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Mittwoch, den 15 Mai 1929 Nr 111 — 88 Jahrgang T-legr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruffs Dresden Postscheck: Dresden 2640 mer Amerikafliig werden konnte, wäre der günstigste, oder auch der längste, »ier hätte das Luftschiff 12 000 Kilometer zurückzulegen, während die nördlichste Route nur über 6500 Kilometer führt. Frankreich verzögert den Zeppelinstart Friedrichshafen, 14. Mai. Der Zeppelinstart, der am Mittwoch früh 6 Uhr erfolgen sollte, mutzte am Dienstag um vorläufig 6 Stunden auf mittags 12 Uhr verschoben werden. Der Störenfried der Zcppelinsahrt ist, wie sich nun herausstellt, nicht das ungünstige Wetter, sondern er ist abermals Frankreich, das ja bekanntlich bereits bei den Mittelmeersahrten ziemlich wenig Ent gegenkommen bewiesen hatte. Es besteht nämlich ein Abkommen zwischen Frankreich und Deutschland, wonach deutsche Flugzeuge und Lustjchisfe, sofern sie keinerlei Funk- und Photvgerät an Bord haben, Frankreich ohne weiteres nach Anmeldung überfliegen dür fen. Sofern sie jedoch mit Funk- und Photomaterial ausgestaltet sind, bedarf es einer besonderen Genehmigung der französischen Regierung. Frankreich ist nun aber auf die Anfrage der Zeppelin- Werst hin in passive Mstistenz getreten, d. h. es hat bis heute überhaupt nicht für nötig befunden, die Anfrage zu beantworten. Nach Norden auszuweichen und Frankreich überhaupt nicht zu be rühren, ist leider zur Zeit unmöglich, da über dem Kanal Wind stärke 9 herrscht. Die hier anwesenden zahlreichen Auslandsjour nalisten, namentlich die Amerikaner, sind über das unhöfliche Be nehmen der französischen Regierung aus das äutzerste empört und haben sich dahin geäußert, datz sie das Verhalten der französische« Regierung in ihren Blättern ausdrücklich klarlegen werden. ZeppelWart erst Donnerstag Friedrichshafen, 14. Mai. Aus Frankreich ist soeben beim Luftschiffbau die Bewilligung zur Ueberfliegung französischen Gebietes in der Zeit von 7 bis 9 Uhr früh eingetroffen. Durch die se unverständliche Zeitbeschränkung ist der morgige Mittagsstart des Zeppelin aussichtslos geworden und ist nunmehr aus Donners tag früh 5.30 Uhr festgelegt worden. nicht das Recht hätten, über eine Herabsetzung des amerikanischen Teiles eine Erörterung zuzulassen. Sie seien nur aufgefordert worden, an der Festsetzung der deutschen Kriegsentschädigung und der deutschen Iahreszahlungen mitzuarbeiten. Die Verteilung der deutschen Iahreszahlungen sei Angelegenheit der Gläubiger. Um die Stellungnahme der amerikanischen Regierung festzustellen, soll ten sich die Gläubigermächte direkt an die Regierung der Ver einigten Staaten wenden, falls sie dies für richtig fänden. Viel leicht würde diese ihnen eine Herabsetzung ihres Anteiles zuge stehen. Jedenfalls könne diese Frage nur in Washington entschie den werden. Die Auffassung, datz die Verteilung nicht Aufgabe der Pari ser Sachverständigenkonserenz sei, wird auch von der englischen Gruppe geteilt. Belgien mW sich Veiler ablehnend Paris, 14. Mai. Wie der Temps aus Brüssel meldet, ver sichert man dort, datz sich die belgischen Sachverständigen weigern würden, den Bericht des Sachverständigenausschusses zu billigen, wenn die Ziffern Owen Hornigs nicht abgeändert und erhöht würden. (!) Man hebe hervor, datz auf der Grundlage der alliier ten Denkschrift Belgien eine Iahreszahlung von 89 Millionen RM. für die