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MMusferTaMalt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da» »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 NM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 NM., bei Postbestellung 2 AM. zuzüglich Abtrag. s. gebühr. Einzelnummern LSRpfg. Alle Postaustalten Wochenblatt für Wrlsdruff u. Umgehend Postboten und unsereAus. trägerund Geschäftsstellen nehmen zu jeder Zeit De. ftellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht Lein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeiarnpreir: di. » gespaltene Raumzeile 20 Npfg., die 1 gespaltene ^cile der amtlichen Bekanntmachungen 4l> Reich». Pfennig, die L gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungrgedühr 20 Reichspsennige. Dor« geschriebene Erscheinung-« —, , , „ _ tage und Platzuorschristen -oerden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annabme bis norm.lOUHr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Radattanspruch erlifcht, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder derAuftraggeberin Konkurs grrüt. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellenentgeaen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr 138 — 88 Jahrgang Telegr^Adr „Amtsblatt' Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 17 Juni 192S Religiöser Frieden. Als man in Weimar die Verfassung des neuen Deutschen Reiches schuf, waren die Debatten über das Verhältnis zwischen Kirche und Staat Gegenstand schärfster Auseinandersetzungen. Beispielsweise ist der Artikel 146, der den Charakter der deutschen Volksschule behandelt, so sehr umkämpft worden, daß man erst an dem Tage, als die Verfassung in der dritten Lesung beschlossen werden sollte, eine Einigungsformel hierüber gefunden hat. Wie sehr die Auslegungen über den Wortlaut dieses Artikels auseinandergingen, zeigt am besten, daß man bisher immer noch nicht ein Ausführungsgesetz zu diesem Artikel, also ein Reichsschulgesetz, hat finden können, daß vielmehr an dem Streit über dieses Reichsschulgesetz die Koalition des letzten Reichstages zerschellt ist, weil die Deutsche Polkspartei mit den Anschauungen des Zen trums und der Deutschnationalen in dieser Frage nicht mehr einverstanden war. Damals ist auch die Frage des Reichskonkordats in die politische Debatte hinein geworfen worden, ohne daß eigentlich eine rechte Ver anlassung dazu vorlag, schon aus dem Grunde nicht, weil eben die Schulfrage nicht geregelt worden war. Diese ist Reichssache, wie die Verfassung es bestimmt. In folgedessen ist die Vereinbarung zwischen Preußen und der Kurie nicht darauf eingegangen, das Verhältnis zwischen der Kirche und der Schule irgendwie abzugrenzen oder zu regeln. Hier trennen sich die Geister und einen Aus gleich herzustellen vermag nur ein Reichskonkordat. Aber die Reichsverfassung hatte noch etwas anderes bestimmt, nämlich — dem Artikel 137 zusolge — daß der Staat irgendwie hineinzureden hätte in die Art und Weise, wie jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten ordnen und verwalten wolle. Außerdem hatte dieser Artikel bestimmt, daß jede Religionsgesellschast „ohne jede Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde" ihre Ämter verleihe, sie außerdem Körperschaft des öffentlichen Rechts bleibe, und schließlich, daß die Regelung der steuerlichen Bestimmungen der L a n d e s gesetzgebung obliege. Damit hatte man in Weimar, als man die Ver fassung schuf, sozusagen eine Trennung zwischen Kirche und Staat herbeiführen wollen —, nur haben sich die tat sächlichen Verhältnisse in Deutschland als viel stärker er wiesen als diese Bestimmungen. Infolgedessen war man genötigt, eine Übereinkunft mit der katholischen Kirche zu treffen, die die Rechte einerseits der Religionsgemein schaften, andererseits des Staates irgendwie regelte. Diese Übereinkunft, die Preußen jetzt, vorbehaltlich der Zustimmung des Landtags, getroffen