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Wilsdruffer Tageblatt Rationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da« »Wilsdruffer Tageblatt' erscheint an allen Werktagen nachmittags S Uhr. Bezugsprei«: Bei Abholung in der Deschäfrsiletle und den Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM., bei Postbestellung 2BW. zuzüglich Abtrag» , ,,,, ... —. gebühr. Einzelnummern lSSipfg. All-Postanstalten Tvvchendlatt für 28ilsoruff u. Umgegend Postboten und unsereAns. trag er und Geschäftsstelle» nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder so nstig-r Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingcsundter Schriftstücke crsolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis! die »gespaltene Raumzeile 20Rpfg., dick gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs« psennig, die 3 gespaltene Reklamczeilr im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgcbühr ro Aeichspsenntge. Bor geschriebene Erscheinung«. tag« und Platzvurschriste» werden nach Möglichkeit Lrernsv re m er: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen. annahmebisvorm.IVUHr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. JcderRabatlanspcuch erlischt, wenn dcrBetrag durch Klage eingezogen werden muß oderderAuflraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Dcrmittlun gsstellrn entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadlrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 185. — 86. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt« WilSdrUff-DresdeN Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 10 August 1927 Reichs, Sparen ist notwendig. Was nützt es, daß die deutsche Wirtschaft seit der Währungsstabilisierung vom Auslande her unter manch- mal recht schwierigen Bedingungen Anleihen in einer Höhe von bisher bald 4 Milliarden erhielt! Gewiß waren ist die Steigerung in der Höhe der Einlagen etwas hinter der des Mai zurückgeblieben, aber der absolute Höchststand seit jener Zeit ist erreicht, als Sparen — Unsinn geworden war. Damals, als der Papiermarkschleier von unsern Augen fortgenommen war, da stellte es sich heraus, daß die Spareinlagen, in Gold umgerechnet oder in Goldwert eingezahlt, nur noch die „Höhe" von 200 Millionen hatten. Dreizehn Milliarden halten die kleinen und mittleren Einkommen — denn fast nur für diese Kreise kam ja für Rücklegung von Geld die Sparkasse in Frage — vor dem Kriege gespart und es war bis Ende 1924 zerronnen bis auf einen geringen Rest. Und obwohl das Zutrauen zum Reich nicht gerade gewachsen ist durch die Aufwertung der früheren Sparkasseneinlagen, die ja erst in letzter Zeit auf den besseren Satz von 15 v. H. festgelegt worden ist, so war doch schon bis zum November 1925 der Gesamtein lagebestand der deutschen Sparkassen — also nach kaum zwei Jahren — wieder auf 1543 Millionen gestiegen. Er hat sich dann bis zum September 1926 um weitere 85 v. H. vermehrt, betrug also über 2700 Millionen, um dann wieder binnen zehn Monaten im gleichen Verhältnis an zusteigen. Natürlich steht schon vermöge seiner Bevölkerungs zahl Preußen an der Spitze aller deutschen Länder, überragt aber auch im Durchschnitt — also Höhe der Spareinlage pro Kopf der Bevölkerung — fast alle anderen. Nur Hamburg und namentlich der Freistaat Bremen weist hierin weit höhere Durchschnittszahlen auf. Interessant ist auch die Verteilung auf die preußischen Provinzen. Hier steht die Rheinprovinz weitaus an erster Stelle, sie war 1926 im Besitz von etwa einem Viertel des Gesamtrücklagebestandes Preußens; ihr folgen dann Westfalen und Hannover, während der Durchschnittssatz in Groß-Berlin ganz ausfallend gering ist, nämlich nur die Hälfte des preußischen Gesamtdurchschnitts. Das alles, vor allem aber, daß der stärkere agrarische Osten Preußens, dann etwa auch Bayern mit seiner immer noch vor wiegend