicke (Dresdner SV.) aufgestellt', sie verbesserte die deutsche Best leistung im Kraulschwimmen über 500 Meter auf 7:46 Skizze von Clara Schünemann-Kruyskamp. Es ist ein Dorf, wo des Flusses silberner Arm kerzen gerade in die Ebene weist. Durch die Dämmerung tönt die etwas brüchige Stimme der Glockcnuhr. Da sinken gleichsam die Bäume zum Schlummer. Die Vögel betten sich in dunkles Laub. Hunde winseln um die stille Scheune, und Katzen geistern unter'm Mondcnschein. Leise schließen die Frauen den Fensterladen hinter schlafenden Geranien. Das Lampenlicht gleißt auf ein vergilbtes Buch, das die Alte aus der Truhe greift, oder glimmt'in die grünen Augen des eisgrauen Katers, der sich wendet und die dunkle Stiege sucht... Greis schwere Flechten sprühen Gold. Die jungen Finger schaffen unermüdlich. Gar merklich wächst der bunte Woll- strumpf, indes die blanken Nadeln mit der Wanduhr um dir Wette klappern. Des Mädchens Augen schimmern gleich dem Mittagschein. Doch wie die Sonne vor den Wolken verkriecht sich Gret, wenn sie ein Mannsbild nahen spürt. Nun geschieht es, daß des Weidenbauers Einziger auf Freiersfüßcn geht. Gestern zur Vesperstunde lugte er zum dritten Mal vergeblich in die Diele. Gret ist wörtlich aus den schweren Schuhen gesprungen und wie närrisch die Stiege hinan gehastet. So weiß sie nicht, daß die Ahne mit dem Bür« scheu flüsterte... Draußen sind die Sterne aufgezogen. Unheimlich knarrt es in den Fensterläden, vielleicht ein spätes Tier, vielleicht nur Wind, der an die Scheiben rührte. Das Mädchen läßt die Arbeit sinken. Eben hat sie der Ahne den seltsamen Traum gestanden, den die Nacht ihr vor- gegaukclt. Etwas stockend, fast unwillig ob der Rolle, die ein Mannsbild darin spielte. Ob die Alte nimmer horchte? Noch kommt keine Antwort aus dem zahnlosen Mund. „Was wird, Ahne? Weißt schon, ich meine den Traum." Die Alte hebt das runzlige Gesicht. Während sie noch zögert, kriecht ein listiges Fältchen um die welken Lippen. Dann ist ihre Stimme in dem Raum. „Haben Vollmond morgen. Solltest an den Fluß gehen, spät, mit der Däm merung." „Und dort?" „Wirst schon von selber wissen, was Du sollst!" »Ist das bestimmt?" Die Greisin schweigt. Da hebt Gret beschämt das bunte Strickzeug. Der Vollmondabend naht mit blauen Schatten. Das Himmelslicht hängt über Dorf und Feld. Gret schleicht heim» lich an das Ufer. Kein scheues Tier vermöchte leiser das Gc- büfch zu teilen! Zwar meint sie, ihr Herz müßte verräterisch durch die Stille zittern. Aber dann schilt sie sich: „Traum ist Traum, und was die Ahne daraus deutet, muß man tun!" Verstohlen rannt der Nachtwind in den Binsen. Zuweilen huscht eine Ratte die niedrige Böschung hinab. Ein Boot treibt unter tiefen Aesten. Laut klatscht das Ruder in die Flut. Gret will schreien und entweichen. Dock) Mund und Fuß vermag sic nicht zu rühren. Schon wächst ein Wesen wie ans dem Erdboden und hebt sich dunkel von dem Silberhimmel. „Hier wartet Wohl die Maid ans meinem Traum?" Gret horcht auf. Die Stimme? Diese Stimme? Ach, es ist der Weidenbauernbub! „Auch ein Traumbild?" stammelt sie verwirrt und schaut dem Burschen fast andächtig in das lachende Gesicht. „Nas jetzt wissen wir wohl, was wir sollen? Da spukt solch ein Traum in zweierlei Leute Schlummer und bringt gerade