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psNMGe k^unchMsu Deutsches Reich Hindenburgs Dank an die Reparatlonssachverständigen. Der Reichspräsident empfing die deutschen Vertreter auf der Pariser Sachverständigenkonferenz, Reichsbank präsident Dr. Schacht, Dr. Melchior und Geheimrat Dr. K astl, und nahm von ihnen einen Bericht über die Ergebnisse der Konferenz entgegen. Zum Schluß sprach der Reichspräsident den Sachver ständigen seinen Dankfür ihre mühevolle und verant wortungsreiche Arbeit aus. Selbstverwaltung und Neichsaufbau. Auf dem in Stettin tagenden 33. Pommerschen i Städtetag hielt der Präsident des Deutschen Städtetages, ; Dr. Mulert, eine Rede über die Aufgaben des Deutschen j und Preußischen Städtetages, in der er u. a. erklärte: j Der Städtetag erstrebt den staats- und Verwaltungs- l mäßigen Einbau der Selbstverwaltung in den Reichsauf- ! bau, setzt sich für einen einheitlicheren Aufbau der Ver- : waltung in den Ländern und der Gemeindeverfassung ein s und verlang: neben einer regionalen Neugliederung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine klare Abgrenzung > der Zuständigkeiten. Ferner muß erneut die Forderung i nach einer baldigen endgültigen Regelung des Finanz- ! und Lastenausgleichs erhoben werden. Aus Zn- und Ausland München. Bei der Beratung des Kultusetats im Bayerischen Landtag machten mehrere nationalsozialistische Abgeordnete wiederholt Zwischenrufe, durch die sic die Re publik herabwürdigten. Der Nürnberger Nationalsozialist Streicher wurde vom Präsidenten dreimal zur Ordnung ge rufen und schließlich ausgefordert, den Sitzungssaal zu ver lassen. Streicher fügte sich dieser Anordnung. München. Die Prinzen Ludwig Ferdinand, Alfons und Adalbert von Bayern sind dem Stahlhelm beigetreten und zu Ehrenmitgliedern des bayerischen Stahlhelms er nannt worden. Die Ehrenmitgliedschaft des bayerischen Stahlhelms haben ferner angenommen: Großadmiral von Tirpitz, Generaloberst Graf Bothmer, General der Kavallerie Freiherr von Gebsattcl und General der Infanterie von Hurt. Stuttgart. In der gemeinsamen Sitzung des Landes kirchentages und Obcrkirchenrats wurde Prälat Wurm in Heilbronn zum Kirchenpräsidenten der Evangelischen Landes kirche Württembergs gewählt. Prälat Wurm hat die Wahl angenommen. Paris. Der Kabinettsrai beschäftigte sich mit den Zwischenfällen in Marokko. Man hat auf Lastkraftwagen und mit der Eisenbahn Verstärkungen entsandt, um die von den aufständischen Stämmen umzingelten französischen Truppen zu befreien. Drei Fliegergeschwader belegten die Ansamm lungen der Eingeborenen mit Bomben und Maschinengewchr- feuer. Die Verluste der Franzosen an Toten betragen nach den letzten Nachrichten sieben Offiziere und els Unteroffiziere § und Mannschaften. Mexiko. In Palmira wurden der Rebellenführei Romaro und neunzehn seiner Anhänger nach einem summarischen Kriegsgerichtsverfahren hingerichtet. Romaro und seine Bande halten vor einigen Tagen einen Eisenbahnzug überfallen. Bundeskavallerie tötete 40 Mitglieder der Bande, während Romaro gefangengenommen wurde. Sünnes nibt eine falsche AM« Bela Groß berichtigt. Im Stinncs-Prozeß erklärte der Angeklagte Bela Groß, daß die Zeitungsnachrichten, die ihn als Verwandten des in die Berliner Spritschmuggelaffäre verwickelten Robert Groß bezeichnet hätten, unzutreffend seien. Dann wurde die Vernehmung des Angeklagten Stinnes fortgesetzt. Stinncs schilderte sein Zusammentreffen mit dem Reichs kommissar Heinzmann beim Untersuchungsrichter. Heinz mann hätte gesagt, auch die Regierung habe den Wunsch, die Angelegenheit möglichst geräuschlos aus der Welt zu schassen, da sie eine Schädigung des deutschen Kredits tm Auslande mit