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« » » n « « Flm heimischen fierä llntrrhsttungsbeNsge rum „ANranttler Tageblatt" — Amtsblatt. ß M L Morgen, morgen, nur nicht heute...! Non Edgar Kahn. Es gibt Menschen, deren einzige Tätigkeit darin besteht, untätig zu sein. Diese Arbeit verrichten sie aber mit erstaun lichem Fleiß. Ihre Hauptbeschäftigung ist es, darüber nach zudenken, wie man sich mit einem Minimum an Arbeit durchs Leben schlängeln kann. Körperliche und geistige Betätigung ist ihnen verhaßt; sie bewegen sich zwar nicht gern, aber kein Weg ist ihnen lang genug, um der Arbeit aus dem Wege zu gehen. Getreu ihrem Grundsatz: Wer die Arbeit kennt . . ., und sich nicht drückt . . ., verschieben sie alles, was nach Arbeit riecht, stets auf den kommenden Morgen. Dieses ist die Gilde der Faulen und Bequemen, eine Vereinigung, die übrigens an Mitgliederzahl alle anderen Vereine schlägt. Aber es gibt auch fleißige Menschen, die voller Pläne und Projekte sind, jedoch in ihrem ganzen Leben noch nie eine ihrer vielen Ideen in die Wirklichkeit umgesetzt haben, nicht weil es ihnen an gutem Willen mangelt, sondern nur deshalb, weil es ihnen an Entschlußkraft fehlt. Es gibt Haus frauen, die zwar seit Jahren mit ihrer Minna „höchst unzu frieden" sind und jeden Monat wenigstens einmal die unum stößliche Absicht haben, diesem untauglichen Mädchen diesmal aber ganz bestimmt zu kündigen. Wenn aber der 15. heran kommt, fehlt ihnen die Entschlußkraft, und alles bleibt beim alten. Und so wird Minna noch viele Jahre ihre segensreiche Tätigkeit bei ihrer Herrschaft entfalten können. Es gibt Kauf leute, die sich von allen Vermietungsbüros Angebote auf Ge schäftslokale kommen lassen, weil sie sich schon seit langem mit der Idee tragen, neue, größere, geeignetere Räumlich keiten zu beziehen. Lokale werden besichtigt, Unterredungen mit den Vermietern gepflogen, Grundrisse skizziert, Umzugs kosten berechnet; aber kurz vor Vertragsabschluß läßt man das ganze Projekt fallen, aus mangelnder Entschlußfähigkeit. Und manches einst blühende Unternehmen geht nur deshalb unaufhaltsam zurück, weil der Inhaber gegen bessere Einsicht nicht die Entschlußkraft aufbringt, sein Unternehmen umzu stellen, neue Artikel aufzunehmen, moderne Fabrikations- und Arbeitsmethoden einzuführen oder günstiger gelegene Lo kalitäten zu beziehen. Man erinnert sich, daß am 24. April 1924 der ehemalige Reichsminister vr. Helfferich seine Erholungsreise antrat, die ihn nach der Schweiz und nach Italien führen sollte. Am 23. April, also einen Tag vor seinem Urlaub, suchte ihn ein Versicherungsagent auf, der schon längere Zeit wegen des Abschlusses einer Lebensversicherung mit dem Minister ver handelt hatte. „Ich habe die feste Absicht", sagte der Minister, „eine Lebensversicherung abzuschlietzen; aber heute, einen Tag vor meiner Abreise, kommen Sie natürlich sehr ungelegen. Ich habe im Augenblick keine Zeit, sondern möchte Sie bitten, sofort nach meiner Rückkehr zu mir zu kommen, damit wn den Versicherungsvertrag abschließen können." Zwei Tage dcw auf verunglückte Helfferich bei der noch in aller Erinuerunc stehenden schweren Eisenbahnkatastrophe bei Bellinzona (Gott- hardexpreß) tödlich. — In dem gleichen Ang befand sich ein Ehepaar W., das ebenfalls bei dem Unglück ums Leben kam. Auch Herr W. trug sich, wie Bekannte von ihm bekundeten, seit längerer Zeit mit dem Gedanken, eine Lebensversicherung abzuschlreßen, ohne diesen Entschluß jedoch auszuführen. Uno die Folgen seiner mangelnden