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MOmUrÄgM« Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstremamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. «nzet,r»Prri,: »i« «orspaltn« LOApsg., die «,»spoltnu Aeilk der omlUch-n B-dnnnimuchunscu 40 psenni,, di« 3 gespaltene Sicdlamczrilc IM textlichen Teile l Reich»m»rk. Machweisungtgrdilisr rv Slcichrpsennige. B»>. geschriebene Er,ch.innn,,. tage und Platznorschri, merden nach M-glichkeit Fernsprecher: Amt Wrlsdruff Nr. 6 derncksichtigt. «n,et,er. ^nahmcbisoorve.lvUhr. — - Für die Richtigkeit durch FerRrufübermiiteltenAnreigen übernehmen wir keine Garantie. IederRabatianspruch-rlijcht, wenn derBetrag d»r<i> Klage eingezogen werden mutz oderderAuftraggederin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alleDermittiungsstellenentgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, GM »Wilsdruffer Ta^klatt^ erscheint an aLen Werktagen nachMittaD« 5 tttze. Bezugapreis: Bei Adhalaug tu dm GeschÜftsstelle »ud den A»»gadesteüeu 2 AM. im Monat, bei Iustellnng dnrch die Voten 2,30 AM., dri Postdestellung 2 «M. zuzüglich Abtrag- gebühr. Einzelnummern VNPfg.AllePostanstalten Wochenblatt für Wrlsdruff u. Umgegend Postboten und »nsereAus. Wügerund Geschäftsstellen — " nehmen z» jeder Feit Be« krllungen entgegen. I« Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung »«Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke ersolgt nur, wenn Porto deiliegt. Nr.301. — 86 Jahrgang Telcgi Adr .Amtsblatt- Wilsdruff - Dresden Postscheck Dresden 2640 Mittwoch, den 28 Dezember 1827 „Sechs schwere Jahre". Der ehemalige russische Minister für auswärtige Angelegenheiten, Sergej Dimi- triewitsch Ssasonow, ist in Nizza, wo er sich seit einigen Tagen aufhielt, plötzlich einem Herzschlag erlegen. Ssaso now, der ein Alter von 67 Jahren erreicht hat, war als Nachfolger Iswolskis von 191« bis zu seinem Rücktritt im Jahre 191« Leiter des russischen Ministeriums des Äußern. Seit der Russischen Revolution lebte er meist in Frankreich. Noch stehen wir all dem Geschehen, das zum Weltkrieg führte, viel zu nahe, brennen die Wunden, die er uns schlug, »och allzusehr, als daß wir vergessen könnten, daß Männer es waren, die die Geschichte machen» und wir diesen Männern vergeben könnten, auf deren Schultern Ssasonow P. weltgeschichtlich die Verantwortung für all das Furchtbare liegt. Und zwei Männer sind es, deren Namen verknüpft dieiben mit dem unmittelbaren Ausbruch des Krieges, zwei Männer, die mit fast spielerischer, aber um so frevel hafterer Hand die Lawine zum Nollen brachten. Ssuchom- linow ist es gewesen, der russische Kriegsminister, und Ssasonow, Rußlands Außenminister im Jahre des Un heils 1914. Beide — sprach hier schon das Weltgericht? — star ben fern der Heimat. Ssuchomlinow hatte in Deutschland eine Heimstätte gefunden, einsam und in Not »st er gestorben. Jetzt ist auch der andere vor einen höheren Richter gerufen worden; aus Nizza kam die Kunde von feinem Tode. Ebenso wie Ssuchomlinow hat er versucht, in Erinnerungen seine Taten zu erklären, kaum zu recht fertigen. „Sechs schwere Jahre" nennt er dieses Buch, weil er von 1910 bis 1916 die russische Außen politik lenkte. Lenkte? Gewiß, denn der „Selbstherrscher aller Reußen", Nikolaus II., war ja ein viel zu schwacher Mann, als daß er die Zügel drinnen und draußen in den weichen Händen hätte halten können. Oder war Ssasonow nur Werkzeug von Stärkeren? Des Panslawismus, hinter und »n dem die Großfürstenpartei, vor allem der russische Bot schafter in Paris, Iswolski, gestanden hat? Jst's wirklich ein „Verdienst" des jetzt Verstorbenen, daß die große Krist nicht schon 1912 zum Ausbruch kam, als der Balkan- lrieg wie ein Fanal ausbraunte? Kaum, denn man war noch nicht „fertig" in Rußland. Das war man erst zwei Jahre später, wie