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Wilsdruffer Tageblatt : 25.02.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-02-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192902254
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19290225
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19290225
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-02
- Tag 1929-02-25
-
Monat
1929-02
-
Jahr
1929
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 25.02.1929
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Ans Nurmis Ferse» ist Schwedens Meister Widc. Der „Liegende Schullehrer" brach in Boston des großen Finnen 2-Meilen-Neu-England-Havenrekord. indem er diese Strecke in 9:5,8 bewältigte. Stuttgarter Hallcnsportfeft. Peltzer gewann den 800-Meter-Laus überlegen gegen Schönemann in 1:57,3. Den Sieg im Sprinterkampf holte Tmnermeister Lammers vor Körnig. Nurmi in Amerika disqualifiziert. Die Hallenmcisterschajten in Newvork erfuhren dadurch eine Sensation, daß Nurmi kurz vor Beginn der zwei Meilen Steeplechase telephonisch mitteilen ließ, daß er infolge Unpäß lichkeit nicht erscheinen könne. Nurmi wurde daraufhin für sein ferneres amerikanisches Auftreten disqualifiziert, falls er nicht vor dem Ausschuß der American Amateur Union er scheint und einen stichhaltigen Grund fiir sein Fernbleiben angibt. Vermischtes Bon der Unterprima in die Ehe. Kann ja Vor kommen, daß ein Unterprimaner oder eine Unter- primanerin glattweg von der Schulbank in die Ehe hinein springt — daß aber besagter Schüler oder besagte Schülerin sofort nach der Hochzeit in die Unterprima zurückkehrt, um weiter am Unterricht teilzunehmen und sich für die Abiturientenprüfung vorzubereiten, das ist das Besondere des hier zu erörternden Falles. In Wien war es, wo ein 17jähriges Fräulein Mimi, Unter- primanerin und bildhübsch, wie sich das in Wien von selbst versteht, den Entschluß faßte, eine Faschingsballbekannt- schaft zu heirat..!, und zwar sofort. Die Eltern hatten nichts dagegen, und die Schule erhielt einfach eine Per- lobnngsanzeige mit der Nachschrift, daß Frl. Mimi die Absicht habe, sich bald nach der Eheschließung wieder in ihrer Prima einzufinden. Direktor und Lehrer waren sehr erschrocken, da Hochzeiten von Primanerinnen in der Schulordnung nicht vorgesehen sind. Es wurde eine Kon ferenz einberusen, und es wurde das Unterrichtsministe rium in Kenntnis gesetzt, und man kam nach langen Be ratungen zu dem Ergebnis, daß kein rechtlicher Grund vorliege, die nunmehr verehelichte Mimi vom Besuch der Prima auszuschließen; es sei ihr ein Hochzeitsreisenrlaub zu gewähren und dann könne sie wiederkommen. Wer wird aber künftighin Mimis Schulzeugnisse unter schreiben? Denn da sie durch ihre Heirat großjährig ge worden ist, steht sie nicht mehr unter elterlicher Gewalt, und auch der Herr Ehemann dürfte sich schön hüten, seiner Prima-Gattin in die Schulaufgaben hineinzureden. Sie kann jetzt soviel „im ganzen kaum noch befriedigend" be kommen, wie sie nur will — außer den Herren Lehrern hat ihr niemand einen Tadel zu geben. Es wäre vielleicht aut, wenn sich alle Primaner und Primanerinnen ver heirateten! Gedenket der HUWrndkil Bögel! dkunkNunk-programm ) Rundfunk Leipzig (Welle 365P), Dresden (Welle 272L). Obermg. Sperl: „Das Wirken der Unfallschutzkommiision auf Aus- lteliungen und Meisen." « 19.30: Prof. Dr. Woitereck: „Di, Dienstag, 26. Februar. Berlin Welle 475,4 und ab 20.30 Welle 1649. 