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MsdmfferTageblati für Äürgerlum, Leamte, Angestellte u. Arbeiter Rr, 26Z. — 86. Jahrgang. Telegr.-Adr.: .Amtsblatt« Wilsdruff-Dresven Postscheck: Dresden 2640 Freitag, den 11. November 1S27 Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postdol-nÄvnse»«^ t^I,erund «eschaftiftellkn , — — ll Lt-L nehmen zu jeder Heil Be- Krieg oder sonstiger BelriedoftSeungen besteht dein Anspruch aus Liesernng d« Zeitnng oder Kürzung . I «»pretses. — Rücksendung eingesandter Echriststüche ersolgt nur, wenn Porto b-ilicgt. «nzeigenpreio: di« » gespaltene Raumzelle r»«psg., die t gespaltene Feile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reich«- Neklamezeile im textlichen Teile 1 Reichrmark. N-chweisungsg-bühr 2V Reichopsennige. B»r» Fernsprecher: Amr Wilsdruff Nr. 6 durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch wenn derVe?ra*g durck - ... _ «l«ge erngezogen werdenmuyoderderAuftraggeberinKonkursgerät. AnzeigennehmenalleVermiMungsstellenentgesen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerrchts und des Ttadtrats zu Wilsdruff, des ForstrenLamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Die Verschuldung der Landwirtschaft. Antwort der Reichsregierung auf Parker Gilberts Memorandum nimmt die ganze Lage der deut schen Landwirtschaft an sich und im Kreis der gesamten Erwirtschaft einen breiten Behandlungsraum ein. Sie 'st eben kerne „Frage" mehr, sondern eine Tatsache, und das schlimmste an dieser Tatsache ist die weitgehende Verschuldung, die besonders deswegen so gefährlich rst, weil zudem leider nur ein Teil, nnd zwar der weitaus kleinere, in l a n g fristigen Rcalkrediten fundiert ist. Nach dem Stande vom 1. Juli dieses Jahres war die Höhe dieser Schulden rund 2,5 Milliarden. Entfällt doch über haupt ein Drittel des gesamten landwirtschaftlichen Nealkredits aus Hypothekendarlehen von 1000 bis 300k Mark, jowett er der Rentenbankkreditanstalt entstammt^ und über 50 Prozent der Gesamtsumme auf Betriebs- 20 Hektar, also auf den Klein- und Mittelbesitz. Hulse brachte dann die Golddiskontbank mit kn» 360 Millionen, so daß jetzt überhaupt ! ' Halste des gesamten landwirtschaftlichen Real- gebe-i Kreditanstalten herge- schlimmer ist es, wie gesagt, daß der Großteil der L-chulden kurzfristiger Natur ist, einen Personalkredit dar- '„v"' .aus laufenden Erträgen nicht abzudecken ist nach Berechnung der Reichs- — raub Milliarden beträgt. Hier liegt bei vor, sProble m s und es ist darum verständlich m e ihn netzt der Führer des Reichslandbundes auf a Tagung auch in den Mittelpunkt seine, stellt. Zu der Gefahr, die eine solch, sbA iiunme kurzfristigen Kredits an sich ja schon darstellt zweite: der Zwang zu hoher Verzinsung. Uni . ."n die Aktion, zu der man aus allgemein- volkKvirftchaftlichem Interesse — Herunterdrückung dee Postens „Lebensmittel" auf der Einfuhrseite unserer Han delsbtlanz — auch die Hilfe der Regierung in Anspruct nimmt, auf diese beiden Punkte: Umwandlung des Pro sonalkredits in langfristigen Kredit und damit auch au! Zinsverbilligung. Der Prozeß der Umschuldung hat siel aber — auf Grund des Ernteausfalls und der Diskont erhöhung der Reichsbank — in letzter Zeit viel langsame, vollzogen als im ersten Halbjahr und dabei bleibt di, Frage leider mehr als offen, wieweit die neu ausgenommen steil Personalkrcditc überhaupt im Betrieb erzeugungs fördernd zur Verwendung kamen oder ob sie nicht ein fach zur Abdeckung aufgelaufener Steuer- usw. Schulde, dienten. Besonders schwere Sorgen machen überaus vieler Landwirten die demnächst fälligen Nüüzahlungs Verpflichtungen. Man kann sie ans 700 bis 75, Millionen schätzen, so daß es nur eine geringe Erleichtc runa darstellt, wenn von 233 Millionen nun vorerst 17' Millionen illiquider