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einen Pfeiler nieder. Dort rutschte er schlafend ab" und fiel so unglücklich auf das Pflaster, daß er einen schweren Schädelbruch davontrug, an dessen Folgen er verstarb. Eine Alphütte verbrannt. Auf der Etteralp in Ober kärnten ist die erst kürzlich neu eingerichtete Hütte und ein danebenstehender Stall durch Feuer vernichtet worden. Von den in der Hütte nächtigenden Holzknechten ist einer verbrannt, zwei andere erlitten schwere Brandwunden. Dampserbrand im Londoner Hafen. Auf dem Lon doner Dock geriet der mit Reis, Mehl und Baumwollsaat beladene Frachtdampfer „Amarapoora" in Flam men, die weit über die hohen Häuser am Hafen hinweg sichtbar waren. Die Bekämpfung des Feuers war über aus schwierig. Der größte Teil der Fracht ist verloren. Der Dampfer selbst blieb unbeschädigt. Tödlicher Absprung mit dem Fallschirm. Auf dem Flug von Farnborough nach Croydon versagte der Motor eines Militärflugzeuges. Der Flugzeugführer und der Beobachter sprangen aus einer Höhe von 700 Meter mit dem Fallschirm ab. Da der Fallschirm des Flugzeugführers sich nicht öffnete, fiel er wie ein Stein auf den Boden auf und war sofort tot. Dem Beobachter gelang es, unversehrt zu landen. Die Maschine ist abgestürzt und verbrannt. » Erdstöße in Italien. Ein Teil des Apennin ist von stärkeren und leichteren Erdstößen heimgesucht worden. In Bedonia versetzte ein starkes Erdbeben die Bevölkerung in große Erregung. Mehrere Häuser wurden beschädigt. Die Leute brachten die Nacht im Freien zu, da die Stöße sich während der Nacht und bis nachmittags wiederholten. Zwangsaustreibung von Hausbewohnern. In Parma in Italien stürmten mehrere Familien, die einen für den Abbruch bestimmten Häuserblock räumen mußten, ihre alten Wohnungen und verbarrikadierten sich darin. Die Polizei mußte sie gewaltsam hinaustreiben und schaffte Frauen und Kinder auf Kraftwagen in eine Ka serne, wo ihnen Wohnung zugewiesen wurde. Um einen erneuten Sturm aus die alten Häuser zu verhindern, wurden die Türen vermauert. Lunte Tageschronit Paris. In der Marseiller Bucht fing ein Fischer in seinem Netz eine deutsche Tiefseeminc, die uoch fest auf dem Meeresgrund verankert war. Cherbourg. In der Gegend von Etaples wurden von einem Zollbeamten die Trümmer eines in Silberweiß ge haltenen Flugzeuges aus See treibend gesichtet. London. In Manchester stürzte ein Autoomnibus mit dreizehn Passagieren einen 12 Fuß tiefen Abhang hinab. Elf Passagiere wurden verletzt, darunter drei schwer. Newyork. Hier wurde ein zwölfjähriges Mädchen von der Schlafkrankheit befallen. Es wurde in ein Krankenhaus gebracht, wo es sechzehn Tage und Nächte ununter brochen in völliger Betäubung schlief. Francis Drakes Erdumsegelung. In allen Schullesebüchern liest man, daß im vorletzten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts der Engländer Francis Drake die Kartoffel in Europa eingeführt habe. Das ist nicht richtig: die Kartoffel war schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts von den Spaniern, die sie in Peru kennengelernt hatten, in den Niederlanden, in Burgund und in Italien verbreitet worden. Und es ist such nicht richtig, daß Drake die Kartoffel in England eingeführt habe; dort verbreitete sie Sir Walter Raleigh und mit ihm der Sklavenhändler Hawkins, ein Verwandter Drakes. Sir Francis Drake mag bei der Verbreitung ge holfen haben, und da sein Name als der eines hervor ragenden Weltumseglers berühmter war als der der beiden andern, schob man ihm auch diesen Ruhm zu. Und ausschließlich den Kartoffeln hat er es zu verdanken, daß ihm um die Mitte des vorigen Jahrhunderts in Offenburg in Baden, das eigentlich nichts mit ihm zu schaffen hat, ein Denkmal gesetzt wurde. Ein zweites Denkmal wurde ihm in Plymouth errichtet und dieses Monument hat schon einen ganz anderen Sinn, da es nichts mit der Kartoffel zu tun hat, sondern einzig und allein dem großen Seefahrer Drake gilt. Es