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Bemerkenswert ist die Energie, mit der sich der deutsche Außenminister, Dr. Stresemann, in einer Unter redung mit dem „Matin"-Redakteur Sauerwein hinter die Tannenbergrede Hindenburgs gestellt hat; besonders hinter die darin aufgestellte Forderung nach Einsetzung eines unparteiischen Schiedsgerichts, das die Anschuldigungen gegen Deutschland unter suchen sollte. Ursprünglich doch ein Vorschlag, der vom belgischen Minister Vandervelde ausgegangen war, ist er durch die Brüsseler Negierung abgelehnt worden — man versteht also wirklich nicht die überaus große Schärfe des Tons in einer Rede, die der belgische Ministerpräsident Jasper bei der Enthüllung eines Denkmals für einen übrigens längst vor dem Kriege verstorbenen belgischen Staatsmann hielt. War also schon die Gelegenheit selbst an den Haaren herbeigezogen, so sticht die bissige Ironie, mit der Jasper über Hindenburgs Rede herfällt, be sonders drastisch von den ruhigen, würdevollen Worten des deutschen Reichspräsidenten ab. Alle jene Anschuldi gungen gegen Deutschland, wie man sie schon bei der Denkmalsenthüllung in Dinant von sich gegeben hatte, werden wiederholt, unterstrichen — aber das deutsche Er suchen um Schaffung eines unparteiischen Gerichtes lehnt man ab.' Während Poincars, der am Sonntag gleich drei der artige Enthüllungsreden hielt, sich diesmal ziemlicher Mäßigung befleißigte, hat sein Kabinettskollege, Justiz minister Barthou, diese Zurückhaltung mehr als reich lich wettgemacht. Auch hier war die Gelegenheit bei den Haaren herbeigezogen, denn es handelte sich dabei um die Einweihung eines Ehrenmals für einen in Marokko ge fallenen Soldaten. Barthou erklärte nämlich, „an dem Blute, das aus Machthunger eines Wilhelm H. und Abd-el-Krims vergossen wurde", sei Frankreich in gleicher Weise unschuldig! Wobei von uns Deutschen die Frage ge stellt werden muß, aus welchen rechtlichen Gründen denn Frankreich in einem furchtbar blutigen Feldzug sich Marokkos bemächtigte! Auch Barthou erklärte jeden Protest gegen die deutsche Schuld am Kriege als „ein Dementi, das die Geschichte nicht annimmt" und das „nicht auflommen könne gegen die Wahrheit der Tatsachen, der Dokumente und Daten". Er verlangt in dieser Frage als Vorbedingung einer notwendigen Annäherung, als eines Friedens in der Welt von Deutschland das unbe dingte Stillschweigen: Deutschland solle sich der „unklugen Rchabilitierungsversuche" enthalten, die nur aufgefaßt würden als „verlegene Herausforderungen". Die Töne, die — gleichfalls bei einer Denkmalseinweihung — der französische General Hirschauer von sich gab, sind natür lich noch gellendere. Dieses rednerische Trommelfeuer aus Deutschland zeigt, daß man es drüben genau ver spürt, wie sehr die deutsche „Kriegsschuld" als der wich tigste Unterbau des Versailler Vertrages betrachtet wird. Man war in Genf dabei, über den wieder zurückgenommenen belgischen Vorschlag einer unpartei ischen Untersuchung des Franktireurkrieges, woraus Deutschland sofort eingegangen war, eine Protokollarische Vereinbarung zu verfassen, wonach auf eine solche Unter suchung vorerst verzichtet, dem „geschichtlichen Urteil" aber nicht vorgegriffen werden sollte. Da hinein platzte jetzt die Rede des belgischen Ministerpräsidenten, der dieses „geschichtliche Urteil" als feststehend bezeichnet, genau wie es Poincarö und hundert andere französische Staats männer und Generale seit Friedensschluß immer wieder getan hatten. Selten