12.30: Mitteilungen und praktische Winke für den Land wirt. 4- 15.30: Dr. Kurt Zarek: Geist und Zeit. Literaten — Philosophen. * 16.00: Stunde mit Büchern 4- 16.30—18.00: Unterhaltungsmusik der Kapelle Jaro Michälek. — Anschl.: Werbenachrichten. 4- 18.30: Baumeister Heuer: Unfallschutz und Unfallverhütungsmaßnahmen im Baugewerbe. 4c 19.00: Ober reichsanwalt a. D. Prof. D.r. L. Ebermeyer, Leipzig: Arzt und > Patient in Gesetz und Rechtsprechung. Das ärztliche Berufs- ' geheimnis. 4- 19.30: Unsere Musikkultur. Walter Schrenck: Musik im Konzertsaal. 4- 20.00: Abendunterhattung. 1.: Vater und Sohn. Alfred Döblin tm Gespräch mit seinem Sohn. — Dienstag. 26. F-br. 12. Schallplatten. » 16.30: Bilder a. d. Orient. Funkorch. Boieldieu: Ouv. „Der Lalif von. Bagdad — Krüger: Oriental. Ballet-Suite. — Mraczek: Oriental. Skizzen — Popn: Oriental. Suite. — Heuberger: Aus dem Morgenlands » 17.30: F^au Stadtverordn. Lasse: „Verhütung von Unfällen n der Hauswirtschaft." « 18.05: Adele Lurenberg: „Umschau m de, Welt der Frau." » 18.30: Deutsche Welle: Französisch. «19: Obermg. Sperk: „Das Wirken der Unfallschutzkommisst stellungen und Messen/ - r---------. ----- Lehre vom Leben." » 20: Das Klavierkonzert in drei Jahrhundetten Mitw.: Sol.: Käthe Heinmiann, Leipziger Sinfonieorch., Lml Vortrag: Dr. Hitzig. Brahms: Zweites Klavierkonzert, B-dur. » 21 Protestant. Kirchenmusik: Eeisti. Konzert. Kompositionen von Semr Schütz. Sol.: Ilse Helling-Rosenthal, Meta Jung-Steinbruck, Albi Linke. Chor: Leipziger Oratorien-Verein. Friedbert Sammler lLem Kalo). Eml. Vortrag: Dr. Zenck. « Anschl.: Funktanzstunde » Danach: Tanzmusik. Tanzorchester Zeuner-Freudenberg. Die Geschwister Neander. Aus dem Leben zweier Originale von Richard Blasius. In den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts war unter den Linden in Berlin oft ein lustwandelndes Paar zu sehen, das von den anderen Spaziergängern auffällig abstach; das Geschwisterpaar Neander, bestehend aus dem Theologie professor Neander und seiner Schwester Johanna. Als ein Buchstabengelehrter, dem die Außenwelt ein Buch mit sieben Siegeln war, wurde Neander in seinen Gedankengängen so von den Problemen seines Studimns beherrscht, daß die sprich wörtliche Professoren-Zerstreutheit seinem ganzen Charakter ihren Stempel aufdrückte. Seine Schwester mußte ihn be treuen wie eine Mutter ihr Kind. Ohne sie hätte er niemals den Ansprüchen des Lebens genügen können. Einmal sah die Schwester seine Beinkleider vor dem Bette liegen, während der Bruder schon längst in der Universi tät sein Lysllegium las. Auf den Gedanken, daß er aus eignem Antriebe eine andere Hose angezogen haben könnte, kam sie nicht und konnte auch nicht darauf kommen, da eine solche Selbständigkeit bei ihrem Bruder etwas ganz Außergewöhn- llches gewesen wäre. Die Möglichkeit, daß er in seiner Zer streutheit als „Sansculotte" an die Arbeit gegangen sei, lag viel näher. Schnell rannte sie mit den Beinkleidern nach der Universität, ließ den Brecher aus dem Hörsaale rufen — aber siehe da, das Unzulängliche, es war Ereignis geworden. Der Herr Professor hatte wirklich in einem Anfalle von Selbständig keit am Morgen eine andere als die gewöhnliche Hose an gezogen. In seine Gedanken vertieft, ging Neander einmal mit dem einen Fuß auf dem Bürgersteige, schleppte aber den ande ren im Rinnsteine nach. Als ihn ein Freund dabei anhielt, klagte er diesem bekümmert, er könne sich gar nicht denken, warum er so plötzlich lahm geworden