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«msserAgebla« Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags ä Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM., bei Postbestellung 2 RM. zuzüglich Abtrag. . gebühr. Einzelnummern isrrpfg.All-Postanftalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postbote»undunsereAus. trägerund Defchästsstellen — nehmen zu jeder Zeit Be. stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung ter Zeitung oder Kürzung des Bezugrprrifer. — Aüchsendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeilc M Rxfg., die s gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs. Pfennig, die 3 gespaltene Reklamc-eile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachwei nngsgekükr 20 Reichspfennige. 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Man kann nicht mehr daran vorübergehen, daß der Finanzminister Preußens, also des größten deutschen Staates, schon seit längerem ganz bestimmte Vorschläge macht, in aller Öffentlichkeit ein Programm entwickelt, das teils auf eine Steuersenkung, teils auf eine Reform im Sinne einer andersartigen Lastenverteilung abzielt. Seine Anregungen beziehen sich aber nicht — das muß hier so- gleich vorausgeschickt werden — auf sein Ressort, also auf das Gebiet der preußischen Finanzen bzw. Steuern, sondern wollen Forderungen sein, die bei einer etwa be absichtigten, sicherlich aber sehr notwendigen Reform derReichsfinanzen zu berücksichtigen wären. Allerdings sind natürlich die Länder und die Gemein den — als „Kostgänger" des Reiches — daran sehr inter essiert, wenn Preußens Finanzminister eine Senkung der Einkommensteuer für die kleineren und kleinsten Steuer zahler, außerdem ein „Auseinanderziehen" des Steuer tarifs, also ein langsameres Ansteigen der Steuersätze fordert. Gehen doch 75 Prozent des Ertrages dieser Steuer an die Länder und die Gemeinden und der Deutsche Städtetag hat vor kurzem in seinen Veröffent lichungen mitgeteilt, daß etwa 35 Prozent der Steuerein nahmen, die den Kommunen zufließen, den Überweisun gen aus dem Ergebnis der Reichseinkommensteuer ent stammen. Noch größer freilich ist der Anteil an den Ge samteinnahmen, der auf dem Ertrag der Realsteuern be ruht. Hinsichtlich dieser Steuern ist der preußische Finanz minister allerdings zu einer Einschränkung oder Anders gruppierung seiner früheren Vorschläge gelangt; nicht mehr eine radikale Abschaffung dieser, wie sie der Reichs innenminister neulich nannte, „rohen" Steuern und ihre Ersetzung durch eine entsprechende Steigerung der Bier- und der Branntweinsteuer wird empfohlen, sondern nur eine, allerdings beträchtliche Senkungum etwa 50V Millionen. Der Einnahmeaussall, den die Länder bzw. die Kommunen dadurch erleiden würden, soll wett- gemacht werden durch eine Steigerung des Anteils, der ihnen aus den Überweisungen zusteht, ferner durch kie Einführung einer allgemeinen Ge t rstA ke ste u e r durch die Kommunen und schließlich durch teilweise Abwälzung von Ausgaben für Schul- und Polizeizwecke von den Kommunen auf die Länder. Das berührt also schon den Finanzausgleich, der ja wieder vorläufig bis nächstes Fahr verlängert wurde und auch endlich eine end gültige Form annehmen sollte, wenn erst die deutschen Zahlungsverpflichtungen selbst eine solche endgültige Regelung erhallen haben. Da im Young-Plan die bis herige Sondergarantie der fünf Milliarden deutscher Jn- dustrieobligationen nicht mehr vorgesehen ist, wiederholt der preußische Finanzminister die Forderung, daß die darin liegende Sonderbelastung der deutschen Industrie in Höhe von jährlich 300 Millionen wegfallen müßte. Eben sv die andere, schon früher aufgestellte