genug haben Deutschlands maß gebende Führer hiergegen Protest eingelegt; nun fordert man von uns völliges Stillschweigen, nur von uns. Halten wir es aber nicht, so stellt man uns als Störer des Weltfriedens hin; nicht etwa aber jene, die keine Denkmalseinweihung vorübergehen lassen, ohne alte An schuldigungen gegen Deutschland aufzuwärmen oder neue Zu ersinnen. Neuer Vorstoß gegen Deutschland. Hetzreden in Belgien und in Frankreich. Die Stimmung in Genfer Völkerbundkreisen hat sich gegen Schluß der jetzigen Tagung stark verschlechtert. Her- vorgerusen wurde diese kühle Atmosphäre durch eine Rede des belgischen Ministerpräsidenten Jaspar, die nicht nur bei der deutschen Delegation starke Verstimmung hervor gerufen, sondern auch in anderen politischen Kreisen des Völkerbundes einen äußerst ungünstigen Eindruck erweckt hat. Der belgische Ministerpräsident benutzte die Ein weihung eines Denkmals zu Ehren des belgischen Staats mannes Beernaert, der im politischen Leben Belgiens eine führende Nolle gespielt hat und im Jahre 1912 ver storben ist, zu einem maßlosen Ausfall gegen Deutschland. In der Rede sagte Jaspar in bezug auf Beernaert u. a.: Er hat nicht die furchtbaren Tage erlebt, in denen die Invasion derer „mit den reinen Händen" unser unschuldiges Vaterland der Brandstiftung, dem Mord und der Verwüstung ausgeliefert hat. Er hat die unentschuldbaren Füsilicrungen von Frauen, von Greisen, von Kindern in der Wiege nicht kcnnengelernt. Sein Herz krampfte sich nicht zusammen an- aesichts des svstematischen Raubes unserer industriellen Aus- fioehwaller in äer Schwei? unä in Tirol Acht Einwohner im Engadin ertrunken. Die Regenfälle der letzten Tage haben überall im Alpengebiet zu einer Hochwasserkatastrophe geführt. So wurde in der Schweiz bei Trimmis die Staatsstraße von den Schlammassen des Rheins förmlich weggespült. Die Rheinbrücke bei Haldenstein wurde schwer be schädigt. An der Rheinbrücke in Untervaz wurde der Mittelpfeiler weggerissen. Da der Rhein fortgesetzt steigt, ist mit einem weiteren Anwachsen der Hochwassergefahr zu rechnen. Die Verbindungen mit dem Oberland und Jlanz sind unterbrochen. In Tavanasa wurden ein großes Doppelwohnhaus und ein Bahnwärterhäuschen von den Fluten mitgerissen. Acht Einwohner sind ertrunken. In Bergell sind die Verbindungen mit dem Engadin unterbrochen. Der Wildbach in Casaccia hat das Dorf überschwemmt, so daß die Einwohner sich nur mit knapper Not retten konnten. Infolge des heftigen Sturmes, der über Lugano wütete, ist der Dampfer „Ticino" im Hafen von Lu gano gesunken. Der Dampfer war im Jahre 1905 in Dienst gestellt worden. Er hatte eine Länge von 4S Metern und eine Breite von etwa 5 Metern und konnte 400 Personen befördern. Die Regengüsse haben auch in Tirol Hochwasser schäden verursacht. Besonders schwer ist das Zillertal bei Kaltenbach sowie das Wipptal heimgesucht worden, wo auch das Elektrizitätswerk der Stadt Innsbruck gefährdet gewesen sein soll. Es wurden auch mehrere Holzbrücken fortgeschwemmt. Ein Eisenbahnzug ins Wasser gestürzt. Infolge des starken Regens ist auch die Eisack über die User getreten und hat zwischen Franzcnsvestc und Gossensaß auf eine Länge von 300 Meter die Gleise der Brennerlinie überschwemmt. Jeder Zugverkehr ist unter brochen. Der erste Hilfszug ist in die Eisack gestürzt. Er bestand aus einer Lokomotive und einem Gepäckwagen, in dem ein Bahningenieur, ein Bahnvor steher sowie zehn Arbeiter saßen. Nur zwei Per sonen konnten sich retten, die