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Wilsdruffer Tageblatt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstremamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits Lestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die «gespaltene Raumzeile 2VRpfp., die 1 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4V Reicho- piennig, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Bor- geschriebene Erscheinung-- tage und Plahvorschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzetgeu- m-v ahme bis oorm.io u^ 1 Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. -ieder Ra batl ar sprr ch <cl ifcht, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nr hmen alle Vermittlur gsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend träoerund Geschäftsstellen 7- 7 ,, ' 7^ — nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krreg oder sonstiger Betriebsstörungen besteh: kein Anspruch auf Lieferung d« Zeitung oder Kürzung des Bezugsprer.es. — Rucksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beilicgt. Nr 224. — 86 Jahrgang. Tclegr Adr .Amtsblatt« Wilsdruff- Dresden Postscheck Dresden 2640 Sonnabend, den24 September 1827 Heiter ist das Leben... Schlachtfeldbummler. — Boxen ist Trumpf. — Mach' ein fröhliches Gesicht. — Das unerschöpfliche Amerika. Die Weisheit des deutschen Dichters, daß das Leben ernst, die Kunst heiter sei, wird von den Amerikanern je länger, desto mehr bewußt und entschieden abgelehnt. Ihre Kriegsfilme zeigen uns, wie die Freiwilligen unter dem Sternenbanner mit Lachen und Scherzen nach Frank reich zogen und ihren unverwüstlichen Humor auch beim grauenvollen Donner der Geschütze nicht verloren. Und die Zehntausende von Legionären, die jetzt zum Teil mit Weib und Kind in Begleitung von auf das lustigste aus staffierten Militärkapellen auf den ehemaligen Kriegs schauplätzen herumwmuneln, scheinen sich auch in der Stimmung einer besseren Vogelwiese an den Denkmälern dies^se^erbittertsten Ringens der Weltgeschichte zu er- . es einem Volk so gut geht wie den Herrschaften drüben in Newyork und Washington, in Khikago und Ean Franzisko, so hat man vielleicht wirklich reinen Grund, das Leben gar zu sehr von der ernsten Seite zu nehmen, von der es der arme deutsche MicheIso gründlich kennengelernt hat und immer wieder von neuem kennenlernt. Dann kann man auch seine ganze Aufmerksamkeit für vierundzwanzig Stunden allein und ausschließlich auf den Zweikampf von geradezu weltge schichtlicher Bedeutung konzentrieren, der jetzt wiedereinmal zwischen den Herren Tunney und Dempsey aus- aefochten wird um die Bormeisterschaft der Erde, eine Würde, von deren himmelrägender Bedeutung sich offen bar der deutsche Michel keine ausreichende Vorstellung zu machen vermag. Denn wenn man hört, daß Wetten im Gesamtbeträge von zehn Millionen Dollar über den Aus gang dieses großen Entscheidungskampfes abgeschlossen worden sind, daß zwei oder drei Millionen Dollar für Eintrittskarten eingenommen und daß alle Vorbereitungen getroffen wurden, um rund SO Millionen Menschen mit Hilfe der sieben Rundfunkstationen in Chikago jede Phase des Wettkampfes sozusagen unmittelbar aus erster Hand mitaenießcn zu lassen, dann darf man wohl den Amerika nern allerdings das Zugeständnis machen, daß sie von den gewöhnlichen Sorgen dieses Daseins ungleich weniger bedrückt werden als sonst die Völker in Europa, in Asten oder Afrika. Fast möchte man fürchten, daß soviel Glück oder doch soviel berechtigte Unbekümmertheit um die All- tagskämpfe auf dem nichtamerikanischen Erdenrund den Neid der Götter erregen