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Mkrt I^orrlpl'SSLOk'. Reportage aus einem Zigeunerlager / Von Hans Wörner. Mitten zwischen den Wohnlauben am Rande der Stadi liegt eine kleine Tankstelle. Zwei verrostete Blechschilder an den Stämmen alter Bäume zeigen den Weg von der breiten Ausfallstraße durch einen kurzen Seitenweg auf den Hof des Benzinwirtes. Wer mag diese versteckte Trcibstoffquelle über haupt finden? „Dett fragen Se richtig!" klagt der Mann in Holz pantinen. „Wer mir uich kennt un meine uffmerksame Be dienung, der findet mir hier jarnich!" Wahrend der Pumpenhebel in der Hand des Tankwärters hin und her pendelt, schaue ick mich eiu wenig um. Drei oder vier Boxen lehnen an dem als Wohnlaube ausgeführteu Haus des Tankmannes. Die Türen verschwinden fast hinter Reklameschildern, lieber den Zaun auf der anderen Seite des Grundstückes kann man mitten in das Laubcngelände sehen. Radioantenncn und schmale Rauchsähnlein über den geteerten Holzdächern. An der ersten Laube dort steht knall blau der Name ihres Besitzers. Krawuttke. Aber dann beschäftigt mich die merkwürdige Geschäfts lage des Tankwärters doch wieder mehr. „Trotz aller Ab geschiedenheit scheinen Sie aber doch ein Paar Generaldirek toren in der Kundschaft zu haben! Da drüben in dem offenen Schuppen zum Beispiel der feudale Kompressor..." „Dett Se sich mau nich irren, Meester! Wat der Kom pressor is, der jehört nämlich den Zijeunern von dahinten." Zigeunern von dahinten? Ach so, wenn man hier links neben der Wohnlaube von Krawuttkes durchschaut, sieht man buntgestrichene Zigcunerwagcn. Dort kommen richtig auch zwei braunhäutige Knaben, barfuß im Monat De zember, Weiße Zähne wie Fohlen zwischen den lächelnd ge öffneten Lippen. „Können Sie mir, bittaschön, saggen, wie viel Uhren es ist?" fragt der kleinere von den beiden und schielt dabei auf die Taschenklappe meines Mantels. Ich hebe das Handgelenk vor die Augen, aber ich muß gerade die Hand, an der ich die U«r trage, schnell wieder sinken lassen... um den kleinen Bengel auf die braune Kinderpatsche zu schlagen, mit der er flugs mal in meine Manteltasche wollte... „Na, nun können Se sich ja denken, wat unsereiner mit die Gesellschaft umsetzt! Wenn ick Werkzeug vamisse, wo jeh i ick hin? Dahinten mang die Wagen. Der Chef vons Janzc > rückt die Klamotten meesteus ooch raus, weil er sich nämlich bei mir halten will von wcjcn.det Standgeld!" I „Standgeld, richtig! Wer Kompressor! „Und den Zigeu nern gehört der fabelhafte Wagen?" „Sicher! Dett sind jewissermaßen janz moderne Zijeuner! Früher Ham se mit Fäulen jehandelt, dett is nu nischt mehr, vastehn Se, uu machen se ihren Handel mit Autos. Sic karriolen im langen Bataland berum. alle iw"? bis w'ci Monate sin se mal hier und immer mit anderen Wagen. Dei da drüben — der jehört nämlich ooch dazu — den Ham s« vorige Woche anjcbracht. Also der krauchte man bloß nocy Un dann Ham se eenen Tach lang palavert und ieberlegt, dank Ham se dett unterste an dem Wagen zu oberst jedreht, un! nun läuft der Wagen wieder Wien Dopp! Dett müssen si vastehn! Früher Ham se die Gäule zurecht jedippt, det die fm zwee Stunden uffm Pferdemarkt ufftreten konnten wie eng lischer Vollblut, nu machen se dett mit den Wagen jenau so Der Dukko, wat nämlich der Chef ist, der macht Ihnen einer Motor zurecht, dett er vor zwee Tage mehr läuft, als er je mals jeleistet hat. Glyzerin mang den Sprit und lauter som Geheimmittclchen, jawoll..." Ein großer, kräftiger Mann mit breiten, schwankender Hüften in