Entschlußfähigkeit? Die bittere Not, in der er zwei unmündige Kinder zurückgelassen hat, die nun auf die Wohltat von Verwandten angewiesen sind. Daß eine Lebensversicherung eine unerläßliche Notwendigkeit und Pflicht für jeden ist, der seine Angehörigen wirtschaftlich sicherstellen will, diese Erkenntnis ist heute schon Allgemein gut des deutschen Volkes geworden. Häufig fehlt es aber an der erforderlichen Entschlußkraft, diese Erkenntnis auch in die Tat umzusetzen, obwohl doch gerade der Tod jeden Augenblick eintreten kann. — Oder ein mitten im arbeitsreichen Leben stehender Mensch sühlt, daß er sich endlich einmal gründlich erholen und neue Kräfte sammeln muß. Arzt und Familie warnen ihn, weil er immer wieder die Absicht, einen Monat auszu spannen, mit Rücksicht auf angeblich unaufschiebbare Arbeiten unverwirklicht läßt. Jahraus, jahrein betont er: „S o lange bin ich im Geschäft nicht entbehrlich!" Kurze Erholungstage sind unzureichend, das Leiden wird schlimmer und schließlich ist es zu spät — weil die rechtzeitige Entschlußkraft fehlte. Erinnert sei noch an den Vorfall bei einem Hamburger Grossisten, der nur eine Zeitung bezog und eine weitere von einem anderen Hausbewohner geliehen erhielt. Aber die ge liehene Zeitung kam so unregelmäßig, daß er immer wieder sich vornahm, diese zu abonnieren, um sie somit regelmäßig pünktlich zu erhalten. Gleichgültig, ob cs Nachlässigkeit oder Mangel an Entschlußkraft war: von Monat zu Monat wurde das Zeitungsabonnement versäumt; das lediglich geliehene Blatt kam unregelmäßig, und daher entging diesem'sonst so eifrigen Geschäftsmann ein für ihn wichtiges Gesuch, aus das er zu spät reagierte, nämlich als die Konkurrenz bereits vor gedrungen war. Auch hier war die fehlende Entschlußkraft Ursache eines besonderen Nachteils. Selbstverständlich soll jeder Entschluß vor seiner Aus führung reiflich erwogen und durchdacht werden. Hat man sich aber nach Abwägung aller Wenn und Aber zu einem be stimmten Entschluß durchgerungen, so soll man nicht zögern, ihn auch unverzüglich in die Wirklichkeit umzu setzen. Der beispiellose wirtschaftliche Aufschwung des ameri kanischen Volkes ist nicht zuletzt auf die schnelle und zähe Ent schlußfähigkeit des „Iankees" zurückzuführen. Erfolg und Ent schlußkraft stehen im engsten Zusammenhang. Das Unvermö gen, sich schnell entscheiden zu können, hat schon oft zu kata strophalen Folgen geführt. Im Krieg hängt die Entscheidung über Sieg oder Niederlage mitunter nur von der schnellen Entschlußkraft des Feldherrn ab. Für die nachteiligen Folgen langsamer Entscheidung ließen sich tausend Beispiele aus dem Leben geben. Stokes and Stokes Humoreske von Kord Kintscher. Jim Pusbaker, alias Stokes Nr. 1, war in übelster ^.aunc. Nicht ohne Grund. Teddy Stonebiter, alias Stokes Nr. 2, war getürmt. Richtiggehend ausgekniffen. Mit der ^ungsrau ohne Unterleib. Wollten heiraten und dann in Numin-Bumsti macken. Und das gerade ieüt. wo Firn Nus- baker seine „Grande Illusion" starten wollte. In roten Meter-Lettern schrie draußen an der Schau die neue Firma „Stokes and Stokes" die große Sensation der artistischen Wunderschön in die Welt. Und nun mühte sich Jim Pusbaker im Schweiße seines Angesichts, dem neuen Stokes Nr. 2, dem kleinen Charley Painkiller, die Geheimnisse der neuen Nummer beizubringen. Lehrte ihn, hinter der Kulisse an heimlichen Schnürchen zu ziehen, an denen in magisch blauem Licht geheimnisvolle Kugeln durch den Raum zitterten. Demonstrierte, wie ein ausgewachsener Mensch in der