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Abschied vom Walde Du grüner Wald voll tiefer Einsamkeit, Voll Kirchenweihe, Licht und ohnegleichen. Halt deine fernsten Zweige mir bereit, Daß meine Hand sie liebend kann erreichen. An deiner moosgeschwellten Erdenbrust Laß einmal noch mein krankes Herz erwärmen. Umschling mich fest in traumverlorner Lust Mit deinem Odem und mit deinen Armen. Du keuscher Wald, wie ist dein Hauch so rein, Er endet schönheitsreich die Leidenswehen, Läßt aller Nächte ungestillte Pein In sich zerfließen und in nichts zergehen. Sei mir gegrüßt, o Wald, zum letzten Mal! Gebenedeiter hör's: Ich kehre wieder, Wenn waidefröhlich über Berg und Tal Ein neuer Frühling jubelt seine Lieder! Anna Weißer. Ltnruhen in Litauen. Ein Putschversuch. - . Nach Mitteilungen des litauischen KriegsministeriumZ wurde durch Kommunisten in der Grenzstadt Taurog- gen ein Umsturzversuch unternommen. Die örtlichen Be hörden hätten den Versuch alsbald erstickt. In Kown« wird vermutet, daß sich auch einige Mitglieder derLinks- parteien an dem Putsch beteiligt hätten. Nach den Reaierungsmitteilungen sind bei den Un ruhen ein BeteiliAer getötet und zwei verwundet worden. Nachrichten über die Ereignisse in Tauroggen werden streng überwacht. Der bei dem Umsturzversuch als Führer tätige Reservekapitän Majus sei wegen Spionage vom Zu den Unruhen in Litauen. Militär entlassen worden. — In Tilsit wollte man wissen, der Vorstoß gegen die litauische Regierung sei nicht nur in Tauroggen, sondern auch in anderen Teilen Litauens er folgt. Der kleine Grenzverkehr bei Tilsit ist gesperrt worden. Die Grenze darf nur mit einem Auslandspaß mit Visum überschritten werden. An der memelländischen Grenze sind größere litauische Militärsormationen beob achtet worden. Die aus Lastkraftwagen nach Laugszargen beorderten Abteilungen des litauischen Infanterieregi ments Nr. 7 haben den Auftrag, vorläufig jeden Verkehr von und nach Laugszargen abzusperren, bis Verstärkungen aus Memel mit Maschinengewehren eintreffen. In Pogegen ist eine Kompagnie des gleichen Regiments ein marschiert, die den Bahnhof und die Hauptstraßen streng bewacht. Auch in Übermemel sind Truppen eingerückt, die die Brückenköpfe besetzt haben. «MU über die Bewegung in Tauroggen wird noch be richtet: Der eigentliche Führer des Äufstandes war ein gewisser Serbento, ein linkssozialistischer Lehrer. Die Aufständischen hatten Post, Telegraph und Bahnhof be setzt. Etwa 200 bis 300 Kommunisten hatten die Staats bank gestürmt und etwa 100000 Lit erbeutet. Mit Kraft wagen wurden schnell Truppen herbeigeschasft, die die Ordnung wieder herstellten. Vier Tote, darunter ein Kommunist und ein Mitglied des Litauischen Schützen verbandes, sollen die Opfer des Aufruhrs in Tauroggen und seiner Unterdrückung sein. Präsident Sahm SO Jahre alt. Der Präsident des Senats der Freien Stadt Danzig, Dr.