Rentenbankwechsel überall dort nick pinaetrieben werden sollen, wo dadurch die Weitersühruns dc^Betriebes gefährdet wird. Weitere 260 Millioner Kredite der Rentenbankkreditanstalt sind bis zum 1. Apri 1928 gestundet worden ea^ alle^ sind Nottnaßnahmen ist keine großzügige Aktion mit dem Ziel einer gründliche, Umschuldung, so, wie sie dem Wesen der laudwirtschaft licken entspricht. Die gespannte Geldlaqe die späte Ernte, mangelnde Verzaufsfahigkeit des Gs trcides — alles kommt zusammen, um die schon an uni für sich im Personalkredit liegende Gefahr noch zu ver größ^nn hiernach einer Konsolidierung des auf laufenden Erträgen nicht rückzahlbaren -beils der schweben den Schuld in langfristige Realkredite; dabei wird du Heranziehung von Auslaudsgeld nicht zu umgeuen sein nm so einer rationellen und ergiebigen landnnrtichaftliche, Produktion die Wege zu ebnen und damit die Voraus setzung für <.jve Verminderung der Lebensmitteleinfuh: für eine Belebung des inländischen Absatzmarktes für ge werbliche Erzeugnisse und für eine verstärkte Aufnahnu von inländischen Arbeitskräften aus dem Arbeitsmarkt z, schaffen," erklärt die Regierungsdenkschrift in ihrer Ant wort auf Parker Gilberts Vorwürfe. Die Erkenntnis also ist da: es gilt, sie ohne Verzögerung in Taten um zusetzen. Sie Mkerbmidlagung im Dezember. Vorläufige Tagesordnung. Am 5. Dezember beginnt in Genf die nächste Tagung des Völkcrbundrates. Das Programm für die Arbeiten ist den Mitglicdstaatcn des Völkerbundes soeben zu gestellt worden. Es sollen eine Reihe politischer Fragen zur Beratung gelangen, ferner wird die Tätigkeit mehrerer vom Völker bund eingesetzten Kommissionen geprüft werden. Unter den politischen Fragen sind u. a. zu erwähnen die von der litauischen Negierung am 15. Oktober an den Völkerbundrat gerichtete Eingabe betreffend gewisse Maß nahmen, welche die polnische Regierung in bezug auf die Schulen, die Lehrer und die Geistlichen im Gebiet von Wilna und Grodno ergriffen haben soll, und die Erage der ungarischen Optanten in Siebenbürgen. Ferner "eist neuerdings auf der Tagesordnung die Eingabe der Neue Hochwassergefahren Süd- und Westdeutschland von Hochwasser bedroht. Große Verkehrsstörungen. Die andauernden Ncgenfälle und die Schneeschmelze im Gebirge haben am Rhein, an der Saar, der Mosel und am Neckar Hochwasser zur Folge gehabt, unter dem die Uferstraßen schwer zu leiden haben. Verheerend hat das Hochwasser im Saargebiet, vor allem in Saarbrücken, ge wirkt. Innerhalb kurzer Zeit stieg das Wasser hier bis in das im Osten der Stadt gelegene Varackcnvisrtel und drang in einer Höhe von einem Meter in die Häuser ein. 100 Personen, darunter 38 Kinder, mußten von der Feuer wehr aus den Fluten gerettet werden. Aber auch die Schwarzwaldflüsse haben weites Gebiet überschwemmt und in der Gegend von Lahr großen Scha den angerichtet. Das Vieh in den Ställen stand bis zur Brust im Wasser und konnte nur durch die Feuerwehr vom Ertrinken gerettet werden. Der Bahndamm der Strecke Frankfurt—Basel ist zwischen Dinglingen und Hugsweiher überflutet. Es wird hier mit einem noch werteren Steigen des Hochwassers gerechnet, so daß in allen Orten die Feuerwehr in Alarmbereitschaft gehalten werden muß. In einigen Neckarstädten in der Nähe von Cannstatt drang das Wasser in die Keller. Von der Lauf feuer Wehrbrücke wurden Verschalungen abgerissen. Die Straße zwischen Neckarsulm und Erlenbach kann nicht mehr passiert werden. griechischen Regierung au den Völkerbundrat betreffend die Interpretation gewisser Artikel des Versailler Ver trages. Es handelt sich hierbei um die Angelegenheit des Kreuzers „Salami s". Weiter stehen auf der Tagesordnung zwei Fragen betreffend die Freie Stadt Danzig, von denen die eine sich auf die Benutzung der Westerplatte und die andere auf die Hafenbasis