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Wilsdruffer Tageblatt : 04.02.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-02-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192902047
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19290204
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19290204
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-02
- Tag 1929-02-04
-
Monat
1929-02
-
Jahr
1929
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 04.02.1929
- Autor
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jo nicht richtig, Hab Hie Zugaben gemacht werden könnten, weil die son stigen Reklamespesen fortfielen. Infolgedessen stellt« sich auch dar Flug blatt der beklagten Firma als eine Abwehrmaßnahme gegenüber der Zu gabekonkurrenz dar, deren Geschäftsgebaren sie mit Recht als unlauter angesehen hat und nach Lage der Dinge auch ansehen durfte. Sie sei in chrer Ausdruckweise, die sie in den Flugblättern gebraucht hätte, nicht tber das erlaubte Ziel hinausgeschoflen: es fei nur berechtigt gewesen, die Häuser durch solche Flugblätter vor einer Selbsttäuschung gegenüber sol chen Zugabeangeboten zu warnen. Die Sätze: ,/Keine Firma kann etwas verschenken. Jede Zugabe, ganz gleich, ob Porzellan oder Silberbesteck, mutz in den Preis einkal- Duiiert werden," werden auch von dem Schutzverband nicht beanstandet, sondern im Gegenteil als richtig bezeichnet. Diese Sätze enthalten eine voller berechtigte Abwehr; denn in den Anzeigen der Firmen, die Zu gaben anbieten, wird sehr vielfach mehr oder minder deutlich der Eindruck «rweckt, daß die Zugaben gewissermaßen ein Geschenk, eine Gratiszugabe seien. Es ist dies eine ganz grobe Irreführung des Publikums, gegen die scharfe Abwehr geboten war. Aber auch die weitere Behauptung: „Fast jede Zugabe bringt Oualitätsverschlechterung!" kann als Verstoß gegen die guten Sitten nicht angesehen werden. Damit ist bestätigt: ,Mare mit Zugaben kaufen, heißt sich selbst betrügen." Kluge Hausfrauen werden deshalb niemals Waren mit Zugaben kaufen! Ein Held der See. Vor kurzem feierte in dem holländischen Orte Der Helder der frühere Seemann Jakob Duit seinen achtzigsten Geburts tag. Duit verdient mit vollem Recht den Ehrennamen eines .Helden der See, hat er doch nicht weniger als 203 Männer und drei Frauen aus den Wogen gerettet oder doch an ihrer Rettung mitgewirkt. Seine heldenmütige Tätigkeit umfaßt die Jahre von 1868 bis 1904. Häufig entging dieser kühne Schwimmer mit knapper Not dem Tode. Als einzige klin gende Belohnung erhielt er während dieser ganzen Zeit den Betrag von 50 Gulden, und zwar für einige besonders kühne Leistungen, die er zum Teil schon ein halbes Jahr hundert vorher ausgeführt hatte! Von der belgischen Re gierung bekam Duit eine silberne Medaille mit einem Diplom für die Rettung von 10 Belgiern und einem Holländer unter besonders schwierigen Umständen. Das von Duit geführte Boot war an jenem Tage dreimal umgeschlagen, so daß seine Insassen sich schwimmend retten mußten. Man versuchte dann mittels eines großen Floßes das gestrandete Schiff zu erreichen, was beim dritten Male gelang. Als der wackere See mann Leuchtturmwächter in Falga war, rettete er ganz allein die drei Mann starke Besatzung eines gestrandeten Fisch kutters, obwohl einer der Schiffbrüchigen sich den Arm ge quetscht hatte und so gut wie hilflos war. Noch im hohen Alter von 67 Jahren wurde Duit während