übrigen wurden von dem hochgehenden Wasser fortgerissen und sind er trunken. An einer anderen Stelle wurde die Leiche eines Zollwächters gelandet. Das Signal des Bahnhofs von Franzensvcste steht unter Wasser. Ein Bauernhaus wurde von den Fluten fortgerissen, wobei ein Kind ertrank. Hochwasser der bayerischen Flüsse. In ganz Bayern führen die Flüsse Hochwasser. Die schwäbischen Gebirgsslüsse haben fast durchweg die mittlere Hochwasserlinie überschritten. Katastrophenhoch- wasser ist an der Paar bei.Mehring (Schwaben), «MWWMWIIMIIIIMMWIM rüstüng. Er erlebte weder Löwen, noch Visö, noch Tammes, noch Aerschoi, noch Dinant. Er hat nicht mehr mit Augen, die vor Entsetzen brannten, den langen Zug unserer Mit bürger davonziehen sehen müssen, die wie Sklaven zu Tausen den deportiert wurden. Auch die letzte Prüfung blieb ihm erspart, sein geliebtes Vaterland gegen den Haß und die Ver leumdung verteidigen zu müssen, die hartnäckig und uner müdlich bemüht sind, mit den üblen Dünsten der Lüge und des übelwollens Belgiens Heroismus und Leiden zu trüben. Durch diese Rede Jaspars ist nach Auffassung der deutschen Delegation in Genf eine völlig veränderte und neue Lage eingetreten. Ursprünglich sollten am Montag Verhandlungen mit dem gegenwärtigen ersten belgischen Delegierten in Genf, Senator Brouköre, wegen einer ge meinsamen Verlautbarung über den vorläufigen Verzicht einer schiedsgerichtlichen Untersuchung der Frankti reuraffäre beginnen. Durch die Rede des belgischen Ministerpräsidenten sind aber die deutsch-belgischen Ver handlungen über diese Frage stark in Zweifel gestellt worden. Zwar fand die schon seit längerem in Aussicht genommene Aussprache zwischen der belgischen und der deutschen Delegation statt, doch wurden zu Beginn der Besprechung von den Belgiern Erklärungen über die näheren Absichten verlangt, die der belgische Minister präsident mit seinen scharfen und verletzenden Aus führungen etwa gehabt hat. Von dem Ergebnis dieser Erklärungen wird dann das weitere Verhalten der deut schen Delegation abhängig sein. Kür -ie Abrüstung. Annahme der fünf Entschließungen in Genf. Die Völkerbundversammlung hat am Montag die fünf Entschließungen des Abrüstungsausschusses ein stimmig angenommen. Die erste dieser Entschließungen fordert, daß die Zivilaviatik nur wirtschaftliche Ziele verfolgen darf, und verlangt die Förderung von Abkommen zwischen den Luftfahrtgesellschaften der einzel nen Länder. Mit der zweiten und dritten Entschließung eingetreten. Tieserliegende Hauser mußten geraumr werden. Die Ortschaft Kissing steht gleichfalls unter Wasser. Hochwasser führen weiter Inn und Isar, der * Lech, der Obermain, die obere und die untere Altmühl, die Nab und die Rednitz. Die Unwetterverheerungen in der Schweiz Basel, 26. September. Noch immer treffen neue Nach richten über schwere Schäden ein, die das furchtbare Unwetter am Sonnabend und Sonntag engerichtet hat. So wurden auch im Kanton Tessin von Biasca abwärts sämtliche Dämme überflutet. Die Gotthardstraße ist an mehreren Stellen unterbrochen. Jeder Verkehr ist unterbunden. Besonders kritisch ist die Lage im Mi- soxertal. Dort haben große Felsblöcke die Wasser der Moesa abge- drängt. Schwere ArMerie ist dorthin beordert worden, um die gefährdeten Stellen wieder freizumachen. Im Engadin, wo von Cellerina bis nach Somaden das ganze Inntal unter Wasser ge setzt war, ist jetzt der Verkehr nach St. Moritz wieder ausgenom men worden. Das Hochwasser ist an vielen Stellen im Zurück weichen