die richtigen zusammen! Vollmondzauber, Akädchen." Gret fühlt seine Arme nm ihren Nacken. Sonderbarerweise gefällt ihr diese Liebkosung ausnehmend gut. — Als die etwas brüchige Stimme der Glockenuhr das Schweigen teilt, treten sie über der Ahne Schwelle. Die Blu men auf der Fensterbank erwachen wie zu einem Fest. Selbst der Kater kehrt schnurrend an die Lampe zurück. Die Alte kann sich des Staunens nicht genug tun. Wieder- nm kriecht das listige Fältchen die dünnen Lippen entlang, und der Bauer schmunzelt, bis die kurze Pfeife in seinem Mund zu tanzen anhebt. Jahre später — der dritte Bube schaukelt kn der Wiege — beichtet der Mann. Dazumal habe ihm die Ahne durch die. Botenfrau Bescheid geschickt, er möge an den Fluß laufen und das Traumbild vortäuschen. „Ei, ei", lacht Gret, „der Mond ist ein ganz Braver; er hat der Alten die List eingegeben, glaubt's Bauer!" Der aber schmunzelt und streicht seinem Jüngsten über den blonden Schädel: -Die Abne selm bat schon recht aetan." Eine Erzähluivg von Ludwig von Ploetz. Das Altern ist eine sehr unangenehme Angelegenheit. Die große Tragödin, die seit Jahren die Zierde des Stadt»! theaters war, empfand es schmerzlich, daß Intendant und Regisseur sie langsam bei der Rollenverteilung in das so genannte mütterliche Fach einrücken ließen. Es war nichts dagegen zu tun. Wer über vierzig Jahre auf seinem Nacken trägt, kann nur noch schwer eine holde Jungmädchengestalt darstellen. Das Publikum kennt keine Schonung. Und die Jugend drängt nach, fordert Rollen und gewinnt den Sieg.. In einer Stadt im Osten kam ein rühriger Theaterleiter auf den Gedanken, Festspiele zu veranstalten. Eine Woche lang sollten Klassiker in guter Aufmachung und unter Heran ziehung auswärtiger erster Kräfte herausgebracht werden. Der^ Magistrat wurde gewonnen. Eine geschickte Werbetätigkeit setzte ein. Es wurde ein starker Fremdenzustrom erhofft. Die Proben begannen. Da geschah es, daß die eigentliche Darstellerin der jnngen Rollen erkrankte. In seiner Not ent sann sich der Intendant, daß am Rhein jene Tragödin lebte, die ihm aus früherer Zeit wohl bekannt war. Ihre Kunst, das zu verkörpern, was hier gesucht wurde, hatte in höchstem Ansehen gestanden. Es waren zwar Jahre vergangen. Aber dieser genialen Frau müßte es gelingen, die jnngen Gestalten der Klassiker wirksam auf die Bühne zu stellen. Immerhin Würden hier in der Mittelstadt keine übergroßen Anforderun gen gestellt. Gut ließ sich der alte Ruhm verwerten. Be sprechungen und Kritiken, angefüllt mit Bewunderung, konn ten aufs neue abgedruckt werden. Daß sie aus vergangener Zeit stammten, ließ sich verschweigen ... Die Tragödin kam. Der Urlaub war bewilligt worden. Die Honorarfordcrnng hielt sich in bescheidenen Grenzen. Das paßte dein Intendanten und seinen Geldgebern gleichfalls. In allen Schaufenstern standen die Bilder der Tragödin, in den Trachten der Gestalten, die sic vor Jahren verkörperte. Daß die Photographien schon vergilbt, die Aufnahmen auf eine Weise gestellt waren, die nicht mehr üblich, entdeckte nur oer ersayrene Kunstfreund. Die andern erfreuten sich ohne Hemmungen an dem Anblick des jungen ausdrucksvollen Ge sichtes, der dunklen, etwas schwcrmütigeü Augen und des süßen Mundes. Die Festvorstellungen errangen einen vollen