sich bringen könnte. Stinnes erklärte dann, daß er aus der Absicht heraus, alles zu tun, um Schädigungen für Familie und Firma abzuwenden, vor dem Untersuchungs richter eine falsche Aussage gemacht habe, was er nach der Vernehmung sofort seinen Verteidigern mitgeteilt habe. Die falsche Aussage, die er später zurückgezogen habe, habe darin bestanden, daß er sich selbst belastet habe. Er habe sich damals sagen müssen, daß er sich unvorsichtigerweise in ein Geschäft eingelassen hatte, das er zwar damals für einwandfrei ge halten, bei dem er aber doch eine gewisse Unachtsamkeit be gangen habe. Er habe sich deshalb gedrungen gefühlt, sich in die Bresche zu werfen, um sein Haus von der Sache frei zu halten. Vor dem Urteil im Aogens-Prvzeß. Die Plädoyers der Verteidiger. Im Nogens-Jakubowski-Prozeß in Neu strelitz sprachen nach dem Plädoyer des Rechtsanwalts Dr. Brandl als Vertreter der Nebenkläger die Verteidiger der Angeklagten. Rechtsanwalt Dr. Albrecht sprach für Fritz Nogens, zu dessen Gunsten er die Jugendlichkeit zur Zeit der Tat und die ungenügende elterliche Fürsorge an führte. Der Verteidiger bat um Freisprechung des Ange klagten oder für den Fall der Verurteilung um Bewährungs- srist. Rechtsanwalt Dr. Müller beantragte für August Nogens Freisprechung. Eine Verurteilung könne nur erfolgen, wenn man ihm einwandfrei die Begehung der Tat nachweisen könne. Er könne aber der Täter nicht gewesen sein, da er am Mordlage mindestens bis 5 Uhr nicht in Palingen gewesen sei. Rechtsanwalt Dr. Pieper bat um Milde sür die An geklagte Frau Kähler-Nogens. Eine Beihilfe seitens der Angeklagten sei nicht ausreichend zu beweisen. Bei dem Meineid müsse das Gericht berücksichtigen, daß Frau Kähler ihn aus der Furcht heraus, sich selbst ans Messer zu liefern, geleistet habe. Rechtsanwalt Dr. Utecht sprach für den Angeklagten Blöcker, der nur in einem Punkte einen fahr lässigen Falscheid geleistet habe: aber auch ohne diesen Eid hätte das erste Schwurgericht zweifellos das Todesurteil über Jakubowski gefällt. Der Verteidiger beantragte Freisprechung und bat, falls diese nicht erfolgen könne, um Milde, und zwar unter besonderer Berücksichtigung der Jugend Blöckers. Urteilsverkündung am Montag. Es ergreisen dann noch das Wort Oberstaatsanwalt Dr. Weber und der Nebenkläger Rechtsanwalt Dr. Brandt. Rach kurzen Erwiderungen der Verteidiger und dem leb haften Ausruf des Angeklagten August Nogens: „Wenn ich als Mörder bestraft werde, hat mich der Ober >'" -: s - anwalt auf dem Gewissen" wird die Ve- mg geschlossen und die Urteilsverkündigung au, .Mon tag mittag festgesetzt. Pfarrer Ahlers weiß nichts. Nach den Plädoyers wurde der aus Grund des Zwischen falles vom Tage vorher geladene Pfarrer Ahlers ver nommen. Er bestritt, der Frau Kähler-Nogens irgend etwas von einem Tatgeständnis des Fritz Rogens mitgeteilt zu haben. Eine solche Mitteilung würde seinen Grundsätzen widersprechen. Oberstaatsanwalt Weber nahm dann das Wort zu einer längeren Replik, in der er seine Strafanträge voll aufrecht hielt. Der Replik folgten kurze Erwiderungen des Vertreters der Nebenkläger und der Verteidiger. Der Angeklagte August Rogens rief zuletzt aus: „Wenn ich als Mörder bestraft werde, hat mich der Ober staatsanwalt auf dem Gewissen." Die Verhandlungen wurden dann geschlossen. Die Urteils verkündung soll am Montag mittag erfolgen. Mor-prozeß Richter. Wie Frau Mertens starb. Im Bonner Mordprozeß forderte nach der Wiederherstellung der Öffentlichkeit der Vorsitzende den An geklagten Dr. Richter auf, sich über den ihm zur Last ge legten Mord an Frau Mertens zu äußern. Der Angeklagte schilderte zunächst, wie er zu dem Gift Strophanthin gekommen sei. Es