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MMufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Da» ,WU»druffer Tageblatt» ertcheinl an allen Weeblaeen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in »er «Seschäsisstcllc und den Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bei Austeilung durch die Boten 2,30 RW., bei Postdcstclluug 2 «W. zuzüglich Abtrag- — , . ,, ,, . gebühr. Einzelnummern tSRpfg.AllePostauftalten Wochenblatt für Wllsdruss u. klmgegend Postboten und NN,«reAus. möget und Ecichastsnellen ! nehmen zu jeder Zeit De. stellungen entgegen. JmFall: höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht dein Anspruch ans Lieferung ter Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — «üchsendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum/ Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4V R^chs- pfennig, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. 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Als vor fünf Jahren Macdonald englischer Minister- präsidenl war, vermochte er es dem französischen Minister präsidenten Herriot gegenüber nicht durchzusetzen, daß die Londoner Konferenz, auf der man sich über den Dawes- Plan einigen wollte, ohne weiteres dazu führen müßte, d'e Franzosen zum sofortigen Abmarsch aus dem von ihnen besetzten Ruhrgebiet zu veranlassen. Die Eng länder haben ja damals den Vormarsch der Franzosen und Belgier in das unbesetzte deutsche Gebiet hinein nicht mitgemacht; deutscherseits glaubte man mich, allerhand Andeutungen des englischen Botschafters in Berlin, Lord d'Abernon, trauen zu dürfen, daß England seinen Ein fluß einsetzen würde, Frankreich und Belgien aus dem Ruhrgebiet hinauszubugsieren. Diese Annahme hat sich als allzu optimistisch herausgestellt, weil Chamberlain mehr Gewicht darauf legte, die guten Beziehungen zu Frankreich nicht zu stören, als dem bedrängten Deutsch land zu Hilfe zu kommen. Jetzt ergibt sich eine ähnliche Lage aus den Aus führungen, die der Nachfolger Chamberlains, der eng lische Außenminister Henderson, ein Mitglied der Arbeiterpartei, im Unterhaus gemacht hat. Die dortige allgemeine Aussprache über die englische Politik hat natürlich sehr oft das Verhältnis zu Deutschland berührt, und dabei stand die Frage der Räumung der besetzten Gebiete ganz im Vordergrund. Im Verlauf der Debatte hatte nun der Außenminister Henderson erklärt, die eng lische Regierung sei darauf bedacht, das Rheinland s o früh als möglich zu räumen, und zwar nicht stufen- odcr staffclweise, sondern gänzlich, weil ein nur allmäh liches Hinausgehen der Besatzungstruppen „dem Interesse des europäischen Friedens nicht entspreche". Außerdem habe Deutschland ein Recht auf Räumung, weil es alle Bedingungen des Versailler Vertrages erfüllt habe. „Ich glaube, wir sollten versuchen, die französische und die belgische Regierung zu veranlassen, die Räumung mit uns vorzunehmen. Ich habe keinen Grund zu der Annahme, daß von der französischen oder der belgischen Regierung einer vollständigen Räumung irgendwelche unüberwindlichen Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden. Das Parlament kann versichert sein, daß wir alles tun werden, was wir können, und daß vor allen Dingen der ganze moralische Druck, der zu unserer Verfügung steht, auf der kommenden Reparationskon ferenz angewendet werden wird, um eine schnelle und ein mütige Entscheidung zugunsten der Räumung zu erzielen/ An diesem englischen Ministcrwort wollen wir Deutsche nicht drehen und deuteln. Der neue englische Außenminister Henderson hat im Unterhaus nicht ver heimlicht, daß Frankreich und Belgien in dieser Frage