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WMdmfferÄgÄa« Nr. 209 — 88. Jahrgang Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Lürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. An,ci,«nprri«: dir 8->rspalt«N« 20 Sixfg., bi« 4grsp»lt«v« Zeil« b«r aMtltchkn DkbamitmLch«»»«» 40 ««ich, psrnni«, di« Lgespaltrnr Sirdlamezril« im t«rllich«n Tril« I «rich,mart. NachM«iIunx«brdiihr 2V Reich,xsrn>ü,«. B««. iieschriebmrLrscheuiun«-- , .. „ !<»,« »nd P!-tz»-rjchrtst«i werden nach MsgLcht-i! Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 d«rücrsich«,l. An««,,««, annahme bis ^orm.lOUHr. — ——— Für die Rtchttgkeit der durch FernrusübermitteltenAnzcigen übernehmen wir keineGarantte. Jeder Aadattansprnch erftscht, wenn der Betrag dnrch Klage eingezogen werden mutz oderderAnftrag^eberin Konkurs gerLt. Lnzeigennehmen alle Vermittlungsstellen entgeaev« Telegr.-Adr.: „Amtsblatt« Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 7. September 1929 Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ rAM^.Üg^ch'Adtt^" Au,,ad?sÄ!n°2"RM'"mM^nö''br< d'u/chÄ«Bo^c^2°30RM Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend L » 3m Falle Häher«! DewslI, Krieg ober sonstiger B«trtrd«störungen besteh! dk!u Anspruch aus Lieferung d« Zerrung oder Kürzung des Bezugspreis«,. — Rücksendung eingcsandler Schrtslftülte erfolgt nur, w'enn Porto beiliegt. Preisrätsel. Demonstration mit Bomben. — Wilde Sparsamkeits attentate. — Worte und Taten. Wenn es bloß einen Menschen gäbe, der uns nun endlich einmal überzeugend sagen könnte, was mit all den schon bald zu einem Dutzend aufgelaufenen Bomben- attentaten eigentlich gemeint ist! Was bezwecken der oder die Urheber denn mit diesen Geschichten? Irgend einen und wenn auch noch so irrsinnigen Zweck müssen sie doch aber haben. Doch dieses Preisrätsel haben die mit der Aufklärung der elf Attentate beschäftigten Behörden bisher ebensowenig lösen können wie sie auch nur die geringste Spur entdecken, wer die Urheber sind, von wo diese etwas unangenehmen Vorkommnisse eigentlich aus gehen. Ob dies festzustellen jetzt nach dem jüngsten Atten tat — wieder in Lüneburg — eher gelingen wird, mag man nach den früheren durchaus negativen Resultaten er heblich bezweifeln. Und wieder ist nur ein Sachschaden angerichtet, wurde kein Mensch auch nur verletzt. Das Attentat am Reichstag war auch in einer Weise veran staltet, daß größerer Schaden nicht angerichtet werden konnte. Was allerdings ein unangenehmes Be gleitgefühl nicht ganz zum Verschwinden bringen kann: unter uns veranstaltet irgendein bestimmter Kreis schon fast ein Dutzend solcher Explosionserperimente, und der Polizei gelingt es in keinem Falle, auch nur die ge- rinaite Spur zu entdecken, wer dieser Kreis ist, wo er sitzt, und was das alles eigentlich bedeuten soll. Wenn es eine Demonstration« politischer Art sein soll — nun, da müßte man doch wenigstens erfahren, wofür oder wogegen demonstriert werden soll. Sonst ist doch eine solche Demonstration" noch zweckloser als es Demonstrationen schon an und für sich sind. Für die Beschuldigungen, die gegen bestimmte politische Parteien gerichtet werden, liegt nicht der geringste positive Beweis vor, übrigens auch nicht beim Attentat auf den Reichstag. Eine unangenehme Sache ist das Krachen von Bomben immer, aber noch viel unangenehmer ist das absolute Dunkel, in dem die Öffent lichkeit hinsichtlich des Zwecks dieser sich ständig wieder holenden unangenehmen Geräusche herumtappt. * Die Polizei ist natürlich „fieberhaft tätig" — was durchaus zu glauben ist - und die schon zu einer über aus hohen Summe angeschwollene, in Aussicht gestellte Be lohnung „für zweckdienliche Angaben" hat ihren Zweck zwar insofern nicht verfehlt, als aus dem Publikum her aus zahlreiche Angaben gemacht wurden — bloß zweck dienlich waren sie nicht! Gewiß gibt sich die Polizei alle erdenkliche Mühe, fährt ihre „Kanonen" auf. Muß sich aber — und das erregte in der Öffentlichkeit ein nicht unerhebliches