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Man har auch über allerhand Seltsamkeiten der Abstimmungs ordnung gehört, Seltsamkeiten, die schon ein wenig nach — Schikane riechen, zum mindesten aber sehr un nötige Übertreibungen sind. Ist es denn z. B wesentlich, ob einschwarzer Bleistift oder ein Kopierstift bei der „Ankreuzung" auf dem Stimmzettel benutzt wird, ob das Kreuz gar mir Tinte eingezeichnet wird usw.? Der einfache Menschenverstand vermag nicht recht ein zusehen, warum die Benutzung eines Kopierstiftes oder eines Füllfederhalters die Stimmabgabe ungültig machen soll! Selbst ein glänzender Jurist vermöchte zwischen dieser Stimmabgabe und dem Deutschen Gruk oder auch nur dem — unwillkürlichen Reflex aus einen solchen eine zwingende Äußerung über die Art zu konstruieren, wie der Betreffende nun auch wirklich abgestimmt hat! Jn den Ländern jedenfalls, denen die Mitglieder der Abstimmungskommission angehören, kennt man solche übertriebenen Genauigkeiten nie und nirgends und hat auch nie daran gedacht, sie dort bei Parlamentswahlen einzuführen. Die freie und unzweideutige geheime Willenserklärung des Wählers auf dem Stimm zettel ist doch das Wesentliche, und das Vertrauen zu der absoluten Neutralität jener, die die Abstimmung leiten bzw. durchführen, sollte doch in keiner Weise leiden dürfen! Andererseits wird dieses Vertrauen ans eine harte Probe gestellt durch verschiedene Bestimmungen der Durchführung dieses Volksentscheides an der Saar, Be stimmungen nämlich, die ein sehr starkes Ver trauen der Saarbewohner selbst aus die wirk liche Neutralität und Geheimhaltung der Abstimmung fordern und voraussetzcn. Um so peinlicher wirkt es dader, wenn die Abstimmnngsordnnng und das Verbalten mancher Wahlvorsteher allzu leicht zu Stimmvcrlusten führen kann. Freilich ist jetzt nichts mehr daran zu ändern, sondern nur alle Arbeit dafür einzusetzen, daß auf diese Art solche Stimmverluste überhaupt nicht zu stande kommen. Aber es trübt doch etwas die Anerkennung der Loyalität, mit der im Dezember die deutsche und die französische Regierung die schwer verkrampfte Abstimmungsfrage gelöst haben! * Eine ähnliche Trühung bedeutet es auch, wenn sich die neutrale Abstimmungskommission in einem Schreiben an die Bischöfe von Speyer und Trier wandte und darüber Beschwerde führte, daß die katholischen Pfarrdekane des Saargebiets eine Erklärung ver öffentlicht hätten, die „eine klare Stellungnahme zugunsten einer Rückkehr zu Deutschland bedeute". Diese „Partei nahme des Klerus" könne die Freiheit der Abstimmung „gefährden". Wäre das wirklich der Fall, so hätte doch schon die Regierungskommission des Saargebieis von vornherein die Möglichkeit unterbinden sollen, daß — wie es durch die separatistisch-sozialistisch-kommunistische Agi tation zuerst geschehen ist — die Frage der Konfes sion in die Politik des Abstimmungskampfes hinein geiragen wurde. Man hat dann die guten Beziehungen zur Auslandspreise benutzt, um in aller Welt gerade die nun in dieser Art gefärbte Seite der Saarfrage mit Scheinwerfern zu „beleuchten", und zwar in einem Sinne, der sich ebenso scharf wie lügnerisch gegen das national sozialistische Deutschland wandte. Ähnliches ist übrigens nach Meldungen ausländischer Pressevertreter wieder auf der sozialistisch-kommunistischen Gegenversammlung am letzten Sonntag geschehen; an „die Katholiken" wurde dort appelliert, ohne daß etwas von einem Protest der Abstimmungskommission bekannt wurde. Allerdings ist gerade d»r Bischof von Trier noch ans den Zeiten des Rhein-Ruhr-Kampfes her bei den franzosenfreundlichen Kreisen des Saar^rbiets sehr „unbeliebt"! * Und ein gewisses Mißtrauen hinsichtlich der weiteren Entwicklung nach der Abstimmung muß auch dadurch hervorgerusen werden, daß ausgerechnet der Werbe fachmann der französischen Saargruben verwaltung soeben in einem großen Pariser Blatt einen geradezu unglaublichen Vorschlag zn machen wagt: Falls — wie er es wohl selbst erwartet — die Partei der „Statusguoler" nicht genügend Stimmen erhalte, sei es das beste, „das Saargebiet nach oberschlest- schem Mu st er — zuteilen"! Denn dann würde den Rückgliederungsgegncrn ein vom Völkerbund gesichertes Asyls!) beschert und Frankreich von dem sich wirtschaft lich ungünstig auswirkenden Flüchtlingsstrom ver- schont bleiben. Das hat dieser Herr übrigens schon mehr- fach vorgeschlagen. Daß