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s s o .0 ,o ,s ,o .1 r' lb w »l> ß< bc ilc ^4. o- ir- »e A Wilsdruffer Tageblatt ? 3.Matt.—Nr.298 - Dienstag Sen 24. Dez. 1929 H LkribnsM Aus Kinderjahren greift ein Bild In dieser Nacht an unser Herz und fuhrt uns schön und engelsmild Mit seinem Zauber höhenwäns, Daß leis, was in uns schrie und rang Des sel'gen Staunens voll verweht And in uns selber sehnsuchtsbang Das Kind nun wieder auferstehl. Umraunt von Hellem Weihnachtssang, Umflammt von goldnem Kerzenschein, Heh'n wir von Bethlehem den Hang Hinab und in den Stall hinein Und jeh'n beg.ückt und weihnachtsfroh Mit Zügen weich und lieb und lind In einer Krippe Heu und Stroh Der Welt geschenkt das Jesuskind. Und sehn, wie Könige und Hirt, Wie Weise, Bettler mit Marien Andächtig, stumm und glückverwirrt Vor Gottes heil'gen Wunder knien Und seh'n aus Sternenweilen her Ein Licht, das hin zum Stalle weist, Und hör'n der Engel frohe Mär, Die Gottes Vatergnade preist. Da will ein Wunder sich vollzieht An jeder mühen Menschenbrust, Daß wir voll Andacht niederknien, Voll Liebe und voll Weihnachtslust, Daß aller Schmerz und alle Last In dieser Stunde von uns sinkt Und unsre seelenlose Hast Im Glück der Krippe still verklingt. Und wie wir fühlen, daß uns Macht Und Wissen nicht und Reichtum frommt, Daß aus dem Wunder dieser Nachl Uns aller Strom des Segens kommt, Muß, was uns niederdrückt, verweh'n, Zerbrechen, Irren, Schuld und Wahn, Weil wir im Licht der Krippe seh'n Uns Gottes Himmel aufgetan! Felix Leo Göckeriß. Ewige Liebe. Weihnachten war es, vor etwa dreißig Jahren. Wir waren fremd in fremdem Land, fern von der Heimat, eine Anzahl Deutsche, von überall her zusammengeiommen. Es war zanz merkwürdig am Tage von Heiligabend, wie still diese Menschen alle waren Sonst hatte man sie immer in munterem Gespräch gesehen, in Gruppen zusammen, gesellig und froh. Heute fah man die meisten von ihnen allein gehen oder sitze» und sinnen Und dann war der Heilige Abend selbst da und es geschah etwas Seltsames Ta saßen wir alle im Saal »es Hotels zusammen unter dem Weihnachtsbaum und sangen die Weihnachtslieder, nicht mehr allein, nicht in Gruppen und Grüppchen, sondern wie eine große Familie. Und dann kam wieder etwas Eigenes Es wurde allmählich stiller. Der Win hatte die ganze Post, die aus der Heimat gekommen war, zurückgehalten und ließ sie letzt verteilen. Die Grütze aus der Heimat — sie brachten die Heimat hierher in die Fremde. Da saßen wir nun, wie zu Hause nach der Bescherung Kinder und Alte mit den neuen Geschenken sich beschästtgen, jedes für sich und doch alle eins, weil doch das gleiche Empfinden allei Herzen erfüllte: Freude und Wehmut, seltsam gemischt, Sehn sucht nach Hause und Liebe Und dann geschah noch etwas sehr Schönes. Es war angeregt worden, doch auch dem Perso nal eine richtige Weihnachtsfeier zu veranstalten. Das geschah Und es konnte geschehen, weil alle ohne Ausnahme, auch die sonst wenig Liebenswürdigen und Unfreundlichen, die ja leidei nirgends fehlen, ohne weiteres einstimmten, heut abend und morgen vormittag die Angestellten nicht in Anspruch zu nehmen, damit sie eine ruhige Weihnachtssreude haben könnten An dieses Weihnachtsfest mutz ich immer wieder denken Weil mir an keinem so der ganze Sinn von Weih nachten aufgegangcn ist wie damals, als ich es feiern mußte