Volltext Seite (XML)
Rr 23 — 88. Jahrgang Telkgr «dr: .«mtrblat^ Wtlsdruff-Dresdea Postscheck: Dresden 2S4V Montag, den 28 Januar 1S2S Die Koalitionsvechandlungen. Man geht jetzt ernsthafter daran, dem Kabinett eine feste parlamentarische Grundlage zu verschaffen. Das wird von Tag zu Tag notwendiger, weil sonst der Etat ge fährdet wird, man sich wegen der Deckungsfrage partei mäßig sozusagen immer weiter auseinanderredet, je länger damit gezögert wird, sich durch gegenseitiges Nach geben auf einer gemeinsamen Basis zu einigen. Außer diesen Deckungsvorlagen gibt es ja noch eine ganze Reihe wichtigster Gesetzentwürfe, die soeben im Reichstage ihre erste Lesung passieren und von denen hier nur das Steuer- Vereinheitlichungs-, das Grund- und das Gewerbesteuer rahmengesetz, außerdem noch das Gebäudeentschuldungs steuergesetz genannt werden sollen. Auch hierbei gehen die Ansichten noch weit auseinander und die Schwierigkeiten für eine baldige Erledigung häufen sich zusehends, je länger die Unsicherheit im Parlament besteht, ob es zu einer festen Mehrheitsbildung kommt oder nicht. Nach dem ersten großen Schreck über die vom Reichs finanzminister vorgeschlagenen Steuererhöhungcn hat es sich als erster Erfolg herausgestellt, daß Dr. H i l f e rd in g mit sich reden lassen wird Andererseits sind Vorschläge in Aussicht gestellt worden, um das Defizit wenigstens teilweise durch Herab- drückung der Ausgaben wettzumachen. Außerdem hat nun der Reichskanzler Müller den ernsthaften Versuch gemacht, die Parteien von der Deutschen Nolkspartei bis zur Sozialdemokratie zusammenzubringen, um für die kom mende Etatsberatung im Reichswgsplenum die gegen wärtige Mehrheit fester zusammenzuschlietzen; natürlich spielen dabei auch die Fragen der Außen- und der Repara tionspolitik eine ganz wesentliche Rolle. Der Reichs kanzler hat zunächst nur mit dem Führer der Demokraten verhandelt, dem Neichsjustizminister Dr. Koch, weil gerade diese Partei neben dem Zentrum am stärksten zur Schaffung der Großen Koalition hinneigt. Gleich zeitig haben sich aber auch die Verhältnisse im Zentrum dadurch geklärt, daß Dr. Stegerwald einstimmig zum Fraktionsvorsitzenden gewählt wurde. Man kennt die Schwierigkeiten, die in dieser Partei nach den Maiwahlen entstanden waren, als sich ein immer stärkerer versonliche, nnd sachlicher Gegensatz zwischen dem Gewerkschaftsflügel und dem weiter rechts stehenden Teil der Partei heraus- gebildet hatte und zu bisweilen sehr erregten Auseinander setzungen führte. Das Hai jetzt eine Lösung dadurch er fahren, daß Dr. Stegerwald, wie er ankündiqte in abseh barer Zeit den Vorsitz bei den Christlichen Gewerkschaften niederlegen und sich ganz der politischen Tätigkeit widmen will. Höchstwahrscheinlich wird der Reichstagsabgeordnete Joos bei den Gewerkschaften an die Stelle Stegerwalds treten. Dann bleiben aber immer noch vorläufig die Diffe renzen mit der Deutschen Volkspartei über manche Teile der Deckungsvorlagen, die man aber durch weitere Ver handlungen gleichfalls zu bereinigen hofft. Auch inner halb der Sozialdemokratie ist es inzwischen sehr viel ruhiger geworden, man hat dort die ersten scharfen Ab lehnungen der Deckungsvorlagen sozusagen in den Eis schrank gelegt. Zu lebhafteren Auseinandersetzungen wird es in nächster Zeit Wohl noch wegen der Kleinrentner frage kommen. Hier stehen aus der einen Seite die