Schublade eines Nähtischchens zu verschwinden vermag. Uebte alle jene Tricks mit Charley Painkiller durch, die Stokes Nr. 1 als größten Schwarz künstler aller Zeiten bei einem staunenden Publikum sehens wert machen sollten. Vergaß Speise und Trank vor Entsetzen über das schwere Begriffsvermögen vom requirierten Stokes Nr. 2. Schimpfte, fluchte und probte immer wieder von neuem. Der Abend kam und mit ihm die Sensation Stokes and Stokes. Es ist schwer zu sagen, wer sich in größerer Auf regung befand, Stokes Nr. 1 oder Stokes Nr. 2. Stokes Nr. 1 fieberte. Irgendwoher flog nämlich ein Wort: David Scin- keeper! Der von jedem Artisten ebenso ersehnte wie heimlich gefürchtete Agent David Scinkeeper war im Hause. Ein Wort Scinkeepers entschied über Salon oder Dachkammer; ein Federstrich brachte die Riesengage, von der jeder Artist träumt. Zu jeder anderen Zeit wäre Stokes in einen Jubel- Taifun ausgebrochen, aber heute graute ihm. Ja, wenn der irrsinnig gewordene Teddy Stonebiter nicht die Humsti- Bumsti-Dummheit mit der gewesenen Jungfrau ohne Unter leib gemacht hätte. Aber mit diesem dreimal vom Nashorn auf die Gedankenformationsbeule getrampelten Charley Painkiller? Dem ging es nicht besser. Der wußte überhaupt nicht mehr, wo ihm der Kopf stand. Nickte nur noch mechanisch zu allen Ermahnungen, die vom nervös zappelnden Stokes Nr. 1 aus ihn nieder prasselten. Nickte auch noch nach dem zweiten Klingelzeichen, als die Borhanglatte schon am Schnürboden war und Stokes and Stokes verbeugenderweise in das Tief dunkel des Zuschauerraumes starrten. Aber Stokes Nr. 1 riß sich zusammen und applizierte Stokes Nr. 2 einen freundschaftlichen Knuff, der diesen zur Besinnung bringen sollte, ihn aber bei nahe in das Orchester befördert hätte. Das mochte aus irgend jemanden possierlich gewirkt haben, denn man hörte ein ver gnügtes Meckern. Stokes Nr. 2 klang es wie Hohn und trieb ihm die Röte durch die Schminke. Aber Stokes Nr. 1 war mit Missouriwasser getauft, seine Devise hieß: immer ruhig Blut und Warm angezogen. Hinter einem gefrorenen Lächeln stand potenzierte Kaltschnäuzigkeit, als er seine fliegenden, magi schen Kugeln vorbereitete. Stokes Nr. 2 assistierte, so gut er es tagsüber gelernt. Und der Trick stand! Stand vorzüglich. Das Publikum verharrte zunächst, erholte sich. Und dann setzte das Beifalls geräusch ein. Aber noch etwas! Das war kein Meckern mehr, das War Lachen! Eine einzige riesengroße Lache! Und als Stokes Nr. 1 in banger Ahnung sich nach seinem Partner umsah, da erwischte er gerade noch eben, wie Stokes Nr. 2 einen verfitzten Bindfaden nervös in der Tasche zu bergen suchte. Er erkannte: Grade eben war der feine Trick zum Teufel gegangen. Aber er bezwang sich, arbeitete ergrimmt weiter, während ihm im Unterbewußtsein so etwas vor schwebte wie „Es wäre mir sehr angenehm gewesen, Herr Scinkeeper". Er ließ die irisierende Kugel auf der Bühne magische Kreise beschreiben und dann in die Kulisse ent schweben. Dem Himmel sei Dank! Wenigstens der Trick gelang. Schien auch anzusprechen, denn das Haus setzte mit stärkerem Beifall ein. Aber dann schloß sich abermals Gelächter an, gewaltiger denn zuvor, nachdem nämlich das Publikum gerade eben noch wahrzunehmen vermochte, wie Stokes Nr. 2 die in den unsichtbaren Schnüren eingetretene Hemmung beim Ent schweben der Kugel von der Seitenkulisse aus mit einem Stecken zu beheben versuchte. Stokes Nr. 1 war anzumerken, daß er sich nur noch mit äußerster Anstrengung beherrschte. Mit zusammengeknisfenen Lippen