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bar, weil er sich mitschuldig fühlte und fürchten mußte, ebenfalls verhaftet zu werden. Besonderes Interesse gewinnt die ganze Angelegen heit dadurch, daß die junge Gräfin Monroy eine Ur enkelin des „alten Renz" ist, jenes Zirkusdirektocs, der einst in ganz Deutschland bekannt und populär war. Ihre Mutier und deren Schwester, die bestohlene Gräfin Hermersberg, sind Töchter des verstorbenen, einst sehr berühmten Schulleiters Hager, der mit einer Tochter von Ernst Renz verheiratet war. Die beiden Damen waren in ihren jungen Jahren alsOceana und Klothilde Hager selbst berühmte Schulreiterinnen und wegen ihrer Schönheit gefeiert. Oceana heiratete dann den Prinzen Hugo zu Hohenlohe- Öhringen, der infolge der „unebenbürtigen Ehe" seinen Namen in Graf Hermersberg verwandelte. Klothilde aber wurde die Frau des halb italienischen, halb spanischen Grasen Giuseppe Lucchest-Palli von Monroy, der eines Tages wegen Scheckbetruges festgenommen, nach einigen Wochen aber freigelassen wurde, weil sein Schwager, Gras Hermersberg, alle Schulden für ihn bezahlte. Helga Monroy ist die einzige Tochter dieses Lucchest-Palli. Das Geständnis der Komtesse Monroy. Berlin. Die wegen des Juwelenraubes an ihrer Tanü , verhaftete Komtesse Monroy har nunmehr ein umfassendes Ge ständnis abgelegt. Sie behauptet, daß sie sich an ihrer Tanü dafür habe rächen wollen daß diese anderen Personen Zuwen dungen machte, während sie selber leer ausgegangen sei. Del weitaus größte Teil des Schmuckes ist sichergestellt worden Die Verhastete gab bet ihrer Vernehmung an, daß ihr Ver lobter, der Rittmeister von Wedel, von dem Diebstahl keiner lei Kenntnis gehabt habe. ( polMfcbe kunäHäü ) Deutsches Reich Erleichterter deutsch dänischer Verkehr. In Lübeck haben Besprechungen zwischen deutschen und dänischen Vertretern stattgefunden, bei denen eine Vereinbarung über wesentliche Erleichterungen im deutsch- dänischen Ausflugsverkehr getroffen worden ist. Im Fall« der Zustimmung der beiderseitigen Regierungen werden diese Erleichterungen noch für die diesjährige Reisezeit in Kraft treten. Schulanmeldungen in Ostoberschlesien. Das Ergebnis der Schulanmeldungen in Groß- Kattowitz veröffentlicht jetzt die polnische Presse. Danach wurden für die polnischen Schulen 2216 Kinder an gemeldet. Es ist gegenüber dem Vorjahre ein Zuwachs von 377 Kindern zu verzeichnen. Für die deutschen Schulen wurden 566 Kinder angemeldet, davon entfallen auf die Volksschule 166, der Rest auf die höheren Schulen. Hier ist ein Rückgang gegenüber dem Vorjahre von fast 200 Kindern zu verzeichnen. Die polnische Presse be hauptet natürlich dazu, die Eltern hätten die Vorteile der polnischen Schule eingesehen, was wenig überzeugend klingt. Immerhin verdienten die Ursachen des Rück ganges aufgeklärt zu werden. Zusammenarbeit der deutschen Luftfahrtindustrie. Berlin. Im Rcichsvcrbande der deutschen Luftfahrt wurde beschlossen, daß die bisherigen Gruppen verschiedentlich eine engere Gemeinschaft zwecks besserer Zusammenarbeit eingehen sollen. Hauptsächlich in Betracht kommen die Gruppen Flug zeugbau und Motorenbau, neu hinzu treten die Firmen Funkers Flugzeugbau und Motorenbau und Raab-Katzenstein. Die Deutsche Lusthansa-Aktiengesellschaft beabsichtigt einen Ipitzenverband mit der Norddeutschen