fei von ihm in der Adler- Apotheke zu Bingen bestellt und ihm am 29. November aus gehändigt worden. Am 1. Dezember habe er es in seine Aktentasche gesteckt, um sich zum Krankenhause zu begeben. Frau Mertens Hütt- ihm zuvor einen Bries geschrieben, in dem sie über heftige Schmerzen geklagt und ihn gebeten habe, nach Bonn zu kommen. Er habe diesen Wunsch zunächst nicht erfüllen wollen, sei dann aber doch nach Bonn gefahren. Frau Mertens habe verlangt, daß er sie untersuchen solle. Nachdem aas Kind einer Bekannten, das man der Frau Mertens in die Wohnung gebracht habe, abgeholt worden war und sie ihr eigenes Kind zu Bett gebracht hatte, seien sie in die Küche gegangen. Vorher habe er eine Packung Pralinen, die er in Koblenz gekauft hatte, geöffnet und Frau Mertens habe einige davon gegessen. Im Verlauf der Unterhaltung sei sie wieder aus die Untersuchung gekommen und er habe sie vorgenommen. Kurz daraus habe Frau Mertens ihm er klärt, es sei ihr so komisch. Er habe ihr geraten, sich hinzu legen. Daraus habe sie geantwortet: „Nein, es hat keinen Zweck, Sn hast mich vergiftet!" Er habe sie daraufhin für verrückt erklärt. Bei Frau Mertens habe sich nun eine furcht bare Aufregung bemerkbar gemacht. Zunächst habe er ge glaubt, daß sie nur Theater mache. Er habe ihr vorgeschlagen, zu irgendeinem Arzt zu gehen, da er den Vorwurf der Ver giftung nicht über sich ergehen lassen wolle. Zu ihrem Kinde, das ihr entgegengclaufen sei,»habe sie gesagt: „Mutter mutz sterben!" Sie sei dann aus die Straße gegangen und er sei ihr gefolgt. Wiederholt habe er ihr geraten, die Klinik auf- zusuchcn, weil er inzwischen zu der Ansicht gekommen sei, daß sie vielleicht doch Gift genommen haben könnte. Schließlich hätten sie ein Auto genommen und seien in Begleitung eines Polizisten zur Klinik gefahren, wo der Arzt Dr. Jakobi Frau Mertens untersucht habe. Der Arzt habe erklärt, die medizinische Klinik komme nicht in Frage, die Frau sei hysterisch. In der Nervcnklinik habe man Frau Mertens ausgenommen. Als er, Richter, sich nach Haus begeben wollte, hätten ihn die Transportbegleiter darauf aufmerksam gemacht, daß die Frau im Sterben liege. Als er in den Saal ge kommen sei, sei sie bereits tot gewesen. Er sei dann zur Polizeiwache gegangen und habe die Todesnachricht überbracht. Der Vorsitzende machte den Angeklagten daraus aufmerk sam, daß er im Laufe seiner Aussagen sehr verschiedene An gaben gemacht habe. Das Gift Strophanthin habe er dabei nicht genannt. Auf der Wache habe er etwas in den Ofen ge worfen, das nach der Angabe eines Polizeibeamten einem Röhrchen ähnlich gesehen habe. Dr. Richter antwortete, seine verschiedenen Aussagen seien darauf zurückzusühren, daß er keine Zeit zur Überlegung gehabt habe. Das Strophanthin sei von ihm absichtlich verschwiegen worden. Frau Mertens müsse sich es selbst in den Darm eingeführt haben. Zeugenaussagen in der Mordsache. Das Gericht begann nun mit der Zeugenvernehmung. Mehrere Zeugen schildern den Angeklagten, den sie seit längerer Zeit kennen, als offenen, liebenswürdigen Menschen. Kollegen stellen ihm als Arzt das beste Zeugnis aus und hallen ihn der Tat nicht für fähig. Mehrere Zeuginnen, unter ihnen die Schwester der Frau Mertens, be richten, daß die Frau wenige Stunden vor ihrem Tode lustig und guter Dinge gewesen sei. Zu einer Frau Müller sagte sie: „Mein Herzallerliebster ist zu Besuch bei mir. er ist in der letzten Zeit ganz verändert!" Besondere Be achtung findet die Aussage des Studenten Stillgcr, der in der Etage über Frau Mertens wohnte. Er erzählt, daß er in der Unglücksnacht kurz nach Mitternacht durch einen Notschrei geweckt worden sei. Ein zweiter und dritter Schrei seien