sind jetzt 350 Jahre verflossen, seitdem Drake mit fünf Schiffen von Plymouth ausfuhr, um in die Südsee zu dringen und die Spanier, zu damaliger Zeit Englands größte Konkurren ten auf dem Meere, anzugreifen. Der Tag der Ausfahrt steht noch nicht fest: nach einigen soll Francis Drake am 15. September 1577 abgefahren sein, nach anderen am 15. November und noch andere lassen ihn erst am 15. De zember in die Ferne ziehen. Aus dem Seekrieg, der nicht viel mehr war als ein Korsarenkrieg, da Drake sich spa nischer Schiffe bemächtigte, wo er sie traf, wurde eine richtige Erdumsegelung, von der der Seeheld erst am 5. November 1580 heunkehrte, von der Königin Elisabeth mit Ehren überhäufr und eigenhändig zum Ritter ge schlagen. An die Erdumsegelung schlossen sich in den fol genden Jahren neue große Seefahrten Drakes mit dem Ziel der Vernichtung der spanischen Flotte an; an der Vernichtung der berühmten spanischen „Armada" war er denn auch in hervorragender Weise beteiligt. Als ihm dann aber einige Unternehmungen mißlangen, verfiel Drake, der sich offenbar sehr grämte, in ein schleichendes Fieber, dem er am 27. Dezember 1595 oder am 5. Januar 1596 — auch das steht nicht genau fest — erlag. Es sind viele Bücher über ihn und seine Seefahrten geschrieben worden, aber mit der Kartoffel sollte man ibn trotzdem nicht mehr in Verbindung bringen. Das Ende des Sechstagerennens. Die Sieger: De Wolf —van Kempen. Das 19 Sechstagerennen ist vorüber, es lebe das 29. Sechstagerennen! So rufen alle Rennfahrer, denen diesmal der Sieg nicht geglückt ist. Es war ein knapper Sieg, den Dewolf—van Kempen in den 145 Stunden (3701 Kilometer) errangen. Ist es doch allen Paaren gelungen, in einer Runde das 145-Stunden-Rennen zu beenden, der gegenseitige Ab stand war also äußerst gering. Ehmer—Kroschel, das Ber liner Paar, machten erst das zweite Sechstagerennen mit und hatten die Führung ziemlich bis zum Schluß. Sie mußten sich mit dem dritten Platz begnügen, denn außer Dewolf—van Oie Sieger im 19. Berliner Sechstagerennen. Von links nich rechts: Thollembeeck—Tietz, die Zweite wurden, und Dewolf—van Kempen (erstes Siegerpaar). Kempen konnten sie auch noch von Tietz—Thollembeeck über holt werden. Kroll—Miethe gewannen den vierten Platz. Sie trugen zur Belebung des Rennens erheblich bei, zeigten sie ooch i« oe» ^agven derartig gutes Können, daß ihre Gegner ihr Fahre« immer aufmerksam beobachteten. Intereßant waren auch die Positionskämpfe, durch die die Nichtsteger den überlegene» Ehmer in der letzten Runde auszuschalten verstanden. Das Publikum veranstaltete bei der Punktbe wertung Wohl zeitweise ein Pseiskonzert, klatschte aber MN Schluß des Rennens aufrichtigen Beifall. „Seeschlacht" der finnischen Marine. Ein ideales Schmuggel ne st. Ein litauisches Spritschmugglcrschifs, das nach Kampf v«i der litauischen Wasserpolizei überwältigt worden ist. ist iw Danziger Hafen eingetroffen. Bei dem Kamps gab es auj beiden Seiten Verwundere. Die folgenden Ausführungen geben ein anschauliches Bild von den Zuständen, die in den trockengelegten nordischen Staaten im Kamps gegen den Alkoholschmuggel bestehen. Finnland ist das Land der strengsten Prohibition; ohne aber vordem eine Säuferidylle gewesen zu sein. Sprit schmuggel und irgendwie ermöglichter Alkoholgenuß sind in dessen das unterirdisch-öffentliche Diskussionsthema aller Tageszeiten und auch noch die die Nachtruhe empfindlich kürzende Gchirnplage einer phamasttsch-subtilen Umgehungs kunst geworden. Erstaunlich, welche hochintellektuellen Eigen schaften sich bei Angehörigen aller sinnifchen Volksschichten zeigen, wenn es gilt, die ausgetrocknete Kehle mit Alkoholika anzuseuchten. Eine umfangreiche, weitgehend spezialisierte Geheimverständigung unter Heranziehung aller menschlichen Ausdrucksorgaue und -fähigkeiten bringt es zuwege, daß der s» nebenbei bestellte Tee als goldgelber Glasinhalt mit zur Ver fügung gestellten Zitronenscheiben eben doch