landwirtschaftlichen Bevölkerung längst nicht den Reichsdurchschnitt erreicht, läßt den Schluß zu, daß eben in den Jahren nach der Währungsstabilisierung der deut schen Landwirtschaft die Möglichkeit entschwunden ist, in größerem Ausmaß Ersparnisse vornehmen zu können. Am bezeichnendsten ist, daß gerade Ostpreußen und die bei Preußen verbliebenen Teile Westpreußens und Posens die tiefsten Ziffern aufweisen. Wie sich diese Entwicklung fortsetzt, ist aber von größter Wichtigkeit. Viel von dem früher so hoch ent wickelten Sparsinn des deutschen Volkes ist durch die In flation verlorengegangen und so mancher, der damals an der Börse „spekulierte", um sein Vermögen soweit wie nur möglich zu retten, hofft auch jetzt noch, an eben dieser Stelle das Verlorene rasch wiederzugewinnen. Meist trügt diese Hoffnung; aber noch versuchen es immer wieder weite Kreise, die früher Psennig um Pfennig zur Spar kasse brachten. So gibt die Statistik ein zwar nicht ganz zutreffendes Bild von der sich im deutschen Volk voll ziehenden Kapitalsneubildung; aber auch schon dieses Bild zeigt, daß es erfreulicherweise vorwärts geht. sie nötig, um uns aus dem Ärgsten herauszubringen, aber diese Summen müssen doch von der deutschen Wirtschaft dem Auslande wieder zurückgegeben werden. Wichtiger als die Unterstützung von draußen her ist für jede Volks wirtschaft die Kapitalsneubildung durch eigene Erspar- Nisse, also „durch den Verzicht auf augenblicklichen Genuß", wie es in der nationalökonomischen Wissenschaft heißt. Und damit geht es erfreulicherweise wieder vorwärts und aufwärts, wie vor allem aus dem Ansteigen der Spar kasseneinlagen ersichtlich wird. Das Tempo ist ein verschiedenes, wenn man die einzelnen Monatsergebnisse vergleicht, aber das Anwachsen hat bisher seit der Wäh rungsstabilisierung noch keine Unterbrechung erfahren. Ende Juni 1927 lagen, wie das Statistische Reichs amt soeben mitzuteilen vermag, rund 4 Milliarden Reichs mark in den deutschen Sparkassen; während dieses Monats Letzte Vorbereitungen zum Ozeanflug. Start von Dessau und Köln. In Dessau wird erklärt, daß der Ozeanflug nicht vor Sonnabend dieser Woche stattfinden kann, weil der Pilot Köhl sich bei der Notlandung in der vorigen Woche Ver brennungen durch Benzindämpfe zugezogen hat, deren Heilung ihn erst (Lude der Woche in die Lage versetzt, die lange Ozeanüberfahrt zu unternehmen. Hinzu kommt, daß die neuen Wettermeldungen der Hamburger Seewarte nach wie vor ungünstig lauten. Der Flieger Könnecke trifft zurzeit die letzten Vor bereitungen für seinen Ozeanflug. Der endgültige Start soll, wie Könnecke hofft, noch in dieser Woche in Köln erfolgen. Wegen der besseren atmosphärischen Wetter- Verhältnisse soll die s ü d l i ch e Route über die Azoren ein- aeschlagen werden. krittehääigung der Das Schlußgesetz über Kriegsschäden Die Bestimmungen des Gesetzentwurfs. Der Reichsfinanzminister hat nunmehr dem Reichsrat und dem Reichswirtschaftsrat den Entwurf des Kriegs- schädenschlußgesetzes, das die endgültige Entschädigung der Liquidations- und Gewaltgcschädigten regeln soll, zu geleitet. Die Vertreter sämtlicher Geschädigtenverbände sowie der Spitzenorganisationen der deutschen Wirtschaft, denen der Finanzminister in einer Besprechung den In halt des Gesetzentwurfs mitgeteilt hat, haben überein stimmend erklärt, das; sie, da sie zu den Vorarbeiten nicht herangezogen worden seien, sich zu dem Ncgierungsent- wurf erst nach einer Woche sachlich äußern könnten. Was die Bestimmungen des Entwurfs angeht, so sind für die wiederaufbauenden Geschädigten folgende Entschädigungssätze in der Schlußentschüdigung vor gesehen: Eine vom Reichsfinanzministerium veröffentlichte Übersicht über die Bestimmungen des Entwurfs des Kriegsschädcnschlußgesetzes sieht für die Wiederaufbauen den Geschädigten folgende Entschädigungssätze in der Schlußentschädigung