nach einigen Minuten erfolgt. Beim letzten Schrei habe er sich angezogcn und etwa eine Viertel stunde lang an seiner Tür gestanden. Er habe das Umfallen von Stühlen und Tischen sowie das Klirren von Porzellan gehört. Er habe weiter gehört, wie Frau Mertens ver schiedentlich versucht habe, die Korridortür zu öffnen: die Tür sei aber immer wieder zugeschlagcn worden Später sei dann Frau Mertens mit einem Herrn weggegangen. Der Angeklagte sagt hierzu, er habe die Tür zugeschlagen, nm Fran Mertens zu überreden, sich wenigstens vor ihrem Weg gehen einen Mantel umznhängen. Einer der H a u p l b e l a » u n g s z e u g e n ist der nun mehr vernommene Polizeiwachtmeister Mertens. Er sagt aus: Der diensttuende Arzt Dr. Jakobi habe Frau Mertens untersucht, dann aber erklärt, daß er nichts an ihr finden könne. Er, Mertens, habe dann bestimmt beobachtet, daß Dr. Richter aus seiner rechten Westentasche mit zwei Fingern i einen Gegenstand im Umfange einer halben Zigarette ge nommen und durch die Schiebetür des im Wachtlolal befind lichen Ofens ins Feuer geworfen habe. Der Angeklagte erklärt demgegenüber, es habe sich hierbei nicht um ein Medika mentenröhrchen, sondern um ein zusammengeknäultes, nasses Taschentuch gehandelt. Dr. Richter gesteht den Meineid. Der Angeklagte Dr. Richter ließ dann durch seinen Ver teidiger erklären, daß er seinerzeit in der Ehescheidungsklage der Frau Mertens einen Meineid geleistet habe. Ser Kronzeuge im Autonomistenprozeß. Polizeikommissar Bauer. Als erster Belastungszeuge in dem in Besanyon ver bandelten Autonomistenprozeß wurde der vielgenannte Polizei kommissar Bauer vernommen. Bauer hat schon im Kolmarer Prozeß durch seine Berichte über die an gebliche Vorgeschichte des elsässischen Autonomismus ein ge wisses Aufsehen erregt. Auch in Besanyon suchte er jetzt den Geschworenen die Anfänge des Autonomismus darzulegen. Er zitierte Artikel aus verschiedenen Zeitungen, um die Verbindung der Autonomisten mit Deutschland nach zuweisen. Seine Ausführungen machten den Eindruck einer regelrechten Anklagerede und stimmten fast wörtlich mit den seinerzeit in Kolmar gemachten Angaben überein. vsnua/rrk ckre LiwkaLL« Kf Lekch gsu-ä/rrt L/wn A'rrLSN unä F/c/rsr/iSit. — lVa/Am /raüvn §re aook Lsm /tonLo bei unr 7 Sia er HVrr»erL*uLt Seine blinde Frau Oviginalroman von Gert Rothberg. K2. Fortsetzung Nachdruck verboten Er lächelte über sich selbst, aber bei diesem Lächeln spürte er einen so seltsamen Schmerz im Herzen. Trotzdem er be stimmt nach Hause zu reisen gedachte, beschäftigten sich seine Gedanken unausgesetzt mit Inge Stern. Als Wendox jetzt nach dem seitlich aufgestellten Büfett schritt, um eine Erfrischung zu sich zu nehmen, folgte er ihm unauffällig. Wendox bemerkte ihn am Büfett und trat freundlich nickend auf ihn zu. „Ziemlich heiß hier, na, Ihnen wird es wohl noch heißer sein nach dem Getanze." Eschingen lachte. „Es ist aber sehr schön hier, es gibt was zu sehen." „Allerdings," Wendox lächelte etwas mokant. „Die Bril lanten und Perlen der Anwesenden belaufen sich auf Mil liarden." Sie setzten sich an einen kleinen Tisch. Als sie mit den Gläsern anstießen, in denen goldgelber Wein funkelte, da faßte Eschingen den Entschluß. Jetzt oder nie, dachte er. „Mister Wendox, ich würde gern eine Frage an Sie rich ten. Ich bin aber etwas in Verlegenheit, weiß nicht, wie Sie die Sache auffassen." „Schießen Sie nur los," meinte Wendox. „Mister Wendox, Sie erzählten Morland und mir von Ihrer hoffnungslosen Liebe zu Inge Stern," sagte Eschin gen leise. Ueber des Dollarfürsten Gesicht breiteten sich finstere Schatten. „Ja, warum kommen Sie jetzt darauf zurück?" stieß er fast rauh hervor. „Weil ich Inge