Sieg. Der Intendant war ein kühner Mann. Er brachte Shakespeares „Romeo und Julia" heraus, es folgte Kleists „Käthchen von Heilbronn", dann Schillers „Kabale und Liebe". Der Jubel über die Leistungen der Künstler wollte bei dem nicht ver- tvöhnten Publikum kein Ende nehmen. Wie Sterne über dem Ganzen leuchteten diese Julia, dieses Käthchen, diese Luise. Die Tragödin gab ihr Bestes her. Sie genoß ein un beschreibliches Glück. Noch einmal öffneten sich Tore, die ihr schon verschlossen schienen. Ihre Vergangenheit blühte wieder auf. Nirgends sonst war Julia so feurig von ihrer Leiden schaft bezwungen, war Käthchen so rührend in der Liebe zu ihrem Ritter, war die von tückischen Mächten bedrängte Luise so verzweifelt gewesen. Nach jeder Vorstellung wurde vor allem der Name der Tra gödin gerufen. Das Publikum jubelte, es drängte erbarmungs los. Immer wieder mußte die Gefeierte erscheinen. Niemand sah, wie müde und abgespannt sie war. Es gab kein Mitleid. Immer verschwand sie dann schnell. Die Künstler waren jeden Abend Gäste der Stadt. Die Tragödin nahm keine Ein« ladung an. Si« eilte in ihr Hotel. Niemandem zeigte sie sich. Das Gerücht verbreitete sich, daß sie erkrankt sei und nur unter Aufbietung aller Kräfte, der guten Sache wegen, doch spiele... Es war selbstverständlich, daß die gesamte männliche Ju- llsnd der Stadt, soweit sie ein Her; besaß, für diese Julia, dieses Käthchen, diese Luise in Leidenschaft erglühte. Und keinen erfaßte der Wirbel mehr als einen jungen Mann aus dem städtischen Gymnasium. Er war das letzte Kind einer Bäckers frau, die vor ihm schon eine Reihe anderer Sprößlinge durch die Tore dieser Welt hatte eintreten lassen. Und er blieb das Sorgenkind seiner Mutter. Er schien sich !o aar nickt für einen Praktischen Beruf zu eignen. 'Seine "Brüder nnd Schwestern waren brave Staatsbürger geworden, die fest und nützlich im Leben standen. Dieser mißratene Nachzügler wollte durchaus studieren und ein gefeierter Dichter werden. Daß ein so gearteter Jüngling im besonderen Maße vo« der Liebesleidenschaft für die Tragödin erfaßt werden mußte, ist klar. So war er es auch, der den berühmten Gast am meisten bedrängte. Er schickte der Künstlerin Gedichte und Blumen, er belagerte sie geradezu in ihrem Hotel — zur Be lustigung der übrigen Gäste und der Angestellten. Aber die Unbarmherzige ließ auch ihn nicht vor. Ruhig saß sie in ihrem Zimmer. Nur die Hausangestellte, die sie bediente, kam herein. Mit der war der Gast im Bunde. Keinem verriet das Mädchen, daß drinnen keine junge liebens werte Fran verweise, vielmehr eine schon leidlich würdige Matrone. Nein, diese Wächterin sagte es nicht. Still saß im Zimmer den Tag über, die Rolle noch ein mal durcharbeitend, die Kräfte sammelnd und zusammen haltend, ein graues unscheinbares Wesen, um dann an jedem Abend die Hülle abzuwerfcn und als bezaubernde Märchen gestalt aufzuerstehen. Ueber ihren schmachtenden Oberprimaner machte sich die brave Bäckersfrau anfangs lustig. „Junge, Dir pickt's wohl. Bei Dir ist was nicht in Ordnung!" — Wie sie aber sah, daß ihr verliebter Sohn kaum etwas aß, daß seine Wangen bleich wurden, seine Augen immer größer, sagte sie: „Heute ist der letzte Tag der Aufführungen. Morgen hat der Klimbim ein Ende. Dann hat die liebe Seele