als Fremder unter Fremden fern ocn der Heimat In dem wohligen Klima und im geselligen Umgang komm man sich immer wic^cr und sich hinwegsetzen darüber, daß man nur als Gast da war, fern von der Heimat. Zu Weihnachten gelang das nicht Da brach es durch: Du bist nicht zu Hause! Da stieg du Sehnsucht auf und man fühlte sich einsam und verlassen: aber da brachten auch die Heimatgrütze die Gewitzheit: zu Hause, da, von wo du kommst und wohin du gehörst, do lebt eine Liebe, die denkt an dich, und wenn du sit auch hier manchmal vergessen hast, sie hat dich nie vergessen Und so wurden die Herzen weich und willig, liebevoll auch für andere zu sorgen, auch denen Freude zu bereiten denen man sonst fremd gegenüberstand In unser Erleben und in unser Schicksal hinein tritt nun immer wieder Weihnachten. Es ist heute noch, was er rinst gewesen ist vor 1930 Jahren: ein Grutz aus vei ewigen Heimat. Es erinnert uns daran, daß wir Pilger sind aus dieser Erde, indem es uns vom Himmel spricht; es sagt unZ aber auch, daß droben in der Heimat eine ewige Liebe lebt, die uns nicht vergißt, und mahm uns so: Du vergiß auch du die Heimat nicht! Es tröstet uns aber auch zugleich, indem es uns sagt: Und wenn Deine Zeit um ist, sann darfst du nach Hause! So ist Weihnachten das Fest der Heimatlosen — und das sind wir alle —. ein Grutz und Trost sus der Heimat, aus dem Vaterhause, vom Vater. Aber ebenso will Weihnachten auch der Ruf der Liebe sein. Macht cs euch vort in der Ferne heimatlich in der rechten Weise: nicht, in- sem ihr eure wahre Heimat vergeßt, sondern, indem ihr den Heimatgeist der Liebe um euch verbreitet und euch fühlen und miteinander umgehen lernt als Kinde: eines Vaters, als Glieder einer großen Familie, und euch das Leben in der Fremde warm und licht gestaltet durch die Liebe Und das rlles ist verkörpert in dem, um dessen Krippe wir uns wieder sammeln: O Herr von großer Huld und Treue, O komme du auch jetzt aufs neue Zu uns, die wir sind schwer verstört« Not ist es, daß du selbst Hinnieden Kommst zu erneuern deinen Frieden, Dagegen sich die Welt empört. Ar deutsche Fest Weiynachtsworte von Ernst Kuhnert. Weihnachten wird in der ganzen Welt gefeiert, und doch ist die Weihnacht ein deutsches Fest; denn kern Volk der Erd.e widmet sich der Heiligen Nacht mit der inbrünstigen Hingabe seiner ganzen Seele so offenherzig, so stark und so rein wie das deutsche. Kein Volk der Erde schuf zu diesem Feste, das von allen christlichen und selbst vielen nichtchristlichen Na tionen als einer der Gipfel des Jahres empfunden und ge feiert wird und dem sie alle das Beste ihrer Muse darbringen, so herrliche, mitreißende, zwingende Worte und Weisen wie das deutsche. Wir wissen von den besten unserer Kriegsgegner, daß sie erschüttert waren, sich im Innersten aufgerüttelt fühl ten, wenn zu Weihnachten am Heiligen Abend an der Somme, an der Düna und am Jsonzo, auf den Alpen und in den Karpathen die Millionen der deutschen Krieger gläubig und hoffend, voll heißer Gedanken an ihre ferne Heimat, an ihre bangenden und leidenden Kinder und Schwestern und Brüder ihr „Stille Nacht, Heilige Nacht" gesungen haben. Das deutsche Volk hat auch den Lichterbaum geschaffen. Wir sollten es gerade in diesen Jahren der Niederhaltung des Deutsch tums, Jahren, die hinter uns liegen, und Jahren, die noch kommen werden, niemals