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I IIT Nationale Tageszeitung für- die Landwirtschaft, *«» -WN.dniis^ r««k!«tt- «r<ch«i« «n allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. 1>e,ng»prei«: Bei «ddolnng in k« cheichift,stelle und »rn «uagaktstellen 2 AW. im Manat, bei Zustellung durch die Boten r,30 RM., bei Poftbeftelltlng r «M. ,u,üg!ich Adtra,. „ , ,, ... —- ,, . gebühr. Einzelnummern UBdsg All-Poftanftal-«, Wochenblatt für Wll«druff u. Umgegend Postboten und UN,-reBus. trllgerund »eschSstsstellen nehme» ,n ,eder Z-„ B- strlluvgen entgegen. I« Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung d>« Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Stücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto deiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. werden nach Möglichkeit Fernsprecher' Amt « tage und Platzuorichriistru M-nahmebis oorm.IVUHr. » re er, r , ^ttt!> LvrrSorUss Ulk. y berücksichtigt. Anzeigen« durchFernru,Lbermi!,eItcnAnz-ig-nüderned^nwi7k-chE^^7^^IsIsI^ ,.ffür Lie Richtigkeit Ler Klage ungezogen weiden muh oderdcr-Auftraaocber ii, ''derRabalianspru ch -clischt, wenn derBetrag durch Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannsch^ gerichrs und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Matt Rr, 27 b. — 86. Jahrgang. Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2648 Dienstag, den 22 November 1^27 Englische Kohlenssrgen. Typisch englisch: 270 Bergarbeiter, die arbeitslos sind, narschieren aus dem Südwaliser Kohlenrevier in zwölf Tagesmärschen nach London und werden dort von einer lroßen Menschenmenge erwartet, um eine Demonstra- ion gegen die Behandlung der englischen ilohlenkrise im Parlament zu veranstalten. Dabei when die Arbeiterpartei und die Kommunisten zusammen mter der Führung des radikalen Gewerkschaftssekretärs Look, der ja auch der Leiter des großen Bergarbeiterstreiks im Jahre 1926 gewesen war, seitdem aber stark in den Hintergrund gedrückt worden ist. Die schweren Zusammen stöße, die vor einigen Tagen im Londoner Parlament er folgt sind, haben eben die englische Kohlenkrise als Hinter grund, ohne daß man dabei freilich vergessen darf, wie nahe England schon vor Neuwahlen steht. Das übt seinen Einfluß aus auf das Verhalten namentlich der Opposition, also der Liberalen und der Arbeiterpartei. Die englische Kohlenkrise besteht nicht bloß, sie ist auch Noch ständig im Wachsen. Der Sieg dec Unternehmerschaft in dem großen Streik ist ein Pyrrhussieg gewesen, obwohl es ihr damals gelang, die Achtstundenschicht ebenso durchzudrücken wie eine Lohnverkürzung. Die erste Folge davon war, daß die Kohlenförderung sich pro Mann und Schicht um 15—20 Prozent hob, daß also durch diese Ver mehrung der Erzeugung und durch die Lohnherabsetzung die Kosten der Förderung recht beträchtlich herunter gedrückt werden konnten, zumal der gleiche Prozentsatz der Gesamtbelegschaft im englischen Bergbau nicht wieder ein gestellt wurde, auch kaum Aussicht hat, je wieder eingestellt werden zu können, da im Bergbau eine zwar langsame, aber viel zu langsame Rationalisierung durchgeführt wird. Nachdem aber der W e l t k o h l e n h u n g e r, der durch den monatelangen Ausfall der englischen Förderung her- vorgerusen worden war, allmählich sich hatte stillen lassen, trat oer Rückschlag ein: 'Arbeitsstockungen nicht bloß, sondern vor allem auch die Auswirkung der Tatsache, daß die englische Kohlenindnstrie, um ihr ureigenstes Absatz gebiet, nämlich das Ausland, zurückzuerobern, mit Kampfpreisen gegen die hochgekommene Konkurrenz vorging. Wir haben das in Deutschland besonders verspürt, weil die englische Kohle bei uns im sogenannten „be strittenen Gebiet" die deutsche Konkurrenz mehr und mehr aus dem Felde geschlagen hat. Denn nicht bloß der englische Kohlenpreis ab Grube ist niedriger als der deutsche, sondern die englische Konkurrenz wird gegenüber der rheinisch-westfälischen Kohle dadurch begünstigt, daß diese für die Verfrachtung von Essen nach Hamburg