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MÄnifferÄM« Nationale Tageszeitung für die Landwirtschast, Dl» »2Ml«druffrr Tagrdlatt" «rlchrinl an allen Wertlagen nachmittags s Uhl. Btrugsprei«: Bei Abholung in der «eschSN-stclle und den Au-gabest-ll-n L AM. im Monat, bei Zustellung burch bi« Boten 2,30 RM., bei Poftbestellung 2 «W. zuzüglich Abtrag, ' gebühr. Lstuelnummern tL«osg.«ll-P°!'°nstallen Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und UN,ereAus. trr,-runL»-schastrftellcn — ! -U ! nehmen zu jeder Zeil Be- ftelUrusen entgegeru Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesaudter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto deiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Nanmzeile 20 Rpsg., die 4 gespaltene Zeile der aurtlichen Bekanntmachungen 40A^chs- pfennig, die 3 gespaltene Neklamezeil« im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfenuige. 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D. und schon die Liste derer, die einst im Reichstag auf der Tribüne der Reichsminister sitzen durften, ist recht lang geworden. Infolgedessen auch die Summe recht hoch gestiegen, die alle diese Minister a. D. an Pensionen beziehen. Kritik auch daran — nur in Deutschland und in Deutschösterreich sind die Minister als solche unter bestimmten Voraussetzungen pensionsfähig — wurde immer lauter. Doch weit über die Neuregelung der Pensionssähig- keit und -berechtigung hinaus geht der Entwurf eines neuen Gesetzes, der nach harten Kämpfen im Kabinett selbst dort genehmigt wurde und jetzt seiner Behandlung im Parlament -»strebt. Dieses Gesetz will nämlich die gesamte staats- undbeamtenrechtliche Stel lung der Reichsminister regeln und trögt daher die Bezeichnung „Reichsministergesetz'. Um vorweg die besonders interessierende Frage der „Pension' zu be rühren: war der zum Minister a. D. Gewordene früher, also vor seiner Tätigkeit als Minister, bei irgendeiner Reichs-, Länder- oder Kommunalbehörde Beamter, so er hält er als Ruhegehalt 80 Prozent dessen, was er in dieser früheren Beamtenstelle an Gehalt bezog. Es gibt für ihn also keine „Ministerpension' mehr, er kann also nicht wie bisher etwa 80 Prozent des Ministergehaltes lebens länglich als Pension beziehen, auch wenn er nur ein paar Tage oder Wochen Minister war. Wie steht es nun aber — ein häufiger und nicht ganz unberechtigter Einwand — mit den Männern, die Minister wurden, ohne Beamte gewesen zu sein, oder die in einem beamtenähnlichen, pensionsberechtigten Verhältnis standen? Oft verzichten sie auf bisweilen hochbezahlte Stellungen und Posten in der Wirtschaft oder in Organi sationen, die zurückzuerhalten manchmal schwer oder un möglich sein wird. Der Gesetzentwurf schlägt hier, um unbillige Härten und finanziell-wirtschaftliche Benachteili gung des „Ministerseins' zu verhindern, ein „Über gangsgeld" vor: zunächst drei Monate hindurch er hält der Minister a. D. sein volles Gehalt weiterbezahlt, dann, entsprechend der Zeit, während der er Minister war, aber mindestens ein Jahr lang, ein allmählich bis auf 50 Prozent der früheren Amtsbezüge sinkendes Ruhe gehalt. Das dauert aber höchstens fünf Jahre; dann ist Schluß auch mit dieser „Ministerpension", übrigens gilt dies alles nur für Reichsminister, die nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes aus dem Amte scheiden. Der neue Entwurf bestimmt aber des weiteren noch Höhe und Zusammensetzung der Minister gehälter: der Reichskanzler bezieht 45000, jeder Reichsminister 36 000 Mark Dazu treten dem Beamten gesetz entsprechende Ortszulage, eine Wohnnngsentschädi- gung und ein im Reichsetat festgelegter Repräsentations fonds oder, wie man jetzt sagt, eine Dienstauswandsenl- schädigung. Da kommt denn eine ganz hübsche Summe zusammen, die aber immer noch weit geringer ist, als es jene Summen sind, die von anderen Ländern den Ministern gezahlt werden. Und schließlich behandelt der Entwurf auch noch die beamten- oder staatsrechtliche Stellung der Reichsminister. Sie sollen überhaupt aus dem Beamtcnverhältnis her- ausgenommcn, sollen Amtsträger eigenen Rechts und eigener — Pflichten werden Genau wird der Zeitpunkt lestgelegt, wenn der zum Minister „Ernannte" nun recht- nch Minister „wird", wird bestimmt, daß der neue Ncichs- kanzlcr die ihu selbst ernenncude Urkunde des Reichsprä sidenten gegenzeichnet; nicht bloß die, in der die Ent lassung des Vorgängers