hat, hat ein Beispiel gehabt in einem „Konkordat" — um diese allgemein be kannte Bezeichnung zu wählen — zwischen der Kurie und Bayern. Nur ist damals gleichzeitig eine Vereinbarung getroffen worden zwischen dem Staat und den evange lischen Kirchengemeinschaften durch ein Mantelgesetz, das grundsätzlich überhaupt das Verhältnis zwischen dem Staat und den Kirchengemeinschaften regelte. Das wird ja auch in Preußen beabsichtigt und beantragt durch alle Parteien, von den Deutschnationalen bis zu den Demo kraten hin, allerdings mit einigen Unterschieden insofern, als die Deutschnationalen verlangen, daß, dem bayerischen Beispiel entsprechend, gleichzeitig mit der Vereinbarung über das Verhältnis des Preußischen Staates zur Kurie auch die evangelische Kirche eine über die schwankende politische Tagesmeinung hinausgehende Sicherung dieses Verhältnisses zwischen Kirche und Staat erfährt, wobei man sich natürlich ohne weiteres klar darüber ist, daß ein „Konkordat", also ein internationaler Vertrag zwischen gleichberechtigten Mächten — der Papst ist dabei lediglich Haupt der katholischen Kirche, nicht etwa Beherrscher des neugegründeten Kirchenstaates — kaum in Frage kommt. Die Deutsche Volkspartei und ebenso die Demokraten ver langen, daß schleunigst eine solche Vereinbarung zwischen dem Staate Preußen und der evangelischen Kirche getroffen wird, vor allem deswegen, weil mit der Revolution, als der oberste Landesbischof, nämlich der König von Preußen, staatsrechtlich ausgeschaltet wurde, sehr bald der erste Absatz des Artikels 137 der Reichsverfassung — aber auch nur wieder teilweise — zur Wirklichkeit wurde, daß „keine Staatskirche besteht". . Für eine Neuregelung des Verhältnisses kommt natür lich vor allem die evangelische Kirche in Preußen in Frage. Dabei wird der Staat selbstverständlich auch, entsprechend den Vereinbarungen mit der katholischen Kirche, den natio nalen Charakter wahren dürfen. Denn nicht nur bei der Bischofswahl, sondern auch bei der Vorbildung der Geist lichen sind Zugeständnisse erfolgt, die allerdings nicht so weit gehen wie z. B. die Vereinbarungen zwischen der Kurie und dem Polnischen Staat es vorsehen, daß nämlich irgendein Geistlicher aus seiner Pfarrei entfernt wird, weil aus irgendwelchen politischen Gründen der Staat es ver langt. Aber der Staat vermag es zu verhüten, daß ein Nichtdeutscher auf einen deutschen Bischofsstuhl gesetzt wird. An deutschen Universitäten muß der Geistliche studiert haben, ehe er in sein Amt hineinkommt. Das Übernationale der katholischen Kirche ist geopfert dem nationalen Gedanken, und wie hier, so werden sich auch bei den bevorstehenden Verhandlungen zwischen dem Staat Preußen und der evangelischen Kirche Formen finden lassen, die einen Zwiespalt zwischen der Betätigung des religiösen Gedankens und zwischen den Anforderungen, die der Staat an den Bürger stellt, zum Verschwinden bringen. MWtz der Madrider Tagung Deutsch-polnische Einig» n g. Sonnabend trat der Völkerbundrat zu seiner Schluß sitzung zusammen, in der nach Erledigung der beiden ersten Punkte der Tagesordnung der Vorsitzende Adatschi den aus Grund der bis zur letzten Stunde fortgesetzten Bemü hungen um eine Einigung in der Frage der Liguidationen deutschen Grundbesitzes in Polen entstandenen Bericht verlas. In dem Bericht wird festgestellt, daß die deutsche und die polnische Regierung sich dahin geeinigt haben, in kürzester Zeit direkte Verhandlungen zur Regelung der Angelegenheit unter dem Vorsitz von Adatschi aufzu- nehmcn. Dieser ist berechtigt, den Effektivvorsitr bei den Verhandlungen einer ihm geeignet erscheinenden Persön lichkeit zu übertragen. In den Vorschlägen wurden die deutschen Anregungen im wesentlichen angenommen. Die Aufhebung der Liquidation würde nach Mittei lung des polnischen Vertreters grundsätzlich die Rückgabe der liquidierten Güter an ihre früheren Eigentümer be deuten. In den Fällen, in denen