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MsdmfferTageblatt Al für Äürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Sonnabend, den 4 Mai 1929 Postscheck: Dresden 2640 Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da» »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktacen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bet Zustellung durch die Bote, 2,A- AM., de: Poftbestellung 2 RM. zuzüglich Abtr.-g- gebühr. Einzelnummern 15Rpfg.Alle1chs'anstalten W0meno!an für Wl sdfuff u. ^lmae^end Postboten und unsereAus. trägerundGeschäftsstellen ' — - nehmen zu jeder ,^eil Be ¬ stellungen entgegen. ImFaiu höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteh- t.r n Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. 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Nr 103 88 Jahrgang Telegr-Adr „Amtsblatt' Wilsdruffs DresstkN Keine deutschen Vorschläge, aber Anregungen. Die Reparationsentscheidung wahrscheinlich Montag. , . Über die Unterhaltungen, die Dr. Schach 1 kurz nach seiner Rückkehr aus Berlin in Gegenwart Dr. Voglers Mit dem Vorsitzenden der Pariser Kommission hatte, ist so gut wie nichts durchgesickert, noch weniger über die kurze Unterhaltung, die der Reichsbankpräsident angeblich noch Sir Josua Stamp und dem Gouverneur der -oank von Frankreich, Moreau, hatte Es steh, nur so viel fest, daß dieser ersten Fühlungnahme neue Besprechungen zwischen Dr. Schacht und Owen '°una sowie einigen anderen Sauvtdelemerten folgen üm Tod und Leben. Der Bruderzwist. — Der Kampf um die Todesstrafe. Prinzipicnreiterei. Ä* ^ier des Tages, der, nach dem Willen und nach zahlreichen internationalen Kongressen bekräftigten um !? jungen der Sozialdemokratie, einer eindrucks- oouen Bestätigung des Weltfricdensgedankens zu dienen bestimmt sein sollte, ist in der Hauptstadt des Deutschen Reiches Blut geflossen; Arbeiter- Mut, wie man zu sagen sich nach und nach angewöhnt hat. Menschenblut, wie man statt dessen wohl besser sagen konnte. Nur in Deutschland ist es zu so betrübenden Zu sammenstößen zwischen Volksmassen, die angeblich nichts weiter als das einfache „Recht auf die Straße" durch setzen wollten, und den Machtwerkzeugen des Staates, den berufenen Schützern seiner Ruhe und Ordnung, gekommen. Für diejenigen, denen es bei allem, was sie tun und reden, nur um die schärfste Zuspitzung der innenpolitischen Gegensätze, nur um die Bestätigung ihrer revolutionären, ihrer klassenkämpferischen Gelüste zu tun ist, gewiß ein im tiefsten Herzensgründe willkommenes Ereignis, weil sie dessen sicher zu sein glauben, daß vergossenes Blut immer wieder neues Blutvergießen zur Folge haben mutz, weil ihnen nichts so wenig erwünscht sein kann wie ein allmähliches Nachlassen des Bruder zwistes im Volke. Da die allgemeinen Zeitverhältnisse, wie man leider zugeben mutz, ihnen einigermaßen günstig sind, wird man sich schon auf neue Unerfreulichkeiten in unserem politischen Leben gefaßt machen müssen. Das Interesse der großen Öffentlichkeit gehört nun einmal heute viel weniger der stillen, sachlichen Arbeit, die dazu bestimmt ist, der ungeheuren Schwierigkeiten der Zeit der sozialen Nöte, der wirtschaftlichen Verlegenheiten,'der finanziellen Bedrängnis Herr zu werden. Alle Wohl meinenden sind sich im Grunde darüber einig, daß es eigentlich keine dringendere Forderung des Tages gebe als die entschlossene Zusammenfassung der zu vernünftiger Arbeit bereiten Kräfte übs; alle Parteigegensätze und sonstigen Unterscheidungen hinweg zueiner tatkräftigen und jeden Widerstand beseitigenden Volksgemeinschaft. * Aber für große Entschlüsse scheint unsere Zeit nichts weniger als reif zu sein. Wir sehen das eben wieder