bereitete er den Haupttrick vor, Stokes Nr. 2 in der .Nähtischschublade verschwinden zu lassen. Stokes Nr. 2 er kletterte das Tischchen und verschwand programmäßig. Stokes Nr. 1 quittierte heftigen Beifall, als das Haus plötzlich vor Vergnügen zu wiehern begann. Voll banger Ahnung schaute sich Stokes Nr. 1 nach seinem Partner um. Der schien seinen Kopf völlig verloren zu haben. Bildlich gesprochen natürlich. ! Denn besagter Kopf schaute gerade so weit über der kaschie renden Spiegelwand des Nähtischchens hervor, daß eine knal lende Ohrfeige von Stokes Nr. 1 ihn noch eben zu erreichen Vermochte. Stokes Nr. 2 heulte blendend echt auf, entzauberte sich und verschwand ohne Schrittmacher in die bergende Ku lisse. Der Vorhang schloß sich über einen bis in den Boden beschämten Stokes Nr. 1. Stokes Nr. 1 stand Stokes Nr. 2 gegenüber. Zitternd in ohnmächtiger Wut. Das Gelächter des sich über seinen Rein fall belustigenden Publikums dröhnte ihm in den Ohren, wie weiland die Trompeten vor Jericho geklungen haben mögen. Haß und Wut durchschüttelten ihn. Erstens gegen Stokes Nr. 2, zweitens gegen das Auditorium, das wie besessen ein Maschinengewehrfeuer von Spott und Hohn noch immer hören ließ. Verzweiflung schlug ihm die Augenlider nieder, als der Direktor beide Stokes vor den Vorhang zerrte, die Opfer heimtückischer Zufälligkeiten der Masse Preisgab. Der Vorhang hob und senkte sich sechsmal über einen auf dem.Standpunkt vollkommener Wurstigkeit angelangten Sto- osnvaü/t «üs triwLas«« Är LÄük, lü/ren Lsaaa »Uttl L/aksr/rekt. — tVw«» /laben Äs aook /»sÄ ZkaaÄ der ? les vir. 1 und dito Nr. 2. Was es doch für schadenfrohe Men schen gibt, dachten beide Stokes. Aber daß selbst der Direktor so herzlos lachen konnte, das wollte ihnen ebenso wenig m den Kopf wie das, was der Direktor da von Vertragsverlängerung faselte. ... < Das Licht ging ihnen erst allmählich auf, als David Scinkeeper mit dem roten Notizbuch winkte: „Blendende Idee, die Chose komisch heraus zu bringen! Ich buche Sie für Tournee, wenn Sie wollen." Da erst begriffen beide Stokes, daß soeben der Traum von der Riefengage sich zu er füllen beaann. Nocturno Humoreske von G. Mühlen-Schulte. Es ist zwei Uhr morgens. Franz, der Fassadenkletterer: steigt behutsam über die Balkonbrüstung. Als er im Begrif! ist, durch ein offenes Fenster einzudringen, verwickelt er sich in die Rouleauschnur, die in einem Gewirr von Ringen und Schlingen in die Mitte des Rahmens herab hängt. Er befreit sich mühfam, rutscht aber gleich darauf über eine Banauenschale aus und setzt sich geräuschvoll auf die Erde. Der Bewohner erwacht und macht Licht. „Ist da wer?" „Dumme Frage, Sie sehen doch, daß hier wer ist. Ver halten Sie sich ganz ruhig, sonst schieße ich." „Wohl ein Einbrecher, was?" „Nu, Ihre Großmutter wird zum Fenster 'reinkommen! Was sind denn das eigentlich für Zustände in Ihrer Woh nung? Wie können Sie denn Bananenschalen auf die Erde Wersen?" „Entschuldigen Sie, bitte! Meine Frau ist verreist. Außer dem ist unser Staubsauger verstopft; eine Krawatte von mir ist hineingeraten." „So, so!" Franz kommt langsam näher und tritt auf einen Reißnagel. Da er keine Schuhe an hat ist ihm die Sache ziemlich peinlich. „Eine Schweinewirtschaft, das muß man sagen!" murrt er. „Wo haben Sie Ihre Brieftasche?" „Bitte, sehen Sie in meinem Jackett nach; es muß im Schrank hängen." Franz geht zum Schrank hinüber. Eine ganze Weile wühlt er in den aufgehängten Sachen. Dann meint er: „Außer einer trockenen Semmel und einer Glühbirne befindet