ausgesprochen wird. Das letztere geschah auch bisher schon, aber der vom Sessel des Reichs kanzlers Scheidende vollzog vor seiner Entlassung bisher die Gegenzeichnung des Erlasses, der seinen Nachfolger ins Amt rief. Amtsträger eigenen Rechtes — das umschließt, übri gens unter Ausdehnung bisheriger Bestimmungen der Verfassung, daß der Minister durch Parlamentsbeschluß aus politischen Gründen vor den Staatsgerichtshof ge bracht werden kann, der für ihn einzige Gerichtsinstanz ist. Ganz neu ist aber auch der weitere Artikel in dem Entwurf — hier beginnen die Sonder pflichten —, daß ein Reichsminister nur seinem Amt zu dienen hat, nur diesem, und daher berufsmäßig keinerlei Neben bei ch ä f t i g lsv g ausüben darf, mit der irgendeine Ver gütung verbunden ist. ^arf auch nicht dem Vorstand oder dem Aufsichtsrat irgendeines Erwerbsunternehmcns an gehören — eine Bestimmung, die sicherlich zweckmäßig ist, meist auch schon bisher — wenigstens durch den jeweiligen Reichskanzler, aber auch durch zahlreiche Minister — frei willig erfüllt wurde, aber zu schweren finanziellen Be nachteiligungen führen kann. Verboten ist ihm auch die Tätigkeit als Schiedsrichter oder Gutachter gegen Entgelt — und nur eiu geringer Trost ist es für ihn, daß er nickst als Schöffe oder Geschworener zu fungieren oder sonst ein öffentliches Ehrenamt zu übernehmen gezwungen werden kann. Soweit in großen Zügen der Inhalt des Entwurfs, dessen Beratung im Parlament wohl sicher noch zu recht heftigen Kämpfen führen wird. Mkdmld über die MteneWMmg Grober Tag im Unterhaus London, 24. Juli. Das Unterhaus hatte heute, zwei Tage vor Abschluß des gegenwärtigen Tagungsabschnittes, noch einmal einen seiner großen Tage. Außenminister Henderson verursachte durch die Bekanntgabe des Rücktrittes des britischen Oberkom missars in Aegypten, Lord Lloyd, eine Sensation, die sich steigerte, als im Verlause eines Frage- und Aniwortspieles klar wurde, daß es sich um einen mehr oder weniger erzwungenen Rücktritt handelt. Die Hintergründe dieser Angelegenheit bedürfen vorläufig noch starker Klärung. Das zweite Hauptereignis des Tages stellte die mit Spannung erwartete Ankündigung des Ministerpräsidenten Macdonald über die Durchführung des Flottenbauprogramms dar. Macdonald kündigte folgenden Kabinettsbeschluß an: 1. Einstellung aller Arbeiten an den Kreuzern „Surrey" und „Northumberland"; 2. Streichung des in dem bisherigen Flottenbauprogramm vor gesehenen Unterseebovt-Depotschiffes „Maidstone"; 3. Streichung von zwei Kontrakten für Unterseeboote; 4. Verlangsamung des Tempos in der Durchführung der Ar beiten an anderen Flottenbauten. Weiterhin teilte der Ministerpräsident mit: Hinsichtlich des Bauprogramms für 1930 werden keinerlei vorbereitende Arbeiten durchgeführt werden, bis das Programm vom Kabinett genauer geprüft ist. Die Regierung ist sich darüber klar, daß diese Vermin derung des Flottenbauprogramms eine direkte Rückwirkung auf den Beschäftigungsgrad in den Schiffswerften haben muß. Aus diesem Grunde sind von der Admiralität besondere Vor kehrungen getroffen worden, durch die, wie die Regierung hofft, es möglich sein wird, einen großen Teil der in den Werften be- fchäftigungslos werdenden Arbeiter anderweitig unterzubringen. Auf die allgemeinen Aussichten der Flottenabrüstungsfrage übergehend teilte Macdonald mit, daß alle hieran unterefsierten Mächte sich über die Notwendigkeit eines allgemeinen Abkommens einig seien. Die Bedeutung der Erklärung Macdonalds Neu york, 24. Juli. Ministerpräsident Macdonald teilte im Unterhause auf ergänzende Fragen noch mit, die Regierung sei zu ihren Beschlüssen gekommen in der vollen Ueberzeugung, daß die Stärke der britischen Flotte, wie sie sich aus der angekündigten Verminderung ergebe, in Uebereinstimmung stehe mit dem gegen wärtigen Stand der Dinge in der Welt und den allgemeinen Friedensaussichten. Die britische Flotte sei in dieser eingeschränk ten Form zur Durchführung ihres Verteidigungswerkes noch durch aus befähigt. Die Erklärung des Ministerpräsidenten zur Flottenabrüstungs frage gewinnt besondere Bedeutung dadurch, daß ihr am Vor mittag eine Sitzung des Kabinetts und eine Aussprache zwischen Macdonald und General Dawes vorausging. Sie ist daher nicht nur rein seetechnisch, sondern auch politisch eine Kundgebung ersten Ranges, deutlich dazu bestimmt, für die weiteren Verhand lungen den guten Willen Großbritanniens