sei. Da ihm der Weg von seiner Wohnung zur Universität ;u weit war, wüstschte er umzuziehen. Sein Freund Professor Stessens nahm die Angelegenheit in die Hand nnd verschaffte Vie Technik ckes Tonfilms. Die neuartige Akustik. — Der Aufnahmeleiter als Orchester dirigent. — Ein Husten kostet 2000 Mark. Von Hans Ernst Gehrke. In erstaunlich kurzer Zeit hat die Filmindustrie sich zu einer bewunderungswürdigen Leistungsfähigkeit in technischer wie künstlerischer Beziehung emporgeschwungen. Mit einem ungewöhnlichen Aufgebot an Tatkraft und Scharfsinn ist man der vielfach ungeheuren Schwierigkeiten, die sich bei der Her stellung der „beweglichen Bilder" ergeben, Herr geworden Und jetzt, in dem Augenblick, wo man mit Genugtuung aus das Geleistete und Erreichte zurück blicken zu können glaubt, scheu die Filmhersteller sich in die Notwendigkeit versetzt, bei nahe ganz von vorn anzusangen, jedensalls aber völlig umzu lernen. Der Tonfilm, diese neueste Errungenschaft, stellt alles, was bisher zur Herstellung eines Films gehörte, ans den Kopf; er hat eine wahrhafte Revolution im Filmwesen, in dem bis her das stumme Spiel allein galt, hervorgerufen. Man unterscheidet drei Arten sprechender Filme. Dir einfachste ist jene, bei der zu dem gewöhnlichen stummen Bild streifen eine gesondert aufgenommene akustische Begleitung in Gestalt eines Dialogs, einer musikalischen Darbietung oder auch nur einzelner Geräusche zu Gehör gebracht wird. Ferner gibt es Filme, bei denen in den gewöhnlichen Bildstreifen einzelne kurze Szenen, eine Liedeinlage oder dergleichen, als Tonfilm ausgenommen, eingeschoben werden, und endlich den eigentlichen Tonfilm selbst, die Ursache der großen Beunruhi gung in der Filmwelt. Seine Anfertigung verlangt zunächst die Errichtung völlig neuer Aufnahmeräume aus Beton, die alle Geräusche von außerhalb ausschließen. Sie sind durchweg mit Doppelwänden oersehen, mit einem Zwischenraum von 20 bis 50 Zenti metern, wodurch eine weitere Dämpfung der Schallwellen er reicht wird. Betritt man ein derartiges modernes Filmatelier, so hat man das Gefühl, mit einem Schlage von der Außen welt abgeschnitten zu sein. „Ruhe!" gebietet ein großes Schild über dem Eingang, und Ruhe und Stille sind in der Tat die Kennzeichen des Hauses. Die Aufnahmebühne ist ein Raum von scheinbar endloser Höhe, in dem alle Geräusche seltsam klar und deutlich sind, aber fast augenblicklich ersterben. Er ist so eingerichtet, daß keinerlei Echo oder Zurückwerfen der Schallwellen eintreten kann. Es ist unglaublich, wie leicht die akustischen Verhältnisse eines Raumes sich ändern. Schon ein einfacher Szenenwechsel kann bewirken, daß die Vorbedingungen für eine gute Auf nahme nicht mehr gegeben sind, und es bedarf dann genauer Berechnungen, um durch entsprechende Aenderungen das richtige Verhältnis wieder her zu stellen. Dabei wurden eigen artige Entdeckungen gemacht. So stellte es sich z. B. heraus, daß die Ecken gewisser Szenerien nur für männliche, andere nur für weibliche Stimmen brauchbar waren, ein Umstand, der im Drehbuch berücksichtigt werden muß, wenn es nicht gelingt, durch kleine Aenderungen, wie Ersatz eines Sessels durch einen Stuhl, die gewünschte Akustik zu erzielen. Der Tonfilm hat einen ganz neuen Beruf im Filmwesen geschaffen, den „Monitor", der die Vorgänge auf der Bühne von einem benachbarten Raume aus verfolgt. Er sitzt für sich allein in einem Zimmer. Doppelwände und nach der Bühne j zu eine dreifache Wand aus