Deutschnationalen, die Deutsche Polks- und die Wirt- schaftspartei, die ein Gesetz allein für die Kleinrentner verlangen, wodurch diesen ein rechtlicher Anspruch auf eint gewiße Rente an Stelle der bisherigen Fürsorge gewährt werden soll, die durch ein Kleinrentnerversorgungsgesetz in Borschlag gebracht wird. Die anderen Parteien wollen aber damit auch eine Regelung für die Sozialrentner ver- btnden. Eine Abstimmung im Sozialpolitischen Ausschuß des Reichstages hat über die Haltung der Parteien völlige Klarheit geschaffen, indem nämlich an Stelle des Klein rentnerversorgungsgesetzes jetzt lediglich wieder eine be- londere Zuwendung erfolgen soll, man andererseits abci die Notwendigkeit be^ die bisherige Behandlung de, Kleinrentner hinsichtlich ihre, finanziellen Forderungen besser zu gestalten; entsprechende Gesetzesvorlagen sind abe, vor Ende Februar nicht zu erwarten. Stärker aber noch als diese innenpolitischen Forde- rnngen und Notwendigkeiten drängen die außenpolitischen Entwicklungen, namentlich die kommende neue Dawes- Konferenz, zur Schaffung einer festen Regierungsmehrheit. Deutsch-russisches Schlichtungsabkommen. Von beiden Seiten unterzeichnet In Moskau fand die Unterzeichnung eines Ab kommens zwischen Deutschland und der Sowjetunion über das Schlichtungsverfahren statt. Das Abkommen wurde von dem deutschen Botschafter in der Sowjetunion, von Dirksen, und vom Volkskommissar für auswärtige An gelegenheiten, Litwinow, unterzeichnet. Der Abschluß des Abkommens geschah in Aus- pihrung des Notenwechsels, der in Verbindung mit dem Nichtangriffs- und Neutralitälspakt zwischen Deutschland und der Sowjetunion vom 24. April 1926 erfolgt und tu dem der Abschluß eines allgemeinen Vertrages zur friedlichen Lösung der zwischen beiden Parteien etwa ent stehenden Konflikte vorgesehen war. Das Abkommen steh, die Bildung einer Schlichtungskommission aus pari- »ai,scher Grundlage vor, die aus zwei Mitaliedern vor» Vie Geburtstagsfeiern in voorn I Ehrungen für den ehemaligen Kaiser. Die Festlichkeiten anläßlich des 70. Geburtstages des früheren Kaisers wurden am Sonnabend mit der Kund gebung der Einwohner Doorns elngeleitet. Eine Abord nung der Doorner Bürgerschaft unter Führung des Bürgermeisters Grafen Schimmelpenninck van der Ohe, sowie die Doorner Gesangsvereinigung begaben sich nach Haus Doorn, wo die Gesangsvereinigung einen Choral, das Niederländische Dankgebet und einige altholländische Volkslieder vortrug. Hierauf überreichte der Doorner Bürgermeister dem früheren Kaiser zwei kunstvoll ausgs- führte Gartenbänke als Geburtstagsgeschenk der Doorner Einwohnerschaft, gleichzeitig als Ausdruck der Dankbar keit für die Wohltaten, die er den Armen Doorns erwiesen habe. Der Kaiser sprach seinen Dank für die dargebrachte Kundgebung aus, wobei er u. a. erklärte, daß er sich seiner seits dadurch erkenntlich zeigen werde daß er 14 000 aus gesuchte Rosen, die ihm von der Deutschen Adelsgenossen schaft zum Geschenk gemacht wurden, für die Erweiterung des Rosariums bestimmen wolle, dessen Benutzung er kürz lich der Doorner Bürgerschaft freigestellt hat. Das kost barste Geburtstagsgeschenk ist wohl ein Glockenspiel, das dem Kaiser von feiner Gemahlin und den anderen Mitgliedern seiner Familie sowie vielen deutschen Fa milien gespendet wurde. Die Glocken tragen die Namen: „Kaiserin", „Hohenzollern", „Treue". „Heimat" und „Brandenburg". Das Glockenspiel ist für das Uhrwerk des Garagentmms bestimmt. Zur Familieufeier waren etwa 60 Personen geladen. Außer den Familienmitgliedern waren von den früher regierenden Familien der ehemalige König von Sachsen, der Großherzog von Hessen, der Grotzherzog von Mecklen burg und der Fürst Hohenzollern anwesend. Der Bruder des Kaisers, Prinz Heinricü. mußte weaen Krankbeit seine Teilnahme absagen. Auch die Gemahlin des Kaisers ist plötzlich erkrankt. Am Geburtstage selbst nahm der ehemalige Kaiser um Uhr die Glückwünsche der anwesenden Gratu lanten entgegen. Um 10 Uhr fand ein Gottesdienst statt, den Hofprel/ger Nagel-Potsdam abhlelt Seiner Predigt legte er das Wort zugrunde: ,.Ich schäme mich des Evangeliums von Christo nicht, denn es ist eine Kratt Gottes, die da selig macht alle, die daran glauben." — Um 1 Uhr mittags versammelten sich die Gäste des Kaisers zur M i 11 a g s t a f e l, bei welcher Gelegenheit der ehemalige König von Sachsen einen Toast auf den ehemaligen Kaiser ausbrachte. Den Nach mittag verbrachte die Familie unter sich. Abends versam melten sich sämtliche Gäste zur Abendtasel, an die sich eine musikalische Abendunterhaltung anschloß. In Doorn sind zahlreiche Geschenke und Glückwunsch telegramme eingetroffen. So haben Glückwünsche gesandt: der Stahlhelm, die Bismarckfugend die Deutschnationale Volksvartei, die deutschnationale Neichstagssraktion, die dentschnationale Fraktion des Preußischen Landtages u. a. Die Deutschnationalen Hamburgs haben eine Entschlie ßung gefaßt, in der gefordert wird, dem Kaiser die Rück kehr nach Deutschland zu gestatten. * Dankschreiben des Kaisers an die niederländische Regierung. Anläßlich seines 70 Geburtstages hat der frühere deutsche Kaiser ein Schreiben an den niederländischen Minister des Innern Dr. Kan gelandt, in dem er der Königin der Niederlande und dem niederländischen Volke seinen tiefgefühlten Dank für die ihm in Holland gewährte Gastfreundschaft zum Ausdruck bringt und beste Wünsche für das Wohlergehen des niederländischen Volkes und die Zukunft des niederländischen Staatswesens ausspricht. s°ll. Die Schlichtungskommission aer Regel einmal ,m Jahre zusammen. Sie kann ledoch erforderlichenfalls aus Antrag einer der beiden Zeiten auch zu einer außerordentlichen Tagung ein- berufen werden. Fürstin Bülow 1*. Beisetzung in Klein-Flottbeck. An den Folgen eines vor vierzehn Tagen erlittenen Schlaganfalls ist Fürstin Bülow, die Gemahlin des ehe maligen Reichskanzlers Fürst Bülow, in der Villa Malta in Rom verschieden. Die Leiche der Fürstin wird am 29. Januar in die deutsche Nationalkirche Santa Mario dcll'Anima in Rom übergesührt werden, wo um 11 Uhi vormittags ein feierliches Requiem stattfinden wird. Uu mittelbar nach der kirchlichen Feier wird die Leiche nach Deutschland übergeführt werden, um in Klein-Flottbeö beigcsetzt zu werden. Das Fürftenpaar Bülow. Im Trauerhaus in Rom sind beim Fürsten BüloN zahlreiche Beileibsiundgeoungeu eingegangen U. a. kon- oolierten der Reichspräsident, Reichskanzler Müller und der Staatssekretär in der Reichskanzlei Dr. Pünder. Die Verstorbene «onre sm S. Fet-ruar 81 Jahre alt ge worden. Fürstin Bül-W, rie aus einer italienischen Aristo kratenfamilie stammte, war mit dein Altreichskanzler in zweite. Ehe 43 Jahre lang glückl-.ch verheirate,. Sie war in jungen Jahren eine talentierte Klaviervtrtuosin und