unter Beweis zu stel len und so den schließlichen Erfolg der Flottenabrüstungsverhand lungen zu sichern. * Amerika folgt nach Neuyork, 24. Juli. Präsident Hoover gab die Erklärung ab, daß die Ausführung des amerikanischen Kreuzerbauprogramms ausgesetzt werden soll, bis das Ergebnis der angebahnten englisch- amerikanischen Flottenahrüstungsverhandlungen vorliegt. Die Er klärung Hoovers stellt die Antwort auf die Ausführung Macdo nalds im Unterhaus vom Mittwoch nachmittag dar. Die völlige Kiellegung von drei neuen Kreuzern wird auf Grund dieser Mitteilung des Präsidenten ausgesetzt. Sine Fabrik in die Lust geflogen. Im Hagel der Sauerstoffbomben. Eine fürchterliche Explosionskata- strophe in einem Ausmaß, wie sie feit Jahrzehnten in Berlin nicht mehr zu verzeichnen war, hat sich in den Borsigwalder Sauerstoff werken in Borsig walde ereignet. Anscheinend entzündete sich durch Fahr lässigkeit eines Arbeiters eine Sauerstofflasche, die dann weiter in der Nähe befindliche, mit Azetylen gefüllte Flaschen zur Explosion brachte. Ungeheuere Detonationen erfüllten lange Zeit hindurch die Lust. Die Unglücksstelle bot ein einziges großes Flammenmeer, aus dem dauernd riesige Stichflammen und Rauchsäulen empor schossen. Wie Bomben wurden die schweren Sauer- stofsmetallflaschen durch die Luft geschleudert, kamen mit weithin hörbarem Pfeifen heruntergesaust und rissen die Straßen des Geländes meterties auf. Von der Berliner Feuerwehr, der 10. Alarmstufe be fohlen war, waren zehn Züge zur Stelle. Außerdem be teiligten sich noch sechs freiwillige Feuerwehren, darunter die Borsigwalder Feuerwehr, an der Hilfsaktion. Diese gestaltete sich außerordentlich schwierig, da die immer wieder erfolgenden Detonationen mit einem Hagel von Sprengstüücn die Umgebung unzugänglich machten, fo daß zunächst an ein Löschen nicht zu denken war. Die neben der Unglücksstätte befindlichen großen Fabrikanlaaen der Otis-Aufzugwerke, in denen über 500 Arbeiter beschäftigt sind mußten sofort geräumt werden. Wie richtig diese Maßnahme war, ergibt sich daraus, daß die Anlagen der Otiswerke durch den über greifenden Brcmd zur Hälfte zerstört wurden. Von der Explosion war auch das Gaswerk in Tegel, das von der Unglücksstätte etwa 700 Meter ent fernt ist, bedroht. Glücklicherweise stand der Wind so, daß das Feuer nicht auf das Grundstück der Gaswerke Übergriff. Sämtliche Licht- und Wasscranlagen aller in Borsigwalde befindlichen Fabriken waren gestört. Auch fast alle Fernsprechverbindungen waren unterbrochen. Der Schaden, den die ungeheure Katastrophe verur sacht hat, ist vorläufig noch nicht voll zu bestimmen. Jeden falls wird er sich aber in die Millionen belaufen. Glücklicherweise ereignete sich die erste Explosion während der Mittagspause, so daß nur wenige Arbeiter und Angestellte in dem Werk zugegen waren. Entgegen den zuerst verbreiteten Meldungen über eine große Anzahl von Toten und Verletzten ist erfreulicherweise festzustellen, daß bis jetzt keine Toten zu beklagen sind und sich die Zahl der Verletzten nur auf zwölf Personen beschränkt. Von diesen haben vier schwerere Verletzungen davongetragen, während die anderen Verletzten auf ihren Wunsch nach Anlegung von Notverbänden in ihre Wohnungen entlassen werden konnten. Feierliche Verkündung des Kellogg-Pakles. Präsident Hoover über die Abrüstung. Der Kellogg-Pakt ist von der Washingtoner Regie rung in einer feierlichen Kundgebung in Kraft gesetzt worden. Die Washingtoner Negierung hatte zu der In kraftsetzung die diplomatischen Vertreter aller der Mächte eingeladen, die dem Pakt beigetreten sind. Die Inkraft setzung des Kellogg-Paktes mußte bis jetzt verschoben wer- den, weil sie erst erfolgen kann, wenn sämtliche unter zeichnenden Mächte ihre Ratifizierungsurkunden in Washington niedergelegt haben. Bis jetzt fehlte aus diplomatischen Gründen die japanische Ratifikation, die nunmehr aber erfolgt ist. Die Zahl der am Kellogg-Pakt beteiligten Mächte beläuft sich nunmehr auf 40, darunter befinden sich auch die Sowjetunion und China. Der Reichspräsident und der Außenminister Dr. Stresemann haben der amerikanischen Regierung aus Anlaß der be vorstehenden Inkraftsetzung des Kellogg-Paktes tele graphisch ihre Glückwünsche ausgesprochen. Präsident Hoover benutzte den Vorabend der Inkraft setzung des Kellogg-Paktes, um nochmals eindringlich darauf hinzuweisen, daß sich die Seemächte auf eine Vcr-