für polnische Kriegsschiffe in Danzig bezieht. Aus wirtschaftlichem Gebiet wird der Völkerüundrat zur Ernennung der Mitglieder des Aus schusses zu schreiten haben, der mit der Weiterverfolgung der Anwendung der von der Weltwirtschaftskon- serenz gefaßten Empfehlungen betraut ist. Endlich wird der Rat die Vorsitzenden der Jnvestigationskommissionen für die Kontrolle der Durchführung der Entwaffnungs- Vorschriften in Deutschland, Ungarn und Bulgarien zu ernennen haben, deren Amtsperiode im Laufe des Jahres 1928 ablausen wird. Baldwm zur Lage Curspas. Rede beim Guild Hallbankett. In der Londoner Guildhall wurde in der überlieferten feierlichen Weise das Lord-Mayor-Bankett abgchalten, das oft genug Anlaß zu bedeutsamen politischen Kundgebungen bot. Auch diesmal wurde von dieser Gewohnheit nicht abgewichen. Unter den Gästen befanden sich u. a. die Mitglieder des Kabinetts und des Diplomatischen Korps, darunter der deutsche Botschafter Dr Sthamer. Nach den üblichen Trinksprüchen auf den König, die ausländischen Botschafter, Gesandten usw. nahm das Wort zu einer längeren Rede Premierminister Baldwin. der u. a. erklärte: „Wenn ich das heutige Europa mit dem Europa der Zeit vergleiche, als die Koalition fiel, oder mit der Zeit, als ich Nachfolger Bonar Laws als Premierminister wurde, bemerke ich eine tiefe und günstige Veränderung. Großbritannien, Frankreich. Deutschland und Italien, die Hauptfiguren im Kampfe von gestern, kommen heute als Gleichgestellte und Teilhaber zusammen, um die Sache deS Friedens und die Genesung unserer gemeinsamen Zivilisation zu fördern. Ich beanspruche für mein Land, für unser Land und, wenn Sie erlauben, auch für die britische Regierung einigen Anteil an diesem großen Werke der Besricdung und Wiederversöh nung. Aber diejenigen, für die die Schwierigkeiten am größten waren und denen aus diesem Grunde das größte Ansehen gebührt, sind jene weitblickenden Führer in Frankreich und in Deutschland, die diese Annäherung möglich gemacht haben. Sie haben ein Licht entzündet, sie haben ein Beispiel gegeben, und ganz Europa richtet nun seine Augen aus diejenigen Grenzen, wo alte Feindschaften noch nicht ausgelöscht sind und wo die Asche alter Streitigkeiten, alter Besorgnisse, alten Mißtrauens oder alten Hasses noch immer glimmt oder wieder in Flammen aus bricht, und ganz Europa fragt, wo das nächste Mal ein Staats mann gesunden werden wird mit dem Mute und der Groß zügigkeit Dr Stresemanns und der großzügigen Mensch lichkeit und Hingebung an die von Briand vertretenen Grundsätze. Ich wünschte, ich könnte ebenso hoffnungsvoll von Rußland sprechen Die Umstände, die uns gezwungen haben, die diplomatischen Beziehungen mit Rußland abzu brechen, sind ähnlich denen, die jüngst die Fortsetzung der diplo matischen Beziehungen zwischen Frankreich und Sowjetrußland gefährdet und die die Vereinigten Staaten von Amerika daran gehindert haben, jemals derartige Beziehungen auszunehmen. Wir haben den Streit nicht gesucht und seine Beendigung hängt nicht von uns ab. _ . . Die Bewohner des oberen Nheiutals haben sich kaum von den Hochwasserverheerungen des vergangenen Mo nats erholen können. Die provisorischen Rheindämme bei Schaan sind wieder eingerissen worden, so daß das Fürstentum Liechtenstein unter Wasser steht. Unwetter ans dem Atlantik. Im Ärmelkanal und au der französischen Atlautikküste herrscht ein furchtbarer Sturm, der bereits mehrere Menschenopfer gekostet hat. Bei Arcachon ken terte ein Fischerboot im Sturm. Sieben Mann von der acht Mann starken Besatzung ertranken. Die drahtlose Station aus der Insel Quessant fing einen Funkspruch des deutschen Dampfers „Julius Schindler" auf, wonach der holländische Dampser „Zeus" sich in Seenot be findet. Mehrere Orte der Bretagne (Nordfrankreich) sind von einem