die Rückgabe auf prak tische Schwierigkeiten stößt, soll sie durch die Zahlung einer angemessenen Entschädigung ersetzt werden. Aussprache Stresemann-Zaleski. Dr. Stresemann beantwortete noch die früheren An spielungen Zaleskis auf die Oppelner Vorfälle und be dauerte, daß er sie in die Madrider Diskussionen hinein gezogen habe. Dr. Stresemann verwies auf die energischen Maßnahmen, die die preußische Regierung sofort gegen die Schuldigen ergriffen habe, und stellte zusammenfassend fest, daß ein Staat nicht mehr tun könne. Gegen die Loya lität der deutschen Regierung könne nicht der geringste Porwurf erhoben werden. Wenn von einer Trübung und Störung der Beziehungen zwischen den beiden benach barten Völkern gesprochen werde, so sei dies nicht auf den bedauerlichen Zwischenfall selbst, sondern auf seine syste matische, fortdauernde Ausnutzung zu polnischen Propa- zandazwecken zurückzuführen. Der polnische Außenminister Zaleski stimmte dem Be richt zu und gab dabei in einer kurzen, wegen ihrer Mäßi- gundg vielbeachteten Erklärung die Versicherung ab, daß w durchaus bereit sei, im Geiste der Versöhnlichkeit mir dem deutschen Ratsmitglied alle Streitfragen zu erörtern, die zwischen den beiden Ländern bestehen, um durch eine gegenseitige Verständigung die Beziehungen zu regeln and die Schwierigkeiten zu beheben. In einer kurzen Ansprache dankte der Ratspräsident der spanischen Regierung für die gewährte Gastfreund schaft und erklärte die 55. Ratstagung für geschlossen. Die Rückreise Stresemanns. Reichsaußenminister Dr. Stresemann wird am Mon tag Madrid verlassen und sich nach Barcelona zur Be ¬ sichtigung der Ausstellung begeben. Die Weiterreise nach Deutschland erfolgt über Paris, wo am Donnerstag von Briand ein Essen zu Ehren Dr. Stresemanns gegeben werden soll. Auswärtiger Ausschuß einberufen. Dr. Stresemann hat den Reichstagspräsidcnten Löbe telegraphisch ersucht, den Auswärtigen Ausschuß erst zum 22. Juni einzuberufen, um ihm nach der anstrengenden Reise von 48 Stunden einige Tage der Ruhe zu geben, ehe die große Aussprache über die Pariser Verhandlungen im Auswärtigen Ausschuß beginnt. Jin Mittelpunkt der diplomatischen Verhandlungen steht jetzt die von vielen Staaten gewünschte politische Konferenz zur Behandlung der Rheinlandfrage. Aus deutscher Seite scheint man Baden-Baden als Konferenzort zu wünschen. Millerand gegen vorzeitige Rheinlandräumung 8 iß Paris, 16. Juni. Bei der Einweihung eines Gefallenen denkmals in der Gemeinde Perrou im Departement Orne erklärte der frühere französische Staatspräsident Millerand, es genüge nicht, den Frieden zu wollen und dies fortwährend zu wiederholen, Die Worte entbänden Frankreich nicht davon, zu handeln. Mar schall Foch hätte erkannt, worauf eg ankomme. Trotz seiner Mah nungen sei es Frankreich nicht gelungen, die für den Frieden un entbehrlichen Sicherungen zu erhalten. Das Rheinland sei nicht der Pufferstaat geworden, der die Sicherheit Frankreichs und Deutschlands habe schaffen sollen. Alles, was Frankreich habe er reichen können, sej eine Frist von 15 Jahren, die Frankreich und den neuen Staaten Dank der Rhe-inlandbesetzung die Zeit geben sollte, um sich gegen einen nicht von ihnen hervorgerusenen An griff zu schützen. Aber im Augenblick sei die Rede davon, diese Frist abzukürzen und vorzeitig das letzte französische Pfand aus der Hand zu geben. Mit welchem Nachdruck hätte Foch vor der Welt die Drohungen zurückgewiesen, mit denen Deutschland Euro pa in Unruhe versetzte. Eine deutsch-französische Verständigung sei wünschenswert, wenn sie im Interesse des Friedens erfolgte. Eine der ersten Bedingungen für die Verständigung sei aber die Ach tung vor den Verträgen, die das neue Europa geschossen hätten. Aber nicht nur einflußreiche Privatversonen, sondern auch der so zialistische Präsident des Reichstages, ferner im Amte befindliche Minister und der Feldmarschall von Hindenburg predigen regel