Stern auch liebe," sagte Eschingen ruhig. „Ja, so versuchen Sie Ihr Heil doch," sagte Wendox und beschattete die Augen mit der Hand. Aber unter dieser Hand hervor musterte er den Gegenübersitzenden scharf. Eschingens braunes, schöngeschnittenes Rassegesicht wurde blaß. „Mister Wendox, es ist mir bitterer Ernst, wissen Sie etwas Näheres über die blonde Schönheit?" Wendox entgegnete ruhig: „Ich habe ihr nicht von Liebe gesprochen. Als ich im Begriff stand, es zu tun, sah ich das Bild eines jungen deutschen Offiziers auf ihrem Tisch. Ein paar frische Blumen standen dabei, so, wie man wohl täglich das Bild eines geliebten Menschen schmückt. Ich nahm ohne weiteres das wohl Richtige an und erfuhr dann auch noch, auf welchem Wege ist wohl gleich, daß Inge Stern das Bild des jungen Offiziers oft küßte. Weiter brauchte ich nichts zu wissen, das genügte mir." Eschingen atmete schwer. „Also auch für mich hoffnungs los." Wendox machte ein künstlich erstauntes Gesicht. „Aber Sie erzählten mir doch?" „Daß ich gebunden bin?" ergänzte Eschingen. „Ja, aller dings, an eine blinde Kusine. Uebrigens, jetzt weiß ich auf einmal, an wen mich Inge Stern erinnert. An meine blinde Frau. Aber die Augen meiner Frau habe ich nkd gesehen, während Miß Sterns Veilchenaugen mich verfolgen Tag und Nacht." Da überkam Wendox eine wunderliche Ahnung. „Wann habe-: Sie Ihre Frau denn das letztemal gesehen?" Eschingen murmelte leise: „An unserem Hochzeitstag." „Und Sie haben nie versucht, eine Heilung Ihrer Frau Gemahlin herbeizuführen?" Eschingen blickte ihn offen an. „Jutta ist nach Ansicht verschrobener Aerzte unheilbar. Der alte Geheimrat, der sie im Hause meiner verstorbenen Tante behandelte, gab ihr sogar nur noch wenige Lebensjahre, da sich die Krankheit nach dem Gehirn ziehe." Wendox entgegnete nichts. Lange sann er ernst vor sich hin. Dann sah er den ihm Gegenübersitzenden noch einmal prüfend an. Er ist es, kein Zweifel, er ist der Offizier auf dem Bilde, dachte er. Aber wie hängt das nur alles zu sammen? Er stand auf. „Ich glaube, wir müssen uns wieder sehen lassen. Hatten Sie noch etwas aus dem Herzen?" „Nein," sagte Eschingen. Inge-Iutta fühlte eine leise Ermüdung. Sic durfte jetzt nicht mehr tanzen, denn jede körperliche Anstrengung tonnte gefährlich werden. Zudem wollte sie auch bald nach Hause und da mußte sie sich auch noch erst genügend ab- kühlen, damit sie nicht erhitzt in die Nachtluft hinaustrat. Sie blickte den beiden Herren entgegen. Seltsam ernst kamen sie ihr beide vor. Als Eschingen um den letzten ihm noch zugesagten Tanz bat, lehnte Inge-Iutta mit der Begründung ab, daß sie er müdet sei und auch schon den anderen Herren einen Korb gegeben habe. Eschingen trat, sich verbeugend, zurück. Wendox aber erinnerte Inge Stern noch einmal an den morgigen Besuch. Bald erhob sich die Sängerin, um nach Hause zu fahren. Eine begeisterte Menschenmenge begleitete sie hinaus. Dicht am Auto standen Wendox, Morland und Eschingen. Jutta, in ihrem weißen Mantel, das Gesicht von einem kleinen Samthut umrahmt, nickte allen noch einmal freund lich zu. Ihre und Eschingens Augen aber hingen aneinander, lange, lange. Die Hupe erklang und das Auto fuhr davon. „Was unternehmen wir nun noch ein bißchen?" fragte fidel Morland. Er bekam keine Antwort. Mit komischem Lächeln sah er die zwei anderen an. „Kommen Sie heute noch wieder, meine Herren," meinte er. Eschingen fuhr zusammen. Wendox aber sagte ruhig: „Meine Herren, entschuldigen Sie mich, ich fahre nach Hause." „So?" brummte Morland enttäuscht. „Na, wegen mir, aber wir zwei doch?" Eschingen schob seinen Arm in den des alten Herrn. „Wir fahren auch nach Hause," sagte er. (Fortsetzung folgt.)