des Weltkrieges unter die Fahnen gerufen und dem Küstenschutz zugeteilt. Heute lebt er ruhig, auf ein bewegtes Leben zurückblickeno, im Helder. Eine Rente aus der Carnegie-Heldenstiftung sichert ihm einen sorgenfreien Lebensabend. Noah in Amerika. In Chicago hat sich vor einiger Zeit eine Gesellschaft ge bildet, mit der Absicht, eine Expedition zur Auffindung der Arche Noahs auszurüsten, die sie — man weiß nicht genau mit welcher Berechtigung — auf den Höhen des Ararat wohl erhalten auszugraben hofft. Die Urheber des nicht alltäg lichen Unternehmens hätten es übrigens bequemer haben können, wenn sie ihr Ziel nicht so weit gesteckt, sondern mehr in der Nähe gesucht hätten. Eine Arche, wenn ^üch nicht die des „echten" Noah, konnten sie auch in Amerika haben. Denn nicht weit von Olympia in Washington besteht eine richtige Arche, die ihrem berühmten Vorbild, so weit man von diesem weiß, in jeder Beziehung gleicht. Sie bildet das Heim von zwei sonderbaren Heiligen, die fest an eine in nicht allzu ferner Zeit bevorstehende zweite Sintflut glaube» und sich fürsorg lich darauf eingerichtet haben. Im Gegensatz zu Noah wollen sie aber keinerlei Getier an Bord nehmen, nur noch einige Angehörige ihrer Sekte sollen außer ihnen selbst der Rettung teilhaftig werden. Die Arche ist bei sieben Meter Breite zwan zig Meter lang, hat doppelten Boden, und ihr oberes Deck ragt vier Meter über die Wasserlinie. Damit die Insassen sich bei der vielleicht lange dauernden zweiten Sintflut die Zeit vertreiben können, befindet sich unter anderm ein... Klavier an Bord, auch drahtlose Telegraphie ist vorgesehen. Allerdings versteht man nicht recht, mit wem der moderne Noah sich in Verbindung setzen will, wenn alles außer feiner Arche überschwemmt ist. Eine neue Pelzmode. Im Gouvernement Tomsk Hal sich eine Genossenschaft gebildet, die Rattenfelle aufkauft, um ste zu Pelzen zu ver arbeiten. Schon kurze Zeit nach Beginn ihrer Tätigkeit konnte die Gesellschaft über drei Millionen Rattenfelle verfügen. Sollte dem Unternehmen Erfolg beschieden sein und das widerliche Nagetier sich tatsächlich zum gesuchten Pelztier wandeln, so ließe sich nach den Erfahrungen mit anderen Tieren, die für menjchliche Eitelkeit ihre Haut zu Markte tragen, hoffen, daß die bisher stets vergeblich bekämpfte Rattenplage wesentlich gemindert würde. Die Frau als Amerikas Finanzmacht. Diese Feststellung machte Frau Bessie Q. Mott, die Vor sitzende des amerikanischen „National-Komitees für die Er ziehung der Frauen in Geldangelegenheiten" in dem „Savings- Bank-Journal". Von den 72 Milliarden Lohn- und Gehalt geldern, die jährlich in Amerika ausbezahlt werden, geben die Frauen etwa 85 Prozent aus, über weitere 10 Prozent haben sie indirekten Einfluß und nur über die übrigen 5 Prozent verfügen die Männer. 85 Prozent sämtlicher Sparkonten lauten auf Frauen. l curnen Spork una Spiel 1 Skihei»! Die Grüße der Regierung an die Skifahre r. Namens der sächsischen Regierung hat Ministerpräsident Heldt an die Teilnehmer der Deutschen Skimeister- schäften im Klingenthal-Aschberg-Gebiet fol- gende Grüße gesandt: „Den zur Austragung der Deutschen Skimeisterschaft 1929 nach Klingenthal kommenden Sportlern entbiete ich hiermit einen herzlichen Willkommensgruß sowie die besten Wünsche für recht erfolgreichen Verlauf der Veran staltung. Durchdrungen von der Aberzeugung, daß nur in einem gesunden Körver ein gesunder Geist