nicht Tee, sondern ein an die Geschmackssinne des Neulings beträchtliche An sprüche erhebender — warmer Whisky ist; daß aus einer Kaffeekanne ein verdächtig weißes Wässerlein in die Tasse plätschert und dergleichen mehr Lustig ist cs, wenn dem ahnungslosen Fremden die Verblüffung ins Gesicht steigt bei solchen größtenteils unerbetenen Fertigkeitskünsten einer artistisch also gutgeschulten Bedienung. Und den Eingeborenen dünkt es in diesen „trockenen" Zeiten gar der beste und trotz aller Wiederholungen in der Pointe nie versagende Witz, wenn sein ausländischer Gast mit schlecht gespieltem Mut an dem rätselhaften Zeug schluckt und schluckt . . . Finnlands Küstengewässer im Finnischen und Bottnischen Meerbusen geben mit ihren Hunderten und aber Hunderten Schäreninseln und -inselchen und alle Seefahrt gefährdenden Gesteinsklippen, mit vielen versteckten und nur den Vertraute sten bekannten Kanälen und Schlupfwinkeln ein geradezu ideales Schmuggelnest ab, reizen die Schmuggler zur kühnen Entfaltung verwegenster Künste und wahrer Laus- bubengeschichten, um die an sich verzweifelten und um Prämie und Ruhm besorgten Zöllner mit einer gewitzten oder simplen Rasführerei zur rasenden Verzweiflung zu treiben. Mit Schmunzeln werden an dieser ganzen Schmuggelküste entlaus diese Geschichten erzählt und ganz so, wie der Großvater seiner zeit die Märchen zum besten gab; ist nur die Hälfte dieser zu modernen Märchen wahr, dann bleibt immer noch genug übrig zum Lachen oder auch als „die Moral von der Geschicht'". Wer als Fremder erstmalig diese nordischen Gestade be treten will und sich so durch lange Wochen vorher getriebener Lektüre vollgestopft hat mit haushohen Erwartungen, der be kommt schon in der offenen See den ersten wuchtigen Stoß gegen seinen Erwartungshorizont. Denn ihn grüßt erstmalig eine stattliche und unter den unmöglichsten Nationalflagge» segelnde Schmugglerflottiüe, die in Sicherheit und Ruhe den gegebenen Zeitpunkt für die genügend geheimnisvolle Löschung ihrer Spritgalloncn abwartet . . . Verständlich, daß diese hoheitswässerliche Sicherheit und Ruhe der Spritler Provokation ist für die flinken Motorkreuzel und um Ehre und Prämie so tatendurstigen Zöllnerbemannun- gen. Und so liegen auch diese flinken Motorkreuzer aus del Lauer hinter gestellten Fallen oder im Vertrauen aus den blinden Zufall. Was aber aus so einer Geschichte wird, wenn ldLi 1^. 2orn, ^VilsckrrE, Dresdner 8tr. JILL k«» lZomrur-vvir klsbetlr Boocksrs- 35. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Gehorsam ging das Kind wieder ins Haus hinein. Ilse und der Schäfer folgten ihr, aber der Schäfer öffnete eine andere Tür, als die, durch welche das Urenkelkind verschwunden war. Sie betraten ein ziemlich geräumiges, Helles Zimmer, das besser und reicher als gewöhnliche 'Bauernwohnungen ausgestattet war. An einer Wand nahe dem Fenster stand ein großes Bett, mit einer großblumigen Decke bedeckt. Zu diesem Bett führte sie der Alte. Ein altees, runzliges Gesicht mit verwitterten Zügen und geschlossenen Augen lag in den Kissen. „Marianka," sagte der Schäfer und berührte leise den Arm, der auf der Decke lag. Da schlug sie die Augen.auf und ihr Blick fiel gerade auf das vor ihr stehende junge Mädchen, deren Gesicht von dem Schein, der durch das Fenster siel, hell beleuchtet war. Eine Sekunde sah sie star und regungslos zu Ilse auf, dann entrang sich ein leiser Schrei ihrer Brust: „Gisela! Herzblattel, einzig's!" Sie versuchte sich aufzurichten, aber sie fiel kraftlos zu- rück. Da trat der Alte an ihr Bett und stützte sie mit seinen Armen, so daß sie halb aufrecht im Bette saß. Nun streckte sie ihre knöcherne Hand aus, die Ilse ohne Furcht erfaßte und zog sie näher zu sich: „Ich wußte ja, daß du wiederkommen würdest — zu deiner alten Mananka —ich hab ja gewartet auf dich — all die Jahre. — O mein Gott — nun kann ich ruhig sterben — da ich dich gesehen habe — aber," ein ängstlicher flehender Blick trat in ihre glanzlosen, irren Augen — „wirst du jetzt hier bleiben —für immer —wirst du nicht mehr fortgehen, zu dem — dem — wirst du bei der alten Marianka bleiben, bis sie stirbt? — Sage es — sage es, Gisela, geliebtes, süßes Herzel." Erschüttert streichelte Ilse die runzelige Hand der Alten. „Ich bleibe," beruhigte sie. Sie vermochte es nicht, ihr den Irrtum über ihre Person aufzuklären; es hätte vielleicht auch nichts genützt. Der Schwer li.