Kopfschütteln — gerade jetzt von oben her eine wilde Sparsamkeitsattacke gefallen lassen. Den meisten Kriminalkommissaren ist vom preußischen Finanzministe rium das Haustelephon gestrichen worden und im Ber liner Polizeipräsidium muß zum 1. Oktober die Hälfte der Zimmerapparate abgeschafft werden. Muß das sein, muß denn gerade bei dieser Staatseinrichtung so einschneidend gespart werden? Die Herren Verbrecher arbeiten „mit allen Schikanen der Neuzeit" und da sollte man diese Errungenschaften doch auch bei der Bekämpfung jener unangenehmen Zeitgenossen so weitgehend wie nur möglich anwenden! Und noch eins: Auch der gewöhnliche Staatsbürger hat unangenehm viel mit der Polizei zu tun, dieses „unangenehm viel" gilt auch hinsichtlich der Zert, die man z. B. im Berliner Polizeipräsidium bei der Er ledigung irgendwelcher Angelegenheiten, Anfragen, Ge suche usw. aufwenden muß. Das wird jetzt auch nicht gerade besser werden, wenn der mündliche Weg per Tele phon vielfach in des Wortes genauster Bedeutung „ab- aeschnitten", zum mindesten stark erschwert wird. Statt dessen vielfach die zeitraubende „schriftliche Erledigung" wieder Platz greifen muß. Sparen am unrechten Platze heißt - Geld verschwenden! * ;^^s^?"c^ichsausgaben zu sparen, ist ja im Früh- ia.hr dieses Wahres bei der Beratung des Reichshaushalts A„rli durchgeführt worden. Nur hat sich trotzdem ichon ew -eftzit entwickelt, weil nicht so viel an Ein nahmen heremkam, als man damals — trotz deutlichen Widerspruchs rm Voranschlag einsetzte. Hinzu stoßen noch em Deftzit aus dem vorigen Etatsjahr und — leider — auch noch allerhand neue finanzielle Anforderungen, für die es eme Deckung bisher selbst dann nicht gibt, wenn die etwas geringeren Zahlungsverpflichtungen des Noung-Plans gegenüber den bisherigen Leistungen Platz greifen. Diese Aahlungserleichterungen sind za überhaupt schon „eskomptiert , wie man das im Börsenjargon nennt, also vorweggenommeiw Und es wäre eine selt same Überraschung, wenn die elra des Noung-Plans mit der — Vermehrung der Steuerlasten eingeleitet würde Es ist durchaus nicht alles „lebenswichtige" Aufgabe und Ausgabe des Staates, was behördlicherseits äls solche bezeichne; wird! „Keine Ausgabe ohne Deckung" hört sich ganz schön an, doch noch lieber würde der Steuerzahler hören: „überhaupt keine neue Ausgabe!" Und am liebsten: „Herabsetzung der Ausgaben!" Also: Sparen! Schließlich hat doch der Präsident des Rechnungshofes und Sparkommissar, Samisch, eine unendlich große Zahl entsprechender Vorschläge gemacht! Nicht umsonst, hoffentlich! Englands Vorschläge in Genf Henderson willdenMkerbund stärken Übereinstimmung mit dem Kellogg-Pakt. In der Freitagsitzung der Vollversammlung des Völkerbundes in Gens kam der deutsche Reichsaußen minister Dr. Stresemann wider Erwarten noch nicht zu Wort, da er feine Rede auf Sonnabend verschoben hat. Dagegen vertrat der finnische Außenminister Prokope kurz den Antrag seiner Regierung, den Internationale« Gerichtshof im Haag als oberste Schiedsmstanz für alle zwischenstaatlichen Schiedsgerichte und sonstigen ähnlichen Einrichtungen zu erklären. Nunmehr betrat die Tribüne der englische Außenminister Henderson und legte den englischen Standpunkt zu den grundsätzlichen Fragen des Friedens dar. Als Ideal schwebe den Briten ein macht voller Völkerbund vor. Die englische Regierung sehe die jetzt beschlossene Räumung des Rheinlandes als einen Akt des Vertrauens gegenüber den deutschen Freunden an. Allergrößter Wert werde in England aus den Grundsatz der unparteiischen Schieds gerichtsbarkeit gelegt. Mit allen Mitteln werde die englische Negierung sich einsetzen für eine sofortige Lösung der großen Frage derAbrüstun g. Der Völker bund müsse in bezug auf schnelles Eingreifen und Macht vollkommenheit gestärkt werden, müsse die Mittel zur Verhinderung eines Krieges vorfehen. Es sei zu hoffen, führte Henderson weiter aus, daß die Kommission der Völkerbundversammlung einen Vcr- einbarungsentwurf über die