wohnen kann, bringt die sächsische Regierung allen auf die Stählung deS Körvers gerichteten Bestrebungen und damit auch den Schnee schuhläufern das lebhafteste Interesse entgegen und wird stets das ihrige tun, diese Bestrebungen in jeder Hinsicht zu för dern. Ich begrüße es daher mit besonderer Freude, daß die größte deutsche Wintersportveranstaltung diesmal in Sachsen zur Austragung kommt und hoffe, daß allen Teilnehmern die in Klingenthal verbrachten Tage stets in angenebmer Erinne rung bleiben werden. Mit Skiheil Heldt, Ministerpräsident." Schmeling schlägt auch Risco k. o.! Vor 20 000 Zu schauern schlug Deutschlands Exschwergewichtsmeister Mar Schmeling im Newvorker Madison Square Garden nun auch sein envorläufig gefährlichsten Gegner, Johnny Risco. Der Amerikaner war sechsmal zu Boden, bevor der Ringrichter den Kampf zugunsten Schmelings in der neunten Runde stoppte. Das Publikum brachte dem Deutschen beispiellose Ovationen dar. Fn der Newvorker Mreüe wird Schmelina als ein zweiter Dempsey, als der komm««de Lel'tmeiM gefeiert Die Teilnahme von Turnern an Hallensportfesten wurde jetzt seitens der Deutschen Turnerschaft generell geregelt. Künftighin dürfen die „Kanonen" der D. T., wie beispiels weise Lammers und Wichmann, nur noch einen Star« bei einem Hallenfest der Sportler unternehmen. Zett und Ort wird ihnen freigestellt Diese Lösung gilt aber nur für dieses Jahr bzw. für die zu Ende gehende Hallensaisou Franz Diener, Deutschlands Exschwergewichtsmetster, wird nach langer Zeit am 8. März wieder einmal im Sport palast-Boxring erscheinen. Als Gegner wird Larner« vermutet. . Deutscher Halbschwergewichtsmeister der Berufsboxer wurde in der Kölner Rheinlandhalle vor 7000—8000 Zu schauern Hein Müller durch Punktsieg über Heeser 8, Koblenz. ^unckkunk-prsgramm Rundfmck Leipzig (Welle 365Z), Dresden (Welle -72^. Dienstag, 5. Febr. 12: Schallplatten. » 14: Büchermarkt. O 16.30: Wien tm Spiegel seiner Lieder. Mitw.: A. Müllauer (Gesang), E. Agunte (Violine), B. Brenner (Violine), E. Roch stroh (Bandonion), E. Schicketanz (Gitarre). » 18.05: Marie Esperg, Dresden: „Neue Frauenberufe." » 18.30: Französisch für Anfänger. » 19: Prof. Dr. Hedemann, Jena: „Der Jurist und das Eigentum.' » 19.30: Prof. Dr. Woltereck, Leipzig: „Die Lehre vom Leben." » 20: Konzert. Mitw.: Charlotte Viereck (Sopran), Lisa Wechsler (Alt), Rob. Brüll (Tenor), F. Friedrich (Bah), W. Wolf (Klavier), Herb. Stock (Klavier). Jensen: Aus „Abendmusik". — Brahms: Rede, Mädchen, Allzuliebes: Am Gesteine rauscht die Flut; O die Frauen: Wie des Abends schöne Röte: Die grüne HomenraNke; Ein kleiner, hübscher Vogel: Wohl schön bewandt war es: Wenn so lind dein Auge mir: Am Donau strand: O wie sanft diis Quelle: Nein, es ist nicht auszutommen; Schlosser, auf und mache Schlösser: Vögelrm ourchrauscht diie Luft: Sieb, wie ist die Welle klar: Nachtigall, sie singt so schön: Ei» dunkeler Schacht ist Liebe: Nicht wandle, mein Licht: Es bebet dar Gesträuche. — Zensen- Aus „Äbendmusik" » 21.15: Mandolinen konzert, ausgeführt vom Verein „Hsimatklänge" Radeberg. Dir,' O. Muschter. » Darnach: Funktanzftunde. » Anfchl.: Tanzmusik, Dienstag, 5. Februar. Berlin Welle 475,4 und ab 20.30 1649. 12.30: Mitteilungen und praktische Winke für den Land wirt. 4- 15.30: Prof. Dr. Ad. Marcuse: Der Sternenhimmel im Monat Februar. 4- 16.00: Stunde mit Büchern. 