vergessen, daß die ersten Weihnachts kerzen im deutschen Elsaß strahlend aufgegangen sind, zuerst in Straßburg brannten, ehe sie vom ganzen deutschen Volke angezündet wurden. Der Lichterbaum nahm aus dem Elsaß seinen Weg nach Deutschland und spiegelte seinen Wunder schein längst in den entzückten Augen deutscher Kinder und den ergriffenen Seelen deutscher Eltern in Königsberg, Tilsit und Memel, ehe man im ebenso nahe gelegenen Frankreich auch nur eine Ahnung von der prächtigsten, bezauberndsten Schöpfung des deutschen Gemütes zu Weihnachten gehabt hat. Auch heute vermögen die geistig so hoch stehenden, espritgeseg neten Franzosen dem Lichterbaum noch nicht eine Spur jenes Verständnisses entgegen zu bringen, das in Deutschland schon in den Fingern der jüngsten Säuglinge prickelt und ihnen ver gnügtes Krächzen und Jauchzen entlockt, wenn sie von Mutter oder Vater zum ersten Mal dem Weihnachtsbaum mit seinen glänzenden Kerzen entgegen gehalten werden. Nur die ger manischen Völker Europas haben den Lichterbaum, den auch wir erst hundertsünfzig Jahre kennen, lange nach uns nahezu allgemein angenommen, und in England hat er die rührende Verehrung für den Mistelzweig mit seinen kargen Blättern und bescheidenen, aber in der schmucklosesten Zeit der Natur eben doch lebenden Früchten, zwar nicht erstickt, aber beiseite gerückt. Deutsche und Engländer nahmen ihn auch nach dem anderen Ufer des Atlantischen Ozeans mit. Für die Deutschen auf der ganzen Erde ist der Lichter baum zu Weihnachten das Sinnbild der Seele ihres Volkes, und in den Matrosenmessen der deutschen Schifte auf allen Meeren haben sie über alle Parteileidcnschaften hinweg nur ein Lächeln des Mitleids für die Verlorenen, die ihnen mit geschmeidigen und doch so leeren und kalten marxistisch-mate rialistischen Redensarten die funkelnden Diamanten der deut schen Weihnachten überschatten wollen. Wärmer und rascher pulst dem deutschen Menschen am Heiligen Abend das Blut durch die Adern; sein Geist reißt sich los von der Alltagslast und vom Erdenstaube und will wieder ohne Falsch und ohne Sorge sein wie die Kindlein, denen das Himmelreich gehört. Er will im umfassendsten und höchsten Sinne „Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen". Zum sechzehnten Male steht er mit blutendem Herzen unter dem Weihnachtsbaum. Er will stark sein im Vergessen und kommt doch nicht hinweg über das Unglück seines Volkes. Weihnachten ist ja das Fest des deutschen Gemüts, der sieghaften Stärke und der ohnmächtigsten Schwäche des Deutschen. Aus Sem Gemüt erwuchs ihm der schwärmerische Glaube an die Aufrichtigkeit der gegnerischen Versprechungen für einen ge rechten Friedensschluß, aus seinem Gemüt flammen die Hoff- uungen und Erwartungen wärmend auf, die noch jeden deut- chen Versuch zur Völkerverständigung begleitet haben, Glau ben, Hoffen und Harren, durch die wir das am meisten be trogene Volk der Erde geworden sind. Aber die Stärken des deutschen Gemüts sind doch mäch tiger als seine verhängnisvollen Schwächen. Aus dem un- !rschöpflichen Quell seines Gemüts, seines gläubigen, weih- lachttichen Gemüts erwuchs unserem Volke die ungeheure straft, sich im Verlaus des letzten Jahrzehnts als geschlagen rber nicht besiegt zu fühlen und trotz äußerer Bedrängungen son unmenschlicher Unbarmherzigkeit und innerer Wider stände und Irrwege von unbegreiflicher