mäßig die Zerstörung der Verträge. Sie säten den kriegerischen Stachel in das Herz des Volles, dessen Führer sie seien. Die To ten müßten auferstehen, um die Lebenden mit lauter Stimme auf die Gesahren hinzuweisen, von denen sie bedroht würden. WeltttkordfliM NrdiMd Schulz Milch Meftiirzt Stuhm, 16. Juni. Der bekannte Weltrekordslieger im Se gelflug, Ferdinand Schulz, stürzte mit seinem Begleiter Kaiser über Stuhm tätlich ab. Nach der Einweihung eines Kriegerdenk mals umkreiste Schulz mit seinem Segelsportslugzeug „Marien burg" das Denkmal in beträchtlicher Höhe. Plötzlich lösten sich die Tragflächen des Flugzeuges und der Flugzcugrumpf stürzte vor mehreren Tausend Zuschauern in die Tiefe. Die eine Tragsläche stürzte ins Wasser, die andere fiel über den Häusern der Stadt herunter und konnte bisher noch nicht gefunden werden. Die In sassen des Flugzeuges waren sosort tot und schrecklich verstümmelt. Unter den Trauerklängen der vor dem Denkmal spielenden Reichs wehr wurden die Toten in die Leichenhalle überführt. Ferdinand Schulz wurde am 18. Dezember 1892 in Walden- see (Lrmland) als Sohn eines Lehrers geboren. Er besuchte das Gymnasium in Braunsberg, ging danach auf die Präparanden- anstalt in Rössel (Ostpreußen) und vollendete seine Ausbildung auf dem Seminar in Thorn. Nach bestandener Lehrerprüfung ge nügte er im Mai 1914 seiner Militärpflicht und zog bei Kriegs ausbruch mit dem Infanterie-Regiment 128 ins Feld. Er wurde zweimal verwundet. Im Februar 1917 meldete er sich zur Flie gertruppe, wurde ausgebildet und im Felde der Schlachtstaffel 10 zugeteilt. Im Oktober 1918 wurde er zum Leutnant der Reserve befördert. Nach Beendigung des Krieges nahm er seine Tätigkeit als Lehrer wieder auf und hatte eine Lehrerstelle in Marienburg inne. Er betrieb die Fliegerei eifrig weiter, besonders den Segel flug. Am 19. Oktober 1927 errang er den Weltrekord im ,Segelflug, den bis dahin die Franzosen inne hatten. Schulz stellte Rekorde sowohl im Dauerflug wie im Strecken- und Höhenflug auf. Der von ihm aufgestellte Höhenrekord betrug 650 Meter. Seutschnalionale für Volksbegehren. Gegen die Pariser Abmachungen. Der Vorstand der Deutschnationalen Volkspartei hat in Übereinstimmung mit der Reichstagsfraktion be schlossen, auf Grund des Art. 72 der Verfassung im Reichs tage den Antrag zu stellen, die Verkündung des beabsich tigten Genehizngungsgesetzes auf zwei Monate auszu setzen. Dadurch soll versucht werden, den Weg für ein Volksbegehren gegen den Abschluß der Pariser Rcpara- tionsabmachungen freizumachen. Sollte es nicht gelingen, die verfassungsmäßigen Voraussetzungen für dieses Volksbegehren zu schaffen, so werden die Deutschnationa len ein Volksbegehren einbringen, das den Widerruf der Kriegsschuldlüge gesetzlich vorschreibt. Die Beteiligung an der Regierung. Auf der Tagung wurde weiter folgender Beschluß gefaßt: „Der Parteivorstand ist einmütig der Auffassung, daß cs das Recht und die Pflicht des Parteivorstandes und seines Vorsitzenden ist, die Richtlinien der Politik der Deutschnationalen Volkspartei entscheidend festzulegen. Dazu gehört insbesondere die Entscheidung über die Frage einer Beteiligung an der Regierung." Dieser An trag wurde gegen die Stimme des Reichstagsabgeordneten Hartwig gegen alle übrigen angenommen. Rordisch-Seuts-e Woche in Kiel. Universitätstag. Der Nordisch-Deutsche Universitütstag, die erste der Veranstaltungen der in Kiel stattfindcnden Nordisch- Deutschen Woche für Kunst und Wissenschaft, wurde mit einem Empfang eingeleitet. Die Gäste nnd Ehrengäste, darunter diplomatische und konsularische Vertreter der vier nordischen Staaten, Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland, die Abordnungen von Professoren und Studenten ans diesen Ländern, die Vertreter der Mini sterien des Reichs und der deutschen Länder, die Dele gierten der deutschen Universitäten wurden von Geheim rat Professor Dr. Anschütz begrüßt.