finanzielle Hilfe für ange griffene Staaten ausarbeite, dem alle Nationen beftreten könnten. Wenn diese Vereinbarung noch während der gegenwärtigen Vollversammlung zur Unterzeichnung aus gelegt würde, so würde die englische Regierung sie sofort unterzeichnen. Die Bestimmungen des Völkerbundpattes müßten mit dem Kellogg-Pakt in Übereinstimmung gebracht werden. Denn der Kellogg- Pakt gehe weiter und schließe die Lücken, die der Völker bundpakt noch enthalte. Der Kellogg-Pakt untersage es unter allen Umständen, noch zum Kriege zu schreiten. Es sei deshalb an der Zeit, an eine Prüfung der enlgegen- stehenden Artikel des Völkerbundpaktes zu gehen. Deutsch land, Frankreich, Italien, Belgien, Dänemark und Chile hätten sich bereits mit diesem Vorschlag einverstanden er klärt. Die Einzelheiten des Verfahrens seien gleichgültig, die Hauptsache aber, daß man weiterkomme. Am Nachmittag fand eine Sitzung des Völker bundrates statt, die sich mit verschiedenen Angelegen heiten beschäftigte, wenn auch keine großen Entscheidungen getroffen wurden. Am Montag sollen die Neuwahlen zum Völkerbundrat vorgenommen werden. Amerika tritt dem Internationalen Gerichtshof bei. Staatssekretär Stimson in Washington gab in einer offiziellen Erklärung bekannt, daß er den Generalsekretär des Völkerbundes davon verständigt habe, daß das soge nannte Elihu-Root-Protokoll, das die bisherigen Ein wände der Vereinigten Staaten gegen den Beitritt zum Internationalen Gerichtshof beseitigt, die Zustimmung der amerikanischen Regierung finden werde. Er werde das Protokoll dem Senat und dem Prä sidenten zur Ratifizierung vorlegen, wenn es die übrigen Mächte angenommen hätten. Sollte die Opposition im Senat so stark sein, daß die Ratifikation zweifelhaft wäre, die eine Dreiviertelmajorität erfordere, so würde der Präsident das Protokoll durch seine Unterschrift ratifizieren und den Senat vor die vollendete Tatsache stellen. Die Vereinigten Staaten von Europa. Die verschiedenen Berichterstatter der französischen Zeitungen melden übereinstimmend aus Gens, Briand werde für nächsten Montag oder Dienstag eine Zu sammenkunft der in Genf vertretenen Staatendelegierten einberufen mit dem Programm, einen Studienausschuß So etwas interessiert heute den deutschen Steuer zahler weit mehr als all die schönen Reden, die von den eigenen oder fremden Staatsmännern derzeit in Genf gehalten werden. Über Weltfrieden und Schiedsgericht, Abrüstung und „Vereinigte Staaten von Europa", davon hat man schon mehr als genug gehört, von Reden näm lich, weniger von Taten. Und nun gar erst diese „Ver einigten Staaten von Europa"! Da kann man denn doch als Deutscher nicht ganz vergessen, daß das Europa von heute und wohl auch von morgen aufgebaut worden ist auf den Bestimmungen und dem Diktat des Versailler Friedens. Und daß also die Idee jener „vereinigten Staaten" einen neuen Grundpfeiler dieses 1919 ge schaffenen Europas abgeben soll. Man sollte also in Deutschland daran nicht ganz vorübergehen, in Deutsch land, das nicht bloß als einziges Volk völlig abgerüstet hat, sondern als einziges fast allen, jedenfalls den wich tigsten Staaten Europas gegenüber auf Jahrzehnte hin aus mit schwersten finanziellen und sonstigen Verpflich tungen belastet ist. Dr. Pr. zur Prüfung der mit der Bildung eines Wirtschastsbundes der Staaten Europas zusammenhängenden Fragen ein zusetzen. Die Zusammenkunft soll noch keinen amtlichen Charakter tragen, damit die Angelegenheit von den ver antwortlichen Ministern ausreichend vorgeprüft werden könne. Für Anfang 1931 soll unter Umständen eine regu läre Konferenz einberufen werden. Stresemann zu den Kolonialmandaten. Gegen Englands Verschmelzungspläne. Das deutsche Ratsmitglied Dr. Stresemann gab in der Freitagnachmittagsitzung des Völkerbundrates bei Behandlung des Tätigkeitsberichts des Mandatsaus schusses, in dem auch die Meinungsverschiedenheiten über den Hilton-Voung-Bericht erwähnt sind, über die admini strative Vereinigung der ostafrikanischen