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Nachweisungsgcbühr 2V Reich SP sennige. lv»» geschriebene Erscheinung-- „ „ tage und Platzuorschriftea .uerden nach Möglichkeit Kkrnsvrecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berürkfichtigt. Antigen« annahme bis oorni.lvuhr. — - - " Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Feder Ra dattanspruch erlischt, wenn derDetrag durch Klage eingezogen werden mug oder der Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigeu nehmen alleBermittlungrstellcuentgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshanptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 299 — 88 Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt' Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Freitag, de« 27 Dezember 1A2S Ser Haager Konferenz entgegen. Es wird nun Ernst mit der Haager Schluß, ko ufere uz, wird Ernst mit dem Noung-Plan. In Deutschland nicht nur überschattet er seit Wochen und Monaten das politische Geschehen, sondern auch in andern, an ihm interessssierten Landern ist er das Hauptthema des politischen Debattierens und Handelns. Man hat sich dazu reichlich viel Zeit gelassen. Unerträglich viel Zeit jedenfalls für Deutschland. 1924 ging es schneller; da mals war alles in sieben Monaten, von der Beratung der Sachverständigen bis zum 31. August, als der Deutsche Reichstag den Dawes-Plan nebst Durchsührungs- gcsetzen angenommen hatte, gemacht. Jetzt wird wohl der Jahrestag der Pariser Sachverständigenkonferenz erst wieder herankommen müssen, ehe der Uoung- Plan bis zum letzten Punkt erledigt ist. Angeblich soll auf der Haager Schlußkonferenz für schnelle Abwicklung der Beratungen und Beschlußfassungen gesorgt werden, — aber das kann auch ein frommer Wunsch bleiben! Denn es ist doch noch so manche Streitfrage teilweise sehr wichtiger Art offen geblieben, hat man sich über noch so manches nicht einigen können — um als Beispiel nur die immer noch nicht geklärte Frage der „Ostreparationen" Ungarns, Bulgariens und der Kleinen Entente zu er wähnen —, so daß die Dinge vielleicht doch nicht so glatt gehen werden, als die beteiligten Mächte es angeblich durchsetzen wollen. Und schließlich ist es ja auch auf der ersten Haager Konferenz zu den schwersten Streitigkeiten gekommen, obwohl der Sachverständigenbericht fertig vorlag. Man ivird in Deutschland nicht die Augen davor ver schließen, daß auf der kommenden Schlußkonferenz die tak tische Lage der deutschen Delegation nicht sehr günstig sein wird. Man hat die Kuh, die man kaufen will, in Deutsch land recht stark gelobt. Außerdem sind „die noch zu lösenden Fragen", die von der ersten Haager Konferenz zu weiterer Behandlung herausgehoben wurden, in- Zwifchcn in einem Sinne gelöst worden—Polenabkommcn, deutsch-belgische: Markvertrag —, der in manchen Kreisen Mißstimmung hervorrief. Auch hierüber ist im Reichstag die Debatte fast ganz vermieden worden; alles soll erst be handelt werden, wenn die Haager Konferenz vorbei ist und der Voun g-Plan dann in seiner endgültigen Form auch dem Deutschen Reichstag zur Ratifikation vor gelegt wird. Dann aber bleibt nun immer noch das große Fragezeichen, wie und — ob er funktioniert, wie seine Rückwirkungen auf Deutschlands Wirtschaft, Währung und Finanzen sein werden. Auch über diese endgültige Form des Planes besteht noch keine restlose Einigkeit zwischen Deutschland und der Gegenseite, so z. B. über die Art der Garantie, die mittels der Reichsbahneinnahmen geschaffen werden soll; auch ist das schwierige Kapitel, wie und wann nun eigentlich der „Übergang" vom bisherigen zum neuen Zahlungsplan erfolgt, noch nicht geklärt — und gerade hier besitzt die Gegenseite angesichts der deutschen