eigentliche Kriegsentschädigung erhält, neben einer Iahreszahlung von 25 Millionen RM. für die während der Deutschenbesetzung ausgegebcnen Markbestände. Selbst wenn man die Zahlen für die Markbestände den von Owen Houng für Belgien vorgesehenen Beträgen hinzusüge, wie man es bei den alliierten Sachverständigen zuerst vorgesehenen Summen getan habe, so würde man auch dieses Zugeständnis in Brüssel als unge nügend erachten. Belgien werde nach der jetzigen Regelung nicht die Erstattung der sechs Milliarden während der Besatzung aus gegebenen Mark, sondern nur eine Entschädigung erhalten. Nach der alliierten Denkschrift wäre autzerdem die Entschädigung in Jah resraten von 25 Millionen Mark nur zehn Jahre lang zahlbar, während die von Houng angrbotene Summe von 37 Milliarden zahlbar sei. Die belgischen Sachverständigen würden, wen« sie eine feste Haltung auf der Grundlage der alliierten Denkschrift einnahmen, sowohl einmütig von der öffentlichen Meinung in Belgien als auch von der belgischen Regierung und der Kammer unterstützt werden. Die belgische Rastung, die von französischer Seite geflissent lich unterstrichen wird, ist für den neuerlichen Versauf der Dinge Ein Tag der deutschen Zagend. Verein für das Deutschtum im Ausland. Wie alle Jahre zur Pfingstzeit, fo veranstaltet dies mal wieder der Verein für das Deutschtum im Ausland seine große Tagung in erster Linie in Form eines Treffens der deutschen Jugend aus allen deutschen Ge bieten. Bei keiner anderen Gelegenheit, auch bei den größten Sportveranstaltungen nicht, wird fo viel Jugend mobil gemacht wie zu den V.-D.-A.-Jahresversammlun- gen. Es ist eine der Hauptaufgaben, daß die jungen Deutschen, mögen sie stammen, aus welchem Gau sie wollen, sich gegenseitig k e n n e n l e r n e n. Aus der Geschichte unseres Volkes wissen wir, was dieses gegenseitige Sichkenncnlernen bedeutet. Niemals wäre die deutsche Einigkeit politisch verwirklicht worden, wenn nicht Jahrzehnte vorher schon bei den vielen Sänger- und Turnfesten der Badener mit dem Ostpreußen, der Nieder- rheiner mit dem Sachsen, der Schleswiger mit dem Bayern in Herzensfühlung gekommen wären. yeute hat das deutsche Volk eine andere Aufgabe zu erfüllen. Nur zwei Drittel aller deutschen Menschen wohnen innerhalb der Grenzen des Reiches und Öster reichs. Jeder dritte Deutsche, ein Zustand, der bei keiner andern Nation vorkommt, lebt unter fremder Herrschaft, die meisten davon als Minderheit bedrängt und im stän digen Kampfe um die Erhaltung ihrer Sprache und Kultur. Dieses Drittel aller Deutschen seinem ange stammten Volkstum nicht verlorengehen zu lassen, das ist das Ziel des Vereins für das Deutschtum im Ausland. Da aber den entscheidenden Kamps das Geschlecht zu führen haben wird, das jetzt her anwächst, so muß nach wie vor im Vordergründe die Arbeit an der Jugend stehen. Eine Aufgabe ist zu lösen, so groß, daß sich ihr niemand entziehen darf, der sich als Deutscher fühlt, der Sprache, Gesittung und Eigenart liebt, enese Aufgabe kann also nur so angefaßt werden, daß es ledern Deutschen, unbeschadet seiner politischen Stellung, '".ster sozialen Lage und seines religiösen Bekenntnisses ganzem Herzen mitznarbeiten. Das und selbstverständlich, ist aber nirgends schwerer zu verwirklichen als in unserem augenblicklich noch von w viel Zwietracht zerrissenen Vaterlande. Wer . verrucht sich an keine Partei zu binden, der läuft leicht Gefahr, daß