an der Haltung des Neichstagsausschusses für das neue Strafrecht, der sich weder für die Beibehaltung noch für die Abschaffung der Tod esst rase entscheiden konnte, obwohl die nun schon seit Monaten durchgeführten Ver handlungen über diese Frage an Gründlichkeit kaum zu übertreffen waren. Auch nicht an echt deutscher Gewissen haftigkeit; das konnte man an den mancherlei Vermitt- lnngsanträgen ablesen, die von den verschiedensten Seiten gestellt wurden, um einen Ausweg aus den unleugbaren Schwierigkeiten der Materie zu finden. Die Geister stan den, wie sich unschwer beobachten ließ, sehr stark unter der Wirkung des leidenschaftlichen Kampfes gegen die Todes strafe, der in letzter Zeit namentlich von den Brettern, die die Welt bedeuten, für die möglichste Vermenschlichung des Strafrechts geführt worden war. und es läßt sich wohl voraussehen, daß, je länger der Streit noch unentschieden hin- und herwogt, desto geringer die Aussichten für die Beibehaltung dieser äußersten Strafe werden müssen. * Dabei steht praktisch bei diesem Kampf der Meinungen nicht mehr gar soviel auf dem Spiel, denn auch die Anhänger der Todesstrafe sind sich darüber im klaren, daß ihre Vollstreckung nur noch in den aller seltensten Fällen gestattet werden dürfe, und andererseits haben wir es doch eben erst wieder erlebt, daß das Men schenleben von seinen Trägern selbst durchaus nicht immer als der Güter Höchstes eingeschätzt wird. Der eine setzt es — sein eigenes wie auch das von Nebenmenschen — um politischer Ziele willen kaltblütig aufs Spiel, der andere befreit sich kurzerhand von der Last wie von der Lust des Daseins, weil er es verlernt — oder überhaupt nicht gelernt hat, eine höhere Schicksalsgewalt über sich zu verspüren. Ist es danach im Grunde viel mehr als Prinzipienreiter e-i, wenn der Strafrechtsaus schuß bei diesem einen Problem mit so bewunderungs würdiger Geduld verbleibt und schließlich darüber in zwei gleiche Teile auseinanderfällt? Wir leben — ob mit oder ohne Todesstrafe — in einer recht grausam gewordenen Welt; mit bloßen Paragraphen, positiven oder negativen, wird an ihr nicht viel zu ändern sein. Dr. Sy. Mimr der Berliner Krmlle Reue blutige Kämpfe in Berlin. Ausnahmezustand über das Kampfviertel Die blutigen Kämpfe in Berlin haben noch immer kein Ende gefunden. Den Demonstrationen ist ein regel rechter Bürgerkrieg gefolgt. Die Hauptzentrcn, in denen gekämpft wird, sind der Wedding und Neukölln, wo die Polizei eine planmäßige Säuberungsaktion begonnen hat, nachdem es auch in der Nacht vom Donnerstag zum Frei tag und auch am Freitag vormittag zu Kämpfen zwischen Kommunisten und Polizisten gekommen ist, wobei die Polizei wieder mit Panzerautos gegen die Kommunisten Vorgehen mußte. Bei diesen neuen Kämpfen hat es wieder drei Tote und zahlreiche Verletzte gegeben. Da sich die Lage in Neukölln und am Wedding immer mehr zuspitzt, hat sich der Berliner Polizeipräsident dort zu be sonders einschneidenden Maßnahmen veranlaßt gesehen die einem Belagerungszustand für diese Teile Berlins gleichkommen. Nach diesen Maßnahmen ist von 9 Uhr abends bis 1 Uhr früh jeder Verkehr in bestimmten Straßenvierteln dieser Stadtteile verboten. Ausnahmen gelten nur für Ärzte, Hebammen und Sanitätspersonal. Jedes Umhcr- stehen in den Hausfluren oder Hausnischen sowie Tor einfahrten ist verboten. Die straßenwärts gelegenen Fettster müssen in der angegebenen Zeit geschlossen bleiben. Auch darf in den straßenwärts gelegenen Räumen wäh rend der angegebenen Zeit kein Licht brennen. Zuwider handelnde Wohnungsinhaber setzen sich der Gefahr aus, daß die Fenster von der Straße aus durch die Polizei unter Feuer genommen werden. Am Tage darf in