Verkehrsflug-G. m. b. H. zu bilden. Erweiterungen durch die Ausnahme anderer Orga- aisationen stehen in Aussicht Jugoslawien. Der Mordprozeß gegen Ratschitsch. In Belgrad begann der Prozeß gegen Ratschitsch und seine Mitangeklagten Popowitsch und Jovanovitsch. Sie sind beschuldigt, am 20. Juni 1928 jene Schießerei veranstaltet zu haben, der verschiedene kroatische Abgeord nete zum Opfer fielen, darupter der Bauernführer Rad lisch. Ratschitsch gibt zu, die Abgg. Pernar und Raditsch niedergeschossen zu haben, weil er als serbischer Abgeordneter angenommen habe, selbst durch ein Attentat bedroht gewesen zu sein. Die Mitangeklagten > bestreiten, an der Schießerei beteiligt gewesen zu sein. Aus Zn- und Ausland Berlin. Am 27. Mai fand der Austausch der Ratifika tionsurkunden zum deutsch-polnischen Vertrage über pol nische landwirtschaftliche Arbeiter vom 24. No vember 1927 statt. Der Vertrag ist damit formell in Kraft getreten. Peking. Die chinesische Polizei hat eine Haussuchung im sowjetrussischen Konsulat in Chardin veranstaltet und das ganze Personal einschließlich den Generalkonsul fest ge nommen. Die Polizei war aus der Suche nach Beweis stücken gegen den für einen Empörer erklärten christlichen Ge neral Fengjuhsiang, dem man Beziehungen zu Rußland nachsagt. Paris. Zwischen Budenib und^Wezzan in Marokko ist ein französisches Militärflugzeug abgestürzt. Das Flugzeug ver brannte, die beiden Insassen kamen ums Leben. Birmingham (Alabama). Eine durch eine zu starke Dynamitladung bewirkte Explosion verschüttete zwölf Berg leute des Kohlenbergwerks Nolande in Connelsville. Vier Bergleute wurden lebend, neun tot geborgen. Neurs aus aller Arik f Nicsenbrand in London. In einem sechsstöckigen Lagerhaus in der Londoner Vorstadt Rotherhithe brach ein Feuer aus. Erhebliche Vorräte an Lebensmittelrr, besonders Getreide, und Öltanks wurden zerstört. Feuer wehrspritzen aus ganz London beteiligten sich mit Hunder ten von Schlauchleitungen an der Bekämpfung des Brandes. Auf Anordnung der Polizei wurden die von den Flammen bedrohten Häuser in der Nähe der Brand stätte von den Einwohnern, im ganzen ungefähr 1000 Männer, Frauen und Kinder, in aller Eile geräumt. Ein Auto in einen Kinderse st zug ge fahren. In der Kinzigtalgemeinde Unterharmersbach fuhr ein Personenkraftwagen in einen Kinderfestzug. Sechs Kinder wurden überfahren, eins war sofort tot, ein zweites ist seinen schweren Verletzungen erlegen. Die Verletzungen der vier anderen Kinder sind gleichfalls schwer. Der Fahrer war auf den Umzug aufmerksam ge macht worden, hat aber anscheinend statt der Bremse den Gashebel getreten. Auch soll er angetrunken gewesen sein Hohe Sterblichkeitsziffer in England infolge der Influenza. In England war die Sterblichkeitszifser für das erste Viertel des laufenden Jahres mit 204 293 um 67 978 höher als die für den aleicken Zeitraum des Vor jahres. Es ist, mit einer einzigen Ausnahme, die höchste Sterblichkeitsziffer, die für das erste Jahresviertel jemals in England verzeichnet wurde. Die Höhe der Ziffer ist auf die Influenza, die zu Anfang des Jahres in England wütete, zurückzuführen. Sunte Tageschronik Dessau. Die genaue Höhe, die der Flugzeugführer Neuenhosen bei seinem Relordslug erreichte, ist vom Deutschen Luftrat nach Prüfung der Instrumente mit 12 739 Metern sestgestellt worden. München. Wegen