Finanz- kalamitäten ein starkes Druckmittel. Lange genug haben ja in Paris die Vertreter all der großen und kleinen Gläubigerstaaten zusammengesessen, um sich über ihr tak tisches Verhalten im Haag Deutschland gegenüber einigen zu können. So wird z. B. die Verhandlung über die Räumung des Saargebiets vermutlich erst weit später beendet fein, als man die Daner der Haager Konfe renz abschätzt; mühsam genug quälten sich diese Be sprechungen vorwärts und werden dadurch nicht erleichtert, daß dieser Gegenstand immer wieder zu heftigen Aus einandersetzungen in der Französischen Deputiertcnkammer führte und führt. Wir Deutsche gehen als Schuldner nach dem Haag in eine Versammlung unserer Gläubiger, die im Besitz der Macht sind. Und die auch gar nicht danach fragen, ob wir gern oder ungern zahlen. Wir haben eben zu zahlen. Und man würde sich auf der Gegenseite nicht weiter lange besinnen, eine etwaige deutsche Weigerung mit Gegenmaß regeln zu beantworten. Was eine Tatsache ist, von Deutschland darum in die politische Rechnung eingesetzt Werden muß. Die Annahme des Dawes-Planes erfolgte unter weit stärkerem Druck; denn damals standen die Fran zose« und die Belgier an Ruhr und Rhein, blieben ein »umzes Jahr lang dort auch noch stehen. Jetzt regiert, wie 1924. derselbe Mann in England, Macdonald; er »eitet ein Kabinett der Arbeiterpartei. Manches hat sich in der politischen Weltkonstellation verschoben, trotzdem ist der Weg von der ersten Haager zur Schlußkonferenz für Deutschland mit Unerfreulichkeiten gepflastert. Auck in den kommenden Konferenztagen wird es vermutlich daran nicht fehlen. Sie lleichsregieruna an den Feiertagen. Hindenburg in Berlin. Reichspräsident von Hindenburg verbrachte die Feier im Kreise seiner Familie. Der größte Teil der Minister ist die Feiertage über in Berlin geblieben. Nur Reichsfinanz- minister Mo ldenhauer hat sich in seine Kölner Heimat begeben. Er durfte jedoch unmittelbar nach dem Fest wieder nach Berlm zurückkehren. In der Frage der Nach- Popjtz wird die Entscheidung erst gegen Ende der Woche fallen. Der ZUWw mW Pariser Kamer Paris, 26. Dezember. Die französische Kammer setzte am Vormittag des zweiten Weihnachtsfeiertages ihre außenpolitische Aussprache sort- Zunächst bestieg der radikalsozialistische Abgeord nete Herriot die Tribüne. Er beglückwünschte Briand zu dem Plan, die Vereinigten Staaten von Europa zu schassen. Herriot betonte, daß es sich hierbei nicht um eine politische Vereinigung Europas handeln solle und nicht darum, einen europäischen Zoll verein um Frankreich zu schassen. Briand bestätigte diese Ausfüh rungen und erklärte, daß der Gedanke der Vereinigten Staaten von Europa nichts mit der Gründung eines Zollvereins zu tun habe. Frankreich wolle vielmehr allen kleinen Staaten dieselben Rechte einräumen, wie den großen. Die Pflicht und die Vorsicht, so führte Herriot im Laufe der Aussprache weiter aus, zwängen Europa, sich zu organisieren, wenn es nicht den schlimmsten wirt schaftlichen Umwälzungen ausge'etzt und seine Industrie in ihren wirtschaftlichen Grundlagen erschüttert werden solle. Die Grün dung der internationalen Bank, wie die Bildung des französisch- deutschen Stahl-Kartells, bewiesen die Möglichkeit der wir'chaft- lichen Vereinigung Europas. (Briand msi, daß dies die Ergebnisse seiner Annähemngspolitik seien-) Weder Amerika noch der Völ kerbund würden die Vereinigten Staaten von Europa zu fürchten haben. Nieman- habe für die Befreiung Europas mehr getan, als Briand. Die Ausführungen Herriots waren von langanhaltendem Beifall begleitet. Der Abgeordnete der Republikanisch-demokratischen Ver einigung Dubois (Gruppe Marin) nahm sodann das Wort, um die Regierung zu fragen, warum bereits vor der