etwa acht Mark für die Tonne an Kosten zu bezahlen hat, während die englische Kohle dorthin zu befördern nur etwa vier Mark kostet. Trotzdem lehnt die Reichsbahn die Ein führung ermäßigter Kohlentarife ab. Der englische Kohlen preis in Hamburg ist immer weiter heruntergegangen und liegt jetzt etwa vier Mark unter dem deutschen Binnen- kohlenpreis. Bekanntlich wird freilich auch die deutsche Kohle im bestrittenen Gebiet weit billiger angeboten, doch trägt durch seine Umlage das rheinisch-westfälische Kohlen syndikat Wenigstens einen Teil der Kosten, die dieser Unter schied gegenüber dem Binnenkohlenpreis verursacht. Bezeichnend ist es, daß der jetzige englische Kohlenpreis im Ausland 25 Prozent unter jenem liegt, der vor dem Bergarbeiterstreik gefordert wurde; daß aber schon dieser ein Kampfpreis war, geht auch daraus hervor, daß dis Preise im März 1926 nur deswegen so niedrig waren, weil ja die Bergwerke damals noch geldliche Unter stützungen von der englischen Regierung erhielten. Und des weiteren geht daraus hervor und ist es eine selbst von der Arbeiterschaft Englands nicht bestrittene Tatsache, daß die Bergwerke so gut wie durchweg mit Verlust arbeiten; selbst in Südwales, einem Revier, dessen Kohle geradezu eine Weltmonopolstellung hat, ist der Preis niedriger als die Selbstkosten betragen. Das ist aber für die Lage der englischen Bergarbeiter deswegen besonders entscheidend, weil nach dem Streik, für jedes Revier besonders, ein sehr geringes Lohnmini- Mum festgesetzt worden ist, das im Falle eines gewinn bringenden Absatzes allerdings durch Zuschläge erhöht werden sollte. Damals hatte man gleich solche Zuschläge bewilligt, sie sind aber infolge des Ausbleibens der Ge winne inzwischen abgebaut worden und die Bergarbeiter schaft ist auf das Lohnminimum beschränkt — vorläufig noch! Denn die Unternehmerschaft ist entschlossen, auch das Lohnminimum h e r u n t e r z u d r ü ck e n, und die Arbeiterschaft, deren Streikkassen völlig erschöpft sind, die außerdem in ihrem Streikrecht durch die Gewerschafts- bill außerordentlich beschränkt ist, sieht sich zu einer Gegen aktion einfach außerstande. 250 000 arbeitslose Berg arbeiter — ein Viertel der ursprünglichen Gesamtbeleg schaft — sind ein tragischer Beweis für die Schwere der Krise und die englische Kohlenindustrie selbst muß jetzt den für viele Einzelschicksale verhängnisvollen Gang gehen, den auch die deutsche hat zurücklegen müssen, als sie ihre Betriebe rationalisierte. , Die englische Kohlenkrise ist aber noch mehr: sie ist em Ausdruck der gewaltigen Weltüberproduk tion an Kohle, deren Auswirkung sich in Deutschland letzt noch nicht so bemerkbar macht, weil bei nns infolas »er wirtschaftlichen Hochkonjunktur die einheimische l-ochlsilon cler Innenpolitik Zusammentritt des Reichstages. Wichtige Entscheidungen bevorstehend. Der Reichstag beginnt soeben wieder nach längerer Pause seine Arbeiten. Zu einer Menge bedeutsamer, grundlegender Fragen der inneren Politik werden dis Abgeordneten Stellung zu nehmen haben. Die Diskussion über das Warnungszeichen, das kürzlich der Reparations- agent Parker Gilbert gab, ist noch nicht ab geschlossen. In enger Verbindung damit stehen die end gültige Erledigung der Beamtenbesoldungs- irage, die im Interesse der Sparsamkeit erforderliche verwaltnngsreform, an die sich wieder das unr- ctrittene Problem des Verhältnisses zwischen Reich und Ländern schließt Eine der schwierigsten Angelegenheiten ist dann noch aer seit Wochen im Bildungsausschutz des Reichstages be ratene Entwurf des Reichsschulgefetzes. Und schließlich eröffnen sich Aussichten auf die N e u w a h l d e s Reichstages im nächsten Jahr. Schon heute macht sich Nervosität in dieser Beziehung bei den Parteien be merkbar und an einzelnen Stellen malt man bereits eine vorzeitige Neichstagsauslösung oder gar eine Regierungskrise, die dem deutschen Volke zu Weihnachten beschert werden könnte, deutlich genug au die Wand. Grund genug zur Belebung des politischen Inter esses. Dem