4- 16.30—18.00: Unterhaltungsmusik. Ausgeführt von Ferdy Kauffmann mit seinem Europaorchester. — Anschl.: Werbenachrichten. 4- 18.30: Dr. Alfred Guttmann: Einführung zu der Übertragung des Festkonzertes aus der Philharmonie am 6. Februar. 4- 19.00: Oberreichsanwalt a. D. Prof. Dr. Ludwig Ebermayer, Leipzig: Arzt und Patient in Gesetz und Rechtsprechung. Die Haftung des Arztes. 4- 19.30: Min.-Dir. i. R. Dr.-Jng. P. Crämer: Die neuzeitliche Entwicklung des Schnellnachrichtenverkehrs. Der Fernsprecher bis zum Weltkriege. 4- 20.00: Sendespiele. „Die Nacht vor dem Beil." Drama von Alfred Wolfenstein. — Anschl.: Presseumschau des Drahtlosen Dienstes. Deutsche Welle 1649. 10.15: Übertragung Berlin: Neueste Nachrichten. 4- 12.0p bis 12.25: Französisch für Schüler. 4- 12.25—1250: Biologische und völkerkundl. Beobachtungen aus den Sundainseln. 4- 15.00 bis 15.30: Jugendbastelstunde. 4- 15.40—16.00: Der festlich ge deckte Tisch. 4- 16.00—16.30: Naturwissenschaft, Schule und prak tisches Leben. 4- 16.30—17.30: Nachmittagskonzert Leipzig. 4- 17.30—18.00: Die wichtigsten Hausschädlinge und ihre Be kämpfung. 4e 18.00—18.30: Neuere Hausmusik für Klavier. 4< 18.30—18.55: Französisch für Anfänger. 4° 18.55—19.20: Der Humor Friedrichs des Großen. * 10.30—20.00: Die ncuzeitl. Entwicklung des Schncllnachrichtenvcrkchrs. Der Fernsprecher bis zum Weltkriege. * 20.00: Sendespiele. „Die Nacht vor dem Beil", Drama von Alfr. Wolfenstein. — Anschl.: Presseumschau des Drahtlosen Dienstes. 4- 22.45—23.15: Bildfunkversuche oe- Senders Königswusterhausen. Karneval — Fastnacht. Der Weg zum Aschermittwoch. Fleisch, lebewohl — das ist die wörtliche Über setzung von oaruo valo. Nach dem diesmal auf den 13. Februar fallenden Aschermittwoch beginnt die Fasten zeit, wenigstens für den Katholiken. Die Hochburgen der deutschen Fastnacht sind im Rheinland Köln und Mainz, in Süddeutschland München. Da bringt der Fastnachtshienstag den Höhepunkt des Treibens mit dem Maskeradeumzug der Karnevalsvereinigungen. In den Straßen regieren öffentlich die Narrenpritschen und Pierrot und Pierrette, Bajazzo und Kolombine. Ausgelassen tollen Vermummte umher und verschonen niemanden mit ihrem Schabernack. Berghoch türmen sich in den Gassen der Konfettiregen und sonstiges Papier. Von Lachen und derber Lustigkeit sind alle Straßen erfüllt. Gaststätten und Tanzsäle stehen in Flor und aus der kleinsten rheinischen Wein- oder Münchner Bierstube schallt Lärm und Sang und Gläserklang. Bis in den Morgen dauert die Lust, und wenn der Aschermittwoch graut, ziehen müde Gestalten in zerzaustem Flitterkostüm heimwärts Im Mittelalter ließen es sich in den Städten beson ders die Zünfte angelegen sein, Fastnacht zu feiern. In U l m waren es vor allem die Bleicher und Bader, die ihre Narren unter Fackeltanz auf Karren durch die engen Gasten schleppten. In Nürnberg tanzten die ver mummten Messerschmiede einen Schwertertanz und die Fleischer einen Reigen, wobei sie sich an wurstähnlich ge formten Lederringen hielten. Berühmt und weitbekannt ist auch der Münchner Schäfflertanz. Es mag nicht immer sehr ruhig zugegangen sein zu mittelalter lichen Fastnachtsvergnügungen. Ist doch eine Verordnung des hochwohllöblichen Rates der Stadt Leipzig von Anno 1609 bekannt, in der die Obrigkeit eine geharnischte Phi lippika losläßt über das überhandnehmen der „abscheu lichen epikurischen" Fastnachtsmummerei und sie völlig bei erstlicher Strafe verbot. Sie lautet: „So haben wir doch