vor: a) bei Entwurzelung: für Grundbeträge bis 2000 Mark 100 Prozent, für Grundbeträge bis 10 000 Mark mindestens 60 Prozent, für Grundbeträge bis 20 000 Mark mindestens 55 Prozent, für Grundbeträge bis 50 000 Mark mindestens 35,8 Prozent, für Grundbeträge bis 100 000 Mark mindestens 29,4 Prozent, für Grundbetrüge bis 200 000 Mark mindestens 23,7 Prozent, für Grundbeträge bis 500 000 Mark mindestens 18,48 Prozent, für Grund beträge bis 1 Million Mark mindestens 16,74 Prozent, für Grundbeträge bis 10 Millionen Mark mindestens 13,37 Prozent, für Grundbeträge bis 20 Millionen Mark,min- Der Oberstleutnant Skala vom Flugplatz in Gbell ist auf einem tschechoslowakischen Militärflugzeug „S. 16" zum Flug nach Tokio gestartet. Er wird von seinem Mechaniker Täufer begleitet. Die erste Station wird Moskau sein. Der Flug soll 21 Tage in Anspruch nehmen, davon 16 Flugtage. Kei« vorzeitiger Start Berlin, 8. August. In einigen Teilen des Reiches sind Gerüchte verbreitet, wonach die beiden Ozeanslugzeuge der Iun- kerswerke bereits gestatte; sein sollen. Das stimmt nicht. Es bleibt vielmehr bei der Mitteilung der Iunlerswcrke, daß der Statt erst in der zwesten Hälfte der Woche erfolgen wird. In den Krei sen der Veranstalter des Fluges steht man auf dem Standpunkt, daß nur unter günstigen Witterungsverhättnissen aufgestiegen werden soll, die nach menschlichem Ermeßen ein Gelingen des Fluges gewährleisten. Die Qualität der Piloten wie der Ma schinen stehe zu hoch, als daß sie sicheren Gefahren derart ausge setzt werden dürsten, die die Tragödie der französischen Ozean flieger zur Folge hatten. In Dessau ist man überzeugt, daß -er Flug bei dieser sorgfältigen Vorbereitung gelingen wird. Paris und die deutsche« Ozeanflüge Paris, 8. August. Die französische Presse ist über die be vorstehenden deutschen Ozeanflüge statt beunruhigt, do sie sürch- tet, daß die Deutschen den Ozean vor den Franzosen überqueren. Andererseits fehlt es nicht an warnenden Stimmen, die behaup ten, daß die französischen Flieger nicht genügend vorbereitet wären, um mit Aussicht auf Erfolg sich an dein. Wettkampf zu beteiligen. So schreibt Paris Midi, daß man nicht ohne Zittern an das Schicksal der französischen Flieger denken könne. Kein einziger von ihnen habe mit seinem Apparat die notwendige Zeit in der Lust zugebrocht. Das Blatt fordert von der Regierung, die Flüge nur zu gestatten, wenn die Flieger einen Probeflug von mindestens 48 Stunden zurückgelegt hätten. Man dürfe nicht vergeßen, daß die Deutschen sich seit zwei Jahren methodisch für einen Ozeanflug vorbereitet haben. Kundgebungen der Gaarbergleuie. Schwere Zusammenstöße in Saarbrücken. Mehr als 50 000 Saarbergleute, die in stundenlangen Fußmärschen aus den Grubenorten des Saargebietes her beigekommen waren, protestierten in Saarbrücken gegen die Feierschichten und Massenentlassungen in den Saarbergwerken. In einer telegraphischen Entschließung wurde der Völkerbundrat um Eingreifen zwecks Abwen dung des Elends ersucht. Der Pariser Verwaltungsrat der Saargrnben sowie der französische Minister für öffent liche Arbeiten wurden zu fofortigen Verhandlungen auf gefordert. Während der Durchmarsch der Bergleute durch die Stadt ohne ernstere Zwischenfälle verlief, kam es vor der Bergwerksdirektion und den Regierungsgebäuden zu Zu sammenstößen mit der Polizei, die von der blanken Waffe Gebrauch machte, als mehrere tausend Bergleute gegen die Wohnung des Saarpräsidenten vorzudringen versuchten. Kriegsbelebääigten bestens 13,19 Prozent, für Grundbeträge bis 50 Millionen Mark mindestens 13,08 Prozent. b) bei Nichtentwurzelung: für Grundbeträge bis 2000 Mark 100 Prozent, für Grundbeträge bis 10 000 Mark mindestens 60 Prozent, für Grundbeträge bis 20 000 Mark mindestens 55 Prozent, für Grundbeträge bis 50 000 Mark mindestens 35,8 Prozent, für Grundbe träge bis 100 