hellgrauen Knickerbockern, zu denen er glührot« Wadenstrümpfe und blaßgelbe Niedertreter trägt, kommt ver gnügt von der Wagenburg quer über den Zaun auf den Tank- Platz. Das ist Dukko selbst, der Führer der autohandelnder Zigeuner. Er hat unbeschreiblich dichtes, schwarzes Locken haar und große, fleischige Hände „Immer sleißiglich, immer fleißiglich!" lächelt er den Tankwart zu, der mit der Fettspritze halb unter meinen Wagen liegt. Und vergnügt darüber, einen Dummen arbeiter zu sehen, bleibt er stehen und grüßt freundlich und bcwcglick zu mir hin. „Was wollen Sie Habben für diese kleine Wagen? Ick brauche nicht hören, wie Taufen der Mottor, ich gebe drei hundert Mark!" „Augenblick mal, Herr Dukko! Der Wagen gehört mii überhaupt nicht!" „Umso besser für Sie, können Sie kaufen von mir eine fabbelhafte Kompressor für vierhundert Mark, so qutt wie gescheuten!" „Nein, danke, der frißt mich ja arm an Benzin!" „Nix, nix, nix Benzin! Ich haben eingebaut eine Er findung, Sie fahren Kompressor mit fünfzehn Litern Ga rantie! Bittaschön. kommen Sie mit..." Bittaschön! Sagte der kleine Junge, dessen Patschhand ich von meiner Manteltasche wegschlageu mußte, 'nicht auch bittaschön... dieses Wort erinnert und warnt mich. „Nein, danke, Herr Dukko! Ich kaufe weder den Kompressor noch sonst..." „Saggen Sie nicht sonst, ehe Sie wissen, was haben ich zu verkaufen. Sie können haben, was Sie wollen, mein Herr!" Und ehe ich wirklich an Abwehr denken kann, bin ich mit Dukko, dem Ahasver, der mit Autos handelnd durch das Land wandert, auf dem Wege zu der Wagenburg. Ach, Waaenburgromantik, wie anders schaut sie hier aus! Die Wohnwagen laufen auf Luftreifen, und statt der Pferdc- dcichseln gibt es hier Anhängerzuggabeln. Und nicht weniger als sieden Wagen stehen und warten auf einen Käufer. Einige sind tipptopp gewienert und glänzen trotz des Winternebels, als hätten Dukkos Leute Sonnenreflexe auf die Kühlerhaube poliert. Andere stehen und frieren in der ganzen Jämmer lichkeit abgewrackter Fahrzeuge. Und gerade eines von ihnen soll ich kaufen. „Ich weiß, Sie denken, das ist nichts, das ist Powcl. Aber der Maschinue, bester Herr, genuerallübberholt!" Dukko greift an die Andrehkurbel und dreht sie ein einziges Mal. Prrr! Der Motor ist da! „Und wenn Sie nicht heute entschließen, lieber Herr... Bittaschön, darf ich vorstellen meine Tochter..." Ein glut- äugiges Mädchen drückt sich scheu an mir vorbei und mustert meinen Mantel . . . ,Und wenn Sie nicht entschließen, bester Herr, kommen Sie wieder hierhin alle paar Woche, Sie finden immer etwas Neues, wir werden Ihnen beschaffen, was Sie wollen brauchen..." Ich gehe zum Tankplatz zurück. Der kleine Junge be gegnet mir, und ein schimpfender Tankwa-rt empfängt mich. Der Verschluß meines Kühlers ist nämlich verschwunden... Dukko ohrfeigt seinen jüngsten Sohn und greift ihm blitz schnell unter die schmutzige Bluse. Richtig, mein Kühler- Verschluß. Und ehe Herr Dukko seinen großen Wagen anspannt, um einen Interessenten zu besuchen, sage ich ihm, ich hielte seinen jungen Sohn Wohl nicht zu Unrecht für seine „Abtei lung Ersatzteile". Dukko wiegt freundlich lächelnd den schönen Kopf. Dann aber braust er donnernd los — Ahasver fährt Kompressor... De? Doppelgänger». Ein Briefwechsel / V< Der Tenor Knödelsky an den Rentner Alois Schulze: Mein werter Herr! Der Himmel hat in einer seiner unerforschlichen spaß haften Launen Ihnen, als er Sie bildete, eine unleugbare Aehnlichkeit mit mir verliehen. Ich begreife sehr Wohl, daß Sie sich dieses