könnte. Die Amerikaner freilich würden auch in diesem Falle sich die Hemdärmel aufkrempeln und mit des Geschickes Mächten zu boxen an- Nur daß sie dann wohl doch auf Eintrittspreise und Wettabschlüsse für das Publikum verzichten würden. * Mach'einfröhliches Gesicht — so ungefähr lautet die dringlichste Lehre, die amerikanische Volksweis heit den Bürgern der Neuen Welt mit auf ihren Weg zu geben pflegt. Man soll sich nicht verdrießlich machen lassen durch die ewigen Hemmungen des gesellschaftlichen oder geschäftlichen Lebens, man soll wenigstens durch sein Mienenspiel nicht verraten, daß man im Begriff sei, aus diesem oder jenem Grunde sein seelisches Gleichgewicht zu verlieren, sondern immer so tun, als hätte man einen freien Kopf und Sinn und Neigung für Spaß und Zeit vertreib. Und der Durchschnittsamerikaner ist ein sehr folgsamer Schüler; überall, wohin er kommt, zeigt er gute Laune und ist wohlaufgelegt zu jeder nützlichen oder unterhaltsamen Tat. Er ist auch gar nicht der Mann dazu, etwa auf seinen Lorbeeren auszuruhen. Ist heute ein Wolkenkratzer mit 50 Stockwerken fertiggestettt, so meldet sich morgen schon ein abenteuerlustiger Unter nehmer mit dem Plan, ein Massenbureauhaus mit 60 oder 80 ubereinandergetürmten Etagen aufzurichten. Ja, im wahres war sogar drüben davon die Ramen babe einem schönen deutschen Stockwerken aufzuführen, von desim Dachgarten aus er dann einen unvergleichlichen Rundblick übe? dw ae° wattige Hauptstadt genießen wolle. "" """ die ge° Ob dieser Plan wirklich zur Ausführung kommen wird, kann vorläufig dahingestellt bleiben. Tatsache da gegen ist, daß die Newyorker m Tagen den Grundstein zu einer Untertunnelung des Hud son f l u s s e s gelegt haben, was allerdings wieder ein mal eine ganz besondere Glanzleistung dieser Yankee- Herren zu werden verspricht. Kostenpunkt natürlich un gezählte Dollarmillionen, Bauausführung drei oder fünj Jahre, voraussichtliche Verkehrsleistung der beiden Tunnels — je einer für jede Richtung mit Unterteilung für schnell und für langsamer laufendes Gefährt - 60 000 Autos im Tagesdurchschnitt usw. Mußen nicht schon solche Aussichten allein den mit wmem ganzen Sinnen und Trachten auf die Zukunft eingestellten Ameri kaner heiler und zuversichtlich stimmen? faucht er zu verzagen, wenn hier und da auch in seiner Wirtichast setzt sich Erscheinungen zu zeigen beginnen, die auf ein Nach lassen des seit Jahren unentwegt ansteigenden Geschäfts ganges schließen lassen? Er denkt gar nicht daran, freut sich, wenn er wieder einmal eine schöne ausländische A n - Ser trMe A des BoWsters m MW Absturz mit fünf Flugzeuginsassen. Das Flugzeug „D. 585" verunglückte auf der Strecke Berlin—München in der Nähe von Schleiz. Der Flug zeugführer und die fünf Passagiere sind tot. Die Namen der Toten sind: der deutsche Botschafter Freiherr v. Maltzan bei den Vereinigten Staaten, Roll von der Nsichsbahndirektion Berlin, Prokurist und Verkehrslciter der Deutschen Lufthansa v. Arnim, Flugzeugschülcr Osmer, Bordmonteur Feiler. Der Flugzeugführer Char- lett ist Friedensflieger, hat viele Hunderttausende von Kilometern auf Streckenflügen zurückgelegt und ist in letzter Zeit besonders viel auf der Strecke Berlin—Mün chen geflogen. Das Flugzeug, eine Maschine des Typs Merknr, wurde Mitte Mai dieses Jahres nach Prüfung durch die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt von den Dornier-Werken an die Deutsche Lufthansa geliefert und hat seitdem ohne jeden Zwischenfall Dienst aetan. Frhr. v. Maltzan »st. Direktor Merkel von der Deutschen Lufthansa er klärte, daß das Flugzeugunglück bei