den in Betracht kommenden Bezirken und genannten Straßen sowie in den Hausfluren, Haus- nischen und Toreinfahrten keine Person stehenbleiben. Die Polizei wird besonders darauf achten, daß sich niemand länger auf der Straße aufhält, als unbedingt erforderlich ist. Personen, die sich ohne festes Ziel auf der Straße be wegen, werden fcstgenommen. Zusammengehen von drei oder mehr Personen ist nicht gestattet. Jeder Radfahr- verkchr ist untersagt. Die in den genannten Bezirken be legenen Gastwirtschaften werden abends 9 Uhr geschlossen. Weiterhin unternimmt die Polizei systematisch eine Durchsuchung der in den betreffenden Vierteln liegenden Däuser nach Waffen, wobei schon zahlreiche Waffen aller Art und Totschläger sowie Munition gefunden, be schlagnahmt und daraufhin auch Verhaftungen vor genommen wurden. Die Polizei vertritt die Meinung, daß es sich bei diesen Ausschreitungen, bei denen sich namentlich halbwüchsige Burschen hervortun, um eine von den Kommunisten angeregte planmäßige Aktion gegen die Staatseinrichtungen handelt. Die Zahl der Opfer steigt Berlin, 3. Mai. Um 21 Uhr trat in Neukölln der so genannte kleine Belagerungszustand in Krast. Eiligst suchte die Bevölkerung ihre Behausungen aus und Totenstille senkte sich über den von der Polizei abgeriegelten Stadtteil. Alle Lokale schloßen und jeder Verkehr war gesperrt. Beide kämpfenden Par teien hielten sich zurück und gaben Schreckschüße ab. Da die Straßenbeleuchtung von dem Mob außer Betrieb gesetzt war, hatt die Polizei vielfach aus Balkons Scheinwerfer angebracht, die mit ihren mächtigen Lichtkegeln die Straßen beschienen. Gegen Mitternacht fielen die Schüsse nur noch vereinzelt und bei der Polizei wurde angenommen, daß den Ausrührer« die Munition ausgegangen sei. Ein Teil der Polizisten war inzwischen mit Stahlhelmen ausgerüstet worden. Die noch von den Aufrührern werden. Die Abwesenheit Moreaus und die Londoner Reise des japanischen Delegierten Kengo Mori bringen es mit sich, daß vor Montag kommender Woche kaum irgendwelche Entscheidungen fallen werden. Wenn sämtliche Delegierten anwesend sind, so be richtet Havas, wird es möglich sein, zu sehen, ob die Ex perten in der Lage sind, einen einstimmigen Bericht abzu fassen oder nicht. Gemäß den in Konferenzlreisen cin- geholten Auskünften soll die deutsche Delegation keine eigentlichen Vorschläge gemacht, jedoch An regungen gegeben haben. Diese Anregungen werden Gegenstand des dcmnächstigen Meinungsaustausches bilden. Die Sowjets rempeln Deutschland an. Verspottung von Reichsministern bei der Maiparade. Wegen der mehrere deutsche Minister beleidigen den Plakate, die gelegentlich der Moskauer Mai feiern herumgetragen wurden, hat das Auswärtige Amt die notwendigen diplomatischen Schritte eingelcitet. Es handelt sich dabei um grobe Verspottungen deutscher innenpolitischer Angelegen heiten So wurde in eiNMt.Iestzua auf einem Wagen besetzten Straßen dürsten bis Sonnabend gesäubert sein. Man schätzte um Mitternacht die Verluste bei den Ausrührern aus 6 Tote und 12 Schwerverletzte. Ein Polizeiwachtmeister wurde überfallen und durch Schläge verletzt. Er mußte ins Krankenhaus gebracht werden. Kinanzielle Hilfe aus Moskau? Im übrigen scheint es, daß die Kommunisten aus Moskau finanzielle Unterstützungen erhalten. Wie ein Telegramm aus Moskau besagt, Hai die Internationale Arbeiterhilfe sich an die russischen Gewerkschaften und andere russische Kommunistenorganisationen mit der Bitte gewandt, Gelder zwecks Unterstützung der Opscr der Ber liner Ereignisse zu sammeln. Die Internationale Arbeiterhilfe hat von der Sowjetrcgiernng die Erlaubnis zu dieser Geldsammlung erhalten. Die Sammlung, die von der