erst einmal zu dem englischen Standpunkte bekehrt werden müssen. Er hat aber ausdrücklich ausgesprochen, daß seine Regierung es versuchen wolle, die französische ebenso wie die belgische Regierung dazu zu veranlassen, diesen Schritt der Rheinlandräumung gemeinsam mit England zu tun, hat die Enttäuschung als verständlich erklärt, die in Deutschland Platz greifen würde, wenn die Räumung auf- sieschoben oder nur „brockenweise" erfolgen würde. Aber fein Vorgänger und Gegenredner, Chamberlain, hat nicht Zu Unrecht darauf hingewiesen, daß Deutschland nichts da- bei gewinnen würde, wenn die englischen Truppen zurück gezogen, Frankreich und Belgien aber sich nicht demselben schritt anschließen würden. Das Echo, das Henderson in Parrs gefunden hat, er mutigt nun aber nicht zu der Hoffnung, daß man sich dort und in Brüssel ohne weiteres der englischen Anschauung über die Rheinlandräumung anschließen wird. Selbst in liüksstehenden Pariser Blättern wird hinsichtlich der Aus führungen des englischen Außenministers stärker betont, daß England kein isoliertes Vorgehen beabsichtige, also die Einschränkung, daß die englische Regierung die Räu mungsfrage so behandeln wolle, wie man das in Parrs und Brüssel beabsichtige. Und selbstverständlich sprechen sich die politisch rechts oder gemäßigt stehenden französi schen Blätter sehr scharf gegen die Ausführungen des eng- lischen Außenministers aus. Man versteift sich dort nach wie vor darauf, daß Deutschland zum mindesten die Ein setzung einer „Feststellungs- und Vergleichskommission zur Überwachung der neutralen Zone" zulassen müsse, der natürlich nun die französischen Rechtsparteien sehr weit gehende Befugnisse übertragen wollen. „Sie müßte die Möglichkeit und die Mittel haben, die Rheinbrücken zu zer stören, ohne die ein überraschender Einbruch der deutschen Kräfte in das französische Gebiet unmöglich ist." Leider haben die letzten politischen Ereig nisse in Frankreich, vor allem der von der Mehrheit der Kammer getragene Wunsch, die Genehmigung des Young- Planes abhängig zu machen von gewissen Voraussetzun gen, bei denen auch solche Sicherungsmaßnahmen eine er hebliche Nolle spielen, gerade in den letzten Tagen wieder bewiesen, daß Frankreich keineswegs auf dem Standpunkt der unbedingten Rheinlandräumung steht. Dieser Forde rung gegenüber bedeutet nun das, was der englische Außenminister im Unterhaus ausgeführt hat, eine ganz außerordentliche Stärkung des deutschen Standpunktes und infolgedessen möchte man hoffen, daß diesmal Englands Vertreter auf der kommenden Konferenz nicht wieder zurückweichen wird vor dem, was französischerseits verlangt wird. England mW in Paris znr Eile Militär gegen Politik. England hat, wie es scheint, bereits die ersten vorbereitenden Schritte für eine Räumung getan. Wenn auch noch keine Befehle zum Abbau bei den Besatzungsbehörden vorliegen, so sind doch die geplanten Herbstübungen der englischen Truppen im besetzten Gebiet vorläufig ausgeschoben worden. Weniger scheint sich Frankreich mit dem Gedanken einer Zurückziehung der Truppen bereits vertraut gemacht zu haben, denn eine bei den heutigen Verhältnissen doppelt eigenartige Forderung hat die französische Besatzungsbehörde an das Wohnungs amt der Stadt Zweibrücken gerichtet. Unter der An gabe, daß das Garnisonlazarett zu klein sei, verlangt die Besatzung, daß die Stadt zehn Wohnungen zu je zwei bis drei Zimmern bereitstellen soll. Nach den An gaben der Franzosen seien diese Wohnungen für Unter offiziere bestimmt, die bisher ein Gebäude der Kaserne bewohnt hätten; das Gebäude müsse zur Erweiterung des Lazaretts in Anspruch genommen werden. Die