Forderung, daß endlich Schluß gemacht wird mit der steuerlichen Son derbelastung, die mit der Gründung der Rentenbank auf die deutsche Landwirtschaft gelegt wurde. Man müsse für die Durchführung der Liquidation dieses Unternehmens, die noch etwa fünf bis sechs Jahre dauern soll, andere Wege finden. Man darf also bei diesen Vorschlägen vorläufig kaum von einer Steuersenkung, höchstens von einer Umgrup pierung, von einer anderweitigen Verteilung der Steuerlasten sprechen. Denn es hat nicht den Anschein, als ob mit einer irgendwie wesentlichen Herab setzung der Ausgaben bei den Kommunen, den Ländern oder dem Reich gerechnet werden könnte. Dafür sind die Bedrängnisse, in denen sich vor allem der Reichsfinanz minister befindet, denn doch allzu groß. Aber der Grund gedanke der Reformvorschläge sollte trotzdem nicht so ohne weiteres von der Hand gewiesen werden: Neuordnung der Verwaltungsausgaben zwischen jenen drei Einrich tungen des staatlichen Lebens in Deutschland nnd ein ent sprechender Finanzausgleich unter Berücksichtigung der steuerlichen, sich immer wieder ändernden Trag fähigkeit. Aber der Ausgangspunkt für jede wirkliche Steuer senkung ist und bleibt doch eine Verminderung der öffent lichen Aus gaben, vor allem durch eine Beschränkung der öffentlichen Verwaltungs auf gaben. Davon freilich hört man nichts und auch der preußische Finanzminister hat hierüber geschwiegen. Trotzdem dürften die von ihm aus gestellten Forderungen in den sicherlich sehr ausgedehnten Etats- und Steuerdebatten des kommenden Winters auch im Reichstag eine große Rolle spielen. Abermalige Schlagwetterexplosion aus -er Charles-Grube. Bisher zehn Tote. Infolge der Explosion auf Schacht II der Charles- Grube waren die Ventilatoren des Schachts zerstört wor den und die Wetterführung versagte. Montag nachmittag hat sich eine neue Explosion ereignet, wie man annimmt, durch schlagende Wetter. Durch diese Explosion, die viel gewaltiger war als die erste, wurden die elektrische Zen trale und das Kesselhaus völlig in Trümmer gelegt. Bis her hat man zehn Tote geborgen. Die Zahl der Schwer- nnd Leichtverletzten ist noch nickt bekannt. Jie Regelung der MMsmerWruW Kompkomißentwurf zum Erwerbslosengesetz. Arbeitgeber und Arbeitnehmer. über die zwischen dem Reich und Preußen vereinbar ten Kompromißvorfchläge zur Regelung der Arbeitslosen Versicherung wird bekannt, alle schwierigen Punkte wie die Frage der Anwartschaft, der Saifonberufe, der Leistungen und der Beitragserhöhungen bilden nunmehr einen be sonderen Gesetzentwurf, der bis zum 31. März 1931 be fristet ist. Erst dann soll über die dauernde Reform ent schieden werden. Am Montag traten die Ausschüsse des Reichsrates, später derReichsrat selber zusammen, um über diesen Einigungsentwurf zu beraten. Dem Reichs- t a g sollen zwei Gesetzentwürfe zugehen. Der eine enthält die Punkte, über die wesentliche Meinungsverschieden heiten nicht bestehen, so die Beseitigung der Mißbräuche und die Verwaltungsreformen, der andere die nunmehr getroffenen Vereinbarungen. Falls der Reichsrat diesem letzteren Entwurf zu stimmen würde, was erwartet wird, so dürfte die Regie rung auf dieser Grundlage in neue Verhandlungen mit den Parteien eintreten. Eine Besprechung der Führer der Regierungsparteien ist für Mittwoch vorgesehen. Oie neuen Pläne. In dem Kompromißentwurf wird vorgesehen, daß Arbeitslose aus Berufen und Gewerben, in denen eine regelmäßig wiederkehrende Arbeitslosigkeit üblich ist, die Unterstützungssätze der nächst niedrigeren Lohnklasse er halten. Der Beitrag zur Reichsanstalt für das gebiet beträgt einheitlich 3,5 Prozent des maßgebenden Arbeitsentgeltes. Der Beitrag für Saisonarbeiter ist um