Ruhe. Ich gehe heute abend nach der Vorstellung ins Hotel. Ich will mit der Frau als Mutter reden. Du wartest inzwischen unten. Sie soll Dir wenigstens mal guten Tag sagen. Dann wirst Du wieder vernünftig werden. Das mußt Du mir versprechen." — Der Oberprimaner versprach es. — — Wie die Bäckersfrau anklopfte, trat wirklich jemand auf den Flur heraus, eine sehr schlicht gekleidete Frau, die müde «und gealtert aussah. Die beiden Frauen sahen einander an und stutzten. „Wir müssen uns doch kennen, Du bist es Koch, Betty. Wir waren in der Schule zusammen in Tilsit." „Natürlich! Wo kommst Du her?" „Ich bin hier verheiratet. Bäckerei. Sechs Kinder. Und Du bist wohl angestcllt bei der großen Dame... so als 'ne Art von Kammerfrau?" „Ja", log die Tragödin, „so ist es." „Sag ihr, sie soll meinen Jungen empfangen. Den Emil, meinen Jungen... Oberprimaner hier am Gymnasium. Er wartet unten. Der Bengel ist ganz verrückt." Die Tragödin sann nach. „Heute nicht. Meine Herrin ist abgespannt. Morgen nachmittag soll er zum Tee kommen. Ich werde mit meiner Herrin sprechen." „So was, nein, daß man sich so Wiedersehen muß..^ Jünger sind wir beide nicht geworden. Auch nicht hübscher. Diese Theatermenschen... die ganze Stadt ist auf sie verrückt. Es muß nicht leicht sein, mit diesen Leuten umzugehen." „Nein", sagte die Tragödin, „es ist nicht leicht." —- —f Schon am andern Morgen reiste sie ab. Als der Ober primaner am Nachmittag mit einem großen Blumenstrauß, den er für den Rest seines Taschengeldes erstanden hatte, antrat, mit verklärten strahlenden Augen, fand er das Nest leer. Einige Tage danach erhielt er vom Rheinland her einigt Zeilen. „Im alten Soldatenspruch heißt eS: Mehr sein als scheinen'. Bei uns von der Bühne heißt es: Mehr scheinen als sein'", schrieb ihm die große Tragödin. Der Hochofen hilft dem Acker. Neue Wege und Ziele für die Herstellung künstliche: Düngemittel hat vor kurzem Professor Vn H. Kappen-Boni in einem Vortrage gewiesen. Das Bestreben, der auf die Ev zeugung dieser Stoffe eingestellten Industrie muß darauf gs richtet sein, für die Erhaltung und fortgesetzte Verbesierunz des Fruchtbarkcitszustandes zu sorgen. Die Wissenschaft Hw es in Angriff genommen, die bodenverschlechtcrnde Wirkun, der reinen Ammoninmsalze zu minder» und zu beseitigen In der Stickstoffindustrie ist das durch die Schaffung dei kohleusauren Kalkverbinduugen geschehen. Als vorteilhaß wird es auch bezeichnet, den Kalk in diesen Ammoniaksalz gemischen durch die Schlacke des Hochofens zu ersetzen. Für du Gegenwart besonders wichtig ist die Ersatzbeschaffung für dai Thomasmehl, das aus dem Auslande zu uns kommt und dahei Devisen erforderlich macht. Hier liegt zugleich eine Möglichkeit durch Schaffung eines neuen entwicklungsfähigen Industrie zweiges deutschen Arbeitslosen Verdienst zu geben. Mai kennt eine ganze Reihe von Wegen, die zum Ziele führen kön nen. Natürlich bereitet es dem Chemiker in seinem Labor» wrium keine Schwierigkeiten, solche Verbindungen in der Rs torte oder im Schmelztiegel herzustellen. Die Frage ist nur ob diese Verfahren auch bjllig genug sind. Die Aufgabe laute« hier wie überall: Der im Jnlande hergestellte Ersatzstoff so« nicht nur ebenso gut, sondern auch ebenso wohlfeil wie dal Erzeugnis des Auslandes sein.