begriffen. In den Alpen fällt fest Sonntag vormittag Schnee. Wie aus Bregenz gemeldet wird, HÄ die Regierung von Vorarlberg einKommando des Iägerbataillons onfgeboten, um den in der Nähe der Stadt geborstenen Rheindamm abzudichten. Die Regierung des Fürstentums Lichtenstein hat sich an den schweize rischen Bundesrat mit der Bitte um Hilfeleistung gewandt, darauf hat der Bundesrat eine Sappeurobteilung in das dortige Hoch- wassergebiet entsandt. Der Rhein steigt weiter. Koblenz, 26. September. Vom Oberrhein und seinen Nebenflüssen wird weiteres Steigen gemeldet. Der Neckar ist bei Iagstseld innerhalb 24 Stunden um rund zwei Meter und bei Plochingen um 1,32 Meter gestiegen. Auch der Main ist beträcht lich angeschwollen, an seinem Oberlauf durchschnittlich um einen Meter. Ein Steigen der Mosel ist zu befürchten, da in ihrem OuellMbiet erhebliche Niederschläge gefallen sind. Wie amtlich gemeldet wird, muß in Koblenz mit einem Steigen des Wassers aus 4,5 Meter gerechnet werden. Militärische Hilfe wegen der Hochwasscrkatastrophc. Bregenz. Bei Gamprin hat der Rhein in einer Breite von drechig Meter eine Lücke in den Damm gerissen. Die Bewohner sluanen ans die Dächer. Die Vorarlberger Regierung hat eine Abteilung Alpenjäger ausgeboten, die auf Automobilen in das Überschwemmungsgebiet nach Liechtenstein abgingen. Sturmkatastrophe in Südchina. Die Gegend von Nungkong, 150 Meilen südwestlich Hongkongs, ist von einem mit einer Springflut ver bundenen Taifun heimgesucht worden. 5000 Personen sind ums Leben gekommen. 20 000 Häuser und Hunderte von Dschunken wurden zerstört. stimmt die Versammlung den Beschlüssen und Empfeh lungen des Rates über beschleunigten Zusammen tritt und Beschlußfassung in Krisen- fällen zu. Die vierte Entschließung betrifft den fin- Nischen Antrag, eine finanzielle Hilfe für an gegriffene Staaten im voraus zu organisieren, und empfiehlt die Fortsetzung der Vorarbeiten zum Ab schluß eines entsprechenden Staatenabkommens. Die fünfte und wichtigste Entschließung empfiehlt 1. die Entwicklung der Schiedsgerichtsbarkeit durch Ab schluß von zwischenstaatlichen oder Kollektivverträgen, um das Vertrauen zu schaffen, das für einen vollen Erfolg der Abrüstungskonferenz unerläßlich ist; 2. den beschleu nigten Abschluß der technischen Vorarbeiten für die Ab rüstungskonferenz; 3. die Bildung eines Sonderkomitees zum Studium der Sicherheitsfrage und der durch Schiedsgerichtsbarkeit erreichbaren Garantien; dieses Sondcrkomitce wird vom Vorbereitenden Abrüstungs ausschuß gebildet. Die Untersuchung des Sonderkomitees soll sich er strecken aus folgende drei Möglichkeiten: s.) Aktion des Völkerbundes zur Herstellung eines Netzes von zwischen staatlichen und Kellektivschieds- und -sicherheitsver- trägen, b) systematische Vorbereitung zur Ausführung der Paftverpslichtnngen und e) Abschluß von Vereinbarun gen, die zwischen einzelnen Staatengruppen ohne Prä judiz der Paktverpflichtungen eingegangen werden könn ten, und Anskunftserteilung an den Nat über die Höhe der Streitkräfte, die die einzelnen Regierungen für Konfliktfälle in bestimmten Gebieten etwa dem Rate zur Unterstützung seiner Beschlüsse oder Empfehlungen zur Verfügung stellen würden. Bericht Dr. Pünders über die Genfer Tagung. " Staatssekretär in der Reichskanzlei Dr. Pünder ist aus Genf zurückgekehrt und hat inzwischen dem Reichs kanzler und dem Stellvertreter des Reichskanzlers, Exz. Hergt, vorläufigen Bericht über die diesjährige Völker bundtagung erstattet.