er sich das Mißvergnügen und die stille oder tätige Feindseligkeit verschiedener Parteien zuzieht. Der V. D. A. ist diesem Schicksal nicht entgangen. In einer kürzlichen Ausschußsitzung wurde aus den in einer Woche erschienenen Zeitungsstimmen verlesen, datz es Leutegibt, diedenV.D.A.alsfreimaurerisch, alsreaktionär als jüdisch, als jesuitisch, als demokratisch usw. ablehncn' je nachdem in einer Bezirksgruppe u. a. eine Persön lichkeit ist, die ihren näheren Gegnern nicht gefällt. Die Wahrheit ist es, datz der P D. A. keines von alledem ist, sein will und sein darf, sondern daß er keinen, der ehrlich Mitarbeiten will, fragen darf, was er außerhalb des Vereins für Überzeugungen betätigt. Nur innerhalb des Vereins hat der Mitarbeiter alle diese Überzeugungen schweigen zu lassen, hier hat er lediglich für die kulturelle Erhaltung des Deutschtums im Auslande zu wirken. Jeder Angriff aus Jnnendeutschland ist nm so mehr zu bedauern als er die tatsächliche Arbeit außerhalb des Reiches schädigt. Noch immer hat der V. T. A. mit der ausgesprochenen Feindschaft vieler ausländischen Regie rungen zu ringen, die sein Wirken nach Möglichkeit zu verhindern versuchen und sieb dabei den Ansckein aebcn. „Graf WM" Zm Zeppelin über den Ozean. Berühmte Gäste und Fracht. In Friedrichshafen herrschte am Dienstag Hoch betrieb, da es galt, die letzten Vorbereitungen für die neue Amerikafahrt des „Graf Zeppelin" zu treffen, die er am Mittwoch antritt. Zahlreiche Neugierige aus Deutsch land, der Schweiz und aus Österreich waren in Friedrichs hafen eingetroffen, um dem Schauspiel des Amerikastarts beiwohnen zu können. Im ganzen werden sich an der neuen Amerikafahrt 59 Personen beteiligen, von denen 13 zahlende Passagiere und fünf geladene Gäste sind. Tic übrigen Mitreisenden gehören zum Personal des Luft schiffes. Unter den Pasiagieren befindet sich der berühmte Flieger Wilkins, der sich durch seinen Flug von Amerika nach Europa über den Nordpol einen welt bekannten Namen gemacht hat. Großes Interesse bringt man dem Gorillaweibchen entgegen, das von einer Han noverschen Tierhandlung an den Zoologischen Garten nach Chikago verkauft worden ist und das die Reise über den Ozean im Luftschiff machen wird. „Susi", so heißt der Gorilla, wird seine Unterkunft in dem Luftschiff in einer 60 Zentimeter hohen Kiste erhalten, die mit großen Eisenstäben vergittert und mit breiten Glasfenstcrn ver sehen ist. Auch für „Susis" Ernährung mußten besondere Maßnahmen getroffen werden. Von dem Frachtgut, das „Graf Zeppelin" nach Amerika bringen wird, verdient ein Gemälde von Rubens Erwähnung, das im Lande des Dollars von seinem jetzigen Besitzer an einen reichen amerikanischen Kunstliebhaber verkauft werden soll, über zehn große Säcke mit Post werden ebenfalls im Luftschiff über den Ozean fliegen. Die Route, die „Gras Zeppelin" einschlagen wird, liegt noch nicht genau fest. Da das Luftschiff auf dem kürzesten nördlichen Wege über Irland—Neufundland mit zahlreichen Tiefs, Gegenwind, Regen und Nebel zu rechnen hätte, so wird es wahrscheinlich weder diesen Weg noch den Kurs der Dampferstraßen, sondern einen der längeren Wege im Süden wählen. In Frage kommen die Strecken über Bordeaux—Azoren—Bermuda oder Gibraltar—Funchal—Bermuda oder aber noch weiter südlich an der Grenze des Nordostpassats entlang. Dieser letzte Wecu auf dem mit mitlaufenden Winden gerechnet daß die ihm angeschlossene Jugend, die " in billigen Sonderzügen befördert wird, stets ein anderes Stück des Reiches und Österreichs zu sehen bekommt. Vor zwei Jahren führte man die Teilnehmer in das Herz Deutsch lands, nach Goslar im Harz, im vorigen Jahre nach Gmunden in die Alpen des Salzkammergutes, dieses Jahr ist die Ostsecstadt Kiel im Norden des Reiches das Ziel der Zehntausende. Von Ausländsdeutschen werden aus ihrem engeren Heimatgebiet besonders Vertreter aus Rordschleswig, Brasilien, Nordamerika, der Bukowina and Siebenbürgen Bericht erstatten. Den Höhepunkt der Veranstaltungen wird die Morgenfeier in der Wieler Bucht und der Festzug nach der Volksfestwiese bilden. Im Anschluß an die Unterhaltungen und Festlichkeiten ist den Jugendlichen reiche Gelegenheit zu Ausflügen an die Wasserkante geboten, um Land und Leute kennenzulernen. Inzwischen werden in zahlreichen Ausschußsitzungen die Erwachsenen ernste Arbeit leisten, damit die Tagung in Kiel ein neuer Markstein werde auf dem Wege, den V. D. A. zu einem Volksverein für alle Deutschen zu machen. W. S Sie Stews der meMaMkn SMerWdigen Paris, 14. Mai. Von sehr gut unterrichteter amerikanischer Seite erhält der Pariser Vertreter der Telegraphen-Union folgen de Aufklärung über die Stellung der amerikanischen Sachverstän digen: Obgleich die französischen und belgischen Sachverständigen während der letzten Sitzung der Gläubigermächte den Hvung- schen Vorschlag von 2050 Millionen Reichsmark für ungenügend erklärte, hat keiner der Eläubigewertreter bisher direkt an Owen Houng die Bitte gerichtet, Dr. Schacht um eine Erhöhung dieser Summe zu ersuchen. Im übrigen habe Owen Hornig zu verstehen gegeben, daß der von ihm gemachte Vorschlag als das Höchstmaß besten anzusehen sei, das Deutschland zahlen könne. (In Wahr heit geht auch dieser Vorschlag wesentlich über das hinaus, was die deutschen Sachverständigen im äußersten Falle als wirtschaft lich tragbar bezeichneten. Red.) Daher würde er kategorisch jede Aufforderung ablehnen, Dr. Schacht mit neuen Forderungen zu kommen. Wenn die alliierten Eläubigermächte die deutschen Iah reszahlungen für ungenügend hielten, stehe es ihnen frei, sich an Dr. Schacht persönlich zu wenden. Was die amerikanischen Forderungen an Deutschland anbe lange, so haben sowohl Owen Young als auch Morgan den alli ierten Gläubigervertreiern mitgeteilt, daß sie in keiner Weise die Regierung der Vereinigten Staaten verträten und daher auch Ansicht von Kiel. als glaubten sie, der V. D. A. wolle die Deutschen der Auslandsgebiete zur Staatsfeindschast gegen ihre Wirts- oölker erziehen oder ihre Losreitzung aus dem bisherigen Staatsverbande befördern. Das ist eine bewußte Ver leumdung. Der P. D. A. wahrt lediglich die durch inter nationale Verträge festgelegten, in Wirklichkeit vielfach nicht gehaltenen Rechte der Minderheiten, und zwar in seinem Falle der deutschen Minderheiten. Er tut also nichts anderes, als was für sämtliche Minderheiten der Völkerbund pflichtmäßig zu vertreten hätte, wenn er cs bisher auch noch mit wenig Erfolg durchgcführt hat. Seiner Gepflogenheit entsprechend sorgt der V. D. A. durch den jährlichen Wechsel seiner Taaunasorte dafür. ilsdmfferMMtt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Rationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Sa» Wilsdruffer Tagebla«- erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. 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