Kolonialgebiete Englands mit dem englischen Mandatsgebiet Tanganyika eine Erklärung ab, in der es heißt: Gewiß ist jetzt nicht der Moment gekommen, sich dar über zu äußern, ob eine bestimmte Maßnahme der Man datsmacht mit dem Charakter des Mandats vereinbar ist oder nicht. Es ist aber in der Tat die Grundlage des ganzen Mandatsystems, daß die Mandatsgebiete selb ständige internationale Einheiten sind, hinsichtlich deren die Mandatsmächte dem Völkerbund als dem Mandanten Rechenschaft schuldig sind. Wenn nach der Tanganyika- Mandatsurkunde in verwaltungstechnischer Hinsicht eine gewisse Zusammenfassung mit benachbarten Gebieten mög lich ist, so darf doch keine Verschmelzung in der Art statt finden, daß das Weiterbestehen des Mandatsgebietes als selbständige politische Einheit und damit die ständige Überwachung der Ausführung des Mandats durch den Völkerbund in Frage gestellt wäre. Ich hoffe sehr, daß es der Zusammenarbeit zwischen der Mandatskommission und der Mandatsmacht gelingen wird, die Frage im Sinne der Völkerbundsätzungen und des Mandats gedankens endgültig zu bereinigen. Das italienische Ratsmitglied Skialoja brachte verschiedene Bedenken auch gegenüber einer rein ver waltungstechnischen Vereinigung der englischen Kolonien Kenia und Uganda mit dem britischen Mandatsgebiet Tanganjika vor. Der englische Außenminister Henderson gab hier auf die Zusicherung, daß, wenn die englische Regierung die noch keine Entscheidung getroffen habe, einen Beschluß fassen sollte, sie vor seiner Inkraftsetzung den Mandats ausschuß darüber befragen würde. Elm sMMW Mrdunng in Gens Derhav dlungsvorbereitungen wegen Saar gruben und Bahnschutz Genf, 6. September. Der bekannte saarländische Indu strielle, Kommerzienrat Röchling, ist Freitag in Begleitung von Vertretern sämtlicher saarländischen Parteien in Genf eingetrof- sen, wo Verhandlungen mit Dr. Stresemann stattfinden werden. Zur Erörterung werden hierbei die bevorstehenden auf der Haa ger Konferenz beschlossenen unmittelbaren Verhandlungen zwi schen Deutschland und Frankreich zur endgültigen Regelung der Saarfrage gelangen. Der Zeitpunkt für die Aufnahme der Ver handlungen, die in Paris stattfinden werden, steht noch nicht fest. Auf saarländischer Seile rechnet man kaum mit einem Beginn vor Anfang Oktober. Ebenso wenig steht fest, wer auf französischer und deutscher Seite die Verhandlungen führen wird. Auf franzö sischer Seite ist bisher lediglich der Wunsch geäußert worden, daß zu Führern hohe Beamte ernannt werden, so daß voraussichtlich Persönlichkeiten im Range von Staatssekretären als Abordnungs leiter in Frage kommen. Man verhehlt sich auf saarländischer Sei te nicht, daß die Verhandlungen außerordentlich schwierig sein werden. Aus deutscher Seite besteht die Absicht, in den Verhand lungen mit Deutschland die künftige Verwaltung der Kohlengru ben im Saargebiet einer gemischten Gesellschaft mit deutscher und französischer Beteiligung vorzuschlagen, wobei allerdings osfenge- lassen wird, ob die Beteiligung aus beiden Seiten in den Händen des Staates oder auf privater Seite liegen soll. Auf maßgeben der saarländischer Seite wird jedoch dieser Gedanke auf das ent schiedenste abgelehnt. Man erklärt vielmehr, daß unter keinen Um ständen eine Regelung getroffen werden dürfe, die auch in der noch so losesten Form die Möglichkeit eines französischen Einflus ses auf die Saarkohlengruben offen läßt. Man vertritt vielmehr die Auffassung, daß für die Uebernahme der Kohlengruben nur der Staat, sei es das Deutsche Reich oder der preußische Staat, in Frage komme. Irgendeine gesellschastiche Form, insbesondere unter französischer Beteiligung, werde von der gesamten saarlän dischen Bevölkerung und insbesondere auch von den Arbeitnehmer- Verbänden als untragbar abgelehnt worden. Ferner wird aus saarländischer Seile darauf hingewiesen, daß die Zurückziehung des alliierten Bahnschutzes aus dem Saargebiet nunmehr unver züglich erfolgen müßte. Es wird dem lebhaften Bedauern Aus-