Veruntreuung von Mandanten geldern in Höhe von etwa 50 000 Mark wurde hier der Ber liner Rechtsanwalt Kröck verhaftet. Hamm (Westfalen). Im Germaniabad ertranken bei Tauchübungen zwei Brüder Pollmann. Die Leichen wurden geborgen. Bielefeld. Hier erschoß der Landwirt Wellmann seine Braut und richtete dann die Leiche mit einem Beil übel zu. Der Täter wurde verhaftet. Hamburg. In ihrer Küche wurde die 76jährige Frau Mathilde Schlörke ermordet ausgefunden, über das Motiv und die Persönlichkeit des Täters herrscht noch völliges Dunkel. Beuthen. Aus der Beuthengrube verunglückten ein Füller und ein Lehrhäuer beim Pfeilerabbau. Sie wurden von ab stürzenden Kohlenmassen erschlagen. Wien. Bei Hinlerritz in Tirol ist die Studentin Kick aus München 300 Meter lies abgestürzt. Sie blieb mit mehreren Schädelbrüchen tot liegen. Die Leiche konnte geborgen werden. Nancy In der Nähe von Malzöville wurden zwei Ser geanten während einer militärischen Übung vom Blitz erschlagen. Der Unfall ries unter den Soldaten eine Panik hervor. l kunMunk-pi'ogi'smm Z Rundfunk Leipzig (Welle 365,8), Dresden (Welle 317,1). Donnerstag, 30. Mai. 12: Schallplattm. S 16 Z0: Konzert- s Leivz. Funkorch. S 18.05: Steuerfunk. » 18.30: Spanisch fü, Fortgeschrittene. S 19: Berlin: P. Westheim: Kunst, Geschmack, Mode und Modelaunen, v 19.30: O. Jenssen: Bebel. » 20: Konzert der Instrumental -und Singgruppe an der Volksakademie Dresden. Fischer: Ouvertüre zur Festmusik. — Zwei Madrigale für Chor. — Schulz: Seranata, im Walde zu singen lChor und Instrumente). — Mozart: Serenade (F-dur). — Kanons für Chor: R. Kahn: Es lachen die Himmel. — Laldara: Komm mit zum Hellen Muenschein. — Cherubini: Laht uns fröhlich sein. — Vach: Jauchzt und jubelt. — de Nobel: Morgenrot <für Instrumente und Chor). — Drei Volkslieder für Chor und Instrumente. — Gade: Ihr Wandervögel in der Luft. — Weigmann: Wix haben die Sonne lieb. — Zwei Volkslieder als Kanon. — Eretry: Lehafter Tanz. — Alte Bauernmusik aus Oesterreich. — Vier Singtänze für Chor und Instrumente. — Heim wolln wir gehn. — Stephani: Glockenläuten. » 21: Grigol: Robakidse. Aus dem Roman des georgischen Volkes „Das Schlangenhemd". Ein!.: Dr. Francke. » 22: Funkpranger. Donnerstag, 30. Mai. Berlin Welle 475,4 und ab 20.30 Welle 1649. 12.30: Mitteilungen und praktische Winke für den Land wirt. 4- 15.30: Dr. Hellm. Falkenseld: Die Kunst der Erzäh lung. Kunst und Kitsch in der erzählenden Literatur. 4- 16.00: Gartenarchitekt Heinr. Wiepking-Jürgensmann: Erhaltung der Landschaft, eine der wichtigsten Ausgaben des heutigen Städte baues. 4c 16.30: Dr. med. Gust. Muskat: Hygiene des Wan derns. ic 17.00—18.00: Unterhaltungsmusik der Kapelle Emil Roösz. 4- 18.00: Die Liebesszene in der Deutschen Dichtung. Einl. Worte: Dr. Fr. Leppmann. Leseproben: Ida Orloff. — Anschl.: Werbenachrichten und Mitteilungen des Arbeitsamtes Berlin-Mitte. 4- 18.40: Ludw. Mansr. Lommel: Zwölftausend Mark auf Welle Runrendorf. (Werbevortrag der Firma Leiser, - Berlin.) 4- 19.00: P. Westheim: Modelaunen verderben die Mode. 4c 19.30: Jakob Ludw Mollath, M. d. R.: Deutsche Kaufmannsarbeit im Ausland. 4c 20.00: Das neue Volkslied. Vortrag: Gerh. Pohl. Leseproben: Paul Bildt. 4c 20.45: Orchesterlonzert. Dirig.: Generalmustkdir. Pros. Dr. Hans- Psitzner. 