Zyklon heimgesucht worden. Der Dampferver kehr zwischen Cherbourg und Southampton mußte einge stellt werden. Ein von England korr^uender Frachtdampfsr wurde bei Plouguerneau an den Strand geworfen. * Kälteres Wetter in Sicht. In den letzten Tagen hat sich über Nord- und West europa eine Nordströmung gebildet, die vielfach zu Frost und Schneefällen geführt hat. Da für die nächste Zeit damit zu rechnen ist, daß sich die Nordströmung weiter- entwickelt, muß mit einem weiteren Temperaturrückgang gerechnet werden. Auch Schneefälle und Nachtfröste sind wahrscheinlich. Mit den innere» Angelegenycttcn Rußlands yavcn wi» nichts zu schaffen. Die Form seiner Regierung geht uns nichts an Sobald die Russen nur bereit sind, die üblichen Sitten internationalen Verkehrs zu beachten, sich einer Entmischung in unsere inneren Angelegenheiten zu enthalten und auf eine Politik der Intrige und der Feindseligkeiten anderswo zu verzichten, werden sie uns bereit finden, ihnen in dem Geiste der Liberalität und des guten Willens zu begegnen, der unsere ganze Außenpolitik inspiriert. Der Redner kam dann aus China zu sprechen und betonte den Willen Englands zur Nichteinmischung, dann er wähnte Baldwin den Besuch König Fuads von Ägypten und die Hoffnungen aus gebesserte englisch-ägyptische Freundschaft. Schließlich verbreitete er sich über die Beziehungen innerhalv des Britischen Reiches. Sie neue Besteuerung der Kraftfahrzeuge. Ab 1. April 1928. Unter dem Vorsitz des Reichskanzlers hat das Neichs- labinett den Entwurf eines Kraftfahrzeugsteuergesctzcs verabschiedet. Der Entwurf sieht von der Einführung einer Betriebsstoff-, Reifen- oder Kilometersteuer ab und schlägt Festhaltung am Pauschsteuersystem vor. Kraft räder irnd Personenkraftwagen sollen in Zukunft nicht mehr nach Steuerpferdestärken, sondern nach dem Hub raum (Hubvolumen) besteuert werden, und zwar sollen in Anlehnung an die geltenden Steuersätze für je 100 Kubik zentimeter Hubraum bei Nädern 8 Mark, bei Personen wagen 12 Mark erhoben werden. Die geltenden hohen Steuersätze für stärkere Personenwagen sollen durch Fort fall der geometrischen Staffelung des Steuertarifs ge mildert werden. Für Kraftomnibusse, Lastkraftwagen und Zugmaschinen bleiben Steuermaßstab und Steuertarif unverändert. Die Erhebung landesrechtlicher Abgaben von Kraft fahrzeugen, sei es in Form von Beiträgen für außer gewöhnliche Wegeabnutzung (Vorausleistungen), sei es in Form von Wege- oder Brückengeldern, soll weiterhin unzulässig sein. Zur Abgeltung dieser Abgaben und im Hinblick auf die erheblichen finanziellen Erfordernisse der Wegeunterhaltung soll der Zuschlag zur Kraftfahrzeug steuer für das Rechnungsjahr 1928 in der gleichen Höhe wie bisher, nämlich auf 25 Prozent, festgesetzt werden. Erleichterungen sollen geschaffen werden durch Ver billigung der kurzfristigen Steuerkarlen, Einführung vierteljährlicher Teilzahlungen und Erweiterung der Er stattungsvorschriften. Das Steueraufkommen, das füp das Rechnungsjahr 1927 auf 150 Millionen Mark an-1 genommen wird, wird für 1928 nach den Vorschlägen des Gesetzentwurfes auf 160 Millionen Mark geschätzt. Die neue Regelung soll am 1. April 1928 in Kraft treten« bis dahin soll die jetzige Vorschrift weitertzelten. Stellung von Handel und Industrie. In Handclskreisen soll man dem Vernehmen nach von dem Entwurk enttäuscht sein. Man hält solche als gering fügig bezeichneten Veränderungen der bisherigen Bestim mungen für zu unbedeutend, um ein neues Gesetz zu recht fertigen Dagegen berücksichtige der Regierungsvorschlag in keiner Weise alles das, was gegen die Pauschalbcstcuerung an sich und für eine Verürauchsbesteuerung an beachtens werten Gründen vorgebracht worden ist. Man könne nicht glauben, daß die Regierung mit ihrem Vorschläge beim Reichstag durchdringen wird.