Reichstag ist auch der Gesetzentwurf über die Schaffung desendgültigenReichswirtschasts- rats zugegangen. Er soll nach der Vorlage aus 151 ständigen Mitgliedern bestehen, die von der Reichsregie- cung auf Grund von Vorschlägen der Vertretungen der Unternehmer, der Arbeitnehmer und sonst beteiligten Volkskeise oder auf Grund von Ernennungen durch die Reichsregierung oder den Reichsrat einberufen werden. Aber das ist Wohl kaum ein Anlaß zur Erregung, die da gegen bei den Auseinandersetzungen über das Schul gesetz hohe Wellen schlägt. Hier nimmt die Deutsche Volkspariei eine ausschlaggebende Position ein und deshalb lenkt sich der Blick augenblicklich nach Braunschweig, wo der Zentralvorstand der Deutschen Volkspartei zusammeu- getreten ist. Braunschweig ist übrigens zurzeit lebhaft in Bewegung gesetzt durch die am 27. November vor sich gehenden Neuwahlen für den Landtag. * Die Tagung der Volkspariei. Die Tagung des Zentralvorstandes der Deutschen Volkspartei, zu der u. a. Reichsminister a. D. Dr. Scholz, Reichsminister Dr. Curtius, Geheimrat Professor Dr. Kahl und zahlreiche Mitglieder der Länderregierungen and -Parlamente, im ganzen über 300 stimmberechtigte Mit glieder des Zentralvorstandes erschienen sind, wurde Montag vom Parteivorsitzenden, Reichsaußenminister Dr. Stresemann, eröffnet. Zu Beginn der sachlichen Ver handlungen berichtete Reichstagsabgeordneier Runkel über das Schulgesetz. Er kam sofort aus die drei Fragen, die eine Sonderstellung der Partei erforderten, aus das Problem der Schulfor- men, das Problem des geordneten Schulbetriebes und die Schulaussicht. Das Problem der Schullormen des Entwurfs umsasfe für die Deutsche Volksvartei wiederum zwei Probleme: die Frage der Bekenntnisschule und die Frage der Gemeinschaftsschule. In der össent- lichen Diskussion trete die Beratung der Bekenntnisschule zu nächst zurück hinter der Forderung im Entwurf selbst, um auch der Gemeinschaftsschule die Vorzugsstellung zu sichern, die ihr nach der Versüssung und Verfassungsabsicht zukomme. Nach wie vor, erklärte der Redner, steht die Deutsche Volkspartei auf dem Boden ihres Programms, wonach Bekenntnisschule nnd Gemeinschaftsschule von ihr gesichert und gefördert werden sollen, überall da. wo sie nach Herkommen und Beschulungsbedürfnis Heimat- charakter haben. Wir wollen der Bekenntnisschule ihren Besitzstand bei der Umwandlung sichern; sie zu erhallen, ist dann die Sache der bekenntnistreuen Erziehungsberechtigten. Die Deutsche Volksparlei hat eine Reihe von Anträgen ge stellt, die von den Regierungsparteien angenommen sind. Die Furcht vor einer Konsessionalisierung des Gesamtunterrichts ist dadurch gegenstandslos, verschwunden auch der Schein einer dogmatischen Bindung des Unterrichts nach der Annahme eines volksparteilichen Abänderungsantrages durch die Re gierungsparteien. Die Erhaltung der alten Bekenntnisschule in neuer Form ist gesichert. Was die seitherige christliche Simultanschule betrifft, so wird ihre Erhaltung von saft allen Kreisengefordert. Wir lehnen die im Entwurf vorgesehene sechsjährige Schon frist und auch die zwölfjährige Schonsrist des Reicksrats ab, weil nach unserer Auffassung Artikel 174 der Reichsversassung keine Schonbestimmung, sondern eine Schutzbeftimmung ent hält. Die Deutsche Volksparlei wird deshalb dafür eintreten, daß in den Gebieten des Reiches, in denen eine nach Be kenntnissen nicht getrennte Volksschule gesetzlich oder nach Herkommen besteht, es bei dieser Rechtslage verbleibt. Auch die Stellung der Deutschen Volkspartei zur christlichen Gemein schaftsschule ist kulturell bedingt. Dahin wird ihre Forderung gehen, daß neu einzurichtende Schulen als Gememschasts- schulcn einzurichten sind, soweit nicht die Erziehungsberech tigten der Mehrheit derjenigen Kinder, die der neuen Schule zugeftthrt werden, eine andere Schule beantragen Zu einer prinziviellen Stellungnahme nötigt auch noch die Regelung der Einsichtnahme in den Religionsunterricht von feiten der Religionsgesellschasten. Die