mit schmertzen sehen und erfahren müssen das solche Gebot und Verbot / auch aus Gottes Wort ernste und wohlgemeinte erinnerung / nicht allein nichts ge- holffen / sondern solch grewlich und abschewelich Verlarsfen und umblauffen viel mehr überhand genommen / in deme das rohe wüste gesindlein / so weder der Hohem noch Niedrigem Obrigkeit gebot / weder geistliche noch weltliche ermahnung und Verwarnung in acht genommen / sondern aus sonder licher Vermessenheit gantz verächtlich hintan gesetzt / sich hauffenweis und in großer antzahl zusammenrottiret / theils mit gar abschewlichen Larven / theils in Weiber und andrer unflätigen und garstigen kleidung / allerseits aber mit Rap- piercn / Sebeln und andern »nördlichen Wqjsen / armiret und gerüstet / zu Tage und Nacht herumbgezogen / dabey dem, eines theils sich gantz ergcrlicher geberdcn und andrer schand- possen gebrauchet / das es für züchtigen äugen und ohren zu sehen und anzuhörcn gantz abschewlich / und mehr Barbarischen und Epikurischen leben und wesen gleich gesehen / als das es von einem getaufften Christen Menschen solle gedacht zu ge- fchweigen vorgenommen und aetrieben werden." Großer Beliebtheit erfreuten sich die im 15. Jahr hundert aufgekommenen Fastnachtsspiele, in denen die Gebresten und die Schwachheiten der Zeit derb gegeißelt wurden. Verfasser solcher derbkomischer Fastnachtsspiele, einem Gemisch von Witz, Anmut und Roheit, sind Hans Rosenblüt, Hans Folz, und vor allem Hans Sachs. Im rheinischen und süddeutschen Fasching sind süd europäische Einflüsse zu spüren. Die ursprüngliche Be deutung der Fastnacht wird wohl der Ausdruck der Freude über das Steigen der Wärme- und lebenspendenden Sonne gewesen sein, der aus diesem Anlaß Gaben dar gebracht wurden. Das schon im 10. Jahrhundert nach gewiesene Feuerscheibenwerfen, ferner die Feuerräder mancher Gegenden, die mit Strohwischen unwickelt bren nend Berge hinabliefen, sowie die teilweise noch heute in Süddeutschland üblichen Fastnachtsfeuer, die von Burschen und Dirnen umtanzt werden und denen Bedeutung für die künftige Fruchtbarkeit der Felder zugesprochen wird, haben Wohl in der in die Vorzeit zurückführenden Sonnenfeier ihren Ursprung. Ebenso das Hexenverbrennen und das Todaustragen — die symbolische Vertreibung des Winters —, die mancherorts noch üblich sind. Im Erzgebirge hat sich das „Spießrecken" der Kinder erhalten. Sie ziehen mit einem kleinen „Spieß" be waffnet zu Verwandten und Bekannten und in die Kauf geschäfte, sagen ihr Sprüchlein, recken ihren Spieß vor, an den nun große und kleine Pfannkuchen, Bretzeln, Würstchen u. a. gespießt werden sollen. Ein ähnlicher Brauch, das „Ascheabkehren" am Aschermittwoch, wird in der Leipziger Gegend geübt. Die Kinder ziehen mit einem Tannenzweig, der mit bunten Papierschleifen geputzt ist umher und besonders gern in die Ladengeschäfte, wo sic singen: Asche abkehren ist Mode Mit der grünen Knote (Knute, Rute). Ich bin der kleine König, Gebt mir nicht so wenig, Laßt mich nicht so lange stehen, Ich muß ein Häuschen weiter gehen. Und mit den ergatterten Schätzen: Pfannkuchen, Wurst, Zuckerzeug, Pfennigen, kehren ste heim. Mit dem Aschermittwoch, dem Mittwoch nach Esto- mihi, bricht der erste Tag des 40 Tage dauernden Oster fastens an. Dann geht es auf Ostern zu. K. H. Sielle als Lustizminister gesucht. Paul Schiemann, der früher in Deutschland lebte und jetzt im lettländischen Parlament