sich nichts in Ihren Taschen. Ueberlegen Sie mal, wo der Zaster steckt." > „Es wäre möglich, daß mir die Tasche aus dem Jackett gefallen ist, als ich aus dem Diwan lag und las." „Das ist ja sehr merkwürdig. Wahrscheinlich stehen Sie Kopf beim Lesen." Franz geht zum Diwan und findet die Brieftasche. Er öffnet sie... „Nanu, die ist fa leer." „Machen Sie keinen Unsinn!" „Natürlich ist sie leer. Bloß eine blonde Haarsträhne mit einer blauen Schleife ist drin. Wo haben Sie denn gestern herumgelumpt?" „Nirgends. Ich bin ganz früh nach Haufe gekommen. Allerdings hatte ich noch Besuch." „Blondhaarigen, nicht wahr?" „Frechheit!" „Nun werden Sie bloß nicht pampig, sonst gibt's was vor'n Blinddarm. Ich werde mir jetzt ein bißchen Kleingeld nehmen und an Ihre Frau telegraphieren. Sie soll wissen, wie es hier zu Hause zugeht." Franz bemächtigt sich der Hose, die auf einem Stuhl liegt, uno greift in die Taschen. „Sehen Sie sich vor, daß Sie nicht verunglücken", mahnt der Strohwitwer, „es sind große Löcher drin!" Mit einem Fluch wirft Franz das Kleidungsstück weg. „Nicht ein Sechser zu finden. Wahrscheinlich alles 'rausge fallen. Uebrigens habe ich einen Hunger wie eine Menagerie. Gibt's nicht irgendwas zu futtern?" „Doch! Sehen Sie mal im Grammophonkasten nach, da muß noch etwas Streuselkuchen stehen." Franz geht zum Grammophon hinüber. Auf einem Hocker davor findet er eine Platte mit einem Walzer aus „Paganini" und einer Menge Kuchenkrümeln. Er füllt sich den Mund. Während er mit lustloser Miene kaut, sagt er: „Ekelhaftes Zeug! Woher beziehen Sie eigentlich Ihren Kuchen?" „Erlauben Sie, der ist von einem Hofbäcker." „Na, er schmeckt auch so, als ob er noch aus der Zeit der Monarchie stammt." Der Strohwitwer richtet sich im Bett auf und guckt schar: herüber. „Das habe ich mir gedacht, daß da eine Verwechslung vorliegt", meint er. „Wieso Verwechslung?" „Ich habe heute vormittag den Papageikäfig gereinigt und dabei den Guano in der Verlegenheit auf eine Grammophon platte geschüttet. Der Kuchen muß in der Anrichte stehen." „Was denn? Was ich gegessen habe, das war ..." „...Vogelmist, jawohl!" Franz greift sich an die Kehle. In seine Augen tritt ein . Ausdruck von Weltschmerz. Schließlich kommt er mit den Schritten eines Panthers herüber. „Ich will Ihnen was sagen!" äußert er. „Dies ist die liederlichste Wirtschaft, die ich in meinem Leben gesehen habe. Mein Onkel zog Ferkel auf, und ein Ferkelstall ist keine Puppenstube. Aber gegen Ihre Bude hier..." In diesem Augenblick rutscht Franz zum zweiten Mal über die Bananenschale aus. Der Revolver ent gleitet ihm und fällt auf das Bett des Strohwitwers. Der Strohwitwer nimmt die Waffe. Langsam steigt er aus den Kissen. „So", sagt er zu Franz, der sich eben wieder aufrichtet, „jetzt sind Sie in meiner Hand und werden tun, was ich be fehle. Marsch, gehen Sie vor mir her zur Tür hinaus, machen Sie Licht auf dem Flur! So, jetzt in die Küche rein, zweite Tür links! Licht an! Allright! Was sehen Sie?" „Ich sehe einen Haufen schmutziges Geschirr. Wahrschein lich ist Ihre Frau seit drei Jahren verreist." „Nein, es sind bloß drei Wochen. Seien Sie doch froh, Mann, daß cs nicht länger her ist!" „Ich soll froh sein? Wieso ich?" „Das will ich Ihnen sagen. Ich setze mich jetzt mit dem Revolver hierher und lese die Abendzeitung. Inzwischen wer den Sie das Geschirr abwaschen. Los, angefangen!" Da verflucht Franz Ort, Tag und Veranlasser seiner Gs burt, krempelt sich die Aermel auf und läßt Wasser in den Al' Waschtrog laufen.