der Kollege Ssasonows, der Kriegs minister, es im April 1914 verkündete. Unter Iswolski hat er sich die außenpolitischen Sporen ver dient und dieser Mann blieb ihm Herr und Meister. Vielleicht mag Ssasonow gewußt und erkannt haben, wo hin der Strom trieb, aber er war zu schwach, dagegen zu schwimmen, ihn abzulenken, selbst wenn er es gewollt hätte. Aber er ist es gewesen — in seinen „Erinnerungen" schildert er diese dramatische Szene —, der den Zaren zum Kriegsentschluß bestimmte. Er ganz allein. Er war es, der den Befehl des Zaren, die russische Armee zu mobili sieren — und das war der Kriegsentschluß, das wußten Herde —, dem Generalstab zu übermitteln hatte, weil die Zentralmachte eine Kapitulation forderten, die „Rußland dem Zaren niemals verzeihen" werde. Er hat dem Zaren die allgemeine Mobilmachung empfohlen als einzigen Ausweg, a.s es tatsächlich aber noch eine ganze Reihe von anderen Wegen gab, die Katastrophe zu vermeiden. Dunkel, geheimnisvoll sind die Wege russischer Politik und russischer Politiker und unaufgeklärt ist noch immer, wodurch oder ourch wen Ssasonow im Juli 1916 gestürzt wurde. Es war ja alles gefcheitert, die deutschen Truppen standen tief im „heiligen Rußland" und im Westen waren die Anstrengungen der Entente eoenso gescheitert wie der Versuch, durch Eroberung Konstantinopels dem bedräng ten Rußland zu Hil-e zu kommen. Hatte Rasputin seine Hand im Spiel, weil er den Nachfolger, Stürmer, für deutschfreundlicher hielt? Der Gestürzte, durchaus Vertrauensmann der Entente, sollte als russischer Bot schafter nach London gehen, aber es kam nicht mehr dazu. Die Revolution vertrieb ihn. Von Paris aus versuchte er noch, den Kampf der antibolschcwistischen Heere zu unter stützen. Auch dies scheiterte. Fast vergessen ist er jetzt ge storben; nur die Kunde von seinem Tode läßt noch einmal sie Erinnerung an all das Furchtbare erstehen, das sich an »en Namen dieses Mannes knüpft. SpsnifGer verricht sul Lsnger? Paris, 27. Dezemb. In den Verhandlungen zwischen Frank reich und Spanien über eine Abänderung des Tangerstatuts, die in den letzten Monaten aus diplomÄischem Wege geführt wurden, ist eine prinzipielle Einigung erzielt worden. Wie verlautet, hat Spa nien aus seine Forderung nach Einverleibung Tangers in die spa nische Zone verzichtet und sich mit der Leitung der Polizei und der Beteiligung an der Hasendirektion von Tanger begnügt. Das Ab kommen zwischen Frankreich und Spanien über Tanger soll dem nächst in seinen Einzelheiten sestgelegt und im Lause des Januar unterzeichnet werden. Die erzielte Einigung wird England u. Ita lien mitgeteilt werden, wobei Italien aufgefordert werden soll, sich an der Verwaltung der Stadt und der Zone von Tanger zu be teiligen. WenzW der deMen RMitime« Revision des Dawes-Plans. Was soll Deutschland zahlen? Die kürzliche Rede des französischen Ministerprä identen Poincars, in der er sich gegen die Anregung m Jahresbericht des Neparationsagenten Parker Zilbert wandte, Deutschlands Zahlungen endlich auf nne bestimmte Höhe festzulegen, hat bedeutendes Aufsehen n allen beteiligten Ländern hervorgerufen. Poincar« «einte, diese Höhe sei ja längst ausgesprochen, nnd zwar im Jahre 1921 mit 132 Milliarden. Eine solche Ungeheuerlichkeit traute mau selbst dem sonst an großer Rücksichtnahme kaum krankenden Herrn Poincars nicht zu, wenn er sich auch formell an die Be schlüsse von 1921 gehalten hätte. Mittlerweile ist doch zu viel, auch in finanzieller Hinsicht, vor sich gegangen. Die französische Presse erklärte denn auch alsbald, offenbar angeregt von ihrer Negierung, Poincaro habe bei seinen Darlegungen etwas ganz anderes gemeint, und zwar das: Wenn man in Amerika an eine Revision des Dawes- Planes denke, so müßten die. Vereinigten Staaten den Anfang machen. Solle Deutschlands Schuld auf eine wesentlich