-Jng. ehrenhalber Heinrich Sahm, begeht am 12. Sep tember seinen 50. Geburtstag. Sahm hat sich durch seine mannhafte Vertretung gegenüber den Ansprüchen Polens im Freistaat Danzig einen besonderen Namen gemacht. In Anklam geboren, studierte er Rechts- und Staats wissenschaften, um dann fpäter sich dem höheren Ver waltungsfach zu widmen. Me Bischofs zur Koukordaisfrags. Verhältnis zwischen Staatund Kirche. In Fulda beschloß die Versammlung der katho- lischenBischöfe eine Erklärung, in der es u. a. heißt, die von gewisser Seite aufgestellte Forderung, der Staat solle die einschlägigen Angelegenheiten selbständig durch Staatsgesetz regeln, beruhe aus einer irrigen Voraus setzung. Die von Christus gegründete Kirche leite ihre Befugnis unmittelbar von Christus und nicht vom Staat ab. Staatliche und kirchliche Stellen seien jede auf ihrem Gebiete felbständig. Daraus folge von selbst, daß in An gelegenheiten, die gemeinsamer Natur seien und die Rechts- und Aufgabengebiete beider Kräfte berührten, die Verhältnisse durch Vereinbarung beider geordnet werden müßten. Solche Neuordnung sei nach der tiefgreifenden Umgestaltung von Verhältnissen des öffentlichen Lebens notwendig geworden. Für die katholische Kirche sei zur Neuordnung nicht der einzelne Bischof, auch nicht die Bischofsversammlung, sondern der Apostolische Stuhl in Rom zuständig. Daher habe das katholische Volk ein Anrecht darauf, daß die Neuordnung der Ver hältnisse, bei der keineswegs ein Übergriff in das Gebiet der staatlichen Zuständigkeit zu befürchten sei, durch Ver handlungen mit dem Heiligen Stuhl erfolge. fäi-bkl-ki uvkemMsekef-e» SVSLV reinigt und Mdt Herren- u. vglnengnrdörods beitens /v^sisssn. klsknemsnnsplstr. ännskmk8tkl!e: Mreä vürrs, Wiklkuff, reäileiVttsÜk psllMÄrHuncksÄau Deutsches Reich. Ne bevorstehende Reichstagssitzung. - „ Bei der für Anfang Oktober bevorstehenden Reichs tagssitzung, für die Präsident Löbe als Termin den 3. Ok tober dem Ältestenrat Vorschlägen wird, handelt es sich lediglich um die bereits vor den Sommerferien angekün- sigte Zwischensitzung. Es werden in diesem kürzeren Lagungsabschnitt voraussichtlich die ersten Lesungen des Neichsschulgesetzes und der Besoldungs- wform sowie evtl, das Gesetz über die Abgeltung der: Liquidationsschäden beraten werden, soweit diese Vorlagen dann fertiggestellt sein werden. Begründung der Deutschen Bauernschaft. Die Vertretung des Reichsverbandes landwirtschaft licher Klein- und Mittelbetriebe, des Bayerischen Bauern bundes und des Deutschen Bauernbundes tagte im Neichs- tagsgebäude zu Berlin. Die Versammlung beschloß die endgültige Einrichtung der Deutschen Bauernschaft. Zu Vorstandsmitgliedern wurden gewählt die Herren Fehr und die Landwirte Ewers (Sachfen), Hildebrandt (Schlesien), Barth (Pommern), Kuhr (Emsland) und Reiners (Hannover). Außerdem wurden die Mit glieder des geschäftsführenden Ausschusses gewählt. Der Ausschuß wählte zu seinem Vorsitzenden den Landwirt und Abgeordneten Wach hör st de Wente, als Ge schäftsführer wurden bestimmt die Herren Lübke und Müller. Thüringische Fürstenabfindung vor der Regelung. Die Vermittlung, die das Reich zur gütlichen Bei legung aller Streitigkeiten zwischen Fürstenhäusern und Ländern eingeleilet hat, ist in Thüringen von Erfolg ge wesen. In den letzten Monaten haben mehrfache Ver handlungen stattgefunden. Diese haben zu dem Ergebnis geführt, daß zunächst für das Gothaer Fürstenhaus ein Abkommen zustande gekommen ist, das die Grundlage für die Auseinandersetzung bilden soll.' Dieses Abkommen wird bald dem Staatsministerium und dem Landtag zur Genehmigung vorgelegt werden. Die Verhandlungen mit dem Altenburger und dem Schwarzburger Fürstenhaus sind noch im Gange. Aus In- und Auslani». Berlin. Wie das B. T. erfahren haben will, sind die Einigungsverhandlungen