er es getan hat und wiederholt tun durfte, gibt einigermaßen zu denken. Denn darin liegt ein glatter Verstoß gegen Sinn und Zweck der Saar- abstimmung. Nur ist's heute politisch unzweckmäßig, jetzt schon damit herauszurückcn, was man für später anstrebt Um so eindeutiger aber muß daher die wirkliche Willenserklärung des deutschen Saarvolkes am Sa; linke Smser nm Polizei MW Seltsame Vorgänge an der lothringisch-saarländischen Grenze. Alle Landjägerposten zurückgezogen. — Die französischen Grenzwachen ver stärkt. —Beunruhigung der Bevölkerung. Im Saargebiet kam es zu außerordentlich beunruhigenden Vorgängen. An der ganzen lothringischen Grenze entlang sind auf Anordnung des Direktors des Innern, Hcimburger, die Landjäger- Posten zurückgezogen und auf das rechte Saarufcr gelegt worden. Da auf der linken Saarscitc anch keine Truppen liegen, die ausländischen Truppen vielmehr alle rechts der Saar stationiert sind smit Ausnahme von 100 Italienern in Saarlouis), ist also der Teil der Kreise Saarlouis und Saarbrücken auf dem linken Saarnfer von allen Sichcrhcitskräften entblößt. Gleichzeitig hat die Bevölkerung fcstgcstcllt, das, die französischen Grenzposten der Garde Mobile verstärkt wor den sind. Ferner ist in den letzten Tagen bei Oberesch französische Kavallerie mehrfach an der Grenze anfgetaucht. Bei der Aufhebung der Landjägerposten handelt es sich um die ständigen Landjäger, die in den betreffenden Ortschaften wohnen und dort seit Jahren Dienst tun. Im Landkreise Saarbrücken sind folgende Landjägcrposten ein- gczogen worden: Emcrswcilcr, Raßweiler, St. Nikolaus, Karlsbrunn, Lauterbach, Groß-Nosscln, alles Orte, die im Warndt liegen, und zwar überall dort, wo dichtester Wald die Grenze besonders unübersichtlich macht. Ferner sind südlich von Saarbrücken ebenfalls auf dem linken Saarufer die Posten Hanweiler, Klein-Blitters- dorf und Schönecke eingezogen worden. Im Kreise Saar louis im sogenannten Gau, sind eingezogen wor den die Posten Breringen, der Posten gegenüber dem lothringischen Grenzort Waldwiesen und der Posten in Oberesch. Auf dem rechten Saarufer sind in der Verteilung der Landjäger keinerlei Ände rungen erfolgt, da es sich um eine e in s e i t i g e M a ß- nahme auf dem linken Saarufer handelt. Es ist dabei zu bemerken, daß die hochgelegenen Teile der genannten beiden Kreise, der Warndt und der Gau, von französischer Seite in den letzten Jahren ffiehrfach als strategisch für Frankreich außerordentlich wichtig bezeichnet worden sind, weil man von hier aus eine Über sicht weit in das Saarland hinein hat. Es ist nicht ver wunderlich, daß die Bevölkerung hieraus sowie aus den heutigen Vorgängen Schlüsse zieht, die eine gespannte Lage schaffen, ohne daß schon eine akute Gefahr für das Saargebiet zu bestehen brauchte. Jn Lauterbach und in Ludweiler sind die Landjägerposten durch Polizeiposten ersetzt worden, die sich aus Elementen rekrutieren, die seinerzeit von der Rcgierungskommission im wesentlichen aus Emigranten angcworben worden sind. Die Bevölkerung steht diesen Polizeiposten mit schärfstem Mißtrauen gegenüber. Die Tatsache der Zurückziehung der Landjägerposten und der Verstärkung der französischen Grenzwachen sowie des — vieleicht durchaus zufälligen — Austauchens französischen Militärs an der Grenze haben eine ganz außerordentliche B e un ru h i g u n g in die Be völkerung getragen. Dazu kommt, daß auf dem rechten Saarnfer von den 3050 Mann ansländischen Militärs 2950 Mann untergebracht sind, auf der linken Seite aber nur 100 Mann. Heimburger .weiß von nichts"! Eine Nachfragcbei dem Direktor des Innern der Regiernnqskommission, Herrn Hcimbnrger, war unge wöhnlich aufschlußreich. Einmal behauptete Herr Heim burger, die Landjäger ans der linken Saarseite seien zu rückgezogen worden, weil diese Zahl viel zu groß gewesen sei und weil sie anderwärts gebraucht würden. Es ist selt sam, daß Herr Heimbnrger dies erst jetzt wenige Tage vor der Abstimmung feststellcn kann. Einige Minuten später behauptete Herr Heimburger, er habe von alle» diesen Maßnahmen gar keine Ahnung, er müsse sich einmal informieren, was denn eigentlich geschehen sei, und seine Referenten fragen. Dazu kommt als dritte Lesart, daß die Landjäger „z u m S ch u tz des rechtenSa ar users gebraucht würden" — aber gegen wen, konnte nicht aesaai werden. Allein Tage der Abstimmung sein; aus