dickem Glas schließen jeden Laut von außen aus. Ein Lautsprecher übermittelt alle Töne und . Geräusche auf der Bühne genau so wie der Tonaufnahme- ' apparat sie empfängt. Vor dem Monitor steht eine Art Schalt kasten mit zahlreichen Drehscheiben. Jede reguliert die Stärke der Schallwellen, die in die einzelnen Mittophone auf der Bühne gelangen. Durch Betätigung der Drehscheiben kann der Monitor die verschiedenen Laute nach Believen verstärken, abschwächen und miteinander in Einklang bringen, bis das Ergebnis seinen Anforderungen entwrickv. 2.: Mattia Morro (Bartton), Original Tango-Orcyeper „Canaro". * 21.30: Generalintendant Prof Leop. Jetzner: Ein Tag im Leben eines Intendanten. 4- Anschl.: Preffeum- schau des Drahtlosen Dienstes. Deutsche Welle 1649 12.00—12.25: Französisch für Schüler. 4- 14.30—15.00: Das Kind als Dichter. 4- 15.00—15.30: Jugendbastelstunde. 4c 15.40—16.00: Die Frühjahrsmode. 4- 16.00—16 30: Bemerkens werte Bodenfunde aus Deutschlands Vorgeschichte und ihre Verwertung im Schulunterricht. 4- 16.30—17.30: Nachmittags konzert Leipzig. 4- 17.30—18.00: Vom Leben der Sprache. 4- l8.00—18.30: Neuere Hausmusik für Klavier. * 18.30—18.55: Französisch für Anfänger. 4- 18.55—19.20: Warum ist Er ziehung zur Unfallverhütung nötig? 4> 19.20—19.45: Kraft fahrer und Kraftfahrzeuggedanken eines Arztes. 4- 20.00: Abendunterhaltung. 1. Vater und Sohn. Alfr. Döblin im Gespräch mit seinem Sohn. 2. Original Tango-Orchester. Mitwirk.: Mattia Morro (Bariton). 4- 21.30: Prof. Leopold Jetzner: Ein Tag im Leben eines Intendanten. — Anschl.: Vresseumschau des Drahtlosen Dienstes. Dringen in einem Orchester z. B. die Geigen zu stark durch, so kann der Monitor sie dämpfen und dafür vielleicht ' die Holzbläser mehr zur Geltung bringen. Ebenso regelt «r die Stärke der Stimmen der Schauspieler. Ost läßt er das Spiel unterbrechen, wenn ans der Bühne ein störendes Ge räusch laut geworden ist. Während ein Raum sich leicht schalldicht machen läßt, bietet die Beseitigung des Widerhalls außerordentliche Schwierigkeiten. Durch Belegung der Wände mit schall dämpfenden Stoffen, wie eigens präpariertem Filz, hat man es erreicht, daß etwa die Hälfte aller Schallwellen in weniger als einer Sekunde verschluckt wird. Die Bildaufnahmen erfolgen durch Kameras in schall sicheren Behältern aus Gummirädern. Ueber der Bühne hängen an Drähten mehrere Mikrophone, welche die Töne von verschiedenen Teilen der Bühne auffangen und an den Aus nahmeapparat weiter leiten. Um alle Feinheiten heraus zu holen, hat man in einzelnen Fällen sogar gesonderte Mikro phone sür männliche und weibliche Stimmen! Von jeder Szene wird zunächst eine Probeaufnahme auf »einer Grammophonplatte gemacht, die man sofort wieder ab laufen lassen kann, um ein Bild von der akustischen Wirkung zu bekommen. Erst wenn diese befriedigt, erfolgt die eigent liche Aufnahme. Während derseloen wird außer von den Künstlern kein Wort hörbar. Die Ausnahmeleiter haben da her notgedrungen eine neue Zeichensprache lernen müssen, mit der sie wie ein Orchesterdirigent ihre Weisungen geben. Oft machen lächerliche Kleinigkeiten die Arbeit mehrerer Tage vergeblich. Bei einem Film war die Aufnahme von vier Szenen an vier verschiedenen Tagen mit dem gleichen Schau spieler nötig. Am dritten Tage bekam der Betreffende eine leichte, kaum wahrnehmbare Erkältung. Als der Film dann geprüft wurde, stellte sich heraus, daß die Stimme an diesem Tage so völlig anders geklungen hatte, daß