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MsdmUÄgMn Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ D« ,Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktnsen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Aus Ladestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM., bei Poftbestrllung 2 NM. zuzüglich Abtrag- , , . . gebühr. Einzelnummern tSBpfg.AüeBos'anstalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaeaend Postboten undunsereAus- trlgerund Geschäftsstelle» - - — — neb»en zu jeder Zeit Bs« stellungen entgegen« Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beilicgt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: ki« ZgespaLteu« Raumzelle 20 Stpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4Ü Reich»- Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reich»mark. Nachrveisungsget ühr 20 Reichspfenuige. Vsr- geschriebeneErtcheinungs- „ tage und Platznor^riste« werden »ach MAglichkoit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Luz^ annahme Kis vorrn.1v Uhr. > Für die Richtigkeit d« durch Fernruf SdermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabatlanspruch erlischt, «eun der Betrag durch Klage eingszagen »erden mutz oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Bermittlungestellt«eutge^en. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr 198 — 88 Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 26 August 1929 Raum oder Not. Die Nachricht, daß Samoa, der ehemals deutsche Kolonialbesitz, sich in einer Revolution gegen die neusee ländische Mandatsgewalt empört hat, mag von vielen als wenig interessant in dieser Zeit der gewaltigen Völker differenzen übersehen worden sein. Und doch bietet diese Empörung eine typische Illustration zu den verheerenden Folgen, die der Raub unserer Kolonien durch den Versailler Vertrag für diese gehabt hat. Bekanntlich wurde uns damals in der Überheblichkeit des Sieger dünkels die Fähigkeit, zu kolonisieren, abgesprochen und unsere Kolonialgebiete unter Vormundschaftsherrschaft verschiedener Ententestaaten gestellt, die es angeblich besser verstehen sollten als Deutschland. Diese Kolonialmächte sind aber fast durchweg den Beweis ihrer größe ren Tüchtigkeit schuldig geblieben. Mögen ans rein wirtschaftlichem Gebiet in einigen Kolonien durch die Mandatsverwaltungen Fortschritte erzielt worden sein, so sind dies sicherlich solche, die im Laufe der allgemeinen Entwicklung von selbst- gegeben waren und von Deutschland ebensogut, wahrscheinlich aber besser ausgenutzt und ausgebaut worden wären. Das Gesamt inleresse des übervölkerten Europas aber, aus den Kolo nien Rohstoffe und Nahrungsmittel beziehen zu können, ist keineswegs genügend berücksichtigt und bei der Ver waltung im Auge behalten worden. Noch weniger getan hat man für die kulturelle Entwicklung der Ein geborenenvölker, eine Aufgabe, die sich die deutschen Kolo nisatoren stets vor allem haben angelegen sein lassen. Missionare und friedliche Kaufleute waren die Bahn brecher und Pfadfinder der Kolonisation Deutschlands, nicht Soldaten oder gar Abenteurer, wie in Frankreich und in England. In der Seuchenbekämpfung, der Gesund heitspflege, dem kulturellen und wirtschaftlichen Unter richt sind auch heute noch nicht wieder die Zustände er reicht worden, wie sie unter deutscher Herrschaft be standen. Zu einer besonders schlimmen Mißwirtschaft hat sich die neuseeländische Mandatsverwaltung auf Samoa entwickelt. Gleich nach Übernahme des Man dats hatten die mangelhaften sanitären Vorkehrungen die furchtbare Folge, daß infolge