ß eine Frau in die Kissen zurückgleiten, um einen Stuhl für Ilse zu holen, den er ganz nahe an das Bett schob. Ilse setzte sich und wieder griff die Hand Mariankas nach der ihren und ehe es sich Ilse versah, hatte sie sie an ihre welken Lippen gedrückt. In ihren Augen, die sie keinen Augenblick von ihr wandte, lag ein seliges Lächeln. „Wie jung und schön du bist, aber so viel stärker und kräftiger geworden! Weißt du noch, wie blaß du warst, als du den Abend vor deiner Flucht zu mir kamst und in meinem Schoß weintest? — Weißt du noch, wie du dann ruhig wurdest und mich liebkosend streicheltest mit deinen zarten, weißen Händchen? — Und am nächsten Morgen warst du verschwunden und wir sahen dich nicht wieder — bis heute.— Was hast du gelitten, armes Kindel? — Das war der Fluch — der Fluch von Tworrau." Die Alte hielt erschöpft inne und schloß wie schaudernd die Augen. „Meine Alte schwatzt Ihnen törichtes Zeug vor," sagte jetzt der Schäfer. „Kommen Sie nur wieder hinaus; der Zweck ist ja auch erfüllt." „Nein, lassen Sie nur, Josef," erwiderte Ilse. Dann beugte sie sich wieder zu der Kranken hin. „Was ist das für ein Fluch, Marianka?" Verständnislos fragend blickten die alten Augen zu ihr hin, dann zuckte es unruhig in ihrem Gesicht. „Gisela, Gisela, kennst Du den Fluch von Tworrau nicht mehr? Du hast doch das Bild in jener Nacht geschaut und der — Fluch hat sich doch an dir erfüllt." „Was bedeutet das?" wandte Ilse sich jetzt an den Schäfer, als die Kranke die Augen wieder geschlossen hatte und nur undeutliche Worte vor sich hinmurmelte. „Eine alte Sage ist es," antwortete Josef. „Kennen Sie das große Ahnenbild, das an der dunkelsten Wand des Ahncnsaales im Schlosse hängt?" „Nein, ich war bisher noch nicht im Ahnensaale." „Das ist auch gut so. Freilich, Sie können es ruhig ansehen. Nur für einen aus dem Geschlecht der Limar bringt es Gefahr und Unglück." „Warum Unglück?" fragte Ilse. „Die Sache hängt so zusammen: Graf Archibald vün Limar, den das Bild darsteltt und der vor etwa dreihun dert Jahren gelebt hat, soll viele Frauen geliebt und un-' glücklich gemacht haben. Nun erzählt man sich, daß er zur Strafe allnächtlich umgehe, und wem er erscheine, dessen Herz erglühe in heißer Liebe für denjenigen, der gerade seine Gedanken beschäftigt, und keine Macht des Himmels und der Erde vermag diese Liebe zu ertöten. — So kam denn auch unsere kleine Komtesse Gisela eines Tages zu meiner Frau gelaufen, kreideweiß im Gesicht und vor Er regung zitternd. Der Geist von Tworrau, Graf Archibald wäre ihr erschienen, so beichtete sie unter Schluchzen, und sie habe gerade an ihren Lehrer Hollmann gedacht. Und seit diesem Tage nahm das Unglück, das über unsere arme Herrschaft hereinbrach, seinen Anfang. „Der Fluch von Tworrau" nennen es die Leute und er hat sich wieder ein mal erfüllt. In jeder Generation einmal, sagt man, und in dieser ist er bis jetzt ausgeblieben. Gott verhüte ein neues Unglück, oder er breche den Zauber, indem er zwei Menschen zum Glück führt." Der Schäfer machte das Zeichen des Kreuzes, wie zur Beschwörung des Zaubers. In jedem anderen Falle hätte Ilse über solchen Aber glauben lachen müssen. Heut kam ihr nicht einmal der Gedanke daran. Sie warf einen schnellen Blick auf die alte Marianka, die mii offenen Augen in ihren Kissen lag und scheinbar nicht aus das Gespräch geachtet hatte. Jetzt reichte sie ihr zum Abschied die Hand. „Adieu, Marianka" „Willst du schon fort?" „Ja, es ist Zeit!" (Fortsetzung folgt.)