000 Mark mindestens 29,4 Prozent, für Grundbeträge bis 200 000 Mark mindestens 23,7 Prozent, für Grundbeträge bis 500 000 Mark mindestens 15,48 Pro zent, für Grundbeträge bis 1 Million Mark mindestens 12,74 Prozent, für Grundbeträge bis 10 Millionen Marl mindestens 8,47 Prozent, für Grundbeträge bis 20 Mil lionen Mark mindestens 8,24 Prozent, für Grundbeträge bis 50 Millionen Mark mindestens 6 Prozent. Oie Höchstgrenze -er Entschädigung. Für entwurzelte und Wiederaufbauende Geschädigte betrug die Höchstgrenze der Entschädigung 7 Milli onen, für nicht entwurzelte, aber Wiederaufbauende Ge schädigte 3 Millionen, für nicht Wiederaufbauende Ge- fchädigte 2 Millionen. Bei Wertpapierschäden beträgt die Höchstgrenze für entwurzelte und wiederaufbauende Ge schädigte 5 Millionen, beim Fehlen einer dieser Voraus setzungen 2 Millionen. Alle bisherigen Vorlei stungen werden auf die Schlußentschädi- gung angerechnet. Geschädigte mit einem Grund betrage bis 20000 Mark erhalten Barzahlung. Entschädigungen für einen Grundbe trag über 20 000 Mark werden als mit 6 v. H. jährlich verzinsliche Schuldbuchforderungen in das Neichsschuld- buch eingetragen. Sie können später in Neichsschuldver- schreibungen umgewandelt und sollen möglichst schnell ge tilgt werden. 16 Demonstranten wurven verletzt, darunter mehrere schwer. Verletzungen leichterer Natur erlitten mehr als 30 Landjäger. Die französische Beamtenschaft der Bergwerksdirek tion hatte das Direktionsgebäude vorsichtshalber bereits am Vormittag geräumt. Oer Lotterieskandal. Eine weitere Gewinn ummer gestohlen. Zu dem Lotteriebetrug des Lotterieoberinspektors Böhm und des Lotterieoberinspektors Schleinstein bei der Preußisch-Süddeutschen Klassenlotterie wird amtlich mit geteilt: Nach dem bisherigen Ergebnis der Untersuchung gegen die schuldigen Beamten hatten diese auch für die 5. Klasseder jetzt laufenden 29. Klassenlotterie wiederum betrügerische Manipulationen beabsich tigt. Es mutz deshalb mit der Möglichkeit gerechnet werden, datz sich nicht alle 278 000 Losnummern in dem Rade befinden. Um jede neue Unregelmäßigkeit auszu schließen, ist deshalb vom preußischen Finanzministerium angeordnet worden, die gesamten Losnummern neu herzu st eilen. Nach Ausführung dieser Arbeit wird die Einschüttung der Losnummern in voller Oeffentlichkeit erfolgen und jeder Lotteriespieler kann der Einschüttung der Los nummern beiwohnen. Diese öffentliche Einschüttung der Losnummern stellt keine Ausnahme dar, sondern die Öffentlichkeit der Ziehungsvorbereitung war auch bisher gewahrt. Wenn z. B. von einem Losspieler bei der Einschüttung die Frage gestellt wurde, ob sich auch die von ihm gespielte Nummer im Gewinnrade befinde, so mutzte diese Nummer aus dem Losrade herausgesucht und dem Spieler gezeigt werden. Der preußische Finanzminister hat auf dem Dienstaufsichtswege angeordnet, daß eine allge meine Untersuchung der Vorgänge bei der Gene- rallotteriedirektion zu erfolgen habe. Mit dieser Unter suchung ist ein Ministerialrat des preußischen Finanz ministeriums beauftragt worden. Außerdem ist die Ober rechnungskammer an der Untersuchung beteiligt. Unab hängig von diesen Maßnahmen läuft selbstverständlich auch die bereits im Gang befindliche Untersuchungsaktion der Staatsanwaltschaft weiter. Die beiden Betrüger gaben zu, daß ihnen die Beute aus erstem Manöver nicht genügt habe, und daß sie die selbe Manipulation wiederholen wollten. Der Lotterie oberinspektor Böhm gestand dem Untersuchungsrichter, datz er sich in den Besitz des Losröllchens Nr. 360 672 ge setzt hat. Eine Rückfrage, die der Untersuchungsrichter bei der Geueraldirektion der Klassenlotterie vornahm, blieb ergebnislos. Böhm blieb aber bei seiner Behauptung, er befände sich tatsächlich im Besitze des Losröllchens. Wie er das Röllchen hat stehlen können, darüber ver weigert er jede Auskunft.