Umsichgreifens der spa nischen Grippe, die unter deutscher Verwaltung erfolgreich bekämpft worden war, der vierte Teil dieses sympathischen Völkchens den Tod fand. Die Mißwirtschaft auf anderen Gebieten führte dazu, daß in den letzten Jahren die Bevölkerung, die sich unter der deutschen Herrschaft besonders friedliebend und ruhig gezeigt hatte/aus den Aufständen und blutigen Unruhen nicht mehr heraus kam. Und diese Neuseeländer, deren kolonisatorischen Fähigkeiten hier an diesem so leicht zu behandelnden Ob jekt schon scheiterten, haben immer noch das Mandat trotz der vielen Klagen und Beschwerden, die bei der perma nenten Mandatskommission des Völkerbundes gegen sie einliefen, und trotzdem diese Kommission noch die Völker bundsatzungen Vorschlägen und der Völkerbundrat ent sprechend beschließen müßte, daß Neuseeland wegen der bewiesenen Unfähigkeit das Mandat zu entziehen sei. Einen Nachfolger im Mandat zu finden, dürfte nicht schwerfallen. Hat Deutschland nicht in 14 jährigem erfolgreichen Einvernehmen mit den Sa moanern gezeigt, daß es der gegebene Mandatar wäre? Hier könnte ein Anfang gemacht werden mit der Ein lösung des Versprechens der Locarnomächte, daß Deutsch land bei seinem Eintritt in den Völkerbund Kolonial- mandate erhalten sollte, ebenso wie die anderen Mächte. Für Deutschland ist es eine Lebensnotwendig keit, daß seine zu schmale Bodengrundlage erweitert wird. Es braucht Raum für seine überschüssige Bevölkerung, die ihm jetzt durch Auswanderung in die Fremde verloren geht, es braucht, wie das ganze übrige Europa, die Sicherheit, aus eigenem Gebiet notwendige über seeische Rohstoffe und Lebensmittel zu beziehen. Das traurige Wort vom „V o l k o h n e R a u m" hat jetzt eine noch lcharfere Fassung in der Alternative gefunden: Ra umoder Not! —dt. MM AWm-MUW Chemnitz, 25. August. Bei der heutigen Flugveranstal tung in Hartmannsdorf verunglückte die Fallschirmpilotin Erna Kröhl, die schon einige 30 Fallschirmabsprünge mit gutem Erfolg durchgeführt hatte, durch eine Nichtentfaltung des Fallschirms in 350 Meter Höhe tödlich. Der Aufprall war so heftig, daß der Tod aus der Stelle eingetreten sein dürfte. Das Modell des Fall schirms war anerkannt gut, auch war der Schirm sorgfältig zu sammengelegt, so daß das Unglück nur aus einen unglücklichen Zu fall zurückzuführen ist. Frau Dr. Lola Schroter-Vorescou mußte aus der Luft, wo sie sich für einen zweiten Absprung bereit mach te, den tödlichen Abststurz ihrer Kollegin mit ansehen. Ein englisches Militärflugzeug avgeflürzt. Kairo. Ein Vickers-Viktoriaflugzeug für q rans- Porte ist mit sieben Mann Besatzung kurz nach dem tlvstug vom Flugplatz Heliopolis abgestürzt. Drei Maun, darunter °er Pilot, wurden getötet und vier verletzt. „Ws MM" Wer Los Angeln Flotte Fahrt über ben Stillen Ozean. Die Vordere it ungen in Los Angeles. Die Fahrt des „Graf Zeppelin" Uber den Stillen Ozean geht flott voran. Die Geschwindigkeit richtet sich ganz nach der Wetterlage und beträgt, sofern keine Gegen winde herrschen, etwa 100 bis 130 Kilometer in der Stunde. Sonnenschein, Regen und Nebel wechseln ein ander ab. Besonders kurz nach seinem Abflug aus Tokio hatte das Luftschiff mit einem Sturm zu kämpfen, der es heftig schüttelte. Die Sturmzone war aber bald durch fahren und die Passagiere konnten in aller Ruhe ihre Mahlzeit einnehmen. Die Datumsgrenze überflogen. Am Sonnabend abend hat der „Graf Zeppelin" den 180. Meridian, die internationale Datumsgrenze in der Mitte des Stillen Ozeans, überflogen. Dabei gewann das Luftschiff einen Tag, so daß die Passagiere also Sonn