Internationalen Arbeitcrhilfe in Rußland auf 10 000 Mark gebracht werden soll, dient der Unterstützung aller Berliner Maiopfer, die sich in schlechter materieller Lage befinden. Am Donnerstag hat in Moskau eine Versammlung der deutschen Kommunisten stattgefunden, in der Ver treter der deutschen Abteilung der Kommunistischen Inter nationale Reden hielten. Sie erklärten tn ihren Aus führungen zu den Berliner Vorgängen, daß die Ereig nisse des 1. Mai gezeigt hätten, daß das deutsche Prole tariat zur Führung eines Bürgerkrieges reis geworden sei. Rach der Auffassung der deutschen Kommnnisten müsse der Kamps gegen die Berliner Polizei fortgesetzt werden, um dann später diese Bewegung auf das ganze Reich auszudehnen. Um die Gemüter in Berlin nicht noch mehr durch die aufreizende Sprache, die das Berliner Kommuuistenblatt, die Rote Fahne, im Anschluß an die blutigen Vorgänge des 1. Mai führte, zu erhitzen, hat der Berliner Polizei präsident dieses Blatt auf die Dauer von drei Wochen ver boten, weil „die Rote Fahne die Kommunistische Partei Deutschlands in ihrer Bestrebung, die verfassungsmäßig festgestellte republikanische Staatsform des Reiches zu untergraben, durch die Tat unterstützt habe". Der Leitung der Kommunistischen Partei ist es durch Flugblätter, Reden in den Versammlungen usw. gelungen, in zahl reichen Berliner Betrieben die Arbeiterschaft als „Protest gegen das Verhalten der Polizei" von der Arbeitsstätte fernzuhalten. Es handelt sich hierbei vornehmlich um mehrere Zigarettenfabriken, um Metall- und Bauarbeiter. Auch im Reiche sind in einigen Unternehmungen die Arbeiter nicht zur Arbeit erschienen. M Hand- und Gewehrgranaten. Welch schweren Stand die Polizei gegenüber den Tumultuanten hat, erweist sich aus folgender Meldung, die das Berliner Polizeipräsidium am Freitag nach mittag veröffentlichen läßt. Es heißt darin: Nachdem in den Vyrmittagsstunden in Neukölln in ver Hcrmannstraße und in den angrenzenden Straßen immer wieder kleinere Zusammenstöße zwischen Polizei und Straßcnpvbel stattgefunden haben, die erst durch das Eingreifen größerer Polizeiaufgebote in gemeinsamem Vorgehen mit Panzerwagen beendet werden konnten, ist es in den Nachmittagsstünden zu neuen Zwischen fällen gekommen, die ernsteren Umsang anzu- nchmen drohten. Von neuem eingesetzte Polizeitruppen sind mit Hand- und G c w e h r g r a n a 1 c n aus gerüstet. Es soll auch Tote und Verletzte gegeben haben. Hoffentlich gelingt es der Polizei bald, wieder Ord nung und Ruhe in Berlin herzustellcn, da das Leben der Reichsbauvtstadt natürlich unter diesen Zuständen leidet. der von den deutschen Sozialdemokraten bewilligte Kreuzer gezeigt, der vorn die alte, hinten die neue Reichsflagge und am Mast die alte Marineflagge trug. Auf dem Schiff befanden sich in bösartigen Karikaturen verschiedene Reichsminister mit beleidigenden Unter schriften. Was die Neichspost verdient. Steigende Einnahmen trotz sinkender Konjunktur. Der Haushaltsausschutz des Reichstages begann die Beratung des Haushalts des Re i ch s p o st m i n i st e - r i u m s für das Rechnungsjahr 1929 Rcichsvostminister Dr. Schätzel verweist auf den erstatteten Tätigkeitsbericht. Der Verkehr der Reichspost habe 1928 eine auf- steigende Linie gezeigt trotz des schlechten Wirt schaftsjahres. In den letzten Jahren vor dem Kriege habe der Überschutz der Post etwa 90 Millionen betragen. Seit Inkrafttreten des Postfinanzgesetzes sei er aus 151,5 Millionen Mark im Jahre 1929 g e st i e g e n. Die Mechanisierung in allen Betriebszweigen hätte eine starke Minderung des Personaletats trotz Zunahme des Verkehrs ermöglicht. Die Wirtschaftlichkeit des Betriebes müsse aber oberstes Gesetz bleiben.