für Sie so schmeichelhaften Naturspiels freuen, ober ich muß doch gegen die Art und Weise, wie Sie es aus zunutzen belieben, energischen Protest einlegeu! Sie tragen den Bari auf dieselbe Art wie ich; nämlich keinen. Sie lassen bei demselben Schneider arbeiten wie ich und tragen dieselben Weichen Wiener Hüte. Nicht genug damit, lassen Sie sich auf der Straße von meinen Bekannten grüßen und danken an meiner Stelle. Sie genießen in Kaffeehäusern, Hotels, auf Bällen und öffentlichen Vergnügungen seitens des bedienenden Personals Vorzüge, die mir zugedacht sind. Sie lassen sich von jungen Damen Blumen und Billetts in die Hand drücken, die zweifellos mir gelten, und klären Photo graphen, die Ihnen mit ihrer Kamera folgen, nicht über ihren Jrrrum auf. Schlimmer als dies alles aber ist die Tatsache, daß Sie nicht nur in Foyers und auf öffentlichen Plätzen, in Wein stuben, Luxuszügen und Sommerfrischen aus dieser Aehnlich keit Vorteil und Nutzen ziehen, sondern daß Sie auch die Dreistigkeit besitzen» sogar in den Boudoirs schöner Frauen die mir und meinem „hohen C" geltenden Huldigungen in Empfang zu nehmen und, wenn ich recht unterrichtet bin, durch Vertraulichkeiten zu erwidern... In Anbetracht und Würdigung all dieser Umstände stelle ich klipp und klar die Forderung an Sie, daß Sie sich einen Vollbart stehen lassen, ihren Schneider wechseln und sich aller Handlungen enthalten, die zu Verwechselungen mit mir An laß geben könnten. Mit aller Hochachtung, die ich einer, wenn auch in der Wesenheit unbegründeten, Aehnlichkeit mit mir immer noch zolle, zeichne ich Knödelsky. -sc Der Rentner Alois Schulze an den Tenor Knödelsky. Mein werter Herr! Ich sehe Ihnen ähnlich. Der Herr besser's! Mein Wort darauf, ich würde lieber dem Bey von Tunis ähnlich sehen — denn der ist weit und singt nicht. Oder dem Dalai-Lama — denn ich reise nicht nach Tibet. Nur nicht gerade Ihnen! Kein „hohes C" in der Kehle haben, aber so aussehen, als hätte man das — das ist einfach eine Tragödie! Meinen Sie, ich tue sowas zu meinem Vergnügen? Wenn ich mir keinen Bollbart stehen laße, so geschieht es. weil mir keiner wächst. Und wenn mein Schneider auch Ihr Schneider ist, so hat das darin seinen Grund, daß er der beste Schneider hier ist. Aber wenn schon der Fluch der Aehnlichkeit einen Menschen verfolgen soll, so sehe ich wirklich lieber einem Rentner ähnlich — und das ist Ih r Fall — als einem Tenor — und das ist leider mein Fall. Sie sehen einem Rentner ähnlich, von dem man weiß, daß er in guten Verhältnissen lebt; das kann schlimmsten Falles zur Folge haben, daß Sie zuweilen von Leuten angepumpt werden, die sich in Verlegenheit befinden. Sie geben prinzipiell außer Tönen nichts aus — gut, fo hat der Rentner den Schaden davon. Denn er kommt unverdient in den Ruf eines Knausers. Aber einem Tenor ähnlich sehen, Sie, das ist ein Vergnügen! Ich leide seit drei Jahren an Kopfrheumatismus. Warum? Weil mir ein Friseur, während ich die Zeitung las und nicht aufpaßte, im Dezember die Haare ganz kurz schnitt, -m meine Locken an Backfische verkaufen zu können. Meine Frau hat mich geheiratet, weil ich Ihnen ähnlich sehe; und chon auf der Hochzeitsreise üat.M mir voraeworfen. daß ick Rudolf Presber richt singen kann. Was ihr doch bekannt war.' In der Elekiri- chen, an öffentlichen Plätzen, bei Schaustellungen bin ich den aufregendsten Liebesabenteuern ausgesetzt. Nur meine an geborene Courtoisie gegen Damen verhindert mich, die Un glücklichen aufzuklären und Zeuge ihrer Beschämung zu