zwischen dem Zentrum und der Bayerischen Volkspartei ohne Ergebnis abgebrochen worden. Berlin. Wie verlautet, wird Reichswehrminister Dr. Geßler am Montag gleichzeitig mit dem Reichspräsidenten Berlin verlassen, um den Flottenmanövern bei Rügen bei- zuwohuen. Darmstadt. Die Neuwahlen zum Hessischen Land tag sind auf die zweite Hälfte des Monats November fest gesetzt worden. Bukarest. Der frühere König Ferdinand soll die Ab sicht haben, nach Bulgarien zurückzukehren. Er wohnt bisher »n Koburg. Tokio. Das japanische Kriegsministerium erklärte zu den gegen Japan gerichteten Kundgebungen in Mukden, daß im Falle der Unwirksamkeit der diplomatischen Proteste mili tärische Maßnahmen ergriffen werden würden. Neuss aus aller Welt Uneingeschränkter Telephonverkehr Deutschland—Hol- land. Am 1. Oktober wird der uneingeschränkte Telephon serkehr zwischen allen Orten Deutschlands und Hollands eröffnet werden. Dabei wird Deutschland in zwölf Zonen eingeteilt. Die Preise für ein Drei-Minuten-Gespräch be tragen nach der ersten Zone 1,65 Gulden, nach der zweiten Zone 1,80 Gulden, während sich die Kosten für jede weitere Zone um 30 Cents vermehren. Filchner am Leben. Nach einer Moskauer Meldung liegt dort eine amtliche Erklärung der mon golischen Neaieruna vor. wonach der totacsaate deutsch« Du bist mein! Roman von H. o. Erlln Lvpyrighl by Greiner L Comp., Berlin W 30. Nachdruck oerdatru. 6. Fortsetzung. ' Wo kam er her? Was bedeutete sein Kommen? Worauf wartete er hier? Bon Bangen getrieben, trat sie vollends auf ihn zu. Da kam auch er ihr entgegen. Den Hut hatte er vom Kopfe genommen, jein Haar flog in: Winde, gab die Stirn frei, die fahl war : nd feucht glänzte, wie das erregte Gesicht. Die H""^ die er Ihr reichte, bebte. „Um Gotteswillen, wie sehen Sie aus! Geschah Ihnen etwas, daß Sie so völlig außer der Zeit " Mu kurzem, nervösem Auflachen, das jäh wieder ab brach, fiel er in ihr erschrecktes Fragen. „Keinerlei Ursache für Ihre gütige Besorgnis, Fräu lein Angela. Nur die Hitze hat mir zugesetzt." Er zog das seidene Taschentuch und trocknete sich die Stirn. „Uebrt- gens" — wieder das überreizte kurze Lachen — ..erwartet mich natürlich heut hier noch keine Seele wieder — ein ungebetener Gast —" Daber flogen seine unsteten Blicke wieder der Richtung zu, in welcher Hartmut zurückgeblieben war. Etwas Unheimliches ging von ihm aus, Angelika fühlte, wie sich's ihr mit schwerem Drucke auf vie Brust legte, und gepeinigt rief sie: „So erklären Sie doch — ich denke, Sie sind jetzt un abkömmlich, so lange der Rechtsanwalt verreist ist und Sie ihn im Büro vertreten." „Freilich — und ein sehr ehrenvolles Vertrauen, das er damit meinen Fähigkeiten erweist, nicht? Aber" — unter den halbgessnkten Lidern blitzte in seinen Augen ein jähes Lichr — „nur nichts ansnützen, am allerwenigsten ein Vertrauen. Drum hab' ich heute eben mal die Bude zugefchlosfen und mir einen freien Tag geleistet, hahaha —" Mitten im Auflachen brach er Plötzlich ab, sein Nacken steifte sich und seine Stimme klang kurz, fast brüsk „Natürlich habe ich auch noch nebenbei einen Grund für mein Hiersein. Ich suche vor allem meinen Bruder. Wenn ich nicht irre, sah ich Sie dort drüben mit ihm zu sammen. Hat er Ihnen vielleicht anvertraut, wann er zurückkommt? Ich möchte wissen, wie lange ich »twa hier auf ihn zu warten