Bereit stellung der Wohnungen wird in kurzer Frist ver langt, obwohl die Wohnungsnot in Zweibrücken groß ist. Das sieht allerdings so aus, als hätten die mili tärischen Behörden Frankreichs noch nichts von den politischen Räumungsverhandlungen gehört. Oder stellen sie sich nur taub, weil ihnen der Gedanke nicht in ihren Kram paßt? * Ltnangenehme Antworten. England und Amerika wollen anders als Frankreich. Der französische Minister des Äußern Briand hat den englischen Botschafter Lord Tyrrell empfangen, der ihm eine Verbalnote über den Young-Plan überreicht. Im Anschluß an diesen Schritt des englischen Bot schafters veröffentlicht die Agentur Havas folgende Mit teilung: Sowohl nach den Mitteilungen der anderen interessierten Mächte als auch nach dem heutigen Schritt Lord Tyrrells scheint es, daß man im Begriff ist, sich für die Einberufung der Konferenz auf die ersten Augusttage zu einigen. Was andererseits den Tagungsort betrifft, so hält die englische Note, wie ver lautet, an dem Standpunkt der englischen Negierung fest und schlägt demgemäß nochmals London vor. Die Verfahrensfrage foll bisher nur in unbestimmter Form ins Auge gefaßt worden sein; es wird jedoch bekannt, daß die englische Regierung sich den französischen Vorschlägen über eine Prüfung der der Konferenz zu unterbreitenden Probleme in mehreren Etappen nicht angeschlos sen hat. Keine Verknüpfung der Schulden- und Tributfrage. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat diefranzösifche Regierung wissen lassen, daß Amerika das Abkommen mit der Kriegsentschädigungs frage verbinde. Das Regierungsblatt „Herald" meldet, die amerika nische Regierung wünsche nicht, daß die Vereinigten Staaten sich amtlich an der zukünftigen internationalen Ausgleichsbank beteiligten. Dieser Wunsch schließe aber nicht aus, daß die Regierung private amerikanische Bankiers in amtlichem Auftrag in die Bank entsende und sich auch bei der bevorstehenden Schuldenkonscren- durch amtliche Beobachter vertreten lasse. * -en „Versöhnungsausschuß" Der deutsche Standpunkt. An maßgebender deutscher Stelle wird angesichts der hartnäckigen Haltung der französischen Presse sowohl in der Saarfrage als auch in der Frage des „Ver- söhnungsausschufses" die grundsätzliche Ein stellung der deutschen Regierung noch einmal in aller Form umschrieben. Ursprünglich sollte das Saargebiet Frankreich einen Ersatz bieten für die zerstörten Gruben in Frankreich. Nach dem Zustandekommen des Young-Planes ergibt sich jedoch heute ein innerer Zu sammenhang der Saarfragc mit der Kriegsentschädi gungsfrage, da der Young-Plan von seinen Urhebern als eine endgültige und umfassende Gesamtregelung aller Kriegsentschädigungsfragen gedacht ist. Im Young- Plan kommt ja auch deutlich zum Ausdruck, daß Deutsch land von allen politischen Belastungen befreit wer den soll. Die deutsche Regierung ist der Meinung, daß von einer Gesamtliquidation nicht gesprochen werden könne, solange nicht auch die Saarfrage mit geregelt wird. Im Interesse des Versöhnungsgedankens liege es, wenn auch diese Frage auf der bevorstehenden Konferenz endgültig bereinigt werde. Was die Frage des „Versöhnungsaus- fchusses" angeht, so wird in Berlin auf den im Locarno-Vertrag vorgesehenen Vergleichsausschutz hingcwiescn, der ja auch Frankreich die Möglichkeit gibt, über kleinere Streitfälle sofort eine Entscheidung herbei zuführen. Der Ausschuß ist paritätisch zusammengesetzt und würde keine Benachteiligung Frankreichs bedeuten. Nach deutscher Ansicht genügt vollauf der im Londoner Vertrag vorgesehene Vergleichsausschuß. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß Frankreich seinen Vorschlag durch den Grundsatz der Gegenseitigkeit bei der Anrufung des von ihm vorgeschlagenen Ausschusses beschönigen will. * Lteber die Grenze der Leistungsfähigkeit helastet. Die Landwirtschaft zum Young-Plan. Die im Reichsausschuß der deutschen Landwirtschaft vereinigten landwirtschaftlichen Spitzenverbände haben zu Vorschlägen der Pariser Sachverständigen konferenz folgende Stellung genommen: „Im Bericht der Pariser Sachverständigenkonserenz vom 7. Juni 1929 sind den beteiligten Regierungen Vor schläge für eine vollständige und endgültige Regelung des Reparationsproblems unterbreitet worden. Ohne zu der grundsätzlichen Frage der Reparationsforde rungen überhaupt Stellung zu nehmen, hält der Reichs ausschuß der deutschen Landwirtschaft an dem Grundsätze fest, daß Reparationszahlungen nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft mög lich sind. Die im Reichsausschuß der deutschen Landwirtschaft vereinigten Spitzenverbände halten sich für verpflichtet, ihrer Überzeugung Ausdruck zu geben, daß die im Noung-Plan der deutschen Wirtschaft zugemuteten Leistungen, für deren Bemessung nicht die wirtschaft liche Prüfung der Leistungsfähigkeit Deutschlands, son dern politische Gesichtspunkte ausschlaggebend ge wesen sind, und zu denen noch die ständig steigende Ver zinsung und Tilgung der vonDeutschland aufgenommenen Anleihen hinzukommt, über die Leistugsfähig- keit der deutschen Wirtschaft weit hinausgehen. Die Landwirtschaft ist unter der Herrschaft des Dawes-Planes in eine immer drückender werdende un produktive Neuverschuldung hinabgeglitten, deren Höhe sich mit dem Betrage der an die ausländischen Gläubiger Deutschlands abgeführten Zahlungen un gefähr deckt. Sie ist infolgedessen schon über die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit hinaus belastet und unter den gegenwärtigen Produktionsbedingungen nicht imstande, weiterhin unmittelbare und mittelbare Reparationslasten, insbesondere nicht durch weitere Eingriffe in die Sub stanz, zu tragen. Der Rcichsausschuß der deutschen Landwirtschaft er wartet daher von der Reichsregierung, daß sic diesen Tatsachen bei ihrer Entscheidung über den Bericht der Pariser Sachverständigenkonferenz und insbesondere auch bei den diplomatischen Verhandlungen Rechnung tragen und keine Verpflichtungen und Regelungen an nehmen wird, die nicht der Leistungsfähigkeit der deut schen Wirtschaft und den besonderen Verhältnissen der deutschen Landwirtschaft entsprechen." Diese Stellungnahme der deutschen Landwirtschaft wurde heute durch den Präsidenten des deutschen Land Wirtschaftsrates, vr. ll. o. Brandes, der Reichsregierung zur Kenntnis gebracht. Eupen und Malmedy wollen zurück zum Reich! Bonn, 7. Juli. Die Vereinigten Landsmannschaften Eupen —Malmedy—Montjoie traten in Bonn zu einer Tagung zusam men. Es wurde folgende Entschließung gefaßt und an das aus wärtige Amt, das Reichsministerium sür die besetzten Gebiete und das preußische Staatsministerium gesandt: „Die Jahresversammlung der Vereinigten Landsmannschaften Eupen—Malmedy—Montjoie richtet an die Reichsregierung die dringende Bitte, bei den kommenden Verhandlungen mit Belgien dafür Sorge tragen zu wollen, daß der bei den belgischen Wahlen vom 26. Mai klar und unverfälscht zum Ausdruck gekommene Wille der abgetrennten Gebiete wieder mit dem deutschen Vater lande vereinigt zu werden, gehört und mit allen Mitteln zur Geltung gebracht werde." Zu der Tagung waren aus Neu-Belgien über 2V0 Gäste er schienen. Weitere Deutsche aus Neu-Belgien hatten sich ange meldet, mußten aber wegen Schwierigkeiten mit der belgischen Behörde im letzten Augenblick absagen.