sein. Meine Gesamtkonstitution ist — entsprechend meinem Tchlkopf — nicht auf einen Tenor eingerichtet, sondern auf einen Rentner. Pflichten der Galanterie und meine an- zeborene Herzensgüte zwingen mich aber immer wieder außer- icilb des musikalischen Gebietes ausgesprochen „Tenoristisches" n Vertretung zu leisten. Schwere eheliche Zerwürfnisse sind damit verknüpft ge lesen; und meine Nervosität hat in einem Maße zugenommen, aß ich kürzlich ein Sanatorium aufsuchen mußte. Als ich ort zum erstenmal den Speisesaal betrat, um in der vor- eschriebenen leichten Kleidung, die Füße im Wasser, den vor- eschriebenen Salat in den verordneten Riesenportionen zu ssen, reckten alle Patienten sich die Hälse nach mir aus. Mir >ar es gräßlich. Ich bat den Direktor, und er sprach ein aar Worte: „Dieser unser lieber Mitpatient ist nicht der be- ähmte Tenor Knödelsky, sondern der Rentner Alois Schulze." Ingläubiges Lächeln, heimlisches Tuscheln, verständnis- anigcs Kopfnicken: „Aha — inkognito!" Und nun ging der alte Zauber los! Ich hatte stets Blumen ind Kärtchen auf meinem Schreibtisch, begegnete stets „zu- ällig" allen schwärmerischen Backfischen und hysterischen alten Samen. Bekam drohende Blicke der Männer, die sich zum Zonntagsbesuch einfanden. Schließlich wurde mir's zu dumm. Ich Werd's ihnen be weisen, dacht' ich ingrimmig, daß ich nicht der Knödelsky bin! Ich sprang bei Tisch plötzlich auf und sang. Sang die Grals- -rzählung, so unrein, so falsch, von einer Tonart in die andere allend, wie eben nur ich singe. Ich, der Rentner Alois Schulze. Und was meinen Sie? — Alle legten die Messer hin und .auschten. Damen schluchzten. Alte Herren blickten verklärt zur Decke. Die Kellner standen wie die Diener in Dorn röschens Schloß an den Wänden und lauschten mit offenem Maul... Und dann, als ich geendet, ein Beifall — tobend, äsend, unstillbar: „So singt nur er, der göttliche Knödelsky!" Line Regierungsrätin a. D. fiel mir um den Hals und küßte mich. Andre Damen baten um Blätter von meinem Salat zur Erinnerung an mich, meine Stimme und diese Stunde. Da hab' ich es aufgegeben zu beweisen, daß ich ich bin und nicht Sie. Nun, bitte, beweisen Sie, daß Sie Sie sind und nicht ich. Glückt's Ihnen, so haben Sie mir dreierlei wiedergeschenkt: mich selbst, meinen Namen und zehn Jahre meines Lebens. Glückt's Ihnen nicht, so ist es mein innigster Wunsch, daß Sie der Teufel hole! Ich werde dann durch die Welt gehen als ehrwürdige Reminiszenz an ein „hohes C", das alle Welt entzückt und mich um den ruhigen Genuß meiner Renten gebracht hat. Mit aller Hochachtung, die ich für meinen Peiniger nicht aufbringcn kann, zeichne ich Alois Schulze, Rentner. Kandiszucker auf die Wunde! Hon sehr heilsamer Wirkung ist bei vielen offenen Wun den die Behandlung mit dem wohl überall zu billigem Preist erhältlichen Kandiszucker. Es hat sich herausgestellt, daß ei eine desinfizierende Wirkung ausübt. Das beruht wahr scheinlich darauf, Saß der Zucker durch die Ausscheidungen der Wunde in Alkohol verwandelt wird. Die Behandlung geht sc vor sich, daß man ein Stück Kandis einige Sekunden in kochendes Wasser taucht und dann mit einem sterilen Messei auf steriler Platte den Zucker in Pulverform abschabt. Da mit wird die Wunde bestreut. Und zwar soll deren ganze Oberfläche mit dem Kandis bedeckt sein. Der graue Laden und die grüne Bahn. Von Hannes Holm. Es ist ein düsterer Laden, er liegt in der Seitenstraße eins großen Stadt. Das Schaufenster ist grau angestrichen bis zui Brusthöhe, dann hängen da ein