Schleiz, das schwerste in der Geschichte des deutschen Luftverkehrs, in seinen Ursachen vollkommen rätselhaft ist. Die Maschine ist technisch ausgezeichnet. Es wird be richtet, daß die Maschine ohne Flügel heruntergestürzt sei. Das würde das Unglück nur noch rätselhafter machen, denn die Tragflächen der Dornier-Maschine sind mit vier Streben befestigt und außerdem besonders stark verbolzt. Schleiz liegt bereits jenseits des Fichtelgebirges in mehr oder weniger ebenem Gelände und nach fach männischer Ansicht wäre also eine Notlandung, falls sie dem Piloten erforderlich erschienen wäre, durchaus mög lich gewesen. Sofort nach dem Dekanntwerden des Un glücks in Berlin sind drei Flugzeuge nach Schleiz abge flogen; die Insassen haben die Aufgabe, die Einzelheiten festzustellen und die Ursache des Unglücks zu untersuchen. Nach einem Augenzeugenbericht hatte das Flugzeug die Stadt überflogen, als der Führer versuchte, etwa ein Kilometer südlich auf der Straße nach Hof zu landen. Ehe dies gelang, fing das Flugzeug an zu trudeln und stürzte aus IVO Meter Höhe ab und grub sich, mit dem oberen Teil nach unten, tief in den Erdboden ein, während der abgebrochene linke Flügel unbeschädigt etwa 22 Meter ab seits von der Unglücksstelle liegenülicb. Da bei dem Sturz auch eine Feuersäule gesehen und ein heftiger Knall gehört wurde, so ist es möglich, daß das Unglück durch eine Motorexplosion hervorgerufen wurde. Der Führer und die Passagiere wurden unter den Trümmern begraben und gräßlich verstümmelt. Die Kabine wurde vollkommen zertrümmert. Besonders tragisch wirkt die Nachricht, daß Frei frau v. Maltzan, die sich zur Kur in Partenkirchen befand und dort ihr achtjähriges Töchterchen bei sich hatte, ihrem Gatten nach München entgegengefahren war, um ihn dort bei der Ankunft im Flugzeug in »Empfang zu nehmen. Hindenburgs Beileidstelegramm. Reichspräsident von Hindenburg hat an Freifrau v. Maltzan folgendes Telegramm gerichtet: „An dem schweren Unalück. das Sie so vlöülicb betroffen bat. letye umervrmgen kann, wie jetzt wieder das 30-Mi- lionen-Geschäft mit der preußischen Regierung, und ver traut auf die Unerschöpflichkeit seiner Naturschätze wie seines Arbeitsertrages. Vertraut aber offensichtlich auch auf die Ehrlichkeit seiner Anleiheschuldner — wenn sie nicht gerade an der Weichsel sitzen, wo bekanntlich die be rüchtigte polnische Wirtschaft zu Hause ist. So lange er seine Taschen vor Gläubigern dieses Schlages verschlossen hält, kann der amerikanische Geldgeber das Leben wirklich von seiner heiteren Seite ansehen. Wenn nur auch der deutsch-preußische Geldempfänger zu der gleichen Weltanschauung berechtigt wäre! Dr. Sy. nebme'ich herzlichen Anteil und bitte Sic, den Ausdruck meines tiefempfundenen Beileids entgegenzunehmen. Das Deutsche Reich verliert in Ihrem in so tragischer Weise ums Leben gekommenen Gatten einen derfähigsten Diplomaten und hervorragendsten Vertreter, dem ich stets ein ehrendes Gedenken bewahren werde.« * Oer Diplomat Maltzan. Der jetzt auf so tragische Weise ums Leben gekommene Botschafter Freiherr von Maltzan hat ein Alter von 50 Jahren erreicht. Der Botschafter verbrachte in Deutsch land einen längeren Urlaub und wollte am 7. Oktober über Paris nach Washington zurückkehlen. Freiherr v. Maltzan widmete sich nach Vollendung seines juristischen Studiums und nach kurzer Gerichtstätigkeit dem diplomatischen Dienst. Hierfür war er in Südamerika, Oslo, Peters burg und Peking tätig. 