4- Danach bis 0.30: Tanzmusik. Gesangseinlagen.' Engelbert Milde. Am Flügel: Herm. Scheibenhofer. Wäb- vend der Pause: Bildfunk. - Deutsche Welle 1649. 12 00—12.25: Technisch-Wirtschaftliche Plaudereien: „Tyra" (von einer Talsperre). 4c 12.30—12.40: Mitteilungen des Reichsstädtebundes. 4° 14.30—15.00: Kinderstunde. Reisen und Abenteuer. * 15.00—15.30: Die Rundsunkabteilung des Zentralinstttuts für Erziehung und Unterricht. 4- 15.40—16.00: Die zweite Frau. 4- 16.00—16.30: Spielzeug für Kleinkinder. 4c 16.30—17.00: Aus dem Hölderlin-Epos. 4- 17.00—18.00: Nachmittagskonzert Berlin. 4- 18.00—18.30: Weltpolitische Stunde. 4- 18.30—18.55: Spanisch für Fortgeschrittene. 4- l8.55—19.20: Entwurf eines Reichsmilchgesetzes. 4- 19.20 bis l9.45: Europäische Staatsmänner der Gegenwart: Primo de Rivera und Hoover. 4c 20.00: Das neue Volkslied. 4° 20.45: Orchesterkonzert. Dirig.: Generalmustkdir. Prof. Dr. Hans Pfitzner. Berliner Funkorchester. Werke von Psitzner. Mit- wirk.: Alma Moodie (Violine), Maria Seiet van Eyken (Alt) 4c Danach bis 0.30: Tanzmusik. urim Hl!«". 1 Seine blinde Fra« Originalroman von Gert Roth der g. 19. Fortsetzung Nachdruck verboten Jetzt regte sich die Kranke plötzlich. Groß und klar schlug sie die gütigen Augen auf: „Meine Jutta, ich gehe zu mei nem Edgar und zu deinen lieben Eltern. Du bleibst allein zurück. Aber Gott hat es gnädig mit dir gemacht, er gab dir dein Augenlicht zurück. Eine große Last ist mir von der Seele genommen: du bist nicht mehr hilflos." Jutta beugte sich über die Kranke und küßte sie herzlich. „Mein geliebtes Pflegemütterchen muß wieder gesund wer den." Die Kranke strich ihr mit der abgezehrten Hand über das goldene Haar. „Nein, meine kleine Jutta, ich werde nicht wieder gesund, das fühle ich am besten. Aber nun ich mein Ende nahen fühle, hätte ich doch gern noch ein paar Worte mit dir allein gesprochen. Es ist so wichtig für dich." Ein bit tender Blick der Kranken flog zu der Schwester hinüber. So fort erhob sich diese. „Ich werde im Nebenzimmer warten," sagte sie und leisen Schrittes ging sie hinaus. Frau von Hermsdorf faßte Juttas Hände. „Höre meinen letzten innigsten Wunsch, Jutta. Suche deinen Gatten auf, wirb um seine Liebe. Ihr seid füreinander geschaffen, ihr bei den schönen Menschen. Benutze deine süße, wunderbare Stimme, Jutta, und singe dich in sein Herz hinein. Mir träumte eines Tages, ich sah dich glücklich in deines Gatten Arm. Du weißt nicht, was ich empfand. Jutta, wenn das noch einmal möglich wäre; du liebst deinen Gatten, ihm aber hast du verboten, dich jemals aufzusuchen. Wie wollt ihr da ein mal zusammenkommen?" > Ein qualvoller Husten unterbrach die Kranke. Jutta war bei den Worten der Tante abwechselnd rot und blaß geworden. Ein unbeschreibliches Gefühl machte sie erzit tern. Als die Kranke sich jetzt mühte, des Hustens, der ihr qualvoll die Brust zerriß, Herr zu werden, stützte Jutta den armen Kopf. Erneute, hellrote Blutstropfen standen auf den Lippen. „Sprich nicht mehr," bat Jutta entsetzt, „du schadest dir." Aber eigensinnig schüttelte die Kranke den Kopf. „Zu mir komm: der Tod; er steht schon am Lager. Deshalb will ich sprechen, solange es noch Zeit ist. Nimm Fräulein Oldenberg zu dir Das arme Geschöpf wäre froh, eine Heimat zu haben. Sie wird immer bei Verwandten herumgestoßen. Ueberall hat man sie nach kurzer Zeit satt. Sie ist das Kreuz