Annahme des Youngplcnes ein Beschluß über die vorzeitige Räumung der drit ten Zone des Rheinlandes gefaßt worden sei. Man brauche nur die deutsche Preße zu versolgen, um sich darüber klar zu sein, daß Deutschland den Houngplan nur einige Jahre ersticken werde. Der Redner stellt fest, daß der Houngplan außer der Herabsetzung der Schulden um zwei Drittel, auch die Garantien, die die Gläubiger mächte noch in der Hand hätten, weiter vermindere. Die Mobili sierung der deutschen Zahlungen sei die wichtigste Voraussetzung für die erfolgreiche Arbeit der internationalen Bank. Ohne Kom merzialisierung und ohne Mobilisierung bedeute der Houngplan gar nichts. Ministerpräsident Tardieu erklärte hieraus, daß die Räumung der dritten Zone noch nicht begonnen hätte. Er verstehe außerdem nicht, daß der Redner bis Ende Dezember gewartet habe, um gegen den Houngplan Opposition zu betreiben, obwohl er doch erst vor 7 Wochen der Regierung sein Vertrauen ausge sprochen habe, Es gehe nicht an, daß von der Tribüne Herab Be hauptungen ausgestellt würden, die unrichtig seien. Briands Verteidigung Paris, 26. Dezember. In der Nachmittagssitzung der Kammer wurde die außenpolitische Aussprache fortgesetzt. Nach Ausführungen eines Abgeordneten von Algier, eines Basken und eines Raditalsozialisten bestieg Briand um 17 30 Uhr die Tribüne, um sich zuerst gegen seine Gegner zu wehren. Er erklärte, daß er Moldenhsiiers Ausgabe. In der kurzen Zeit seiner Tätigkeit als Wirtschafts minister ist er noch nicht dazu gekommen, zu zeigen, was er auf diesem Gebiete zu leisten imstande wäre. Schwere Aufgaben erwarten ihn jetzt: die Reform der Finanzen und zunächst die Vertretung Deutschlands im Endkampf um die Reparationen im Haag, wo er neben dem Rcichs- außenminKter Dr. Curtius deutscher Hauptdelegierter sein wird. De Reichskanzler Hermann Müller und der gleich falls dafür genannte Reichsverkehrsminister Dr. Steger- Wald haben, wie man hört, nicht die Absicht, der Delegation anzugchören. Dagegen dürften noch Dr. Wirth und auch Dr. Schacht als Hauptdelegierte in Betracht kommen. Neichswirtschastsminister Robert Schmidt. Reichsfinanzmmister Moldenhauer. WirMastSmmister Schmidt gehörte früher der Reichsreqierung schon wiederholt an. Der jetzt 66jährige Schmidt wurde bereits in Weimar Ernäbrnnasminister. dann untLr den Kanzlern Bauer, einen Widerwillen verspüre, immer die gleichen Dinge zu wieder holen, die er so ost vor der Kammer und dem Senat ausgespro chen habe. Beide Kammern hätten seine Politik mit großer Mehr heit gutgeheißen. Als er seine» zeit mit seinen Friedensbemühun gen begonnen Habei, habe er nicht geglaubt, daß ein so heftiger Kamps gegen ihn entfesselt werden würde. Franklin Bouillon und Mandel hätten gegen ihn die gleiche negatvie Kritik gerichtet, die zwar die Regiemngspolitik tadele, ober nichts anderes an ihre Stelle setzen könne. Im weiteren Verlauf seiner Aussprache er klärte Briand, daß die gegen ihn gerichteten Vorwürfe, als ob er französische Interessen preisgegebcn hätte, im vollen Umfange un wahr seien. Briand wies im weiteren Verlauf seiner Rede daraus hin, daß ihm zu Unrecht für alle Mißerfolge der französischen Po litik seit dem Weltkriege die Schuld deigemessen werde. Der Zu sammenhang unter den Alliierten sei nach dem Kriege viel schwä cher gewesen, als während des Krieges. Man habe ihm vorgewor fen, -aß er Polen in Locarno geopfert habe. Er persönlich habe sich aber bemüht, wie man aus den Verhandlunen -er Konserenz von Locarno entnehmen könne, alles für Polen zu tun,, was nur denkbar sei, und von Deutschland die Zustimmung zu erhalten, aus jeden Angriss zu verzichten. Es sei nicht richtig, daß die Locarno- Betträge eine rein deutsche Erfindung