1917 war er Beauftragter des Reichskanzlers im Großen Hauptquartier. Nach dem Um sturz leitete er die Rutzlandabteilung im Auswärtigen Amt, wurde 1921 Ministerialdirektor, 1922 Staatssekretär. An dem Abschluß des Rapallo-Vertrages wirkte er sehr aktiv mit. 1925 ging er als deutscher Botschafter nach Washington, wo er der Nachfolger Dr. Wiedtfelds war und sich dank seiner Geschicklichkeit in kürzester Zeit eine hervorragende Stellung zu verschaffen wußte. Wie ge schickt Maltzan als Diplomat war, kann man aus einem von ihm abgefaßten Telegramm ersehen, in dem er die damalige Reichsregierung auf die bevorstehende japanische Kriegserklärung aufmerksam machte und das trotz strengster Nachrichtensperre auch tatsächlich in Berlin an kam. Dieses Telegramm lautete: „Meine Verlobung mit Miß Butterfly wird täglich erwartet, bitte informiert Eltern.« Die Kunde von dem plötzlichen tragischen Tod des Botschafters hat sowohl in Deutschland wie auch in Amerika starke Teilnahme erweckt. * Der amerikanische Botschafter zum Tode Maltzans. Berlin, 23. September. Anläßlich des Todes des deutschen Botschafters in Washington Freiherr von Maltzan veröffentlicht der Berliner Botschafter der Vereinigten Staaten Schürmann einen längeren Nachruf, indem er der tiefen Trauer Ausdruck gibt, in die ihn die Nachricht vom Tode Maltzans versetzt hat. Er un terstreicht die Verdienste, die sich Maltzan um die deutsch-amerika nischen Beziehungen erworben hat. Es sei ihm gelungen, die Freundschaft zwischen dem amerikanischen und deutschen Volke wie der zusc-mmenzuknüpfen, die der Krieg zerrißen hatte. Sein Werk würde bestehen bleiben und andauern, weil es mit dem edelsten Idealen der Menschheit und mit der moralischen Weltordnung m Einklang stehe. Coolidge an Hindenburg Berlin, 23. Sptember. Der Reichspräsident hat folgen des Telegramm des Präsidenten Coolidge erhalten: „Ich drücke Eurer Exzellenz mein aufrichtiges Beileid anläßlich des bedauerns werten Hinscheiden des deutschen Botschafters aus, der während seines Aufenthaltes in Washington seinem Vaterlande hervorra gende Dienste geleistet hat. Die Regierung der Vereinigten Staa ten wird dem Verstorbenen nicht nur als Diplomaten von beson deren Fähigkeiten, sondern auch als einer Persönlichkeit, deren Qualitäten ihm die Hochachtung aller erworben haben, ein ehren volles Erdenken bewahren. Ich bitte, meiner Frau und meine An teilnahme der Baronin Maltzan zu übermitteln. Calvin Coolidge." Tettnahme In Paris. Paris, 23. September. In Pariser politischen Kreisen hctt der Tod des Freihcrrn von Maltzan lebhafte Teilnhme hervorge- rusen. Maltzan war auch in Paris keine unbekannte Persönlich- keft Sein starkes Hervortreten in der deutschen Ostpolitik ist noch lebendig in der Erinnerung. Die geschickte Vertretung der deutschen Interessen in Amerika ist nicht ohne Beachtung am Quai d'Orsay geblieben. Moskau bestürzt Kowno, 23. September. Wie aus Moskau gemeldet wird, hat die Nachricht von dem Todessturz des Botschafters v. Maltzan in Moskau grösste Bestürzung hervvrgerufen. Freiherr v. Maltzan erfreute sich in Moskau großer Beliebtheit als tätiger Mitarbeiter an dem Abschluß des Nappollo-Vertrages und in den Verhand lungen über den deutsch-russischen Handelsvertrag. Der Verstorbene galt als ein persönlicher Freund Tschitscherins. Ei» VeiWrrslWW nötzelandet. Der Bordmonteur ertrunken. Stettin. Heute 10,45 Uhr wurde die Maschine D 863 von der Deutschen Lufthansa, die von dem Piloten Kaskar gesteuert wurde und flugplanmäßig nach Calmar (Schweden) unterwegs war, wegen Propcllerbruchs aus den Dammschen See bei Stettin notgelandet. Noch der Notlandung fiel der Bordmonteur Walther Hardar ins Wasser und ertrank. Die Leiche konnte bisher nickst geborgen werden.