die Einheitlichkeit der Szenen verloren gegangen war und alles wiederholt werden mußte. — Ein andermal konnte ein Komparse bei der Schlußaufnahme einen Hustenreiz nicht unterdrüaen. Die Aufnahme wurde sofort unterbrochen, der Uebeltäter auf der Stelle an die Luft gesetzt, die Szene war verpsuscht. Der Husten kam die Gesellschaft auf 2000 Mark zu stehen. Hätte der Monitor nicht ausgepatzt und die Szene später noch ein mal gedreht werden müssen, so wäre der Schaden in die Zehn tausende gegangen. So sind unendlich viele Kleinigkeiten zu beachten. Selbst die Art des zu verwendenden elektrischen Stromes ist von Be deutung. Der Strom des städtischen Leitungsnetzes in Holly wood eignet sich nicht sür den direkten Antrieb des Aufnahme apparats. Man lädt daher mit ihm Akkumulatoren, die nach Ausschaltung aller Geräusche die benötigte Kraft liefern. Manche Geräusche gibt der Tonfilm nur entstellt wieder. Hundegebell, Peitschenknallen und dergleichen klingen häufig ganz unnatürlich. Mit grotzem Scharfsinn wurden daher ver schiedene Instrumente ersunden, welche die gewünschte Wir kung herausbringen. Konservendosen, Bindfäden, Flaschen, Holzstäbe spielen dabei eine große Rolle. Ihre Bedienung er folgt durch einen besonders dazu ausgebildeten Mann, der die Aufnahme beobachtet und im richtigen Augenblick eingreift. Alle diese Schwierigkeiten sind aber nur ein Kinderspiel im Vergleich zu denen einer Aufnahme im Freien, vor allem in der Nähe einer Großstadt. Man denke nur an die Scharen Neugieriger, die auf den Ruf „Es wird gefilmt" sich ver sammeln und häufig durch starkes Polizeiaufgebot in „schabst sicherer" Entfernung gehalten werden müssen. Trotzdem dürfte der Tonfilm, der sich heute schon in dr" Bereinigten Staaten wachsender Beliebtheit erfreut, seines Siegeszug fortsetzen nnd im Lansc weniger Jahre auch bei uns zu den mit Selbstverständlichkeit aufgenommenen Dar bietungen unserer Licktbildbübnen -.übler. Dücherschau Die ersten Flitterwochen sind sür die am 1. Januar 1920 ver einigten Fliegenden und Meggendorfer Blätter abgelaufen und die Leser werden mit Freude sestgestellt haben, daß die Laune und der Humor der Vereinten ständig ausgezeichnet waren und sich von Woche zu Woche noch zu steigern bemühten. In Text und Bild hat das vereinte Streben für jedes Heft so viel Lustiges her vorgebracht, wie die Seiten nur fassen konnten. Humoresken und Anekdoten, Witze nnd Glossen, Gedichte und Lieder lösten ein ander ab — ergänzt, erläutert und verschönt durch Mustrationen Karikaturen nd künstlerische Bilder. RätsÄ nnd Preisaufgabe ziel ten — wie immer — auf die Leser eigene Begabung, scharf und lustig zu denken. Politik blieb — wie immer — ausgeschlossen. Das Abonnement aus die Fliegenden Blätter kann jederzeit be gonnen werden. Bestellungen nimmt jede Buchhandlung und jedes Postamt entgegen, ebenso auch der Verlag in München 27, Möhl straße 34. Die seit Beinn eines Vierteljahres bereits erschienenen i Nummern werden neuen Abonnenten auf Wunsch nachgeliefert. ihm eine Wohnung, die allen Wünschen Neanders entsprach. Als nun Neander zum ersten Male von der neuen Wohnung nach der Universität gehen mußte, holt ihn Steffens ab, da mit der Freund in seiner bekannten Zerstreutheit nicht den Weg verfehlte. Sie gingen mit einander dahin. Aber Steffens hatte in einer abseits liegenden Straße eine Besorgung zu machen, weswegen sie zu einem Umwege gezwungen waren. Nach einigen Wochen klagte Neander, daß seine neue