ein Prozent höher als die übrigen zu entrichtenden Beiträge. Am 1. November 1929 soll das Gesetz in Kraft treten. In der Praxis sollen 41 Millionen erzielt werden gegenüber dem nach der ursprünglichen Regierungsvorlage errechneten Desizit von 47 Millionen. Dte beiden kombi nierten Gesetzentwürfe sollen im ganzen zur Deckung des Gesamtdefizits von 279 Millionen einen Betrag von 273 Millionen ergeben. Es bliebe noch ein letzter Fehlbetrag von 6 Millionen, dessen Verschwinden man von der Be seitigung weiterer Mißstände erwartet. Kundgebung der Arbeitgeberverbände. Die Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Reichsverband der Deutschen Industrie teilen mir. daß sie an die für die Reform der Arbeitslosenversicherung zuständigen Regierungsstellen ein Telegramm gerichtet haben, in dem die Verbände Widerspruch gegen die be kanntgewordene Absicht erheben, die Sanierung der Reichsanstall für Arbeitsvermittlung nnd Arbeitslosen versicherung durch eine allgemeine Beitragserhöhung um Prozent und eine weitere Beitragserhöhung um 114 Prozent für die Saisonberufe, insbesondere für die Bau industrie herbeizuführen. Angestellte und Erwerbslosenverstcherung. In Berlin tagten am Sonntag etwa 500 Vertreter von 42 000 Berliner Angestellten, die dem Gewerkschafts- bund der Angestellten angehören. Die nach einem Vortrag des Reichstagsabgeordneten Gustav Schneider angenom mene Entschließung erklärt eine Reform der Arbeitslosen versicherung für erforderlich, verwahrt sich aber im Namen der Gesamtmitgliedschaft des Gewerkschaftsbundes der Angestellten gegen einen allgemeinen Abbau der Leistun gen nnd weist alle dahinzielenden Versuche von politischen Parteien zurück. Notwendig sei eine Neuordnung der Arbeitslosenversicherung nach berufsständischen Gefahren klassen und in erster Linie die Schaffung einer Sonder- abteilung für Angestellte. Annahme -es Arveitslofenlompromiffes im Reichsrat. In der Schlußabstimmung mit 42 gegen 21 Stimmen. In der Montagssitzung des Reichsrates wurde bei der Beratung der Reform der Arbeitslosenversicherung der von der Reichsregierung und der preußischen Regierung vorgelegtc Kompromißvorschlag, der u. a. für die Saison berufe den Beitrag um 114 Prozent erhöht, mit 32 gegen 31 Stimmen bei zwei Enthaltungen in erster Lesung an genommen. Man unterbrach dann die Sitzung, um den Aus schüssen Gelegenheit zu geben, vor der zweiten Beratung die Konsequenzen aus diesem Beschluß zu ziehen. Auch in zweiter Lesung wurde dem Kompromißvor schlag der Reichsregierung und der preußischen Regierung ....c. "U» v-rn, d»e,^» svomp.omtß ergänzte Hauptgesetz in der Schlußabstimmung mit 42 gegen 21 Stimmen angenommen. -r- Die Beseitigung des Defizits in der Arbeitslosen- Versicherung. In Regierungskreisen denkt man sich die Beseitigung des Defizits in der Arbeitslosenversicherung wie folgt: Der Regierungsentwurf bietet in unveränderter Gestalt 92 Millionen Mark Ersparnisse und läßt damit noch ein Defizit von 47 Millionen Mark offen. Dieser Fehlbetrag wird nach den Reichsratsbeschlüssen mit elf Millionen Mark gedeckt durch die Verkürzung der Sätze bei den Arbeitslosen ohne Angehörige, die nicht 52 Wochen ge arbeitet haben. Weitere sechs Millionen Mark glaubt man aus der Verlängerung der Wartezeit für Saisonarbeiter herausholen zu können und weitere 24 Millionen Mark, selbst bei vorsichtiger Schätzung, durch die einprozentige Beitragserhöhung für Saisonberufe. Vorausfetzung ist bei alledem natürlich die auch vom Reichsrat beschlossene allgemeine Beitragserhöhung um 14 Prozent. Danach blieben ziffernmäßig nur noch sechs Millionen Mark Fehlbetrag, die man ohne weiteres durch die übrigen Vorschriften der Reform, die