Deutsche VvllS- partei lehnt nach Tradition und innerer Einstellung eine Be aufsichtigung des Religionsunterrichts durch andere als staat liche Organe ab. Das bedeutet keine Stellnngnnhme gegen die Kirche, deren wertvolle Miterzirhungsnrbcit sie immer an erkennt, aber die Schule ist des Staates! Die obersten Stellen sollen entsprechend dem Entwurf das Recht der Einsichtnahme erhalten, dies aber unter Ausschluß der Übertragung dieser Befugnis auf Nachgeordnete kirchliche Stellen. Die Deutsche Volkspartei wird auch fordern, daß vor Fertigstellung des Gesetzes die K o st e u f r a g e und die Be teiligung der Gemeinden an der Umwandlung und Neu einrichtung von Schulen prinzipiell geregelt wird Die Deutsche Volkspartci, schloß der Redner, lehnt jeden Versuch ab, sie für ein Scheitern des Reichsschulgefetzes verantwortlich zu machen. Koyienerzeugung Durch Die deutsche Industrie selbst sehr stark in Anspruch genommen wird. Freilich ist es ungewiß, wie lange wir diesen Auswirkungen noch entgehen werden. * Operation ohne Betäubung. Sir Alfred Mond beschäftigt sich in einem sehr aus führlichen Brief an die „Times" mit der gegenwärtigen unbefriedigenden Lage im Kohlenbergbau. Nach seiner Ansicht ist die Notwendigkeit der Reorganisation, sowohl was den Absatz als auch die finanzielle Basis und den Export anlangt, so dringend und so umfassend, daß die Unterstützung der Regierung unbedingt notwendig sei. Was gegenwärtig im Bergbau vorgehe, sei nichts anderes als eine Operation ohne Betäubng. Die unwirt schaftlichen Schächte verbluten langsam. Die Bergarbeiter seien arbeitslos, bis sie in irgendeinem anderen Berufe Unterschlupf fänden. Produktion und Verbrauch ständen in keinerlei Zusammenhang. Bergbau besitzer und Bergarbeiter könnten viel tun, um diese Schlüsselindustrie auf eine gesunde und permanente Grundlage zu stellen. Die Regierung dürfe aber nicht übersehen, daß sie nicht untätig beiseite stehen könne. Rücktritt des belgische« Kabinetts. Brüssel, 21. November. Der belgische Ministerpräsident Iaspar hat gestern abend dem König die EefamAemission des Kabinetts unterbreitet. Der König wird Iaspar mit der Neubil dung des Kabinetts beauftragen. Iaspar wird voraussichtlich ver suchen, ein Kabinett zu bilden, bas sich auf Katholiken, Liberale , sowie christliche Demokraten und Flamen stützt. Sollte diese Kom- I bmation glücken, so würde dies zu einem völligen Ausscheiden der Sozialisten aus der Regierung führen. ,,T)as Mich bureaukraiisch überlastet." Reichsverkehrsminister Dr. In o. K o ch führt in einem soeben erschienenen Aufsatz aus: Das Deutsche Reich ist bureaukraiisch überlastet. Keine wirtschaftliche oder Vsr- kehrsfrage kann erörtert und keine Lohnverhandlung kann geführt werden, ohne daß die Überlastung des Steuerzahlers in den Vordergrund tritt. Nicht nur durch die hohen Kosten bedeutet die Masse der Behörden eine volkswirtschaftliche Last. Fast schlimmer noch ist die Un möglichkeit für das Publikum, sich in dem Irrgarten der öffentlichen Verwaltung zurechtzufinden. Wer, wie ich in reifen Jahren in den Staatsdienst an leitender Stelle eintritt, stellt bald fest, daß selbst der pflichtbewußteste Beamte oft nicht weiß, nicht wissen kann, welche Behörden bei einer Angelegenheit alle „beteiligt" sind. Wehe aber, wenn jemand übergangen wird, selbst unabsichtlich, besonders, wenn eine Länder behörde durch eine Reichsbehörde einmal übersehen wird. Dann werden heiligste Gesichtspunkte eingenstaatlicher Hoheit als gefährdet bezeichnet. Nationale Politik treiben, heißt sachliche Politik treiben. Leider gibt es Staats männer, die die Durchführung der Reichsverfassung uns den Unitarismus bei jeder Gelegenheit im Munde führen. Werden sie Minister eines deutschen Landes, so liegen ihre Taten in entgegengesetzter Richtung. Ja, sie werden ge radezu zum Sturmbock der Bureaukratie. Die Verwaltung der Wasserstraßen durch Reichsbehörden, verfassungsmäßig längst entschieden, gehört nicht in das Problem Umtans mus oder Föderalismus.