seien. Auch der französische Geist sei an ihrem Zustandekommen wesentlich beteiligt. Der Ver sailler Friedensverlrag sei stets seiner Bestimmung gemäß auge- wendet worden. Natürlich sei dies nicht ohne Zwangsanwendung vor sich gegangen, doch könne man ein Volk von 60 Millionen Einwohnern nicht dauernd unter Druck halten, auch wenn man in einem Kriege gesiegt habe. Die Locarnopolitik sei daher eine Not wendigkeit gewesen, sonst wäre Deutschland in den Völkerbund nicht eingetreten und zum Anziehungspunkt sür alle die Völler Europas geworden, die mit ihrem Schicksal unzusrieden seien. Bri and kam dann nochmals auf Polen zu sprechen, er betonte seine Verdienste, die Zuteilung eines großen Teiles von Oberschlesien cm Polen erreicht zu haben- Es gebe sicherlich nicht einen einzigen Polen, der ihm hierfür nicht dankbar sei. lieber die Anschlußfrage habe er mit dem Reichskanzler Müller eine längere Unterredung in Genf gehabt und den Kanzler auf die Gefahr des Anschlusses Oesterreichs hingewiestn. Im übrigen sei er nicht der Ersinder des Anschlußgedankens. Man brauche nur den Friedensvettrag nach- zulesen, um festzustellen, baß auch der Vertrag unter gewissen Be dingungen den Anschluß gestatte. Briand sprach ausführlich über den ständig wachsenden Wunsch der Völker nach Frieden und be kannte sich zu dem Spruch: si vis pacem para pacem. (Wenn Du den Frieden willst, bereite den Frieden vor.) Zum Schluß kam er auf die Räumungsfrage zu sprechen. Der Artikel 431 des Frie- densvettrages bestimme, daß, wenn Deutschland seinen guten Wil len nachgewiesen hätte, der Termin der Räumung vorbereitet werden könne- Er habe sich bei seinem Vorgehen nur an die Be- stmrmungeu des Vertrages gehalten. Briand schloß mit der Auf forderung an die Kammer,, wenn sie seine Politik nicht anerken nen wolle, ihn atMberufen. Aus den Antrag Franklin Buoillons wurde hieraus die Sitzung aus Freitag vormittag vertagt. Hermann Müller, Wirth Wirtschaftsminister; dem von Stresemann gebildeten ersten Kabinett der Großen Koali tion gehörte er als Wiederaufbauminister und Stellver treter des Kanzlers an. Robert Schmidt gehört zu den ältesten Mitgliedern der sozialdemokratischen Fraktion des Reichstages, in den er znm erstenmal im Jahre 1893 gewählt wurde. Sachsens Großhandel beim Wirischastsminister. Vor einigen Tagen fand ein Empjang des Prä sidiums und der Geschäftsführung der sächsischen Groß- handelsverbände durch den sächsischen Wirtschafts minister Dr. Krug von Nidda und von Falkenstein statt. Der Präsident der Landesgruppe, Hans Stickel i. Fa. Gustav Gerstenberger, Chemnitz, schilderte zunächst die beispiellos ernste Lage der gesamten Wirtschaft Sachsens, unter der auch der Großhandel ganz besonders zu leiden habe. Die Verhältnisse seien ohne Übertreibung derartige, daß nur eine sofortige Abkehr von den bisherigen Methoden der Steuer- und Sozialpolitik einen völligen Verfall der Wirtschaft verhindern könne. Stickel wies noch darauf hin, daß allein der Reichsbankpräsident heute, mehr als jeder Sparkommissar, in der Lage sei, infolge seiner parlamentarischen Unabhängigkeit auf die Aus gabenwirtschaft von Reich, Ländern und Gemeinden ein zuwirken. Er habe gewissermaßen den Schlüssel zum Geldschrank der deutschen Wirtschaft in der Hand. In der anschließenden Aussprache wurde besonders auf die Mutlosigkeit und verzweifelte Stimmung weiter Kreise hingcwiesen. Mit besonderer Sorge erfülle den Großhandel der Gang der bisherigen Beratungen über das Finanzreformprogramm der Reichsregie rung, da die ursprüngliche Koppelung zwischen Steuer senkungen und -erhöhungen im Augenblick verloren gegangen sei und zunächst nur das Sofortprogramm, welches lediglich neue Belastungen der Wirts-Hast brächte.