habe." „Hier?" wiederholte sie stockend und zwang sich doch der würgenden Angst Herr zu werden. „Herr Referendar. Ihr Bruder kommt, soviel ich weiß, vor Tische nicht zurück." „Soviel Sie wissen —" Angelika erschrak vor der schneidenden Schärfe seines Tones, noch mehr vor dem Blicke, der sie traf. Wie in Schuldbewnßtsem suchte sie sich zu verteidigen — „Ja, ich glaube, er sagte — wir begegneten ..ns ganz zufällig, als ich — ich wollte —" Das verworren Törichte ihrer Worte empfindend, ver stummte sie plötzlich. Da sah sie, daß Okwald mit einem leeren, verlorenen Ausdruck vor sich hinstarrte, als habe er ihre Worte überhaupt nicht gehört, bis er unvermittelt wie zu sich selber, sagte: „So werde ich in seinem Zimmer auf ihn warten." Angelika antwortete nichts. Sie fühlte sich - matten unter der Wucht eines dunklen Ahnens, dem sie nicht Ge stalt noch Worte zu geben vermochte. Aus dem geöffneten Hoftor trat ein Trupp Arbeiter. Als sie Angelika und Oswald Seite an Seite erblickten, streckten ste flüsternd die Köpfe zusammen, ehe sie grüßend vorüberzogen. Als dies geschah, sagte Oswald mit beißendem Hohn: „Die guten Leute wundern sich nicht schlecht über unser heimlich Stelldichein hier." Angelika fuhr zusammen. „Em unangebrachter Scherz, Herr Referendar," sagte sie kurz, und ncvch dem Gutshause hinüberschauend — „Ich mutz mich nun endlich heimfinden. Haben wir den selben Weg?" „Leider, nein." Abermals erstarrten Oswalds Züge in jäher Blässe. „Ich möchte diesmal auf Seitenwegen in den Ulmenhof einziehen und Vater erst begrüßen, wenn ich — meinen Bruder gesprochen. Daher" — er zögerte — „falls Sie meinen Vater sehen, darf ich wohl bitten, daß Sie mir nicht die Ueberraschung vorweg nehmen." „Wie Sie wünschen, Herr Referendar. Auf Wieder sehen also!" Ern leichtes Kopfneigen und sie war von ihm hinweg- geschritten. „Wenn ich meinen Bruder gesprochen habe!" Vor ihren Ohren tönte es, brausten die Worte, klang das, was in ihnen heimlich drohte, und es wuchs und schwoll an zum Wettergrollen, das sich über ihrem Haupte türmte. Und ihre Seele lauschte in Furcht. 3. Kapitel. Oswald stand vor der geöffneten Balkontür im Zim mer seines Bruders, in das er durch einen Seiteneingang des Hauses unbemerkt gelangt war. Seine Blicke gingen unstet umher, hafteten an der niederen Brüstung des Bal kons, glitten an dessen Stützpfeilern in den Hof hinab und blieben endlich am Boden hängen, wie eingebohrt in das graue Steinpflaster unter Hartmuts Fenstern. Hartmu: — All seine Sinne riefen den Namen in fiebernder Er wartung, hielten ihn fest und hatten Plötzlich ein anderes Wort aus ihm geformt, vor dem sie erschauerten. Hart — hart — Wenn er hart bliebe, hart wie die Steine unter seinen Fenstern — Durch die Gestalt im Türrahmen ging ein Schwanken. Da öffnete sich hinter ihm eine andere Tür. Hartmut betrat sein Zimmer. Als er den Bruder erblickte, stützte sich seins Hand schwer auf die Tijchkante. Es klang wie ein Schlag „du —xdu —" Nichts weiter sagte er. »Ich, jawohl." Der andere sprach schwer, langsam Seine Hand tastete rückwärts nach der Balkontür, die er leise ins Schloß drückte. „Ich wartete hier auf dich." „Du wartest auf mich?" — Es war, als würde die Luft um Hartmut zu Eises kälte. „Was soll das heißen?" „Daß eine Angelegenheit von verzweifeltem Ernste mich hierhertrieb, dich zu sprechen." Fortsetzung folgt.)