sich vor allem gegen die Mißstände richten, erlangen zu können glaubt. Man-atsfragen vor dem politischen Völkerbundausschuß. Abessynien für Ordnung in Palästina. Der sechste Ausschuß der Völkerbundversammlung (politische Fragen) hat die Aussprache über den Tätigkeits bericht der Ständigen Mandatskommission des Völker bundes abgeschlossen. Wie in früheren Jahren wurde Nansen-Norwegen mit der Berichterstattung beauf tragt. Professor Rappard-Schweiz, der früher selbst der Ständigen Mandatskommission angehörte, faßte das wich tigste Ergebnis der langen Aussprache dahin zusammen, daß trotz aller Meinungsverschiedenheiten über die Frage der Souveränität der Mandatsgebiete doch Einstimmigkeit darüber herrsche, daß die Souveränität nichtauf die Mandatsmacht übergegangen sei. Zu den Vorfällen in Palästina gab der abessinische Vertreter Lidy Andarque Maßci als „Vertreter der christ lichen Macht Afrikas" und „im Namen der direkten Nach kommen Salomos" eine Erklärung ab, in der er darüber Klage führte, daß die Christen bald die Juden bald die Mohammedaner begünstigten, ja, daß sie sogar an Kund gebungen teilnähmen. Christus aber habe das gute Ein vernehmen und die Liebe unter den Menschen gepredigt. Es sei bedauerlich, daß die Christen in Palästina den Antagonismus zwischen den Juden und den Mohamme danern verschlimmerten, statt die Rolle unparteiischer Ver mittler zu übernehmen. Zur Erleichterung der Aufgabe der Mandatsmacht Englands, die man zu ihren energi schen Maßnahmen in Palästina für die Wiederherstellung der Ordnung beglückwünschen könne, forderte er die Völ kerbundstaaten auf, ihren Vertretern in Palästina ent sprechende Anweisungen zu geben. An England selbst richtete er die Bitte, den Christen in Palästina im Interesse der Erhaltung des Friedens eine zum mindesten korrekte Haltung gegenüber beiden Parteien zu empfehlen. Sr. Eckeners Ankunft in Neutsch and. „Graf Zeppelin" demnächst über Berlin. Der Hapagdampfer „New York", mit dem Dr. Eckener nach Deutschland zurückkehrt, wird Dienstag nachmittag 3.30 Uhr in Cuxhaven erwartet. Nach dem Empfang durch das Vorstandsmitglied der Hapag, Dr. Kiep, wird sich Dr. Eckener fogleich nach Hamburg begeben. Das Luftschiff „Graf Zeppelin", das gegen 3 Uhr nachmittag über der Elbmündung eintreffen soll, wird etwa bei Feuerschiff Elbe 1 die „New York" erwarten und anschließend daran nach Hamburg fahren, wo es zwischen 4 und 5 Uhr nach mittag über der Stadt kreuzen wird. Von besonderen Eh rungen Dr. Eckeners durch die Hapag ist auf Wunsch Dr. Eckeners Abstand genommen worden. Mittwoch vormittag werden Verhandlungen zwischen Dr. Eckener und der Hapag stattfinden, an die sich ein Empfang durch den Hamburger Senat anschließt. Abends wird Dr. Eckener mit der Bahn nach Friedrichshafen zurückfahren. Die Rückfahrt des „Graf Zeppelin" nach Friedrichs hafen erfolgt von Schwerin aus quer durch Deutschland. Die Angabe einzelner Orte erübrigt sich dabei, da die Heimreise bei Nacht durchgeführt wird. Der Grund, warum auf dieser Fahrt die Reichshauptstadl nicht an- gesteuert wird, dürfte darin zu suchen sein, daß die Schiffs leitung den ersten Besuch Berlins nach der glücklichen Vollendung der Weltfahrt nicht ohne Dr. Eckener an Bord ausführen will. Es hesteht aber eine gewisse Wahrschein lichkeit dafür, daß das Luftschiff im Laufe der nächsten oder übernächsten Woche in Verbindung mit der schon lange geplanten O st p r e u ß e n f a h r r, für die die Passagierplätze schon lange beleg: sind, nach Berlin kommt und dort auch eine Zwischenlandung vornimmt. Im übrigen hängt natürlich die Festlegung des weiteren Fahrprogramms zu einem großen Teil von den Planen Dr. Eckeners ab.