paar zeitungsblattgroße Zelts mit geheimnisvollen oder komischen oder unverständlichen Na men, und hinter einigen dieser Namen stehen mit Blaustif flüchtig hingesckricben römische Ziffern. Im Hintergrund des Ladenraums brennt eine grell elektrische Lampe, es ist nicht viel Mobiliar zu sehen, eim Holztheke, ein Pult, ein Telephon. Die Wände sind mit dei gleichen Zetteln bedeckt, wie wir sie vor unserem Eintritt an Schaufenster hängen sahen. Immer stehen Leute im Laden Sie unterhalten sich halblaut, als teilten sie sich wichtige Gs Heimnisse mit. Es ist aber so, daß die wenigsten in diesem Raum gut an gezogen sind, die meisten haben etwa, jagen wir: Saloppes ai sich. Man merkt, daß ihre Gedanken nicht sehr der Kleidum gehören. Sie haben andere Sorgen. Sie stehen vor den Listei und verschlingen mit den Augen die Namen und Zahlen Andere starren in grüne und rosafarbene Zeitungen. Eine: sitzt an dem einzigen Tisch im Vorraum, er hat den Hut wer m den Nacken geschoben, er fährt mit Blau- und Rotstifte, über das Zeitungsblatt, das er vor sich liegen hat, seine Lippe, bewegen sich lautlos. Das ist in einer großen Stadt, und in jeder großen Stad ist es dasselbe. Vor dem Laden braust die Alltäglichkeit mi Autos, Karren, Rädern, mit Postboten, Bäckerjungen, ein- holenden Frauen, mit Hoffenden, Verzweifelten, Glückliche, und Verlorenen. Der Laden ist eine Welt für sich. Er is staubig und grau, seine Gäste legen auf Luxus keinen Wert Eine Glocke läutet. Musik bricht ab. Das Feld setzt sick in Bewegung. Pferdeleiber strecken sich. Die grellen Jacke, der Jockeis tanzen über den edlen braunen Körpern wie bunt« Bojen auf bewegtem Wasser. Tribünenpfeiler, sehr schlank tragen wuchtige Dächer. Ueberall haben sich die Menschen vor den Sitzen erhoben. Das Feld ist im letzten Bogen angelangt Die Entscheidung naht. Feldstecher zittern in behandschuhte, Händen. Eine Frau stößt einen dünnen Schrei aus. Das Rennen ist vorbei. Vor dem nächsten gibt es ein« längere Pause. Aus grauem Gewölk kommt die Sonne un! bestrahlt diese Landschaft weiter grüner Flächen, unterbräche, von Hecken und Gräben und künstlichen Hindernissen. Am öst lichen Horizont steht ein ruhiger Wald. Die Stadt ist ferm wenn nicht ein paar Schornsteine sich wie Finger in de, Himmel reckten, könnte man sie vergessen. Musik weht übe: den Rasen. Vorführdamen spazieren in einer lachenden Reih« vor der Haupttribüne. Hinter der Tribüne klettert ein Mann ein paar Stufe, hoch und schreibt die Quoten an. Geld klappert auf Holz. Dei Boden bedeckt sich mit wertlos gewordenen Zetteln. Sie liege, zwischen den im Herbstwind tanzenden welken Blättern. Hundert Kilometer weiter weg, zwanzig Kilometer weite; weg, sechshundert Kilometer weiter weg, sechzig Kilometer weiter weg, tausend Kilometer weg sind die Läden, die graue, und trüben Läden mit den Zetteln an der Wand. Ueberall i, diesen Läden hängt jetzt ein Mann den Hörer auf, klinkt di« Schranke auf, malt eine blaue Ziffer hinter den Namen eine! Pferdes, macht sich nichts aus den Aeußerungen der ihn Um drängenden. Pferde laufen in Hoppegarten und in Le Tremblay, ir Epsom und in Karlshorst, in Enghien und in Baden-Baden Bon tausend, die in den kargen Läden sitzen, haben ncun- hundertfünfzig nie einen dieser Rennvlätze betreten. Die Pferd« laufen. Die Menschen setzen. Manchmal knickt ein Pferd zu sammen; und wenn es noch so herrlich ist und wenn es Alb< heißt, es muß sterben. Manchmal klappt eine Doppelwette Dann rennt in irgendeinem Laden ein Mann wie irrsinnig davon.