gehörte zu den hervorragendsten Schül.tinnen Franz Liszts. Tiefsten Schmerz empfand sie, als Italien in den Krieg gegen die Mittelmächte trat, nachdem der Fürst vergeblich versucht hatte, die italienische Regierung an diesem Schritt zu verhindern. Oer Wahlschuh im Girasgeseh. Nötigung und Hinderung. Der Strafgesetzausschuß des Reichstags beschloß gegen den Zwang bei Wahlen folgende Bestimmung: „Wei mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung oder durch Drohung mit einem erheblichen wirtschaftlichen Nachteil jemand nötigt und hindert, überhaupt oder in einem bs- stimmten Sinne zu wählen oder zu stimmen, wird mit Gefängnis bestraft. Der Versuch ist strafbar. Ferner wird mit Gefängnis bestraft derjenige, der durch Täu schung bewirkt, daß jemand bei der Stimmabgabe über ihren Inhalt im Irrtum wäre oder eine ungültige Stimme abgibt oder die Stimmabgabe unterläßt. Der Versuch ist strafbar." Ferner wurde derjenige für strafbar erklärt, der einen anderen in Verruf erklärt, weil er nicht oder in einem be stimmten Sinne gewählt oder gestimmt hat. sowie der jenige, der dadurch die Gefahr eines erheblichen wirtschaft lichen Nachteils herbeiführt. Amerika lehnt den Vorsitz in der Neparationskonferenz ah. Parker Gilbert aus der Europareise. Der Reparationsagent Parker Gilbert, der sich zur Rückreise nach Europa eingeschifft hat, wird somit seine Arbeiten anläßlich der bevorstehenden Reparations- fonferenz wiederaufnehmen. Wie aus Amerika mitgeteilt wird, sei Parker Gilbert von dem amerikanischen Sachverständigen Owen Uoung vor der Abreise gebeten worden, die europäischen alliierten Regierungen und die deutsche Reichsregierung davon zu verständigen, daß er sowohl wie der andere Sach verständige Amerikas, Morgan, nicht in der Lage seien, de» ihnen angeborenen Vorsitz des Sachverständigenaus schusses zu übernehmen. Man führt diese Ablehnung auf den ausdrücklichen Wunsch des Präsidenten Coolidge zurück, der befürchte, daß, wenn ein Amerikaner die Kon ferenz leite, die alliierten Mächte bei einer etwaigen Herab setzung der deutschen Zahlungen mit Gegenansprüchen an die amerikanische Regierung auf Verminderung ihrer Schulden an die Vereinigten Staaten hcrvortreten könnten. Parker Gilberi soll allen Befragern noch auf dem Schiff er'lärt haben, er lehne jede weitere Auskunft über die Reparationssache ab und werde nur den Sachver ständigen seine Kenntnis von der wirtschaftlichen Lage Deutschlands zur Verfügung stellen. MsdmfferTageblatt für Bürgertum- Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Nx,^,«n^«-: »X »,»»«>»««»«4-qpx»,« »« x»,Uchn> »«»XXX—«chxx^x « «««»»- plnix«,, »t, 3,N»«I-x< «,I»ch«x 20 »««d.P Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 nnnabme dis o»r».ß0Uhr. Nichtig Keir d« durch Fernruf üdrrmtnelteu»n,rt,ev übernehmen »1, deine Daraurt«. Jeder Bndananspruch erlischt, wenn der Beten, »la,« «i«,«„,«x «»»»»» ,->»>. --h»«» alle ««nnilllxn Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zr* Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrenlamts Tharandt und des Finanzamts Nassen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nationale Tageszeitung für die Tandwirkschast/ Wochenblatt für Wilsdruff «. Umgegend —— — U .«hu,.»,» j«»n g-" llohn« S«v»U, Ikt«, oder sonst«,ce Belri-d.sttrungrn d«»eh> kein Ansonech »xs »der — «ü-llsexdxx, SchnststSest« «Uolzl X«, »«XX P»rt» »«Ute,t.