abend nacht zu Bett gingen und nach Verlauf der Nacht am Sonnabend morgen wieder aufwachten. Auf dem Flugplatz in Los Angeles wird eine Pa trouille von zehn Flugzeugen bereitgehalten, die bei An- näberuna des ..Graf.Zevvelin" aufsteiaen wird, um ihm den Weg zum Ankerplatz'freizuhalten. Sie wird das Luft schiff bis zur erfolgten Verankerung in einer Entfernung von 500 Meter umkreisen und alle anderen Flugzeuge zwei Meilen vom Luftschiff entfernt halten. Während der Landungsmanöver dürfen keine Flugzeuge vom Flugfeld aussteigen oder landen. In Newyork hat sich ein Empfangskomitee gebildet, das damit beschäftigt ist, unter Mitwirkung der deutsch amerikanischen Verbände ein großzügiges Programm zum Empfang des „Graf Zeppelin" auszuarbeiten. Es ist be absichtigt, die Führer und die Besatzung des Luftschiffes in einer großen Parade von der Battery, der Südspitze der Stadt, zum Rathaus zu geleiten. Sichtmeldung vom Zeppelin Neuyork, 26. August. Der Dampfer „Edward Alexan der" sichtete am Montag früh mitteleuropäischer Zeit den die Küste entlang fahrenden „Graf Zeppelin" 180 Kilometer südlich von San Franzisko bei Point Sur. Veber Ss« Francisco Neuyork, 26. August. Nach einem Füntspruch aus San Franzisko ist das Luftschiff „Graf Zeppelin" um 3.22 Uhr mittel europäischer Zeit über der Stadt erschienen. Das Lustschiss pas sierte vorher, von zahlreichen Flugzeugen geleitet, von den Farat- len Inseln kommend, das Goldene Tor, überflog Alcotraz Island, Goat Island und Oakland und wendete dann nach San Franzis ko, wo das Erscheinen des „Gras Zeppelin" von einer unüberseh baren Menschenmenge auf Straßen und Dächern jubelnd begrüßt wurde. Aas der Fahrt «ach Lor Anzelcs Neuyork, 26. August. Im Scheine der untergehenden Sonne passierte „Graf Zeppelin" in etwa 100 Meter Höhe das Goldene Tor und ging dann auf 150 Meter hoch, als er San Franzisko überflog. Eine nach hunderttausenden zählende Men schenmenge hatte sich auf den Straßen und Plätzen eingefunden, nachdem vom Leuchtturm Point Reyes aus das Herannahen des Luftschiffes gemeldet worden war. Um 4.01 Uhr mitteleuro päischer Zeit verließ „Gras Zeppelin" die Stadt mit Richtung aus Los Angeles, wo das Luftschiss schönes Wetter mit etwas Ne bel antreffen wird, der aber nach Sonnenaufgang verschwinden wird. In Los Angeles ist ein Funkspruch von Dr. Eckener einge troffen, daß das Luftschiff um Mitternacht (zwischen 8 und 9 Uhr mitteleuropäischer Zeit) eintrefsen und bis zum Morgengrauen über dem Flugplatz kreuzen wird. Ueber Los Angeles Neuyork, 26. August. „Graf Zeppelin" ist gegen 9.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit über Los Angeles eingetrofsen. Da es um diese Zeit an der Westküste Amerikas noch Nacht ist (4.30 Uhr), wird das Luftschiff noch einige Zeit kreuzen und dann bei Anbruch des Tages landen. SHmre EWWMstroO m Winland Zahlreiche Tote und Schwerverletzte. Am Sonntag vormittag 8.04 Uhr entgleisten bei der Einfahrt in den Bahnhof Buir bei Düren Lokomotive und sieben Wagen des Schnellzuges Paris—Warschau. Ge tötet sind nach den ersten Feststellungen sechs und schwer verletzt zehn Fahrgäste, meistens Ausländer, jedoch dürftc sich die Zahl der Toten und Verletzten noch erhöhen. Zu dem schweren Eisenbahnunfall bei Düren werden noch folgende Einzelheiten bekannt: Bei dem verunglück ten Zug handelt es sich um den planmäßig von Paris nach Warschau abfahrenden Schnellzug D. 23, der mit Reisenden bis auf den letzten Platz besetzt war. Die Unfallstelle liegt etwa 500 Meter von der Station Buir entfernt. Auf der Strecke werden Gleis arbeiten