niedri gere Ziffer gesenkt werden als 1921, so hätte Amerika die Pflicht, seine Forderungen an die europäischen Gläu biger und Teilnehmer des Krieges, Frankreich, Italien, gewissermaßen auch England u. a., herunterzuschrauben. Denn was aus Deutschland an Zahlungen flieste, nehme Amerika wieder von seinen genannten Schuldnern un gekürzt in Anspruch. So klang die Sache schon anders und immerhin ließe sich über diese Form der Verminderung von Deutschlands Schuld diskutieren, wenn Poincarö lediglich beabsichtigt hätte, derart einen Druck auf Amerika auszuüben und an der unglaublichen Zahl von 132 Milliarden die Unerfüll barkeit der Ansprüche der Vereinigten Staaten gegen Europa klarzulegen. Denn was Europa zahlen soll, fließe nur aus Deutschland. So der Sinn von Poincarss Rede — wenn die französischen Auslegungen Glauben verdienen. Die internationalen Auseinandersetzungen Die Betrachtungen über die Revision des Dawes- Planes in Verbindung mit den Äußerungen Poincarös und Parker Gilberts bilden verständlicherweise zurzeit das Hauptthcma der politischen Auslassungen der inter nationalen Presse, in erster Linie natürlich in Frankreich. „Oeuvre" schreibt: Ter Zahlungsplan von 1921 ist un ausführbar; dennoch erklär! Poincare, er bleibe bestehen. Rechtlich gewiß, äs kaeto nein. Wenn der Ministerpräsident sich aus diesen Standpunkt stellt, so allein Anschein nach cinzia und allein deshalb, weil er weiß, daß jede neue Festsetzung der deutschen Schuld mir eine Ermäßigung sein könnte, und daß er Deutschland keine neuen Abschläge zu bewilligen gedenkt, wenn nicht die Alliierte n (Amerika) Frankreich gleichfalls solche gewährten. Der Schlüssel liegt in den Händen Amerikas. — „Quotidicu" erklärt: Juristisch änderten die Zahluugsmoda- litäten nicht den Betrag, aus den man sich sestgelegt habe: prak tisch aber werde man ihn unmöglich aufrcchterhaltcn können. Frankreich sei in der Tat bereit, von seinen Gläubiger- ansprüchcn an Deutschland all das abzustrcichen, was die Ver einigten Staaten und England an ihren Ansprüchen gegenüber Frankreich Nachlassen würden, weiter jedoch könne man nicht gehen. — „Volontd" schreibt: Die Ziffer der deutschen Schuld bleibe also 132 Milliarden Goldmark. Das sei für jeden, der nachdenle, eine derartige Absurdität und eine der artige Ungeheuerlichkeit, daß man sie unmöglich betonen könne, ohne gleichzeitig den wesentlich theoretischen Charakter einer derartigen Lösung hervorzuheben. Der Betrag der deutschen Schuld erreiche nicht mehr 132 Milliarden Goldmark, sondern höchstens w Milliarden. England Zu Poineares Antwort ans die Anregungen des General agcntcn Parker Gilbert führt der „D a i l U Telegraph" aus, in streilg rechtlichem Sinne sei Poincarss Auffassung, daß Vie Gesamtsumme von 132 Milliarden Goldmark noch Gültig keit habe, zweifellos richtig; aber er glaube selbst schwerlich an die praktische Möglichkeit der llberweisnng derartig hoher Geld summen. Eine endgültige Herabsetzung der deutschen Gesamt- eutfchädigung würde in Frankreich allerdings sogar von einem mehr nach links vrientierleu Kabinett nur gegen eine Revision der Kriegsschuldcuregelunz mit England und Amerika zuge geben werden. Italien. Der „Popolo d'Italia" beschäftigt sich im Anschluß an die Erklärung Poincarüs mit der Frage einer Revision des Dawes-Planes. Er behauptet, daß eine Revision nur mit Zu stimmung aller Alliierten erfolgen könne. Das Blatt erkennt aber andererseits an, daß in der öffentlichen Meinung Italiens eine Verminderung der Reparationen keinen Schwie rigkeiten begegnen würde, vorausgesetzt, daß Italien da durch keine größeren Lasten zu tragen hätte. Solange aber die Amerikaner bei ihrer Ausfassung verharrten, daß die Alliierten, England, Frankreich und Italien, ihre Schuld bis zum letzten Heller bezahlen müßten, könnten die Deutschen