deutschem Gebiet ein Asyl für politisch Obdachlose herausschneiden zu wollen, hieße aber nicht mehr, die „Saarfrage", wie versprochen, „loyal zu lösen", sondern sie als brennende Wunde zu erhalten. diese zwiespältige Haltung des Herrn Heimburger hat Las Mißtrauen noch erheblich gestärkt. Es erhebt sich hier die Frage: Wer ist mit wem im Bunde? Die Bevölkerung hat das Recht, Klarheit zu verlangen über Maßnahmen, die sie von jedem polizeilichen Schutz entblößen und die sogar die Möglichkeit geben — wie dies vor einiger Zeit schon einmal geschehen ist — daß kommunistische Rollkommandos aus Loth ringen ungehindert die Grenze überschreiten und die deutsche Bevölkerung terrorisieren. Das Mißtrauen gegen den französischen Direktor des Inneren, Hcimburger, dessen Ersetzung durch eine neu trale Persönlichkeit schon mehrfach gefordert worden ist, ist jedenfalls auf das äußerste gestiegen. Auch die Regie rungskommission müßte endlich erkennen, daß die Saar- bevöllerung in einer solchen Zeit der Spannungen besonderer Rücksichtnahme bedarf in einem Grenzgebiet, in dem selbst harmlose Vorgänge von der Bevölkerung ganz anders gewertet werden. * Einzelheiten über den Abstimmungsvorgang Presseempfang der Abstimmungskommission Vor etwa 200 Pressevertretern des Jn- und Auslan des gaben die Mitglieder der Abstimmungskommission ein klares zusammengefaßtes Bild über die technischen Vor bereitungen für die Abstimmung. Insgesamt wird in 83 Bürgermeistereien abgestimmt, und zu diesem Zweck sind 862 Einzelwahllokale mit einer durchschnittlichen Beteiligung von 650 Abstimmungsberech tigten eingerichtet worden. Die naturgemäß größte Bür germeisterei des Saargebietes, die Stadt Saarbrücken, um faßt allein 141 Wahlbüros. Den Wahlbüros stehen neu trale Persönlichkeiten, die in diesen Tagen im Saargebiet ans Holland, der Schweiz, Luxemburg und anderen Län dern eintreffen, als Vorsitzende vor. Ungefähr 80 000 Leute müssen innerhalb des Saargcbietes an anderen Orten abstimmen als an denen sie jetzt ansässig sind, weil bekanntlich der Wohn sitz des Stichtages maßgebend ist. An die Eisenbahnen sind hierdurch höchste Anforderungen gestellt, da außerdem ja noch Abstimmungsberechtigte von außerhalb in das Saargebiet und zurück befördert werden müssen. Die Abstimmung beginnt nm 8.30 Uhr und wird bis 8 Uhr abends dauern. Das Wahlbüro setzt sich neben dem neutralen Vorsitzen den aus je einem Vertreter der Deutschen Front und der Rückgliederungsgegner und ihren beiden Stellvertretern znsamen. Rach der Beendigung des Wahlgeschäftes wer den die Urnen vom neutralen Vorsitzenden des Wahl büros versiegelt, plombiert und für den Transport fertig gemacht, der von dem hier anwesenden Militär übernom men wird. Unter Führung neutraler Vertreter der Ab stimmungskommission werden die Urney zunächst nach den Bürgermeistereien gebracht. Dort haben die begleiten- den Personen eine Transportbestätigung auszufüllen. Den an diesem Transport nicht beteiligten Vertretern der Be völkerung kann Gelegenheit geboten werden, sich gleich falls von der Richtigkeit des Urnen-Transportes zu über zeugen und hierüber ebenfalls eine Transportbescheinigung auszufüllen. Insgesamt 2580 Personen werden die Urnen von den Wahllokalen in die Bürgermeistereien zu brin gen haben. Jn Sonderzügen werden die Urnen dann von größeren Sammelplätzen des Saargebietes nach Saar brücken und von dort in die Wartburg geschafft. Man rechnet mit dem Eintreffen der ersten auswärtigen Urnen etwa um 10 Uhr abends, mit den letzten zwischen 2 und 6 Uhr nachts. Jn der Wartburg werden die Urnen wie derum von einer besonderen Kommission empfangen, die sich gleichfalls aus Neutralen und Vertretern der betei ligten Partei zusammensetzt. Auch hier sind erneut Trans- portbescheinignngen auszufüllen. Für die Stimmzählnng, die am nächsten Montag um 9 Uhr beginnt, hat man ein ganz besonderes System ausgeklügelt, nm auf jeden Fall Unrichtigkeiten bei der Zählung zu vermeiden. 300 neutrale Stimmzähler werden ange stellt, die in 60 Grupcn zn je fünf Mann ununterbrochen zählen. Sie werden von den etwa 25 stellvertretenden Krcisinspektorcn (den lokalen Abstimmungskommissaren) kontrolliert werden, diese wiederum von den acht Kreis- inspcktoren und die letztere Kategorie schließlich von der Abstimmuugkommissiou. Alle strittigen.Fragen werden von der Abstimmungskommission entschieden.