Engherzigkeit und Torheit das noch unvollendete Werk zu fördern, das die Welt überrascht als den Wiederaufbau unseres wirtschaftlichen, technischen und geistigen Lebens zu würdigen begonnen hat. Die Macht des deutschen Gemüts schwebte dem Dichter un teres schönsten Frühlingsliedes „Der Mai ist gekommen" vor, als er das stolze Wort Prägte „Und es mag am deutschen Wesen einmal noch die Welt genesen". „Von der Macht des Äemüts seiner krankhaften Gefühle Meister zu sein" sandelt das Werk des gewaltigsten deutschen Philosophen, stant, und es ist bezeichnenderweise das einzige, das nicht in andeutscher, schwerfälliger fachgelehrter Geheimsprache, son- Sern in der Sprechweise des ganzen Volkes abgesaßt ist. ' Die Macht des deutschen Gemüts, die den Hellen, strah lenden Lichterbaum mit hossnungsgrünem Kleid in das starre Dunkel der Winternacht stellte und den deutschen Kindern sie Sterne vom Himmel in die feierliche gute Stube des elter lichen Heims hernieder holte, dieser Macht des deutschen Ge müts muß und wird es gelingen, das Schicksal der Gesamtheit jo zu meistern, daß wir endlich auch einmal wieder eine Weih- aacht erleben, die alle Last, alle Not, alle Beklemmung von Ser deutschen Seele nimmt und ihre schönen Weihnachtslieder shne den wehen Unterton der Trauer so frisch, froh und slücklich wie aus den freien Kehlen der Kinder erklingen läßt. Winiertage im Kichielberggebiet. Eine Wanderung durch weihnachtliche Märchenpracht. Von der letzten Umsteigestation Kranzahl (Strecke Chemnitz—Weipert) ist die mit einer richtigen Kinder spielzeuglokomotive bespannte Schmalspurbahn bergauf geschnauft, durch die weiße Pracht der Erzgebirgswälder. Zu beiden Seiten schauen die weißen Schneetannen in die Wagenfenster hinein. Abends ist diese Kleinbahnfahrt bei Mondenschein so zauberhaft schön, wenn allerorten die goldnen Lichter aus Zwergenhäuschen und Dörfern er glühen oder einzelne Jndustriewerke hellflammes elektri sches Licht zu gleißenden Zauberburgen macht. Und wun dersam dann wieder die Stille der mondüberglänzten Schneewälder. Oberwiesenthal, der internationale Winter sportplatz, in einer Höhenlage von 900 Metern höchst gelegene deutsche Stadt, ist eine heimliche winterverzau berte Kleinstadt. Dick liegt der Schnee in den Berggassen und auf den Schieferdächern der kleinen Häuser. Hier und da sitzen die fleißigen Spitzenklöpplerinnen an den Fen stern. Um den von Pferdeschlitten und Schneeschuhen wildzerwühlten Kleinstadtmarkt stehen um die bunte Post meilensäule Vvn Anno Tobak; Nathans und Apotheke, Kaufladenhäuser und, das Kleinstadtbild nicht störende, moderne Hotels. Von allen Seiten schauen die unermeß lich weiten marmorweißen Schneehänge, darüber die grau silbernen Wipfelmeere rauhreif- und schneebedeckter Gipfel wälder von Fichtel- und Keilberg in die Gassen. Die weiten Schneehänge rund um den On machen Oberwiesenthal zu einem rechten Skiparadies. Es ist fast selbstverständlich, daß hier von den Einheimischen jeder mann die Langhölzer unter den Füßen hat. Sogar den Schornsteinfeger sieht man skilaufen, und als abends das Feuerhorn alarmierend durch die stillen Gassen gellte, sausten wenige Minuten danach die Feuerwehrleute talab zur Brandstätte. Selbst die kleinsten Hosenmätze beiderlei Geschlechts sieht man tüchtig auf ihren Miniatnrhölzern laufen, sprinaen und — biinallcu