ihre Hossnuug aus Verminderung der Reparationsschuld nicht verwirklicht sehen. oepnupteten ^inn wird vom Deutschen Bcamtenbuud auft entschiedenste bestritten. Wenn seit Beendigung des Krieges dem Reich, den Ländern und Gemeinden neue Aufgaben zn- gewachsen sind, zu deren Erfüllung Beamte benötigt wer? ::, so ist das die natürliche Folge einer Entwicklung, Webbe 'mo > die Beamtenschaft nickt entgelten lassen kann Die Vera Wortung dafür tragen andere Stellen. Die Wirtschaft:^ welche die Kundgebung erlassen haben, haben bis. sch: n . > nicht die öffentlich behauptete starke Inflation an l .b: : . und Svndizi- usw -posten in der Wirtschaft oder die Auf blähung in der Warenvcrteilung beweiskräftig wiöerb u " Die Kundgebung kommt weiter auf die Steuer leistungen, die stillen Reserven und Gewinne der Wirt- schaftsunterrckhmungen zu sprechen, die eine aufmerksame Untersuchung verdienten. An einer vernünftigen, organi schen Verwaltungsreform initznarbeiten, sei der Deutsche Beamtenbund bereit. Es wurden von ihm seit geraumer Zeit Vorarbeiten hierzu getrieben. Gewarnt aber müsse werden vor überspannten Hoffnungen, als ob eine solche Verwaltnngsreform nun sofort Ersparnisse größten Aus maßes im Gefolge haben werde. Kundgebung des Deutschen Beamienbundes. Verwaltungs- und Verfassungsreform. Die große Vereinigung, der ote verschiedenen Beam tenorganisationen mit Ausnahme der sozialdemokratischen angehören, erläßt eine Kundgebung zu den wichtigsten innenpolitischen Fragen. Darin heißt es u. a.: „Wenn die Kundgebung der wirtschaftlichen Spitzenver bände dahin zu verstehen sein sollte, daß die Kapitalneu bildung in Deutschland nur von der Unternehmerseite her zu erfolgen habe, daß also die Arbeitnehmerschaft in einem Lohn niveau gehalten werden müsse, das ihr Ersparnisse nicht er möglicht, sondern gerade zum Leben ausreicht, oder wenn da mit gemeint wäre, daß die Erfüllung sozialpolitischer Auf gaben im jetzigen Umfang ein Luxus sei, dann wäre der Deutsche Beamtenbund nicht in der Lage, sich solchen Auf fassungen anzuschließen. Eine glückliche Zukunft des Deutschen Reiches lieg! nich: in einer Verewigung des Gegensatzes zwischen Besitzenden und Besitz losen, sondern es lieg! im Wesen des Volksstaales, daß die großen Schicksten des ArbeiMehmertums als gleichberechtigte Faktoren in die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben und in den gesamten Wirtschaftsprozeß eingegliedert werden, ein Ziel, von dem wir hcme noch rech! Wei! enlfernl sind. Eine B e a m i e n i n s! a i i o n in dem von den Wirtschaftskreisen Professor Hoetzsch über deutsche Politik. Keine Kriegsgefahr im Osten. Der bekannte deutschnationale Reichstagsabgeordnete Professor Dr. Hoetzsch sagte in einer Unterhaltung mit den Vertretern einiger Pariser Blätter, daß die Politik des Reiches durch seinen Eintritt in den Völkerbund ent schieden worden ist. Wenn man in Frankreich dem for mellen Verzicht Deutschlands auf Elsaß-Lothringen nicht glauben wolle, so sei dies nur eiu Vorwand für die Auf rechterhaltung der Besetzung. Die französische Regierung habe ihr Versprechen eines teilweisen Rückzuges der Truppen nicht eingehalten. Wenn man Deutschlands be nötige, so spreche man von der Gleichberechtigung, aber wenn Deutschland sein Recht fordere, fo bestehe ein Unterschied. Niemand in Deutschland wünsche ein Ost locarno. Der mit Polen abgeschlossene Schiedsgerichts- Vertrag genüge vollkommen. Die Beziehungen zwischen DeutschlandundPolen hätten sich seit der Wieder aufnahme der deutsch-polnischen Wirtfchastsverhandlungen gebessert. Rußland nähere sich immer mehr dem Völkerbund und beteilige sich bereits wirksam an seinen Beratungen. Eine Kriegsgefahr drohe nicht im Osten, sondern viel mehr in der Spannung zwischen Frankreich und Italien. Hier wäre ein Locarno sehr wünschenswert.