Führer der deutschen Fraktion ist, saß jüngst in seinem Arbeitszimmer in der Redaktion der „Rigaischen Rundschau", als ihm eine baltische Dame gemeldet wurde. „Sehen Sie, Herr Dok tor," sagte die Dame, „da lebt nun mein Mann in dem elenden Provinznest, und ich muß hier leben, weil die Wohnungsverhältnisse so entsetzlich schlecht sind. Kann aber eine Familie in heutiger Zeit zwei Haushalte führen? Mein Mann bat gar nichts zu tun. und er kann in seinem Provinznest mit keinem Menschen ein richtiges Worr sprechen . . . Und da wollte ich Sie eben bitten, Herr Doktor, meinem Mann, damit er wieder in eine geregelte Tätigkeit hineinkommt, die frei gewordene Stelle zu ver schaffen. Wir könnten dann den Haushalt in der Provinz auflösen und gemeinsam in Riga leben." — „Was für eine Stelle meinen Sie, gnädige Frau?" fragte Schie mann. — „Aber, Herr Doktor, ich las doch gestern in Ihrem Blatt, daß der Baron Düsterlohe krankheitshalber von seinem Posten zurückgetreten ist, und das wäre doch sicher etwas Passendes für meinen Mann . . Baron Düster lohe war Lettlands Justizminister. Der Herr aus der Provinz hat die „gute Stelle" nicht bekommen. Fastnacht in aii-euischen Sprüchen. Ein alter Bauernspruch, der aus dem Mittelalter stammt, heißt: „Mancher hält Fastnacht mit Freuden und muß Ostern Hunger leiden." Solchen Leuten kann man den ebenfalls alten Spruch hinzugeben: „Halt' die Fast nacht so, daß du gute Ostern haben mögest." „Fastnacht kann nicht das ganze Jahr dauern", heißt es in Nord deutschland, und im Westen sagt man: „Auf die über mütigste Fastnacht folgt der traurige Aschermittwoch." Weil zur Fastnacht fast in jedem Hause etwas gebraten oder gebacken wird, sagte man häufig: „Zu Fastnacht braucht jeder seine Pfanne selbst." Am Oberrhein heißt es: „Wer an Fastnacht lügt, mntz sich noch zu Ostern schämen." Von einem Menschen, der viel trinkt, wird ge sagt: „Er hat eine wahre Fastnachtsgurgel" oder auch: „Er trinkt wie ein Fastnachtslöwe". In Süddeutschland lautet ein Sprichwort: „Keine Fastnacht ist ohne Narren", auch der Spruch: „Am Fastnacht verhungert niemand" Wird oft angewandt. Mancherlei Aussprüche über das Wetter hängen mit der Fastnacht zusammen, so: „Grüne Fastnacht, Weiße Ostern", „Wenn an Fastnacht die Sonne scheint, so kommt der Winter nachgegreint" und „Wenn zur Fastnacht das Wasser läuft im Wagenreis (Wagenspur), so wird der Flachs so lang wie ein Pferdeschweif". Heitere Umschau. Segen des Himmels. „Meine Frau spielte früher fleißig Klavier. Seitdem wir die Kinder haben, ist es natürlich aus damit!" — „Ja, Kinder sind ein wahrer Segen des Himmels!" Das Pfand. Zwei Freunde machen an einem ziemlich warmen Vorfrühlingstage einen Spaziergang über Land, in dessen Verlauf dem einen sein Pelz lästig wird. „Du, Max," sagt er zu seinem Begleiter, „mir fällt ein, wenn wir in Testadt sind, könnte ich etwas kaufen und ich habe kein Geld bei mir. Würdest du mir wohl 100 Mark leihen?" — „Recht gern, nur, du weißt, von dir ist schwer Geld wiederzubekommen. Wenn du mir ein Pfand geben könntest?" — ^Gewiß," sagt der andere, „ich werde dir meinen Pelz geben." Der Geld geber war einverstanden und belastete sich mit dem Pelz. AN Ziel angelangt, siel dem Schuldner ein, daß er das Geld nun doch nicht mehr brauche. Er gab es also zurück und bekam seinen Pelz wieder ausgehändigt; damit war er sehr zufrieden.
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