der Fa milie. Wegen ihres ausgewachsenen Körpers wird sie von den Herren Schwägern geradezu gehaßt. Sie ist ein solch liebes, treues Geschöpf, sie würde dir mit hündischer Treue vergelten, was du an ihr tust." Jutta streichelte die Kranke. „Ja, gute Tante, ich verspreche es dir, solltest du mich einmal allein lassen, dann nehme ich bestimmt das alte Fräu lein zu mir." „Ich danke dir, Jutta; so habe ich auch etwas für meine alte Freundin getan. Und dir erweise ich auch nicht den schlechtesten Dienst. Du wirst ja sehen. Also, meine liebe, kleine Jutta, du behältst unser trautes Heim. Singe, singe Jutta, reise. Nimm dir Fräulein Oldenberg. Dann wird dir mit deiner vornehmen Natur nichts geschehen können. Du hast dann einen Lebensinhalt, denn allein fühlst du dich viel zu einsam. Du wirst viele Menschen durch den Gesang deiner holden Stimme glücklich machen. Ich bitte dich von Herzen, Jutta, tue es. Ich weiß, du wirft auf diesem Wege deinen Gatten finden." Die Augen der Todkranken blickten seltsam hell und sehend in unbekannte Fernen. Trotzdem wußte sie, wie ein sam und inhaltslos ihr Leben werden würde. Und plötzlich kam ein Entschluß über Jutta. Sie wollte, wenn die geliebte Kranke wirklich starb, tun, was die Tante ihr gebot. „Versprich es mir, Jutta," bat die Kranke, „schnell, ver sprich. Suche dir deinen Gatten. Er wird dich lieben, wenn er dich sieht. Laß ihn keiner anderen. Noch im Tode werde ich euch folgen. Erst dann, wenn Ihr Hand in Hand an meinem Grabe sichtest dann werde ich wirklich ruhen." Eine merkwürdige Veränderung ging plötzlich mit der Kranken vor. Das Gesicht dehnte sich in die Länge, ein letz ter, suchender Blick ging zu Jutta. Jutta stieß einen lauten Angstschrei aus. Sofort eilte Schwester Irmgard herbei. „Es ist vorbei," sagte sie nach einer Weile. Aufschluchzend brach Jutta an der Leiche zusammen. Schwester Irmgard aber, die eigentlich Fürstin Teck hieß, schloß die Augen der Toten mit zarter Hand. 10. Kapitel. Das Begräbnis wer vorüber. Jutta von Eschingen saß in tiefer Trauerkleidung am Fenster ihres Zimmers. Vor ihr auf dem Tischchen lag eine weiße Rose. Diese hatte Jutta vom Sarge der geliebten Toten genommen als An denken. Nun saß sie und dachte vor sich hin. Die letzten Worte der Verstorbenen lebten in ihr fort. Ein fester Zug stand um den kleinen weichen Mund. Ja, sie wollte, wenn es nach nicht zu spät war, um die Liebe des Gatten werben. Sie wollte ihn keiner anderen lassen, denn noch war sie seine Frau. Heute wartete sie auf Fräulein Oldenberg. Es dauerte auch nicht lange, so führte das Mädchen den schüchternen Besuch herein. Nun saß ihr das kleine verwachsene Geschöpf gegenüber, die guten, warmen Augen hatten einen geängstigten Aus druck. Ein gehetzter Zug lag über dem schmalen Gesicht. Tiefes Mitleid erfaßte Jutta. Sie reichte dem alten Fräulein beide Hände. „Fräulein Oldenberg, wären Sie geneigt, mir Frau von Hermsdorf zu ersetzen? Würden Sie ganz zu mir kommen?" , Fassungslos vor Freude blickte Hanne Oldenberg sie an. „Ich soll? Aber das wäre ja zu viel des Glückes für mich. Ich würde Ihnen nicht genügen." Jutta streichelte das welke Gesicht, über das die Freuden tränen liefen. „Sie genügen mir," sagte sie herzlich, „ich fühlte mich immer zu Ihnen hingezogen und ich freue mich von Herzen, wenn Sie kommen." (Fortsetzung folgt.)