vorgenommen, so daß der Verkehr auf ein Nebengleis umgelegt werden mußte. Der Lokomotiv führer hatte in Düren schriftliche Weisung erhalten, aus dieser Strecke langsam zu fahren. Augenzeugen be richten aber, daß die Stundengeschwindigkeit schätzungsweise 90 Kilometer betragen habe. Es müsse daher angenommen werden, daß der Lokomotiv führer sich an die Weisung nicht gekehrt habe. Die Unfall stelle selbst bietet ein Bild grauenhafter Zerstörung und unbeschreiblichen Durcheinanders. Die Maschine, die aus den Schienen geworfen ist, liegt mit dem Tender neben der Strecke. Der Pack- und Post wagen sind eine acht Meter hohe Böschung hinauf geworfen und ineinandergeschachtelt. Der nächste Wagen, ein Wagen zweiter Klasse, ist vollständig zertrümmert, die folgenden wurden mehr oder weniger beschädigt, während der Schlafwagen quer über den Schienen steht. Man ist mit Schweißapparaten dabei, die Türen zu öffnen. So weit dies nicht gelingt, werden die Dächer der Wagen aufgerissen und auf diese Weise die Toten und Verletzten geborgen Sanitätswagen aus Köln und Aachen, über 60 Beamte und 100 Sanitäter sowie die Bevölkerung der Umgebung beteiligen sich an der Hilfsaktion. Bis 12 Uhr konnte man keine zuverlässigen Angaben über die Zahl der Toten und Verwundeten erfahren. Es verlautet aber, daß bis 12 Tote und 30 Schwerverletzte zu beklagen sind. Wieviele Personen noch unter den Trümmern liegen, kann noch nicht bestimmt werden, ebenso nicht die Namen der Verunglückten, weil die meisten ihre Papiere in den Reisekoffern haben. Bekannt wird, daß eine Dienstfrau und ein Packmeister getötet wurden, während der Führer des Zuges ein Bein verloren hat. Der Heizer rettete sich durch rechtzeitiges Abspringen. Das Krankenhaus in Buir vermochte die Toten und Verletzten nicht alle aufzuneh men. Die Leichtverletzten wurden daher in die Kranken häuser der Umgegend, zum Teil sogar bis nach Köln ge schafft. Die Verständigung mit den Verwundeten ist sehr schwer, da sie meist nur ihre Heimatsprache beherrschen. Es handelt sich zum überwiegenden Teil um Franzosen und Polen. Unter den französischen Fahrgästen befanden sich auch Mitglieder eines Pariser Schwimmklubs, die zu Wett kämpfen nach Berlin und Warschau verpflichtet waren. Einem von ihnen wurde ein Bein abgequetscht, während die übrigen nftt dem Schrecken davonkamen. Die Strecke ist für deN-v-Zug-Verkehr. gesperrt. Die. Umleitung er- solgt über Euskirchen. Der Personenzugverkeyr wiro ourcy Umsteigen aufrechterhalten. Man rechnet damit, daß es eine zweitägige Arbeit erfordern wird, bis die Strecke wieder befahrbar ist. An der Unfallstelle befindet sich der Vizepräsident der Reichsbahndirektion Köln, Grunzke, und die Reichsbahnoberräte Bonnemann und Hartmann. * Ei« AWWWMritzt Düren, 26. August. Ein Augenzeuge des schweren Eisen bahnunglück von Buer erzählt, daß er im Seitengang eines Wa gens am Fenster gestanden habe, als die Katastrophe hereinbrach. Ihm sei die schnell steigende Fahrtgeschwindigkeit des Zuges aus gefallen. Plötzlich habe sich der Wagen zur Seite geneigt, er sei mit dem Kopf gegen das Fenster geschlagen und habe dann noch gesehen, wie die Lokomotive zur Seite abrutschte. Nachdem er wieder zu sich gekommen sei, sei er auf das Dach des Wagens ge klettert. Von allen Seiten hörte man die Schmerzensschreie der Verwundeten. Aus der umgestürzten Lokomotive schlugen hohe Flammen. Die unverletzt gebliebenen Passagiere leisteten die erste Hilfe und brachten die Verwundeten auf das neben der Bahn linie befindliche Stoppelfeld, wo aus Eetreidcgarben ein Lager errichtet wurde.