Wohnung ja viel weiter von'der Universität entfernt sei als die alte. Steffens war darüber sehr erstaunt, erfuhr aber zu seinem stillen Ergötzen, daß Neander in seiner Zerstreutheit noch immer den Umweg üb«: jene abseits liegende Straße machte. Neanders Schwester Johanna war äußerst schlagfertig und ob ihrer sarkastischen Bemerkungen bekannt, mit denen sie nur selten hinter dem Berge hielt. In ihrem Freundes kreise, dem unter anderen Chamisso, Varnhagen, Sieveking angehörten, war ihr Witz sehr geschätzt. Als sich einmal in ihrer Gegenwart ein junger Mann in eitler Anmaßung sehr abfällig über ihre Vaterstadt Hamburg äußerte, obwohl er wußte, daß Johanna viel auf sie hielt, unterbrach sie ihn mit den Worten: „Ach, was wissen Sie Wohl von Hamburg!" „Oho, ich bin dort geboren und erzogen worden", lautete die Antwort. „Geboren, das-mag sein", erwiderte Johanna rasch, „aber erzogen sind Sie nicht." Denselben Herrn bezeichnete sie einst als einen Menschen freund und erklärte diese Behauptung mit der Tatsache, daß er nicht geheiratet habe. In einer Gesellschaft verabschiedete sich ein Herr, dessen geistlose Unterhaltung sie oft gelangweilt hatte, von ihr mit der Mitteilung, daß er im Begriffe stehe, zu seinem Ver gnügen eine längere Reise anzutreten. Johanna wandte sich zu den übrigen Anwesenden und sagte: „Er irrt sich, denn er reist zu meinem Vergnügen " „Als zu Ehrxn des Kaisers, hon Rußland vor den Toren i Berlins eine protze Revue avgehalten wurde, fuhr auch sie mit ! einigen Damen ihrer Bekanntschaft hinaus, um sich das präch I tige Schauspiel nicht entgehen zu lassen. Im Gedränge sprang plötzlich ein Mann auf ihren Wagen, um besser sehen zu können, versperrte aber nun den Damen jede Aussicht. Ohne jede Erregung fragte sie den rücksichtslosen Gast: „Sie glauben Wohl, ich bin heute nur deswegen so früh anfgestanden und hierher gefahren, um Sie sehen zn können." Die Umstehenden lachten. Der Mann sprang beschämt vom Wagen und ver schwand. Rührend war die Anhänglichkeit der Geschwister zu ein ander. Als der Bruder gestorben war, bezog Johanna eine kleine Wohnung in der Nähe des Halleschen Tores, um feinen- Grabe nahe zn sein, und lebte nur noch dem Andenken des Verstorbenen. Als sie vier Jahre später tödlich erkrankte, sah sie in ihren Fieberphantasien ständig den Bruder um sich. Ihre Nichte machte sie auf die Täuschung aufmerksam, doch die Kranke sagte: „Das ist unmöglich. Wie hätte ich es denn vier lange Jahre ohne meinen Bruder aushalten können?" Auf dem Kirchhofe am Halleschen Tor wurde sie neben dem Bruder begraben. Jahrzehnte lang blieb das originelle Paar den Berlinern im Gedächtnisse. Aber die Freunde wußten, daß die Ge schwister hinter ihrer ungewollten Originalität, die sie oft lächerlich erscheinen fteß, wertvolle Menschen gewesen waren: höher zu bewerten als die, welche über sie lächelten. Professor Neander, im Leben ein Kind, war doch ein Wissenschaftler ersten Ranges und, was noch mehr gilt, ein charakterfester Mann, der den Mut zur eigenen Ueberzeugung bewies. Als die preußische Regierung seinerzeit damit umging, das „Leben Jesu" von David Stranß zu verbieten, forderte sie das Gutachten Neanders ein. And dieser bekannte Theologe erklärte sich trotz seiner kindlich tiefen Frömmigkeit gegen jede Bevormundung der Wssstn'chaft und freien Forschung. Er führte so treffende Grüns: ins Feld, daß die Regierung den geplanten Schritt unterließ
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